:: 6/2004

Wo bleibt die Zeit?

Jeder Mensch hat täglich 24 Stunden Zeit. Dabei ist die Tageseinteilung durchaus individuell und unterscheidet sich durch vielfältige Einflussfaktoren. Im Rahmen der Zeitbudget-Erhebung wird in erster Linie nach typischen Zeitverwendungsmustern gesucht. So stellt die Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen einen gesellschaftspolitischen Dauerbrenner dar: Frauen wenden auch heute noch ungefähr 50 % mehr Zeit für die Hausarbeit auf als Männer. Darüber hinaus lassen sich wichtige Aussagen zur unbezahlten Arbeit treffen: Immerhin zwei Fünftel der Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger engagieren sich bürgerschaftlich, sogar die Hälfte unterstützten andere Haushalte durch Kinderbetreuung, Erledigung der Einkäufe, Zubereiten von Mahlzeiten, Gartenarbeit und Ähnliches. Dies nahm 2001/02 immer noch durchschnittlich 3,8 Stunden pro Woche in Anspruch.

Hausarbeit weiterhin eine Domäne der Frauen

Fast die Hälfte des Tages eines Baden-Württembergers ab 10 Jahren wird geschlafen, ausgeruht und gegessen, ein Viertel wird für die Freizeitgestaltung aufgewendet, danach folgen die Hausarbeit (13 %) sowie die Erwerbstätigkeit (11 %).1 Trotz vermehrter Berufstätigkeit sind Frauen in Baden-Württemberg immer noch mehrheitlich für die Hausarbeit zuständig. Sie investierten 2001/02 etwa 50 % mehr Zeit in die Haushaltsführung und die Betreuung der Familie als die Männer. Frauen verbrachten dabei knapp 3,7 Stunden pro Tag mit Tätigkeiten wie beispielsweise Putzen, Kochen und Wäschepflege, Männer waren dagegen 2,4 Stunden im Haushalt tätig.

Die Hausarbeit betrifft im Übrigen nicht nur das klassische Kochen, Putzen und Wäschewaschen, sondern auch handwerkliche Tätigkeiten im Haushalt und Gartenarbeiten. Naturgemäß hängt das Engagement im Haushalt stark von der Berufstätigkeit ab. Offensichtlich entlasten hierbei nicht erwerbstätige Menschen die erwerbstätigen Haushaltsmitglieder: Sie verbrachten knapp 3,5 Stunden eines Tages damit, den Haushalt zu führen und die Familie zu betreuen. Stehen die Personen im Erwerbsleben, so sinkt dieser Zeitaufwand: Nicht einmal 3 Stunden wurden für den Haushalt verwandt.

Knapp 4 Stunden in Haushalten mit Kindern für Erwerbstätigkeit und Bildung

Während der Anteil des Tages, den Erwachsene mit oder ohne Kinder für Schlafen, Essen, Trinken und Ausruhen verbringen, in etwa gleich bleibt, hängt die Zeit für die Freizeitgestaltung wesentlich von der Existenz von Kindern ab.

So verbrachten 2001/02 Paare ohne Kinder und allein Stehende circa ein Viertel des Tages mit Freizeit, Sport und Spiel, allein Erziehende oder Paare mit Kindern dagegen nur ein Fünftel. Naturgemäß erhöht sich der Aufwand für Haushalt und Familie, wenn Kinder im Haushalt leben. Allein Erziehende und Paare mit Kindern wendeten mit ungefähr 17 % bzw. 16 % des Tages mehr Zeit für die Haushaltsführung und die Betreuung der Familie auf als Personen in Haushalten ohne Kinder (14 %).

Auch der Zeitaufwand für die Erwerbstätigkeit und Qualifikation/Bildung war für Personen mit Kindern im Jahr 2001/02 mit knapp 16 % bzw. 17 % wesentlich höher als ohne Kinder (zwischen 9 % und 11 %).

Partnerschaftliche Arbeitsteilung bei Paaren ohne Kinder

Die Arbeitsteilung von Paaren spielt in der Diskussion um die Zeitverwendung in privaten Haushalten eine große Rolle. So teilen sich Paare ohne Kinder die Hausarbeit annähernd partnerschaftlich: Frauen verbrachten im Durchschnitt nur über eine halbe Stunde mehr als Männer mit der Hausarbeit. Die partnerschaftliche Arbeitsteilung ändert sich allerdings drastisch, wenn Kinder im Haus sind. Mit 3,6 Stunden nahmen sich Frauen mit Kindern fast eineinhalb Stunden mehr Zeit für die Haushaltsführung und die Betreuung der Familie als die Männer. Im Gegenzug investierten die Männer dagegen täglich 1,3 Stunden mehr Zeit in die Erwerbstätigkeit. Hier fällt natürlich ins Gewicht, dass Frauen mit Kindern ihre Erwerbstätigkeit oft reduzieren oder sogar ganz aufgeben.

3,6 Stunden Hausarbeit am Samstag

Auch bedingt durch die Berufstätigkeit vieler Frauen verlagert sich die Hausarbeit generell im Wochenablauf auf den Samstag, gefolgt von den Werktagen. Mit 3,6 Stunden waren dies 2001/02 immerhin 15 % eines Tages, während an den Werktagen Montag bis Freitag eine halbe Stunde weniger geputzt, gekocht und gewerkelt wurde. Auch am Sonntag oder an den Feiertagen wurden noch fast 10 % des Zeitbudgets einer Person mit Tätigkeiten im Haushalt verbracht.

Aber auch Freizeitbeschäftigungen werden erwartungsgemäß auf das Wochenende verlegt: Schon mehr als ein Fünftel des Tages wurde von Montag bis Freitag in die echte Freizeitgestaltung wie die Beschäftigung mit einem Hobby, Lesen, Fernsehen, private Beschäftigung mit dem Computer und Ähnliches investiert. Am Wochenende stieg der Anteil für die Freizeitgestaltung auf ein Drittel eines Tages.

