:: 9/2015

Generalrevision 2014 der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

Die methodischen Hintergründe

Haben Sie es bemerkt? Quasi über Nacht, am 14. August 2014, sind Sie bzw. ist »jeder Deutsche um rund 1 000 Euro reicher geworden – aber nur auf dem Papier«, wie vom Handelsblatt1 plakativ dargestellt. Die deutsche Wirtschaftsleistung, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), ist »in dieser Nacht« rechnerisch um gut 81 Mrd. Euro gestiegen. Denn das Statistische Bundesamt hat am 14. August neue Wirtschaftszahlen vorgestellt, die es im Rahmen der VGR-Generalrevision 2014 nach einer neuen, von der Europäischen Union vorgegebenen EU-weit einheitlichen Methode – dem »Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen«, kurz ESVG 2010 – ermittelt hat. In einem ersten Teil werden mit den folgenden Ausführungen die methodischen Hintergründe der Generalrevision erläutert. Die Kenntnisse darüber sind wichtig für das Verständnis der revidierten Ergebnisse der nationalen und regionalen VGR, über die in Heft 10/2015 des Statistischen Monatshefts berichtet werden wird.

Bereits vor gut 2 Jahren, am 21. Mai 2013, wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) die neue Verordnung zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene (ESVG 2010) verkündet.2 Die Veröffentlichung der ESVG-Verordnung und damit ihr Inkrafttreten markiert den Abschluss der jüngsten über 10-jährigen internationalen Beratungen zur konzeptionellen Weiterentwicklung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Zugleich bezeichnet dies den Beginn der Implementierung der neuen Konventionen des ESVG 2010 in den nationalen und regionalen Gesamtrechnungssystemen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der VGR-Generalrevision 2014. Ab dem 1. September 2014 war das neue ESVG 2010 dann für alle EU-Mitgliedstaaten rechtsverbindlich anzuwenden.

Demnach erhöhte sich die deutsche Wirtschaftsleistung bzw. das Niveau des nominalen BIP im Revisionszeitraum 1991 bis 2013 im Durchschnitt um rund 3 %. Für das Jahr 2010 belief sich das BIP nach Revision auf 2 576 Mrd. Euro; das sind 81 Mrd. Euro oder 3,3 % mehr als nach alter Methodik.3 Im Ländervergleich ist Baden‑Württemberg das Land mit dem höchsten BIP-Niveaueffekt durch die Revision 2014. Gegenüber den bisherigen Ergebnissen hat sich die Wirtschaftsleistung im Südwesten im Jahr 2010 um rund 17,9 Mrd. Euro oder 4,9 % auf rund 383,6 Mrd. Euro erhöht. Nachfolgend wird über den Anlass und die konzeptionellen Inhalte und Neuerungen der Generalrevision berichtet. Weitere Ergebnisse der nationalen und regionalen VGR werden in Heft 10/2015 des Statistischen Monatshefts vorgestellt.

Hintergrund – ESVG 2010 und große Revisionen in den VGR

Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen basieren auf international vereinbarten Regeln und Konzepten. Diese werden in bestimmten Abständen angepasst und weiterentwickelt, um veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen und neue ökonomische Sachverhalte auch weiterhin adäquat und vergleichbar abbilden zu können. Der Einbau solch maßgeblicher konzeptioneller Neuerungen in den VGR erfolgt grundsätzlich im Rahmen großer, aufwändiger Revisionen, auch bezeichnet als »Generalrevisionen«. Diese finden in etwa 5- bis 10-jährigen Abständen statt, wie zum Beispiel 1999, 2005 und zuletzt 2011 mit der Einführung der neuen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008, kurz WZ 2008.4 Zur Erinnerung: 2005 wurden die preisbereinigten Ergebnisse von der bis dahin üblichen Festpreis- auf Vorjahrespreisbasis umgestellt und die sogenannte FISIM-Methode zur Berechnung der Bankdienstleistungen eingeführt. Zuvor wurde bereits 1999 das noch aus dem Jahr 1979 geltende ESVG durch das bis zur jetzigen Revision 2014 gültige ESVG 1995 ersetzt.

