:: 2/2015

Wirtschaftswachstum setzt sich abgeschwächt fort

Baden-Württembergs BIP dürfte im 1. Quartal preisbereinigt um rund 1 % wachsen

Baden-Württembergs Wirtschaft ist gut ins neue Jahr 2015 gestartet. Nachdem das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 4. Quartal 2014 um rund 1 ½ % über dem Vorjahreswert gelegen haben dürfte, steht für das 1. Quartal 2015 ein BIP-Wachstum von rund 1 % zu erwarten. Das Wirtschaftswachstum setzt sich damit fort, wobei die gedämpfte Dynamik zum Teil auch auf das starke Vorjahresquartal zurückzuführen ist. Der Gesamtkonjunkturindikator des Statistischen Landesamtes zeigt an, dass für die 2. Jahreshälfte wieder mit einer anziehenden Konjunktur gerechnet werden kann.

Was die Binnennachfrage angeht, ist die Lage eher durchwachsen. So blieben Umsätze und Auftragseingänge des Verarbeitenden Gewerbes im Durchschnitt der Herbstmonate September bis November 2014 unter ihren Vorjahreswerten (real um 1,5 % bzw. 0,9 %). Bei den Investitionsgüterproduzenten gingen die Inlandserlöse sogar um 2,1 % zurück. Im Baugewerbe dagegen stiegen die geleisteten Arbeitsstunden sowohl zum Vorjahr als auch zur Vorperiode deutlich an. Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 1,1 % gegenüber dem letzten Jahr, gegenüber den Sommermonaten jedoch nur um 0,1 %.

Die Auslandsnachfrage ist der Schrittmacher der heimischen Wirtschaft. So stiegen die Auslandserlöse der Industrie in den Herbstmonaten 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum preisbereinigt um 4,9 %. Besonders gefragt waren Kraftfahrzeuge mit einem Umsatzplus von 11,0 %. Die Umsätze des Maschinenbaus stiegen immerhin noch um 1,5 %. Die Auftragseingänge aus dem Ausland (+5,7 %) signalisieren, dass von der Auslandsnachfrage auch weiterhin expansive Impulse ausgehen dürften.

Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor ein Stabilitätsanker. Die Nachfrage nach Arbeitskräften stieg im Herbst sowohl in der Industrie als auch in den Dienstleistungsbranchen weiter an. Ins­besondere die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten legte deutlich zu. Die Anzahl der Arbeitslosen ist im 4. Quartal 2014 im Vorjahresvergleich weiter gefallen und belief sich auf 220 500 Personen.

Divergierende Konjunkturzyklen und Geldpolitik

Im Abschnitt »Auslandsnachfrage« wurde deutlich, dass das Ausland wieder der wesentliche Konjunkturmotor für die baden-württembergische Wirtschaft ist. Der bedeutendste Markt für baden-württembergische Exportgüter ist nach wie vor der US-amerikanische (gut 11 % der heimischen Ausfuhren finden dort Abnehmer). In den ersten 3 Quartalen 2014 wuchsen die Exporte in die USA gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 10,8 %. Dieser Nachfragesog resultiert vor allem aus dem robusten BIP-Wachstum 2014 von voraussichtlich 2,4 %. Welche Rolle die Wechselkursentwicklung spielt, ist nicht zu quantifizieren: Zwar hat der Euro gegenüber dem Dollar seit Beginn des Jahres 2014 deutlich an Wert eingebüßt, im Jahresdurchschnitt ergibt sich zu 2013 jedoch kaum ein Unterschied. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums dürfte sich tendenziell weiter verbessern, da aufgrund der divergierenden Konjunkturverläufe die jeweiligen Geldpolitiken unterschiedlich ausgerichtet bleiben dürften: expansiv im Euroraum, während sich für die USA die Anzeichen für eine Leitzinserhöhung verdichten.

Etwa ein Drittel der baden-württembergischen Exportgüter gehen in die Länder des Euroraums. Änderungen der preislichen Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Währungsunion können bei festen nominalen Wechselkursen nur über Veränderungen der relativen Preise erfolgen (wenn man vom Extremfall des Austritts eines Landes absieht). Unterschiedliche Entwicklungen sind diesbezüglich allerdings eher langfristig zu beobachten, zum Beispiel als Folge geänderter angebotsseitiger Rahmenbedingungen. Für die Erklärung kurzfristiger Änderungen des Exportvolumens in Länder der Währungsunion sollte jedenfalls die konjunkturelle Entwicklung eine größere Rolle spielen – und deren Dynamik ist nach wie vor verhalten, sodass die Ausfuhren in den Euroraum um lediglich 2,0 % gestiegen sind.

Die Geldpolitik der großen Währungsblöcke ließ auch Baden-Württembergs südlichen Nachbarn und bedeutenden Handelspartner, die Schweiz, nicht unbeeinflusst. Unter dem Eindruck der Eurokrise wertete der Schweizer Franken so stark auf, dass sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) im September 2011 veranlasst sah, einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro zu verteidigen. Diese »außerordentliche und temporäre Maßnahme hat die Schweizer Wirtschaft vor schwerem Schaden bewahrt«, wie die SNB befindet (gemeint ist das »Risiko einer deflationären Entwicklung«), sei nun aber nicht mehr gerechtfertigt. Die Freigabe des Wechselkurses am 15. Januar 2015 führte unmittelbar zu einer starken Franken-Aufwertung, die seitens der SNB jedoch als »massives Überschießen« bezeichnet wurde, das nicht durch Fundamentaldaten gerechtfertigt sei. Um dennoch eventuellen kontraktiven Effekten entgegenzuwirken, wurde begleitend eine Zinssenkung beschlossen, die binnenwirtschaftlich expansiv wirken soll. Die Auswirkungen auf die baden-württembergischen Exporte in die Schweiz sind dementsprechend noch schwer zu beurteilen.