:: 5/2015

Das zentrale Unternehmensregister 2014 – URS-Neu

Ein Erfahrungsbericht zur Schulung am neuen System

Die Einführung des URS-Neu-Systems zusammen mit dem elektronischen Kommunikationssystem eKomm stellte 2014 die Statistischen Landesämter vor große Herausforderungen. Nach Produktivsetzung des neuen Verfahrens mussten sich bundesweit über 1 800 Nutzer des bisherigen Verfahrens (Unternehmensregister-System 95) umstellen. Die neuen Funktionalitäten und Arbeitsprozesse zur Registeraktualisierung sollten erstmals in der täglichen Arbeit angewendet werden – was nicht ohne ausführliche und aufwändige Schulungen möglich war.

Im Folgenden wird über diese Phase bei der Einführung von URS-Neu berichtet. Der Schwerpunkt wird dabei auf die Darstellung der Organisation zur Vermittlung einer neuen Technik gelegt: die Schulung von 189 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Statistischen Landesamtes Baden‑Württemberg.

Das neue Unternehmensregister: Start im Juli 2014

Das Unternehmensregister-System 95 (URS95) wurde im Januar 1997 eingeführt als ein in 16 Bundesländern separat betriebenes Datenbanksystem für alle wirtschaftlich aktiven Unternehmen und Betriebe eines Landes.1 Einmal pro Jahr wurde aus den Länderkopien eine Gesamtkopie erstellt, die auf Bundesebene für Auswertungen und als Abstimmungsgrundlage verwendet wurde. Aufgrund der auslaufenden Programmiersprache ADABAS/Natural und der daraus resultierenden Tatsache, dass künftig keine Wartung und Weiterentwicklung möglich sein werden, entstand die Notwendigkeit zur Erstellung eines neuen Datenbanksystems.

Der im Jahre 2003 verfasste »Masterplan zur Reform der amtlichen Statistik« sollte auch die statistische Produktion und die Informationsgewinnung reformieren.2 Als Unterstützungsprozess zur Erreichung dieser Ziele werden unter anderem die IuK-Technologien genannt. Vor dem Hintergrund der föderalen Struktur der amtliche Statistik in Deutschland galt es, die Kernkompetenzen Erhebung und Analyse in den einzelnen Ländern und im Bund zu behalten, während weitgehend elektronische Unterstützungsprozesse im Rahmen von Aufgabenteilungen zwischen den Ämtern arbeitsteilig nach betriebswirtschaftlichen Kriterien und Wettbewerbselementen organisiert werden können.

Bereits im Jahr 2003 war im Masterplan die Weiterentwicklung des Unternehmensregisters genannt. Ein erweitertes Unternehmensregister sollte – als Pilotverfahren – dazu dienen, Erfahrungen zu sammeln im Hinblick auf die Konzentration von Querschnittsaufgaben wie zum Beispiel dem technischen Betrieb sowie auf das Testen von notwendigen neuen Organisationsformen im Verbund der Statistischen Landesämter. Aber auch Effekte zur Entlastung der Unternehmen sollten mit dem Pilotprojekt überprüft und verbessert werden, etwa die Möglichkeiten der Einbindung weiterer Statistiken.

Tests und Schulungen zur Vorbereitung

Mittlerweile wurde das Pilotprojekt Unternehmensregister-Neu (URS-Neu) zu einem OPTIKO-Projekt.3 URS-Neu wurde als JAVA-Version entwickelt mit dem Ziel, ein zentrales länderübergreifendes System zu installieren, in dem jede Einheit nur einmal enthalten ist und die Pflege vom jeweiligen Sitzland dieser Einheit geleistet wird. Ein Kommunikationsserver sorgt dafür, dass wichtige Änderungen an Einheiten, welche auch für andere statistische Erhebungen relevant sind, deren Bearbeitern bekannt werden, die dann nach Gegenprüfungen ggf. Widerspruch einlegen können.

