:: 3/2016

Niedrige Inflationsrate durch Ölpreisverfall

Billiges Öl drückt Inflationsrate in Baden-Württemberg 2015 auf 0,2 %

Rund 800 Preise von verschiedenen Gütern und Dienstleistungen bilden die Basis für die Berechnung des Verbraucherpreisindex in Deutschland. Die Preisänderungen einzelner Produkte und Produktgruppen wirken sich nur dann spürbar auf den Gesamtindex aus, wenn diesen eine gewisse Verbrauchsbedeutung zukommt. Großen Einfluss auf die Inflationsrate hatten in der Vergangenheit häufig die Energiepreise. Auch im Jahresdurchschnitt 2015 haben sich rückläufige Rohölpreise dämpfend auf den Gesamtindex ausgewirkt. Die Jahresteuerungsrate lag mit 0,2 so niedrig wie im Jahr 2009. Damals folgte auf die Bankenkrise ein Wirtschaftseinbruch, der dann zu stark rückläufigen Ölpreisen führte. Die zukünftige Entwicklung des Verbraucherpreisindex dürfte weiterhin maßgeblich durch die Energiepreise beeinflusst werden, wobei der Ölpreis bereits jetzt ein relativ niedriges Niveau aufweist.

Mit der Einführung des Euro zu Beginn des Jahres 2002 kam es zur tiefgreifendsten währungspolitischen Neuerung seit der Währungsreform 1945. Bereits vor der Euroeinführung wurde häufig die Befürchtung geäußert, dass die Währungsumstellung von D-Mark auf Euro inflationären Tendenzen Vorschub leisten würde. Unter dem Slogan »Euro gleich Teuro« wurden diese Befürchtungen plakativ zusammengefasst. Allerdings lässt sich die seither viel diskutierte Behauptung, dass die Währungsumstellung zu einer Beschleunigung der Teuerungsrate geführt hätte, aus dem weiteren Verlauf der Preisentwicklung nicht bestätigen. Zwar hat seit dem Jahr 2000 die wirtschaftliche Globalisierung zu stärkeren Preisbewegungen bei Rohstoffen und Nahrungsmitteln geführt, die sich spürbar auf die Entwicklung der Teuerungsraten auswirkten. Trotzdem entwickelte sich die Inflationsrate zwischen 2001 und 2015 jahresdurchschnittlich mit 1,4 % deutlich niedriger als im Zeitraum von 1987 bis 2001. In dieser Periode, als noch die D-Mark gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland war, stiegen die Preise pro Jahr im Durchschnitt um 2,2 %.

Inflation 2015 nahe an der Preisstabilität

Im langfristigen Mittel liegen die für Baden-Württemberg berechneten Inflationsraten deutlich unter der von der Europäischen Zentralbank gewünschten Teuerung von bis zu 2 %. Seit der Euroumstellung betrug die jährliche Inflationsrate nur in den Jahren 2007 und 2008 und im Jahr 2011 mehr als 2 %. Der höchste Wert wurde im Jahr der Bankenkrise 2008 mit 2,6 % gemessen. Auf die Bankenkrise folgte der konjunkturelle Einbruch, der zu weltweit rückläufigen Rohölpreisen führte. Während vor der Bankenkrise die Teuerungsrate noch durch die Energiepreisentwicklung angetrieben wurde, kehrte sich dieser Effekt nach dem wirtschaftlichen Einbruch ins Gegenteil.

Betrachtet man die aktuelle Situation, so ist die niedrige Inflationsrate, die im Januar 2015 sogar negativ war, vor allem dem weltweit steigenden Angebot an Rohöl zu verdanken, das zu einem Preisverfall der rohölbasierten Produkte führte. In den letzten Monaten des Jahres 2015 hat sich die Teuerungsrate weiter reduziert und befindet sich am Rande der Deflation. Im September 2015 gab es in Baden-Württemberg keine Preissteigerung verglichen mit dem Vorjahresmonat. Im Jahresdurchschnitt 2015 lag die Inflationsrate in Baden-Württemberg mit 0,2 % auf dem gleichen Niveau wie 2009. Ein Wert übrigens, der zum letzten Mal 1986 unterboten wurde.

