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Der Kunde steht im Mittelpunkt – Ein Jahresrückblick 2006

Amtliche Statistik ist kein Selbstzweck, sie muss einen Nutzen haben. Und dieser Nutzen wird von den Kunden bestimmt. Aber dieser Nutzen kommt nur zum Tragen, wenn die Informationen des Statistischen Landesamtes zur Kenntnis genommen werden und die Menschen ihr Wissen bereichern, die amtliche Statistik selbst aber eine hohe Servicebereitschaft und ein großes Bemühen zeigt, sich mit den Kunden zu beschäftigen. Auch Berichtspflichtige sind dabei wichtige Kunden. Ihnen den Zweck der Statistik zu verdeutlichen und bewusst zu machen, ist ein zentrales Ziel.

Eine gut funktionierende Informationskultur im Rahmen einer umfassenden informationellen Grundversorgung gehört zur Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Handeln von Entscheidungsträgern, Organisationen sowie auch von Privatpersonen und trägt ebenso wie die Beschaffung und Selektion von relevanten Informationen maßgeblich zu jedwedem Erfolg bei. Wurde die amtliche Statistik ursprünglich vor allem für Verwaltungszwecke und als politische Entscheidungsgrundlage geschaffen, so hat sich ihre Anwendung und Nutzung immer mehr auch in der breiten Öffentlichkeit etabliert. Die Beratungs- und Analysekompetenz des Statistischen Landesamtes sowie die hohe Qualität seiner objektiven, neutralen, wissenschaftlich unabhängigen und dem politischen Einfluss entzogenen Daten erfahren dabei zunehmend höchste Wertschätzung. Mit maßgeschneiderten Produkten und Dienstleistungen will das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg heute individuellen Bedürfnissen und Anforderungen entgegenkommen und dem Anwender statistische Informationen in leicht zugänglicher Form und zeitsparend zur Verfügung stellen. Auf diesem eingeschlagenen Weg ist der Baden‑Württembergische Informationsdienstleister im Jahr 2006 wieder ein gutes Stück vorangekommen.

Landesweites Kunden- und Partnernetzwerk

Um sich als zentraler Informationsdienstleister der Landesverwaltung besser im Land zu vernetzen und kundenorientierter informieren zu können, strebt das Statistische Landesamt vielfältige Kooperationsprojekte wie Vertriebspartnerschaften, Auftragsstudien, Gastwissenschaftsarbeitsplätze, Datenlieferverträge, Sponsoring etc. an. So wurden auch im Jahr 2006 von der Amtsleitung und den Abteilungsleitern wieder eine Vielzahl von Verbands- und Ressortgesprächen geführt, um die Zusammenarbeit mit den Ressorts, mit Verbänden und anderen Partnern weiter zu verbessern und zu festigen. Sie werden dazu genutzt, um gezielt Informationswünsche abzufragen und Kooperationen einzugehen. Auch die Pflege eines »Netzwerks amtliche Statistik« zwischen Vertretern wissenschaftlicher Einrichtungen, Wirtschaftsunternehmen und dem Statistischen Landesamt trägt dazu bei, die amtliche Statistik zu fördern und ihren Nutzen transparent zu machen.

Kooperationsprojekte mit wissenschaftlichen Einrichtungen dienen dazu, aktuelle Themen von wissenschaftlichem Interesse zu bearbeiten und mit Hilfe eines Know-how-Transfers die Analysekompetenz des Statistischen Landesamtes zu stärken sowie sein umfangreiches Datenreservoir für wissenschaftliche Zwecke besser zu nutzen. So konnten im Jahre 2006 durch zwei Gastwissenschaftsarbeitsplätze im Haus Untersuchungen zur »Neuen Datenquelle »Unternehmensregister« – Mehr Informationen über den Mittelstand ohne mehr Bürokratie« sowie zu Tarif- und Lohnstrukturen aus der Gehalts- und Lohnstrukturerhebung realisiert werden.