Die bisher in 16 landeseigenen URS95-Datenbanken gehaltenen aktuellen Angaben zu Unternehmen und Betrieben konnten – nach mehreren Terminverschiebungen – am 30. Juni 2014 in die Basisversion von URS-Neu migriert werden. In den Jahren zuvor wurden je nach physischem Entwicklungsstand des URS-Neu alle Erkenntnisse – etwa zur Verarbeitung administrativer Daten (mengenmäßig hauptsächlich der Umsatzsteuerdaten der Finanzämter sowie Beschäftigtendaten der Bundesagentur für Arbeit) – vom Statistischen Bundesamt an ausgewählte Vertreter der Statistischen Landesämter (Tester und Multiplikatoren) weitergegeben. In zahlreichen Tests während dieser Zeit mussten die jeweiligen fertiggestellten Teile des neuen Verfahrens auch durch die Länder überprüft werden. Die Weitergabe der endgültigen Informationen in die einzelnen Häuser erfolgte durch die Multiplikatoren nach letzten zentralen Schulungen. Im Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg wurden insgesamt sechs Multiplikatoren für die mit dem Unternehmensregister zusammenhängenden Erhebungsbereiche und drei für den Registerbereich selbst ausgebildet.

Schulungen für 189 Beschäftigte organisieren …

Vor der Umstellung auf URS-Neu waren im Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg zuletzt 230 Nutzer mit unterschiedlichen Berechtigungen unter URS95 angemeldet. Eine Umfrage bei den Erhebungsbereichen im Statistischen Landesamt ergab, dass nicht (mehr) für alle angemeldeten Personen eine Notwendigkeit zur Arbeit mit URS-Neu bestand. Zusätzlich wurden jedoch auch Kolleginnen und Kollegen neu gemeldet, die aufgrund ihrer jeweiligen Aufgaben zu schulen waren. Neben dem Registerbereich mit 18 Bearbeiterinnen und Bearbeitern waren in der zuständigen Fachabteilung 4 (Gewerbliche Wirtschaft) mit den Referaten Verarbeitendes Gewerbe; Bauwirtschaft; Unternehmensregister/Tourismus und Verkehr/Außenhandel, dem »Sitz« des Registers; sowie Energiewirtschaft/Handwerk/Dienstleistungen/Gewerbeanzeigen noch 74 weitere Nutzer in Erhebungsbereichen beschäftigt. Außerhalb von Abteilung 4 hatten sich aus anderen Erhebungsbereichen nochmals 97 zu Schulende gemeldet, sodass insgesamt 189 Personen für die zukünftige Arbeit mit dem neuen Unternehmensregister nach erfolgter Migration fit zu machen waren. Somit belief sich der Schulungsbedarf auf rund ein Drittel der Beschäftigten im Haus. Während für die Erhebungsbereiche innerhalb der Abteilung 4 eigene vom Statistischen Bundesamt geschulte Multiplikatoren die Vermittlung der weiteren erhebungsspezifischen Schulungsteile übernahmen, oblag es dem Registerbereich zunächst, bei allen angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine sogenannte Grund- sowie eine Rechercheschulung durchzuführen. Damit sollte eine einheitliche Grundlage für die folgenden zu vermittelnden komplexeren Verarbeitungsprozesse sowohl im Register als auch in den Erhebungsbereichen geschaffen werden. Von den letztendlich geschulten Personen im Amt hat jede zumindest eine Einführungs- bzw. Rechercheschulung mitgemacht. In der Folgezeit, auch nach Einführung von URS-Neu, wurden dazu weitere hier nicht dargestellte Einzel- und Gruppenschulungen durchgeführt mit dem Ziel, die vorhandenen Kenntnisse zu stärken oder neue zu erwerben.