Statistischer Warenkorb und die Ermittlung des Verbraucherpreisindex

Zur Beschreibung der allgemeinen Preisentwicklung wird der Verbraucherpreisindex als Laspeyres-Index1 definiert. Das bedeutet, dass der Index nur die durchschnittliche Änderung der Preise abbildet, aber die Produkte nach Art und Bedeutung unverändert bleiben. Mit der Lebenswirklichkeit ist dieser Ansatz naheliegender Weise nicht unbedingt vereinbar, da die Konsumgewohnheiten im Zeitablauf Veränderungen unterworfen sind. In der statistischen Praxis wird diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass alle 5 Jahre eine Anpassung des statistischen Warenkorbes vorgenommen wird.

Der statistische Warenkorb, der das Konsumverhalten eines Durchschnittshaushalts in Deutschland abbildet, enthält annähernd 800 unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen, die ihrem Umsatzanteil entsprechend bei der Preisindexermittlung berücksichtigt werden. Bestimmte Produkte repräsentieren eine ganze Produktgruppe, um überhaupt aus der Vielzahl von Güter- und Dienstleistungen, die der Markt anbietet, eine sinnvolle Auswahl treffen zu können. So wird zum Beispiel Kopfsalat als Preisrepräsentant für andere Blattsalatsorten verwendet. Es wird also angenommen, dass die Preisentwicklung von Kopfsalat charakteristisch für die Preisentwicklung von Blattsalaten ist.

Der Verbraucherpreisindex ist als Wert des statistischen Warenkorbes im Berichtszeitraum im Vergleich zum Wert des Warenkorbes zum Basisjahr definiert. Alle 5 Jahre werden Produkte und Gewichte des Warenkorbes überarbeitet und eine Umbasierung vorgenommen. Wesentliche Grundlage der Revision ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die ebenfalls im 5-jährigen Rhythmus durchgeführt wird. Die letzte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe bezieht sich auf das Berichtsjahr 2013. Die nächste Revision des Verbraucherpreisindexes steht zu Beginn des Jahres 2018 an. Dann wird das bis dahin gültige Basisjahr 2010 durch die neue Basis 2015 ersetzt, indem der »alte« statistische Warenkorb, der im Wesentlichen auf der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 beruht, durch den »neuen« Warenkorb ersetzt wird.

Rückblickend haben sich die Warenkörbe zwar nicht kurzfristig, aber auf längere Zeit gesehen deutlich verändert. Während von den 1950er- bis in die 1960er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein Nahrungsmittel und Getränke die Hauptausgabepositionen eines Durchschnittshaushalts waren, sind dies heute die Ausgaben rund um das Wohnen. Auch andere Produktgruppen haben die Position im Warenkorb gewechselt. So haben Bekleidung, Schuhe, Möbel und Hausrat an Bedeutung verloren, während der Ausgabenanteil für Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Gesundheit und Unterhaltung heute weitaus gewichtiger ist als in der Vergangenheit (Schaubild 1).

Preisrückgang bei Haushaltsenergie dämpft Wohnungskosten

Angesichts der hohen Verbrauchsbedeutung ist die Preisentwicklung rund um das Wohnen von besonderem Interesse. Annähernd 21 % der Konsumausgaben eines Durchschnittshaushalts entfallen auf die Kaltmiete bzw. bei selbstgenutztem Wohneigentum auf den Mietwert. Hinzu kommen Aufwendungen für Instandhaltung, Reparatur, Wasserversorgung, andere Dienstleistungen für die Wohnung sowie Strom, Gas und andere Brennstoffe. Diese Positionen entsprechen nicht ganz 11 % der Konsumausgaben eines Durchschnittshaushalts.