Das Statistische Kolloquium »Zukunft der Bildung«, das an der Universität Hohenheim als Gemeinschaftsveranstaltung des Statistischen Landesamtes und der Universitäten Hohenheim und Tübingen durchgeführt wurde, fand breite Aufmerksamkeit. Es dient als Forum, um den Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft, Praxis, Studierenden und den Experten der amtlichen Statistik zu fördern und den Kontakt zu vertiefen.

Bereits seit April 2002 wird von den Statistischen Landesämtern ein Forschungsdatenzentrum betrieben. Jedes Statistische Landesamt bildet dabei im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft einen regionalen Standort des Forschungsdatenzentrums. Ziel ist, den Zugang der Wissenschaft zum Datenangebot und speziell zu den Mikrodaten der amtlichen Statistik, also den statistisch erhobenen Einzeldaten, zu erleichtern und für die Nutzer dieser Daten Beratungs- und Servicedienstleistungen bereitzustellen. Um diese Aufgabe effizienter als bisher erfüllen zu können, wurde seitens der Statistischen Landesämter Anfang 2004 ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Pilotprojekt ins Leben gerufen, mit dem eine flächendeckende organisatorische, fachliche und technische Infrastruktur zur Informationsversorgung der Wissenschaft aufgebaut und erprobt wird. Im Rahmen dieses Pilotprojekts sind im Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg zentral die Mikrodaten von 7 Umwelt- und 3 Baugewerbestatistiken aufbereitet worden, die nun von Wissenschaftlern für Analysen genutzt werden können. Bislang wurden im regionalen Standort Stuttgart 12 Anträge unterschiedlicher wissenschaftlicher Einrichtungen zur Nutzung von Einzeldaten bearbeitet.

Kundenorientierte Produktstruktur

Da der Erfolg des Statistischen Landesamtes und seiner Aktivitäten nicht durch das Amt selbst bestimmt werden kann, sondern allein durch seine Kunden, die die Arbeitsergebnisse nutzen, um sich zu informieren, zu bilden oder Entscheidungen zu treffen, hat das Haus seine künftige Informations- und Produktstrategie im Jahr 2006 an folgender Produktstruktur neu ausgerichtet (Übersicht).

Durch leicht zugängliche und allgemein akzeptierte Informationsangebote soll der Kenntnisstand der Gesellschaft erhöht werden. Hierzu dient einerseits ein einem Warenhaus ähnliches Informationsangebot, das im Wesentlichen durch eine weitere Produktdiversifikation im Internetangebot des Hauses erreicht wird. Die meist anonyme Kundschaft soll sich wie in einem Warenhaus ungehindert bewegen und die gewünschten Daten und Informationen selbstständig, nutzerfreundlich und gebührenfrei abrufen können. Zum anderen kommt ein Informationsangebot für die Bevölkerung und für Entscheidungsträger zum Tragen, das durch eine Sammlung leicht verständlicher Basisinformationen und Indikatorensets, populärwissenschaftliche Themenbroschüren sowie Kurzinformationen wie Faltblätter und »Statistik Aktuell« gekennzeichnet ist. Das zweite Standbein der den Kundenwünschen angepassten Produktstruktur dient der Erhöhung des Kenntnisstandes von Fachkreisen durch fundierte Informations- und Datenangebote zur Situation und Entwicklung des Landes. Hierzu zählt ein Informationsangebot für Fachkreise aus Verwaltung und Wissenschaft, das insbesondere aus fachlichen Analysen für bereits bekannte Zielgruppen und aus Auftragsarbeiten besteht. Dazu gehören aber auch alle Datengrundlagen für Analyse- und Dokumentationszwecke, die das Amt erstellt und vorhält, wie zum Beispiel Datenbanken.