Wie bei allen großen Revisionen in den VGR üblich, erfolgte auch zur Revision 2014 nicht nur eine Anpassung an die neuen Konzepte, sondern es wurden darüber hinaus sämtliche bisherigen Berechnungen und Ergebnisse überprüft und gegebenenfalls angepasst sowie neue Erkenntnisse und methodische Verbesserungen in das Rechenwerk integriert. Soweit verfügbar sind auch bislang nicht verwendete bzw. neue statistische Datenquellen wie beispielsweise die im Rahmen des Zensus 2011 durchgeführte Gebäude- und Wohnungszählung berücksichtigt worden. Um Brüche in den Zeitreihen zu vermeiden und den Nutzern weiterhin methodisch konsistente, über einen langen Zeitraum vergleichbare Datenreihen zur Verfügung zu stellen, werden die VGR-Ergebnisse im Rahmen solcher Generalrevisionen auf nationaler und regionaler Ebene soweit möglich, in der Regel bis zum Jahr 1991, umfassend zurückgerechnet – so auch zur Revision 2014. Damit wird vermieden, dass beispielsweise Konjunktur- und wirtschaftsstrukturelle Analysen durch konzeptionelle Unterschiede verzerrt werden.

Diskussionsmarathon – 10 Jahre internationale Beratungen bis zum neuen ESVG …

Der Veröffentlichung des ESVG 2010 im Mai 2013 gingen mehrjährige internationale Beratungen voraus. Das »Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen« basiert auf dem weltweit gültigen, von den Vereinten Nationen (UN) empfohlenen »System of National Accounts« (SNA). Bereits im März 2003 wurde die Überarbeitung des bislang geltenden SNA 1993 durch die Statistische Kommission der UN angestoßen. In den Jahren 2004 bis 2006 wurden Vorschläge und Empfehlungen zu letztlich 44 zu prüfenden Revisionspunkten erarbeitet und schließlich im März 2007 der Statistischen Kommission der Vereinten Nationen zur Annahme vorgelegt. Diese Arbeiten wurden koordiniert von der »Intersecretariat Working Group on National Accounts” (ISWGNA)«, in der VGR-Experten aus fünf großen internationalen Organisationen vertreten sind: den Vereinten Nationen, der Weltbank, dem Internationaler Währungsfonds (IWF), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäische Kommission. Zudem wurden die Arbeiten fachlich unterstützt durch eine eigens eingerichtete internationale VGR-Expertengruppe (Advisory Expert Group, AEG). Nach der Einigung über bis zuletzt strittige Punkte wie zum Beispiel die Berechnungen zur Einbeziehung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) oder auch zu militärischen Waffen als Investitionen hat die Kommission im Februar 2008 Band I und im Februar 2009 Band II des neuen, sogenannten »SNA 2008« angenommen und dann im September 2009 auf der Webseite der Vereinten Nationen veröffentlicht.5

… und zwei Eurostat Arbeitsgruppen zur regionalen VGR

Aufbauend auf den Empfehlungen zu den Revisionspunkten und vereinbarten Konzepten im neuen SNA wurde ab dem Jahr 2008 – koordiniert vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) – mit der Überarbeitung des auf dem bisherigen SNA 1993 basierenden ESVG 1995 begonnen. Zur Erstellung des neuen ESVG-Kapitels 13 zur Regionalen VGR und der Klärung methodischer Fragen, wie zum Beispiel die Berechnung realer Wachstumsraten für NUTS-2-Regionen (in Deutschland sind dies die Regierungsbezirke), wurde dabei die Eurostat Task Force »Methodology of Regional Accounts« eingerichtet. An den insgesamt sieben Sitzungen von Februar 2008 bis November 2009 nahmen Vertreter der Regionalen VGR aus insgesamt 18 EU-Mitgliedstaaten teil. Im Anschluss befasste sich die neue Eurostat Task Force »Manual on Regional Accounts« von April 2011 bis September 2012 mit der Neufassung des ergänzenden Methodenhandbuchs der regionalen VGR zum ESVG 2010.6 An beiden Arbeitsgruppen nahm als Federführung des Arbeitskreises »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder« (AK VGRdL) das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg teil.

Im Dezember 2010 legte die Europäische Kommission dann den Verordnungsentwurf zum neuen ESVG 2010 vor. Nach intensiven Beratungen der Ratsarbeitsgruppe Statistik und der Zustimmung des Europäischen Parlaments im März 2013 wurde die entsprechende Verordnung zum ESVG 2010 schließlich am 21. Mai 2013 im EU-Amtsblatt verkündet und damit als europäische Rechtsverordnung verankert.

ESVG 2010 oder »The Blue Book« – Auf über 730 Seiten VGR

Im Unterschied zum rechtlich nicht bindenden SNA ist das ESVG 2010 für alle Mitgliedstaaten der EU gesetzlich per Verordnung geregelt. Die so einheitlich festgelegten Methoden zur Berechnung der VGR-Aggregate garantieren eine hohe Vergleichbarkeit und Homogenität der VGR-Ergebnisse innerhalb der EU.