… durchführen und dokumentieren

Für die Schulungen standen ein mit PC-Arbeitsplätzen ausgestatteter Schulungsraum sowie weitere Räumlichkeiten zur Verfügung, die die Möglichkeit bieten, die Schulungsinhalte wie zum Beispiel die Demonstration von URS-Anwendungen als Leinwandprojektion zu präsentieren. Im Wesentlichen schafften es im Registerbereich zwei Kollegen des gehobenen Dienstes, das notwendige Grundwissen systematisch zu vermitteln.4 Besondere logistische Herausforderungen ergaben sich, wenn Extraschulungen für Kolleginnen und Kollegen, die zum Beispiel am vorgesehenen Schulungstag verhindert waren, erforderlich wurden. Grundschulungen fanden überwiegend durch Beamer-Übertragungen statt, wohingegen die Recherchen im neuen Unternehmensregister kontrolliert am Schulungs-PC geübt wurden. Alle Schulungsunterlagen waren zudem zum Nachlesen und arbeiten digital abgelegt, sodass Übungen auch am persönlichen Arbeitsplatz nachvollzogen werden konnten. Dazu wurden sowohl die vom Statistischen Bundesamt erstellten Multiplikatoren-Präsentationen als auch eigene, im Haus erstellte Unterlagen, zum Beispiel für die Rechercheübungen, verwendet.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser beiden ersten Schulungsteile wurden in der URS-Neu-Schulungsumgebung freigeschaltet. Zusammen mit dem bereits vorhandenen User-Antrag war somit auch die Schulung für jede Person dokumentiert. In den Erhebungsbereichen fanden erst daran anschließend die weiteren fachspezifischen Schulungen statt, größtenteils durch eigene Multiplikatoren, aber auch durch Unterstützung eines Erhebungs-Multiplikators aus dem Registerbereich. Zum Abgleich der Erfahrungen wurden – auch nach der Migration – Workshops zwischen dem Register und den Erhebungsbereichen im Hause durchgeführt.

Schulungsaufwand: mehr als 1 300 Stunden

Generell stellte sich der Zeitaufwand in der Nachschau als erheblich heraus. Sowohl im Registerbereich mit seinen Vorbereitungsarbeiten als auch in den Erhebungsbereichen liefen die täglichen Arbeiten weiter. Die insgesamt 32 Schulungstermine erstreckten sich über knapp 4 Monate. Setzt man eine durchschnittliche Schulung – die überwiegend vormittags stattfand, um Teilzeitkräften die Teilnahme möglichst zu vereinfachen – mit ca. 3 Stunden an, so ergibt sich ein auf die Teilnehmer bezogener Aufwand von 1 302 Personenstunden. Nicht eingerechnet sind hier die nach der Migration erfolgten weiteren Schulungen zur Vereinheitlichung der Verarbeitung administrativer Daten, der Verarbeitung von Daten der Handwerkskammern oder der Berichtskreisbearbeitung. Auch die Schulungszeiten für die Bearbeitung von eKomm-Fällen und die individuellen Übungen am Arbeitsplatz außerhalb der offiziellen Schulungstermine sind nicht berücksichtigt sowie die eigenen Einsatzzeiten der Multiplikatoren.

Zukünftig wird weiterer Zeitbedarf für Schulungen anfallen, wenn zum Beispiel der Ausbau der Basisversion von URS-Neu und die Erweiterung des Leistungsumfanges durch Einbeziehung der Daten der Landwirtschaft (zeBRA2013) und der Gesamtleitdatei Umwelt (GLU) sowie die monatliche Verarbeitung der Verwaltungsdaten anstehen. Doch so zeitintensiv wie die generelle Einführung von URS-Neu mit einem völlig neuen Bearbeitungs-, Darstellungs- und Auswertungskonzept im Vergleich zum abgelösten URS95 wird es sicherlich nicht wieder werden.

1 Einheiten mit mehr als einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und/oder mehr als 17 500 Euro steuerbarem Umsatz aus ­Lieferungen und ­Leistungen.

2 Hierzu und im Folgenden: Masterplan zur Reform der amtlichen Statistik, Bericht der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, 10. September 2013, S. 2 ff.

3 Im Frühjahr 2006 wurde von Bund und Ländern eine Rahmenvereinbarung über eine ämterübergreifende Aufgabenerledigung in der amtlichen Statistik verabschiedet. Ein eigens gebildeter Lenkungsausschuss koordiniert seit diesem Zeitpunkt alle ämterübergreifenden Aufgaben unter dem Stichwort »Optimierte Kooperation« (OPTIKO).

4 Betrachtet werden können nur die zentral vom Registerbereich durchgeführten Veranstaltungen; über die extern in den Erhebungsbereichen selbstständig durchgeführten Schulungen gibt es keine Übersicht.