Mehr als jeder fünfte Euro, den ein fiktiver Durchschnittshaushalt ausgibt, hängt von der Entwicklung der Kaltmiete ab. Insofern ist die Entwicklung dieser Größe von besonderem Interesse. Im Durchschnitt sind die Kaltmieten seit 2005 pro Jahr um 1,4 % teurer geworden (Schaubild 2). Die gesamten Wohnkosten sind stärker angestiegen als die Kaltmiete. Hauptursache hierfür ist die Entwicklung bei der Haushaltsenergie und hier vor allen Dingen die Strompreisentwicklung. Seit 2005 hat sich der Verbraucherpreisindex für Strom um rund 50 % erhöht. Im Durchschnitt lagen die jährlichen Steigerungsraten der gesamten Kosten für das Wohnen bei rund 2 %. Am aktuellen Rand des Beobachtungszeitraums dürfte die Preisentwicklung für viele auf den ersten Blick überraschend sein. Obwohl die Diskussion über Mietsteigerungen in den Ballungsgebieten seit längerem in Gang ist und in Form der Mietpreisbremse auch ihren gesetzlichen Niederschlag fand, sind die Auswirkungen auf die durchschnittliche Entwicklung der Wohnkosten bisher nicht besonders auffällig. Für das Berichtsjahr 2015 zeigt der Teilindex für Kosten rund um das Wohnen sogar einen leicht negativen Wert, weil die Durchschnittspreise für Haushaltsenergie um rund 4,8 % überproportional stark zurückgegangen sind. Die Kaltmiete ist 2015 im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um 1,2 % angestiegen. Hauptgrund für diese trotz anhaltendem Wohnungsmangel in Ballungsgebieten eher moderate Entwicklung dürfte die Zurückhaltung der Vermieter bei der Erhöhung von Bestandsmieten sein. Viele Kleinvermieter sind mit der erzielten Miete zufrieden und haben keinen Anlass, ihre oft langjährigen Mieter zu verärgern. Bei gewerblich vermieteten Wohnungen und bei Mieterwechsel wird es dagegen eher zu Mietpreiserhöhungen kommen, allerdings muss dies der jeweilige regionale Wohnungsmarkt erlauben. Und hier gibt es auch in Baden-Württemberg große Unterschiede.

Wie entwickeln sich die Preise für Mobilität?

Etwa jeder siebte Euro wird von den Haushalten für Mobilität ausgegeben, davon das Meiste für Ausgaben rund um das Auto. Die Preisentwicklung der Aufwendungen der privaten Haushalte für den Individualverkehr wird im sogenannten »Kraftfahrer-Preisindex« abgebildet, der sowohl die Anschaffung als auch den Unterhalt von Kraftwagen und Krafträdern beinhaltet (Schaubild 3). Der Kraftfahrer-Preisindex hat sich seit 2005 um 15,2 % erhöht. Im Beobachtungszeitraum sind dabei die Ausgaben der Haushalte für Kraftstoffe und die Kfz-Versicherung überproportional angestiegen, während sich die Anschaffungspreise für Personenkraftwagen und vor allem die Kfz-Steuer unterproportional entwickelten. Die größten Schwankungen wiesen die Kraftstoffpreise durch ihre Abhängigkeit vom Rohölmarkt auf. Derzeit wirken die Spritpreise dämpfend auf den Kraftfahrer-Preisindex. Verglichen mit 2014 ist der Index um 2,3 % zurückgegangen. Autofahren war demnach 2015 im Jahresdurchschnitt günstiger als 2014.

Wenn auch die Ausgaben für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr im Budget eines Durchschnittshaushalts weit weniger Gewicht haben als die Ausgaben für den Individualverkehr, sind die Preiszuwächse seit 2005 hier deutlich höher. Seit 2005 sind die Preise für die Personenbeförderung im Schienenverkehr, Straßenverkehr, Luftverkehr und Schiffsverkehr zwischen knapp 33 % und gut 60 % angestiegen. Wer in den letzten Jahren nur öffentliche Verkehrsmittel genutzt hat, musste weit höhere Preissteigerungen hinnehmen als Personen, die ausschließlich mit ihrem Auto unterwegs waren. Im Gegensatz zum Kraftfahrer-Preisindex sind die Durchschnittspreise bei Verkehrsdienstleistungen im Vergleich zu 2014 mit einem Plus von 2,2 % deutlich angestiegen (Schaubild 4).