Allein erziehenden Frauen bleibt weniger Zeit für die Hausarbeit

Allein erziehende Frauen sind in vielen Fällen gezwungen, trotz Kind einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie sind mehr im Berufsleben eingespannt als Frauen mit Kindern und Partner. Dies machte 2001/02 immerhin 1,1 Stunden pro Tag aus, die bei den Tätigkeiten der Haushaltsführung und Betreuung der Familie fehlten. Für die Kinderbetreuung als Haupttätigkeit blieb allein erziehenden Frauen nur circa eine knappe Viertelstunde pro Tag. Mit knapp 5 Stunden wendeten allein erziehende Frauen und Frauen mit Kindern und Partner dagegen gleich viel Zeit am Tag für die Freizeitgestaltung auf. Bei der Interpretation ist allerdings zu beachten, dass im Tagebuch nicht nur die Haupttätigkeit, sondern auch Nebentätigkeiten einer Person erfasst wurden. Die Kinderbetreuung wurde oft als Nebentätigkeit eingetragen. Darunter fällt auch die Betreuung der Kinder zum Beispiel während des Bügelns, während der gemeinsamen Freizeitgestaltung und Ähnliches. Dadurch sind Verzerrungen denkbar. So ist es möglich und überaus wahrscheinlich, dass allein Erziehende ihre Freizeit zu einem nicht unerheblichen Teil mit ihren Kindern verbringen.

Im Durchschnitt 3,8 Stunden pro Woche Hilfe für andere Haushalte

In Baden-Württemberg wird gegenseitige Hilfe und Unterstützung groß geschrieben. Die Hälfte der baden-württembergischen Bevölkerung ab 10 Jahren gab im Zeitraum 2001/02 anderen Haushalten mit durchschnittlich 3,8 Stunden pro Woche recht zeitaufwändige Hilfestellungen unterschiedlichster Art (Schaubild 1).

Diese so genannte informelle Hilfe wird nicht innerhalb von Institutionen (wie zum Beispiel Vereinen) geleistet, sondern findet nur im privaten Bereich von Haushalt zu Haushalt statt. So fallen Unterstützungen von Bekannten oder innerhalb des Familienverbandes in diese Kategorie. Frauen engagierten sich zwar mit einem Anteil von 47 % weniger häufig als Männer (54 %), ihr Zeitaufwand war dafür mit 4,1 Stunden pro Woche eine halbe Stunde höher als jener der Männer.

Der Zeitaufwand für geleistete Hilfen für andere Haushalte unterscheidet sich dabei in Abhängigkeit von der Tätigkeit gravierend: Immerhin 16,5 % der Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger betreute im Betrachtungszeitraum im Schnitt 9 Stunden pro Woche die Kinder anderer Haushalte. Dazu gehört nicht nur das klassische Babysitten, sondern auch die Langzeitbetreuung der Kinder beispielsweise durch ihre Großeltern.

Mit weitem Abstand folgt die Alten- und Krankenpflege: Nur knapp 5 % der Bevölkerung leistete diese Hilfestellung. Im Durchschnitt waren das immerhin 5,7 Stunden pro Woche. Darunter zählt die Nachbarschaftshilfe ebenso wie die Pflege der eigenen Eltern. Jeder zehnte Baden-Württemberger war im Durchschnitt knapp 5 Stunden damit beschäftigt, für andere Haushalte zu kochen. Fast ebenso lange halfen knapp 4 % bei Transporten oder Umzügen. Jeder Zehnte nahm sich 3,9 Stunden Zeit, um anderen Haushalten beim Bauen und Reparieren zu helfen. Mit jeweils 3,5 Stunden pro Woche war der Zeitaufwand für die Gartenarbeit, Haustierpflege sowie Reparatur und Wartung von Fahrzeugen für andere Haushalte gleich hoch. Immerhin fast jeder Dritte nahm sich 2,9 Stunden pro Woche Zeit, um andere Haushalte mit Gesprächen oder Ratschlägen zu unterstützen. Knapp jeder Fünfte kaufte für andere Haushalte Lebensmittel und andere Dinge ein. Dies nahm allerdings nur 2,7 Stunden in der Woche in Anspruch.

Frauen arbeiteten durchschnittlich 31,5 Stunden in der Woche ohne Bezahlung

Von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung ist das Verhältnis von bezahlter zu unbezahlter Arbeit. Dabei zählen zur unbezahlten Arbeit nicht nur Hausarbeit, sondern vor allem auch Tätigkeiten im Rahmen des Ehrenamtes und der informellen Hilfe für andere Haushalte. Den größten Teil der unbezahlten Arbeit leisteten erwartungsgemäß die Frauen – immerhin 31,5 Stunden pro Woche –, während sie nur 10,2 Stunden in der Woche einer bezahlten Tätigkeit nachgingen (Schaubild 2). Bei Männern betrug der Unterschied zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit dagegen nur 3,8 Stunden in der Woche: Sie gingen durchschnittlich 22,2 Stunden in der Woche einer Erwerbstätigkeit nach, immerhin noch 18,4 Stunden fanden die Männer für unbezahlte Arbeit Zeit. Damit lag die von Frauen 2001/2002 unbezahlte und bezahlte Arbeit ungefähr eine Stunde in der Woche höher als bei den Männern.

1 Erste Ergebnisse der Zeitbudget-Erhebung wurden bereits veröffentlicht: Voß, Michaela: Zwei Fünftel der Bevölkerung sind bürgerschaftlich engagiert, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, Heft 4/2004, S. 40-41.