Ein Warenhaus für alle

Nahezu 13 Millionen Seitenabrufe im Jahr 2006, das sind mehr als 38 000 Abrufe pro Tag, belegen, dass die Website des Statistischen Landesamtes Baden‑Württemberg inzwischen zu einer bedeutenden Informationsquelle geworden ist. Das Internetangebot ist das zentrale Informationsmedium mit dem breitesten Informationsangebot des Amtes. Das Haus verfolgt deshalb das Ziel, möglichst alle kostenlos verfügbaren Informationen ins Internet einzustellen und die Zahl der Nutzer mithilfe eines noch attraktiveren und kundengerechten Internetauftritts zu erhöhen. Auch 2006 erweiterte das Statistische Landesamt wieder das Informationsangebot seiner Website. Die Zahl der Newsletter-Abonnenten erreichte zum Ende des Jahres mit rund 6 900 einen neuen Höchststand. Rund 3 200 Kunden erhielten dabei die aktuellen Pressemitteilungen und fast 2 000 den Hinweis auf neue Statistische Berichte als Newsletter. Rund 1 700 Kunden abonnierten den Infobrief zur Familienfreundlichen Kommune der FamilienForschung Baden‑Württemberg. Zum Ende des Jahres wurde zudem ein Newsletter für Kommunen als neues Angebot in die Palette aufgenommen.

Ob es um Analysen gesellschaftlicher Tatbestände, um politische Willensbildung, persönliche oder unternehmerische Planung geht, nichts geht ohne Fakten und nüchterne Zahlen. Neben einer verstärkten digitalen Bereitstellung statistischer Daten über das Internet oder in Form elektronischer Produkte legte das Statistische Landesamt 2006 daher auch wieder viel beachtete Analysen in Form klassischer Printprodukte vor. So fanden zum Beispiel der Wahlnachtsbericht zur Landtagswahl, die Neuauflage der Broschüre »Statistik Kommunal«, die zweite Ausgabe von »Trends & Fakten« zu den Perspektiven der Globalisierung für Baden‑Württemberg, der Forschungs- und Entwicklungsmonitor Baden‑Württemberg, der Innovationsindex 2006, internationale Bildungsindikatoren im Ländervergleich, die Publikationen zu 60 Jahren Wirtschaftsentwicklung im Südwesten und zum demografischen Wandel, Veröffentlichungen aus dem Projekt Monitor Familienforschung, das Statistische Monatsheft sowie der zum Jahresende herausgebrachte Standortbericht Baden‑Württemberg und die Wirtschafts- und Sozialentwicklung 2006, die wieder mit Unterstützung der Landesbank Baden‑Württemberg veröffentlicht werden konnte, großes Interesse. Auch bei der Erstellung des im Juni erschienenen nationalen Bildungsberichts für Deutschland hat das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg – neben renommierten Forschungsinstituten – maßgeblich mitgewirkt.

Um eine große Breitenwirkung der Produkte – insbesondere von Kurzinformationen wie »Statistik Aktuell« oder von Faltblättern – zu erzielen und das bei gleichzeitiger Kostenminimierung, wurden auch im Jahr 2006 mit verschiedenen Verbänden und Ministerien wieder Kooperationen in Form von Vertriebspartnerschaften eingegangen. Partner mit größeren Abnahmemengen waren hierbei unter anderem der Landesjugendring, die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz sowie das Staats-, Wirtschafts-, Kultus- und das Landwirtschaftsministerium des Landes Baden‑Württemberg.

Aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg betreibt eine aktive Pressearbeit, denn wer die vielfältigen Leistungsangebote der Statistik kennt, ist eher bereit, sich an statistischen Erhebungen zu beteiligen. So wurden Medien und Öffentlichkeit im Jahr 2006 wieder mit über 400 Pressemitteilungen und in 13 Pressekonferenzen über neueste statistische Ergebnisse informiert und Daten zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen vorgelegt. Auf wichtigen Messen wie der »Zukunft Kommune«, der Frankfurter und Leipziger Buchmesse, der CEBIT, den Stuttgarter und Karlsruher Buchwochen, den Abfalltagen Baden‑Württemberg sowie traditionell auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest in Bad Cannstatt war das Statistische Landesamt im vergangenen Jahr präsent. Die Messeauftritte des Statistischen Landesamtes dienen dabei einem doppelten Zweck: Zum einen wird bei Fachmessen gezielt Werbung für die angebotenen Produkte und Dienstleistungen gemacht. Zum anderen werden gerade auf den großen Messen viele Menschen erreicht, denen veranschaulicht werden kann, dass die Mitwirkung an Erhebungen der amtlichen Statistik sinnvoll ist.