Nahrungsmittel, Beherbergungs- und Gastronomiedienstleistungen

Nur etwas mehr als 10 % der Konsumausgaben eines Durchschnittshaushalts entfallen laut aktuell gültigem Warenkorb auf Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke. Dieser Prozentsatz lag in der Vergangenheit noch deutlich höher. Verglichen mit 2005 haben sich die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um rund 24 % erhöht. In dieser langfristigen Betrachtung ist etwa der Preisanstieg bei Fisch (+ 32,2 %) und Gemüse (+ 28,2 %) merklich höher ausgefallen, während sich die Preise für Fleisch (+ 18,8 %) deutlich unterproportional entwickelt haben. Nahrungsmittel sind seit 2005 stärker angestiegen als der Verbraucherpreisindex insgesamt, der für diesen Zeitraum einen Zuwachs von 15 % aufwies. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Preisindex für Nahrungsmittel 2015 mit 0,5 % erneut stärker gewachsen als der Gesamtindex.

Auch die Durchschnittspreise für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen sind überproportional angestiegen. Obwohl das Verdienstniveau in der Hotellerie- und Gastronomiebranche verglichen mit den meisten Branchen deutlich niedriger liegt, haben sich die Preise 2015 dort dynamischer entwickelt als im Gesamtdurchschnitt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise für Übernachtungen um 1,6 % und für Gaststättendienstleistungen sogar um 2,5 % angestiegen. Ursache hierfür könnte eine erhöhte Nachfrage sein, die auch Ausdruck eines verbesserten Konsumklimas ist. Möglicherweise hat die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ab 1. Januar 2015 die Preisentwicklung in dieser Branche ebenfalls beeinflusst.

Importierte Konsumgüter und technischer Fortschritt dämpfen die Preissteigerungsrate

Möbel, Leuchten und Haushaltsgeräte werden nur noch zu einem kleineren Teil in Deutschland produziert. Die meisten dieser Güter kommen aus Ländern, deren Verdienstniveau weit unter dem deutschen liegt. Außerdem sind diese Produkte einem starken Wettbewerb ausgesetzt, was begründen dürfte, weshalb ihre Preisentwicklung langfristig merklich unterhalb der Gesamtteuerungsrate lag. Seit 2005 sind die Preise für diese Gütergruppe mit einem Plus von 6,8 % stark unterproportional angestiegen (Schaubild 5). Auch die Preise für Bekleidung und Schuhe lagen mit 11 % weit unter der Gesamtentwicklung von 15 %. Hier dürften ähnliche Gründe wie bei Möbeln und anderen Haushaltsgeräten für die moderate längerfristige Preisentwicklung ausschlaggebend sein. Kleidung kann zum Beispiel in Ostasien besonders günstig produziert werden, was nicht selten unter fragwürdigen und gefährlichen Arbeitsbedingungen geschieht (Schaubild 5).

Zwei Produktgruppen im Statistischen Warenkorb weisen seit Jahren rückläufige Preisindizes auf. Dies sind die Durchschnittspreise für Kommunikationsdienstleistungen, welche sich seit 2005 um 20 % verringert haben, und die Preise für Audio-, Foto- und Informationsgeräte, die sogar noch stärker gefallen sind. Im Beobachtungszeitraum von 2005 bis 2015 gab es hier einen Rückgang von 49 %. Auffällig, aber nicht verwunderlich, ist die unterschiedliche Preisentwicklung bei Fernsehgeräten, Fotoapparaten und Computern einerseits und der Reparatur dieser Geräte andererseits. Während die Geräte kontinuierlich günstiger wurden, weisen die Reparaturpreise einen Preisanstieg auf. Oft ist die Reparatur in Deutschland deshalb, gemessen an einem Neukauf, nicht mehr wirtschaftlich. Außerdem führen häufige Innovationszyklen zur schnellen Alterung eines Gerätes, sodass sich eine Reparatur nicht mehr lohnt. Je schneller der technische Fortschritt bei einzelnen Produkten oder Produktgruppen voranschreitet, desto problematischer ist der direkte Preisvergleich. Neue Produkte verfügen aus der Sicht des Konsumenten häufig über innovative Eigenschaften, die eine Preissteigerung schon allein deswegen rechtfertigen. Um dieses Phänomen bei der Preisentwicklung adäquat berücksichtigen zu können, wird bei ausgewählten Produkten auf statistischem Wege die Preissteigerung, die auf dem technischen Fortschritt beruht, herausgerechnet.

Sind Preistendenzen erkennbar?