Anhang A der Verordnung legt auf insgesamt über 730 Seiten in 24 Kapiteln die konzeptionellen und methodischen Regeln zur Aufstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen fest. In Anhang B sind mit insgesamt 29 Liefertabellen die von den Mitgliedstaaten ab 1. September 2014 grundsätzlich nach den neuen Konzepten des ESVG an Eurostat zu übermittelnden Daten definiert. Davon betreffen Kapitel 13 sowie die Tabellen Nr. 10, 12 und 13 die regionalen VGR.

Die verbindliche Regelung der VGR-Methoden wie auch der Lieferverpflichtungen im ESVG per Rechtsverordnung liegt vor allem begründet in der Verwendung der VGR-Daten für administrative Zwecke der Europäischen Union. So dienen diese Daten zum Beispiel auf nationaler Ebene der Mitgliedstaaten unter anderem als Grundlage zur Finanzierung des EU-Haushaltes und Haushaltsüberwachung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie regional zur Abgrenzung der Förderregionen in der europäischen Strukturpolitik.

ESVG 2010 – Was ist neu?

Wirtschaftswoche: »Warum eigentlich… steigt bald das Bruttoinlandsprodukt ohne dass die Wirtschaft wächst?« 7

Stuttgarter Zeitung: »BIP, BIP, hurra! – Was haben ein Drogendealer, ein Panzerhersteller und ein Pharmaforscher gemeinsam? Was wie der Auftakt eines schlechten Witzes klingt, lässt sich mit einer EU-Vorgabe beantworten. Denn künftig tragen diese drei doch sehr unterschiedlichen Berufsgruppen alle offiziell zur Wirtschaftsleistung Deutschlands bei.« 8

Sächsische Zeitung: »Schmuggeln ist gut fürs BIP. Die Bundesregierung kann ihre Wirtschaftsleistung künftig steigern: Sie rechnet einfach Dealer und Schmuggler mit ein. Kein Scherz, sondern EU-Vorgabe.« 9

Das ist nur eine Auswahl einzelner Schlagzeilen der deutschen Presse vor Einführung des neuen ESVG 2010. Sie zeigt, wie kontrovers die neuen VGR-Konzepte selbst von diversen Wirtschafts- und Tageszeitungen gesehen wurden. Medienwirksam im Vordergrund standen dabei vor allem die künftige Einbeziehung illegaler Aktivitäten und von Militärausgaben in die Berechnungen der VGR und deren voraussichtliche Auswirkungen auf die Höhe der Wirtschaftsleistung bzw. des BIP. Die letztendlich auch wirklich quantitativ bedeutenderen Punkte der methodischen Neuerungen, wie zum Beispiel die geänderte Behandlung von Forschung und Entwicklung, fanden dabei weniger Beachtung.

Insgesamt wurde zur Neuberechnung der VGR-Daten nach der Revision 2014 eine Vielzahl von methodischen Änderungen eingebracht.10 So ergaben sich aus dem SNA 2008 bereits 44 Konzeptänderungen und 29 Klarstellungen; dazu kamen noch einige ESVG-spezifische Änderungen.11 Auf das BIP, eine der wichtigsten Kennzahlen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, können sich davon laut Eurostat grundsätzlich elf Konzept­änderungen auswirken.12 Nachfolgend werden insbesondere die für die regionalen VGR wesentlichen konzeptionellen Änderungen betrachtet.

Forschung und Entwicklung steigern das BIP …

Ein Kernpunkt der neuen VGR-Konzepte gemäß ESVG 2010 ist die Behandlung von Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) als Bruttoanlageinvestitionen (BAI). FuE-Ausgaben werden künftig als Anlageinvestitionen behandelt, die zur Unterstützung des Produktionsprozesses dienen und in mehreren Perioden eingesetzt werden.

Wieso steigt deshalb das BIP?

Nach den bisherigen Konzepten des ESVG 95 wurden FuE-Aufwendungen bzw. erworbene FuE-Leistungen privater Unternehmen (Marktproduzenten) als Vorleistungen verbucht, die im laufenden Produktionsprozess verbraucht werden. Diese haben die Bruttowertschöpfung (BWS) deshalb verringert. Ihre »Umbuchung« zu den BAI erhöht somit die BWS bzw. das BIP.