Die hauseigene Ausstellung des Statistischen Landesamtes »Baden‑Württemberg und die EU«, die sich besonders an die für die amtliche Statistik wichtige Zielgruppe der Schulen richtet, wurde an großen Schulen in Tuttlingen, Ulm, Heilbronn und Reutlingen äußerst positiv aufgenommen. Daneben konnte der nunmehr elfte Schülerwettbewerb des Statistischen Landesamtes zu EU-Fragen über 3 000 Schülerinnen und Schüler im Land zur Teilnahme animieren – und damit auch auf diesem Weg die Informationen des Statistischen Landesamtes in die Öffentlichkeit transportieren. In 59 Vorträgen allein durch die Präsidentin wurden einem breiten Publikum insbesondere die Auswirkungen des demografischen Wandels vorgestellt.

Nicht zuletzt konnte der zentrale Auskunftsdienst des Hauses – ein Servicedienst, der allen Bürgern offen steht – im Laufe des Jahres durch viele Tausend Anfragen im Direktkontakt mit den Kunden den Nutzen der amtlichen Statistik transportieren.

Erfolgreiche Entlastungsbestrebungen

Der Nutzen der amtlichen Statistik steht außer Frage, auch wenn in der öffentlichen Diskussion oft über die Belastung durch statistische Erhebungen gesprochen wird. Aber allein den Nutzen zu mehren und transparent zu machen genügt nicht, insbesondere angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Restriktionen, denen auch die amtliche Statistik gegenüber steht. So haben die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder bereits im Jahr 2003 die wesentlichen Grundlagen und Ziele formuliert, mit denen die Zukunft der amtlichen Statistik in Deutschland unter Beachtung der föderalen Struktur für die Zukunft gestaltet werden soll. Im Vordergrund dieses »Masterplans zur Reform der amtlichen Statistik« steht, die Wirtschaftlichkeit des statistischen Systems zu verbessern und gleichzeitig durch Entlastung der Befragten die Akzeptanz zu erhöhen. Die Zusammenarbeit der Statistischen Ämter soll optimiert und um Wettbewerbselemente ergänzt werden.

Ein wichtiger Schwerpunkt der Reformbestrebungen liegt in der Entlastung von statistischen Berichtspflichten, denn auch hier stehen unsere Kunden im Mittelpunkt. Eine aktuelle Belastungsstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, die im Juli 2006 vorgelegt wurde und die erstmals repräsentative Ergebnisse hervorgebracht hat, zeigt, dass nur rund 15 % der rund 3,5 Mill. Unternehmen in Deutschland gegenüber der amtlichen Statistik überhaupt meldepflichtig sind. Das bedeutet, 85 % haben mit den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder überhaupt nichts zu tun. Der monatliche Meldeaufwand dieser Unternehmen liegt bei durchschnittlich 64 Minuten und beträgt damit rund 9 % des Zeitaufwands für die gesamten Melde- und Informationspflichten von Unternehmen gegenüber der öffentlichen Verwaltung insgesamt. Das ist vergleichsweise gering, aber dennoch besteht nach wie vor die Maxime, statistische Belastungen weiter zu reduzieren.

Das am 22. August 2006 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Mittelstandsentlastungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Durch dieses Mittelstandsentlastungsgesetz (Erstes Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft), das in einem wesentlichen Teil auf Vorschläge des Statistischen Landesamtes Baden‑Württemberg zurückgeht, sind ab Januar 2007 grundsätzlich alle Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes mit weniger als 50 tätigen Personen von der Berichtspflicht zur monatlichen Konjunkturbeobachtung befreit. In Baden‑Württemberg betrifft das 4 100 Betriebe, die dann jährlich über 40 000 Meldungen weniger an die amtliche Statistik liefern müssen. Das heißt, für sie reduziert sich ihre bisher bestehende Meldepflicht um 70 %. Weitere Entlastungen bringt das Gesetz im Bereich der Baufertigstellungsstatistiken und der Lohnstatistiken.