Im Augenblick gibt es sowohl Indizien, die eher für steigende Preise sprechen, als auch solche, die die aktuelle Tendenz stützen. Entscheidend für die Entwicklung in den letzten Jahren war das Auf und Ab der Erdölpreise. Der Gesamtindex ohne Heizöl und Kraftstoffe ist 2015 verglichen mit dem Vorjahr um 0,8 % angestiegen, während sich der Verbraucherpreisindex insgesamt nur um 0,2 % erhöht hat. Der Wägungsanteil für Heizöl und Kraftstoffe liegt bei etwas weniger als 5 %. Der Rückgang der entsprechenden Preise binnen Jahresfrist betrug 11,9 %. Daraus wird unmittelbar ersichtlich, dass eine größere Veränderung des gesamten Verbraucherpreisindex eines relativ starken Preisimpulses einzelner Gütergruppen mit einer gewissen Verbrauchsbedeutung bedarf.

Die Preisentwicklung für Energieträger, die auf Rohöl basieren, dürften bis auf Weiteres für die Entwicklung des gesamten Verbraucherpreisindex von erheblicher Bedeutung sein. Dass die Preise rohölbasierter Produkte in der nahen Zukunft erneut so stark sinken wie 2015, erscheint derzeit eher unwahrscheinlich. Andererseits ist der Preisdruck auf dem Rohölmarkt durch das große Angebot weiter hoch, sodass durchaus Potenzial für weiter sinkende Preise bei rohölbasierten Produkten vorhanden ist. Im Jahresdurchschnitt 2015 lagen die Indexwerte für Heizöl und Kraftstoffe in etwa auf dem Niveau von 2008. Das heißt, dass die Durchschnittspreise ölbasierter Energieträger im vergangenen Jahr etwa so hoch waren wie vor 7 Jahren.

Niedrige Energiepreise wirkten sich auch auf die Ausgaben rund ums Wohnen sowie die Kosten für Mobilität aus, die zusammen rund 46 % des Warenkorbumsatzes entsprechen. Die Ausgaben fürs Wohnen haben sich um 0,2 verringert, beim Verkehr sind diese um 1,6 % zurückgegangen. Spätestens dann, wenn die dämpfende Wirkung sinkender Heizöl- und Spritpreise verpufft ist, könnte die aktuelle Diskussion um die Gefahr einer Deflation schnell wieder durch Inflationsbefürchtungen abgelöst werden.

Ein weiteres Risiko für inflationäre Tendenzen sind steigende Mieten vor allem in den Ballungsräumen, da dort die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen das Angebot übertrifft. Von 2014 auf 2015 sind die Kaltmieten um 1,2 % angestiegen. Wären die Kaltmieten im gleichen Zeitraum doppelt so stark gestiegen, hätte dies auf den Gesamtindex auch nur mit einem Plus von 0,24 Punkten durchgeschlagen, da der Wägungsanteil der Kaltmiete bei rund 20 % liegt. Selbst bei einem verhältnismäßig kräftigen Anstieg der Preise für einzelne Gütergruppen ist der Effekt für den Gesamtindex nicht allzu groß.

Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke haben sich 2015 etwas stärker erhöht als der Verbraucherpreisindex insgesamt. Bei Nahrungsmitteln sind saisonale und wetterbedingte Einflüsse stets auch ein wichtiger Faktor für die Preisbildung. Meist betrifft dies nur bestimmte Lebensmittel. Manchmal haben auch geopolitische Entwicklungen Einfluss auf die Nachfrage nach Nahrungsmitteln wie etwa der Lebensmittelboykott durch Russland. In der Regel gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die zu Angebots- oder Nachfrageüberhängen führen und so die Lebensmittelpreise beeinflussen. Auch hier gilt Ähnliches wie für Mietpreise. Selbst bei einer relativ deutlichen Preiserhöhung bzw. -senkung wäre der Einfluss auf den Gesamtindex begrenzt.

Wenn sich die weltwirtschaftliche Entwicklung 2016 allerdings merklich verschlechtern würde, hätte dies mit ziemlicher Sicherheit einen dämpfenden Effekt auf das Preisniveau. Anderseits birgt ein schwächelnder Euro die Gefahr der importierten Inflation. Produkte, die über Dollar abgerechnet werden, wie etwa Rohöl, könnten dadurch teurer werden.

1 Étienne Laspeyres (1834–1913): Deutscher Nationalökonom und Statistiker.