Außerdem werden die selbsterstellten FuE-Leistungen nunmehr explizit sowohl als Produktion als auch als Anlageinvestition nachgewiesen, während dies bisher als unternehmensinterner Vorgang behandelt wurde, ähnlich innerbetrieblicher Personal- oder Gebäudeverwaltung (sogenannte Hilfstätigkeiten). Dadurch steigt der Produktionswert bzw. das BIP.

Auch die FuE-Aktivitäten staatlicher Einrichtungen sowie von Privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (zum Beispiel staatliche Forschungsinstitute, Universitäten) erhöhen gemäß SNA 2008 die Investitionen. Bei den sogenannten Nichtmarktproduzenten bleibt die BWS dadurch allerdings zunächst unverändert. Denn anders als bei den oben genannten Marktproduzenten wird die BWS hier nicht über die jeweiligen Produktionswerte und Vorleistungen ermittelt, sondern additiv über die jeweiligen Kostenanteile Arbeitnehmerentgelt, Abschreibungen und Sonstige Nettoproduktionsabgaben. Die BWS der Nichtmarktproduzenten bzw. das BIP erhöht sich hier erst »in der zweiten Runde«, quasi ab dem Folgejahr durch die Abschreibungen auf die investiven staat­lichen FuE-Leistungen.13

Forschung und Entwicklung wird dabei als »Investition in geistiges Eigentum« den sogenannten immateriellen Anlagegütern zugeordnet. Bestimmte immaterielle Anlagegüter wie Computerprogramme, Urheberrechte und Suchbohrungen sind neben den materiellen Anlagen wie Bauten, Maschinen und anderen Ausrüstungen bereits im SNA 1993 bzw. ESVG 1995 erfasst worden. Zwar wurde schon damals erwogen, FuE-Aktivitäten ebenfalls (bei den immateriellen Anlagen) zu erfassen. Jedoch ließ sich dies erst mit der Neukonzeption des SNA 2008 umsetzen, wohl auch angesichts der zunehmend produktiven Relevanz von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.14

... wie auch »Tabakschmuggel, Drogenhandel und Panzer«

Nach ESVG 1995 waren bislang nur auch zivil nutzbare militärische Anlagen, wie Flughäfen, Kasernen oder Lazarette, in den VGR als Investitionen zu buchen, während militärische Waffensysteme wie zum Beispiel Schiffe oder Panzerfahrzeuge Vorleistungen des Staates darstellten. Die bisher für militärische Waffensysteme vereinbarte Ausnahme von der üblichen Buchungsregel in den VGR, nach der Güter, die länger als ein Jahr für Produktionszwecke genutzt werden, als Investitionen zu behandeln sind, wird nun durch das ESVG 2010 aufgehoben. Wie bei anderen Anlagegütern auch wird die zeitanteilige Nutzung anhand der Abschreibungen erfasst. Somit steigt die additiv über die Kostenanteile berechnete BWS des Staates und entsprechend auch das BIP.

Nach ESVG 2010 sind zudem illegale Aktivitäten, wie Tabakschmuggel, Drogenhandel oder Prostitution, in das Bruttoinlandsprodukt einzubeziehen. Dies war zwar schon zum ESVG 1995 gefordert, aber von den EU-Mitgliedstaaten nicht einheitlich umgesetzt worden. In Deutschland zum Beispiel ist Prostitution grundsätzlich legal und war daher bisher (nach ESVG 1995) schon im BIP eingerechnet. Für Tabakschmuggel und die Drogenwirtschaft mussten in den deutschen VGR jedoch noch Schätzansätze entwickelt werden.15

Neue Daten: Zensus 2011 – Gebäude- und Wohnungsbestand aktualisiert

Im Rahmen der Generalrevision 2014 wurden auch bislang noch nicht verwendete oder nicht verfügbare Datenquellen in den deutschen VGR eingearbeitet. Für die regionalen VGR von größerem Einfluss sind dabei insbesondere die Ergebnisse der im Rahmen des Zensus 2011 durchgeführten Gebäude- und Wohnungszählung, die für die Berechnung der Wertschöpfung aus dem Bereich Wohnungsvermietung genutzt wird. Die neuen Bevölkerungszahlen des Zensus 2011 dürften sich dabei weniger auf das Ergebnis, wohl aber auf die abgeleiteten Pro-Kopf-Größen wie zum Beispiel die Höhe der je Einwohner erbrachten Wirtschaftsleistung auswirken.