Das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg wird auch in Zukunft laufend die Erforderlichkeit von Statistiken überprüfen und immer dort, wo Entlastungschancen gesehen werden, dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Möglichkeiten – wie schon mehrfach in der Vergangenheit – Kürzungsvorschläge unterbreiten. Für das Jahr 2007 ist bereits ein zweites Mittelstandsentlastungsgesetz geplant.

Medienbruchfreiheit schafft Rationalisierungsfreiräume

Der entscheidende Ansatz zu Rationalisierung und Kosteneinsparung liegt für das Statistische Landesamt im Übergang zu einer medienbruchfreien, elektronischen und vorplausibilisierten Datenlieferung. Mit dem Fortschrittsbericht 2006 konnte nun zum vierten Mal eine detaillierte und fundierte Bestandsaufnahme der Situation bei der Datenlieferung an die amtliche Statistik vorgelegt werden, mit dem über die medienbruchfreie, plausibilisierte Datenlieferung an das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg informiert wird. Die technischen Voraussetzungen für elektronische Datenlieferungen erweisen sich in der betrieblichen wie auch in der Verwaltungspraxis als außerordentlich komplex und nicht selten aufwendig in der Umsetzung. Unter diesem Blickwinkel ist es daher durchaus beachtlich, dass die Zahl der Statistiken, bei denen – mit unterschiedlichen Prozentanteilen – eine elektronische Datenlieferung der Berichtspflichtigen erfolgt, sich inzwischen auf 144 der 245 im Statistischen Landesamt durchzuführenden Statistiken beläuft. Dabei umfasst die Zahl der Statistiken, die zu 100 % elektronisch geliefert werden und bereits so vorplausibilisiert sind, dass nur ein geringer Aufwand im Statistischen Landesamt entsteht, allerdings nur 25 Erhebungen. Zieht man die Grenze der medienbruchfreien Lieferung bei gleichzeitiger Vorplausibilisierung aber bei mindestens 90 %, so können – wie bisher – 31 Statistiken als medienbruchfrei einbezogen werden.

Um befragten Unternehmen wie auch sich selbst die Arbeit zu erleichtern, setzt sich das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg nachdrücklich für den verstärkten Einsatz elektronischer Medien bei der Durchführung von Erhebungen ein. Seit Februar 2003 bietet die Behörde bei bestimmten Erhebungen die Möglichkeit, Statistikmeldungen direkt am PC in elektronische Formulare einzugeben und per Knopfdruck über das Internet in verschlüsselter Form zu verschicken. Im Jahr 2006 konnte das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg mittlerweile bei insgesamt 36 Statistiken eine Datenübermittlung per Internet anbieten und liegt damit bundesweit mit an der Spitze. Besonders erfreulich ist, dass diese Form der Datenlieferung inzwischen beachtliche Teilnahmequoten zu verzeichnen hat, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Werbeaktionen des Amtes, diese komfortable und rationelle Form der Online-Meldung zu nutzen. So melden zum Beispiel derzeit bei der monatlichen Produktionserhebung 57 % der Unternehmen über das Internet, beim Monatsbericht im Verarbeitenden Gewerbe 47 %. Diese Werte sind bundesweit nach wie vor unerreicht. Im Verlauf des Jahres 2006 sind insgesamt über 120 000 Internetmeldungen eingegangen, was einer Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr von über 70 % entspricht. Weitere 12 Statistiken sind in Baden‑Württemberg für das Jahr 2007 in Planung.

Besonders innovativ und vielversprechend ist in diesem Zusammenhang das vom Statistischen Bundesamt entwickelte Verfahren eStatistik.core, bei dem Unternehmen angeboten wird, die zu liefernden Daten automatisch aus dem DV-gestützten betrieblichen Rechnungswesen zu gewinnen und medienbruchfrei über Internet an die erhebende Stelle zu melden.

Ein großer Fortschritt bei der Datengewinnung wird sich aus der Nutzung von Verwaltungsdaten ergeben. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder arbeiten derzeit mit Nachdruck daran, dass künftig die Daten der Umsatzsteuermeldungen an die Finanzämter und die Daten, die den Arbeitsämtern gemeldet werden, für die Konjunkturbeobachtung genutzt werden können. Erste Testauswertungen zeigen allerdings, dass die Nutzung von Verwaltungsdaten nicht ohne Weiteres und auch nur zum Teil möglich ist; sie wird wohl durch Direktbefragungen ergänzt werden müssen. Voraussetzung für eine optimale Nutzung der Verwaltungsdaten ist grundsätzlich deren »Ertüchtigung«. In anderen Ländern, insbesondere in Skandinavien und Frankreich, können die Statistikämter schon lange auf Verwaltungsdaten zugreifen. Ein entscheidender Ansatzpunkt für eine bessere Nutzung von Verwaltungsdaten in Deutschland wird die Einführung einer einheitlichen Wirtschafts-Identifikationsnummer sein.

Engere Kooperation der Statistischen Ämter

Ein weiterer wichtiger Baustein im Reformprozess der amtlichen Statistik mit erheblichem Wirtschaftlichkeitspotenzial ist die »Optimierte Kooperation durch mehr Arbeitsteilung«. Anknüpfend an die positiven Erfahrungen, die die Statistischen Ämter mit der seit Jahren praktizierten Verbundprogrammierung nach dem Prinzip »Ein Amt programmiert für alle anderen« gemacht haben, soll dieses Konzentrationsmodell auch auf die IT-Produktion ausgeweitet werden. In Form von Pilotprojekten bei den Bau-, Finanz- und Binnenfischereistatistiken wurde bereits erfolgreich getestet, wie die Installation der Software sowie die Softwarepflege und -wartung zentral von einem Statistischen Landesamt für andere Ämter durchzuführen ist. Daraus leitet sich die weitere Vorgehensweise ab, in den nächsten Jahren diese Form der Arbeitsteilung auf alle Ämter auszuweiten und so flächendeckend für möglichst viele Statistiken einzuführen. Um das für diese Kooperation notwendige Projektmanagement zu verbessern, soll ein Verrechnungssystem etabliert werden, das die Bezahlung der erbrachten IT-Leistungen zwischen den Statistischen Ämtern ermöglicht.

Als eines von sechs Pilotprojekten wurde von Baden‑Württemberg das Projekt mDAMAST durchgeführt, welches für andere Landesämter eine zentrale DV-Anwendungsbetreuung und -aufbereitung für sämtliche Baustatistiken ermöglicht. Derzeit beteiligen sich die Landesämter von Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen an dieser neuen Form der Zusammenarbeit, vor allem um die Kosten für Programmpflege und Programmanpassungen zu verringern. Diese Länder können damit frei werdende Arbeitskapazitäten für neue Aufgaben nutzen. Es ist zu hoffen, dass sich bald noch weitere Statistische Landesämter an diesem zukunftsweisenden Kooperationsmodell beteiligen.

Die Aufgaben nehmen weiter zu

Trotz erfolgreicher Rationalisierungs- und Entbürokratisierungsbemühungen unter dem Primat der Wirtschaftlichkeit sieht sich die amtliche Statistik dem Druck zunehmender Aufgaben gegenüber, die den steigenden Informationsbedarf – insbesondere der EU – befriedigen sollen. So ist der Aufgabenumfang im Jahr 2006 wieder um 5 neue Statistiken erweitert worden. Dies sind die Statistik zu den Finanzen der ausgegliederten Einheiten, die Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in den Haushalten, die Statistiken zu Kindern und tätigen Personen in Tageseinrichtungen und in der öffentlich geförderten Kindertagespflege sowie die Körperschaft- und Gewerbesteuerstatistik. Im Gegenzug brachten lediglich Merkmalsreduzierungen bei der Holzeinschlagstatistik und eine Periodizitätsverlängerung bei den Baufertigstellungen eine gewisse Entlastung der Befragten.