Die zeitgleich mit Einführung des neuen ESVG durchgeführten Änderungen der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit, unter anderem die erweiterte Erfassung von Beschäftigten in Einrichtungen für Behinderte, hatte wesentliche Auswirkungen auf die Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder. Demnach wurde die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland über den gesamten Revisionszeitraum 1991 bis 2013 um durchschnittlich 320 000 Personen (+ 0,8 %) nach oben revidiert. In den regionalen VGR wirken sich die Änderungen der Erwerbstätigenzahlen vor allem auf die Ergebnisse zu den Arbeitnehmerentgelten und damit auch auf die Wertschöpfungsrechnung insbesondere in den Dienstleistungsbereichen aus, da die Arbeitnehmerentgelte hier einen wesentlichen Teil der regionalen BWS-Berechnungen bilden.

Die weiteren im Rahmen der Revision vorwiegend in der Bundesrechnung vorgenommenen datenbedingten Änderungen wie zum Beispiel die verstärkte Nutzung von Daten der jährlichen Strukturerhebung in den Dienstleistungsbereichen sowie aus dem statistischen Unternehmensregister wirken sich grundsätzlich ebenfalls auf die BWS bzw. das BIP-Niveau in den Ländern aus, und zwar entsprechend der jeweiligen regionalen Wirtschaftsstruktur in unterschiedlichem Umfang.

1 Handelsblatt Nr. 76 vom 21.04.2014, Wirtschaft & Politik: »Deutschland rechnet sich reich« von Müller, H.C.

2 Siehe Verordnung (EU) Nr. 549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union (Amtsblatt der EU Nr. L 174) sowie Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates vom 25. Juni 1996 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der EG Nr. L 310).

3 Statistisches Bundesamt, VGR-Generalrevision 2014: Ergebnisse und Hintergründe (Hintergrundpapier zur Pressemitteilung vom 01.09.2014).

4 Siehe Verordnung (EU) Nr. 715/2010 der Kommis­sion vom 10. August 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates betreffend Anpassungen nach der Überarbeitung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige (NACE Rev. 2) und der statistischen Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen (CPA) in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Amtsblatt der EU Nr. L 2010).

5 Braakmann, A.: Revidierte Konzepte für Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, System of National Accounts 2008 und Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010. In: Wirtschaft und Statistik 8/2013, S. 521 ff.

6 European Commission: Manual on regional accounts methods. Luxembourg, 2013, http://ec.europa.eu/eurostat/web/products-manuals-and-guidelines/-/KS-GQ-13-001 (Abruf: 11.08.2015).

7 Wirtschaftswoche Nr. 13 vom 24.03.2014, Der Volkswirt: »Warum eigentlich … steigt bald das Bruttoinlandsprodukt ohne dass die Wirtschaft wächst?«, von Wettach, S.

8 Stuttgarter Zeitung vom 11.05.2014, »Wie man das Bruttoinlands­produkt berechnet«, von pho, zwww.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.print.1adec081-3cec-40aa-867d-8eceb035ca6b.presentation.print.v2.html (Abruf: 22.07.2015).

9 Sächsische Zeitung online (04.04.2014): »Schmuggeln ist gut fürs BIP«, von Schmidt, H./Bender, J., www.sz-online.de/nachrichten/schmuggeln-ist-gut-fuers-bip-2812212.html (Abruf: 22.07.2015).

10 Statistisches Bundesamt: Konzeptionelle Unter­schiede zwischen ESVG 2010 und ESVG 1995, Arbeitsunterlage. Wiesbaden, 2014 www.destatis.de/DE/Zahlen Fakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VGR/Methoden/Downloads/Revision2014_KonzeptionelleUnterschiede.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 22.07.2015).

11 Statistisches Bundesamt: Fragen und Antworten zur Generalrevision 2014, www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VGR/FAQ/Generalrevision2014/Revision2014.html (Abruf: 22.07.2015).

12 Eurostat: Manual on the changes between ESA 95 and ESA 2010, 2014 edition. Luxemburg, 2014.

13 Dr. Räth, N./Braakmann, A.: Generalrevision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 2014 für den Zeitraum 1991 bis 2014. In: Wirtschaft und Statistik 9/2014, Statistisches Bundesamt. Wiesbaden, 2014, S. 502 ff.

14 Siehe Adler, W./Gühler, N./Oltmanns, Dr. E. u.a.: Forschung und Entwicklung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. In: Wirtschaft und Statistik 12/2014, Statistisches Bundesamt. Wiesbaden, 2014, S. 703 ff.

15 Siehe Dr. Taschowsky, P.: Illegale Aktivitäten in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, Möglichkeiten und Grenzen der Erfassung von Zigarettenschmuggel und Drogen. In: Wirtschaft und Statistik 2/2015, Statistisches Bundesamt. Wiesbaden, 2015, S. 28 ff.