Auch für das Jahr 2007 stehen bereits wieder Ausweitungen im Statistikprogramm fest. Zudem wird ein für 2010/11 vorgesehener registergestützter Zensus deutlich spürbare Auswirkungen auf das Aufgabenvolumen des Hauses haben. Schon heute ist das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg durch seine Teilnahme an einer Vielzahl vorbereitender Gremien an der Planung dieses Zensus wesentlich beteiligt. Das sogenannte Zensusvorbereitungsgesetz, das die Grundlage für die Durchführung des eigentlichen Zensus bildet, befindet sich derzeit in der Abstimmung.

Diesen zusätzlichen Aufgaben, den stetigen Reformbemühungen sowie den hohen Anforderungen an Qualität und Termintreue steht allerdings ein steter, von der Politik auferlegter, Personalabbau gegenüber. Das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg hat von 1993 bis heute mittlerweile 165,5 Stellen eingespart, sodass das Amt nur noch über 625,5 Stellen verfügt. Bis zum Jahr 2008 sind weitere 23 Stellen einzusparen, was dann einem Stelleneinsparvolumen von ca. 24 % seit 1993 entspricht, bei einem gegenüber 1992 um 13 % gestiegenen Aufgabenvolumen.

Erschwerend kamen im Jahr 2006 auch noch die Auswirkungen des Streiks in den Tarifauseinandersetzungen des öffentlichen Dienstes hinzu, von denen das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg besonders stark betroffen war. Die fehlenden Personalkapazitäten führten zu deutlichen Terminüberschreitungen bei vielen gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben und Lieferverpflichtungen sowie in der Bereitstellung wichtiger Informationen für Tausende von Statistik-Kunden. Diese Verzögerungen wirken zum Teil sogar noch bis in das Jahr 2007 nach.

Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen

Das Statistische Landesamt ist angesichts der politischen Rahmenbedingungen gezwungen, mit immer weniger Ressourcen immer anspruchsvollere und umfangreichere Aufgaben zu bewältigen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die internen Rationalisierungs- und Verbesserungsprozesse ausgeschöpft sowie gezielt und effizient gestaltet und gesteuert werden. Vor allem aber braucht es die gemeinsame Anstrengung und den Willen aller Beschäftigten zur Veränderung. Daher wurde für das Jahr 2006 zwischen der Amtsleitung und den Abteilungsleitungen – nach 2005 – die zweite schriftlich fixierte Zielvereinbarung des Amtes abgeschlossen. Diese Zielvereinbarung enthält diejenigen Ziele, Strategien und Maßnahmen, mit denen das Statistische Landesamt den notwendigen Reformprozess steuern und vorantreiben will.

Eine weitere wichtige Maßnahme, um Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sind Organisationsuntersuchungen, die in Eigeninitiative des Hauses in allen Referaten durchgeführt werden. Ziel dieser Organisationsuntersuchungen ist es, die Arbeitsabläufe in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Organisationsbereichen zu optimieren. Davon verspricht sich das Amt einen wichtigen Beitrag zur Effizienzsteigerung in allen seinen Bereichen und mittelfristig eine gerechtere Aufgabenverteilung und Belastung der Beschäftigten.

Das gleiche Ziel verfolgt das Statistische Landesamt mit einem seit 2004 erfolgreich praktizierten flexiblen Personaleinsatz. Damit ist es gelungen, von 2004 bis 2006 einen jährlichen Personalmehrbedarf in Höhe von durchschnittlich 80 Personenmonaten – dies entspricht ca. 8 Stellen – abzudecken.

Um die Kreativität und die Ideen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verbesserung von Arbeitsabläufen sowie zur Nutzung von Wirtschaftlichkeitspotenzialen optimaler zu nutzen, gibt es im Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg seit Ende 2002 das sogenannte StaLa-Verbesserungssystem (StaLaVS). StaLaVS ist ein Gesamtsystem, das alle Elemente von Verbesserungsmöglichkeiten umfasst und damit auch alle Bereiche des Hauses berücksichtigt, von denen Verbesserungen ausgehen können (Verbesserungen im Rahmen der Erledigung der Arbeitsaufgabe, Amtsverfügungen, Einzelvorschlagswesen, Teambesprechungen). Verbesserungen, die im Haus umgesetzt werden und die gegebenenfalls auch für andere Bereiche von Bedeutung sein könnten, werden an zentraler Stelle gesammelt und bekannt gemacht. Bis zum Ende des Jahres 2006 gingen insgesamt 340 Einzelvorschläge in der Geschäftsstelle ein. Hiervon wurden 108 umgesetzt und 31 prämiert. Allein durch die Realisierung der Einzelvorschläge konnten dabei fast 56 000 Euro an Einsparungen erzielt werden. Nimmt man die Ersparnisse durch Team-Vorschläge hinzu, so ergeben sich Einsparungen in Höhe von über 256 000 Euro seit der Einführung des Systems.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten sind von einem länderübergreifenden Benchmarking zu erwarten, das bereits Ende 2002 unter der Federführung Baden‑Württembergs eingerichtet wurde. Auf der Grundlage dieses länderübergreifenden Benchmarkings lassen sich statistische Methoden und DV-Verfahren verbessern. Dies führt nach dem Prinzip »Lernen vom Besten« zur Aufwandsminimierung bei allen Statistischen Landesämtern. Obwohl die Statistischen Landesämter oft in sehr unterschiedliche, landeseigene Kosten-Leistungs-Rechnungssysteme eingebunden sind, ist es gelungen, bei fast allen eine weitestgehende Vereinheitlichung des Controllings zu erreichen und in einer ersten Phase 8 kostenträchtige Statistiken – Wanderungsstatistik, Tourismusstatistik, Mikrozensus, Monatsbericht im Verarbeitenden Gewerbe, Verbraucherpreisindex, Verdiensterhebung und ab 2007 Umsatzsteuerstatistik und Insolvenzstatistik – zwischen fast allen Ländern vergleichend zu beurteilen. Das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg liegt hier fast durchgehend mit an günstigster Stelle.

Engagierte Mitarbeiter meistern den Reformdruck

Die hohe Qualität der Produkte und Dienstleistungen des Statistischen Landesamtes Baden‑Württemberg beruht auf dem großen Engagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein wichtiges strategisches Ziel des Hauses ist es daher, die Beschäftigten bestmöglich zu motivieren und zu qualifizieren. Von ihnen hängt es letztendlich ab, ob und wie das Statistische Landesamt den begonnenen Reformprozess verwirklichen kann. Die Förderung der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten im Statistischen Landesamt ist daher eine elementare Voraussetzung für den Erfolg des Hauses. Flexibilisierungen der Arbeitszeiten, Möglichkeiten zur Tele- und Wohnraumarbeit, ständige Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote sowie Verbesserungen der Personalstruktur leisten hierzu einen Beitrag.

Die Reformdiskussionen und -bestrebungen in der amtlichen Statistik werden weiter anhalten. Das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg ist fest entschlossen, diesen Weg aktiv mitzugestalten, um die Effizienz der Verfahren, vor allem aber auch die Qualität der Statistikprodukte in Zukunft weiter zu verbessern – zum Nutzen der Entscheidungsträger und der Bevölkerung auf allen staatlichen Ebenen. Das Statistische Landesamt wird weiter daran arbeiten, für noch mehr Menschen in Baden‑Württemberg ein unverzichtbarer Informationsdienstleister zu sein, der dazu beiträgt, das System der amtlichen Statistik zukunftsorientiert, innovativ, aktuell, effizient und belastungsarm weiter zu entwickeln.