:: 11/2016

Was leistet die öffentliche Abfallentsorgung in Baden-Württemberg?

Die amtliche Statistik und die Abfallbilanz des Umweltministeriums geben Antworten

Neben den Bundesstatistiken auf Grundlage des Umweltstatistikgesetzes erhebt das Statistische Landesamt Baden-Württemberg Umweltdaten für verschiedene Landesstatistiken, darunter auch die Abfallbilanz für Baden-Württemberg. Im Mittelpunkt der Landesabfallbilanz steht die Entsorgung von Siedlungsabfällen durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. In der Zusammenschau mit Ergebnissen aus den Bundesstatistiken wird deutlich, welche Leistungen die öffentliche Abfallentsorgung im Land erbringt.

Das Statistische Landesamt ermittelt jährlich auf der Grundlage der amtlichen Abfallstatistiken das Gesamtabfallaufkommen für Baden-Württemberg. Im Jahr 2015 summierten sich die im Land entstandenen und statistisch erfassten Abfälle zu einem Gesamtaufkommen von knapp 47 Millionen Tonnen (Mill. t; Stand der Berechnungen: Juni 2016). Mit gut 79 % des Gesamtabfallaufkommens (37,3 Mill. t) stellten die Bau- und Abbruchabfälle den mit Abstand größten Abfallstrom dar. Knapp 5,9 Mill. t des Aufkommens waren Siedlungsabfälle, weitere 2,2 Mill. t stammten aus Produktion und Gewerbe (einschließlich kommunaler Klärschlämme) und rund 1,6 Mill. t (Vorjahreswert) waren gefährliche Abfälle.

Eine Teilmenge des baden-württembergischen Gesamtabfallaufkommens ist das sogenannte kommunale Abfallaufkommen. Es erreichte im Jahr 2015 eine Höhe von insgesamt rund 11,6 Mill. t. Zum kommunalen Abfallaufkommen zählen diejenigen Abfälle, die im Gebiet der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) anfallen und von ihnen entsorgt werden. In Baden-Württemberg nehmen in der Regel die Stadt- und Landkreise die Pflichten der örE wahr.

Zu den Kernaufgaben der öffentlich-rechtlichen Abfallwirtschaft gehört die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushalten und dem Siedlungsbereich, worunter auch Abfälle aus Gewerbebetrieben und öffentlichen Einrichtungen fallen können. Betrachtet man allein die Restmüllentsorgung in Baden-Württemberg, bedeutet das die Verantwortung für die Leerung von durchschnittlich mehr als einer viertel Million Restmüllbehältern pro Tag. Die Aufgaben der örE beschränken sich jedoch nicht nur auf Dienstleistungen, sondern sie erstrecken sich auch auf die Entsorgungsinfrastruktur. So werden nahezu alle der 326 Deponien im Land von den örE betrieben. Hinzu kommen zahlreiche weitere Entsorgungsanlagen wie beispielsweise Kompostwerke oder Anlagen zur Abfallverbrennung. Die umfassenden Leistungen der örE spiegeln sich auch in finanzieller Hinsicht wider: Allein im Jahr 2014 gab die öffentliche Hand in Baden-Württemberg rund 1,7 Mrd. Euro für die Abfallentsorgung aus. Neben den laufenden Ausgaben enthielt dieser Betrag auch gut 71 Mill. Euro an Investitionen.

Das kommunale Abfallaufkommen wird jährlich von den örE Baden-Württembergs in einer Abfallbilanz dokumentiert. Abfälle aus Industrie und Gewerbe, die direkt an einen privaten Entsorger zur Verwertung abgegeben werden, werden nicht in den kommunalen Abfallbilanzen dargestellt, da dieser Abfallstrom nicht in die Zuständigkeit der örE fällt. Die Abfallbilanzen der einzelnen Kreise schließlich werden zu einer Gesamt-Abfallbilanz für das Land Baden-Württemberg zusammengefasst.

Mit der Abfallbilanz 2015 legte das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg kürzlich die 27. Bilanz dieser Art für Baden-Württemberg vor. War die erste Abfallbilanz 1989 noch ein Probelauf im Vorgriff auf das 1990 in Kraft getretene novellierte Landesabfallgesetz (LAbfG), wird seither jährlich auf Grundlage das § 16 Absatz 2 LAbfG eine Abfallbilanz für das Land Baden-Württemberg erstellt. Seit 1990 ist das Statistische Landesamt im Auftrag des Umweltministeriums mit der Erhebung der Daten bei den örE sowie mit deren Zusammenführung in der Landesabfallbilanz betraut.

Es folgt ein Kapitel aus der Abfallbilanz Baden-Württemberg 2015. Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

Die Abfallbilanz 2015 – Auf einen Blick

Die Stadt- und Landkreise erfüllen in Baden-Württemberg die Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE). Sie erstellen jährlich eine Abfallbilanz über Art, Menge, Herkunft und Verbleib der in ihrem Gebiet angefallenen und von ihnen entsorgten Abfälle.

Kommunales Abfallaufkommen nahm leicht ab

Im Jahr 2015 wurden insgesamt gut 11,55 Millionen Tonnen (Mill. t) an Abfällen über die örE entsorgt. Das waren rund 415 000 t bzw. 3 % weniger als im Vorjahr (2014: 11,97 Mill. t). Das kommunale Abfallaufkommen setzte sich im Wesentlichen aus rund 5,14 Mill. t an Abfällen aus dem Siedlungsbereich sowie rund 6,14 Mill. t an Baumassenabfällen (Bauschutt, Straßenaufbruch, Boden und Steine) zusammen.

Meist stoffliche oder energetische Verwertung der Siedlungsabfälle

Die kommunal gesammelten Siedlungsabfälle wurden nahezu vollständig einem Verwertungsverfahren zugeführt. Lediglich rund 1 % des Aufkommens wurde auf einer Deponie beseitigt. Die Wertstoffe wurden in der ersten Behandlungsstufe zu fast 93 % und die organischen Abfälle zu knapp 79 % stofflich verwertet. Restabfälle wurden vorwiegend energetisch in der Abfallverbrennung genutzt.

Über 70 % der kommunal erfassten Baumassenabfälle konnten keiner Verwertung zugeführt werden, sondern wurden deponiert. Aufgrund der mengenmäßigen Dominanz der Baumassenabfälle ergab sich daraus für das kommunale Abfallaufkommen insgesamt eine Deponierungsquote von 40 %.

Gebührenniveau stabil niedrig

Die Abfallgebühren werden in jedem Stadt- und Landkreis durch individuelle Gebührensatzungen festgelegt. Entsorgungsstrukturen, Leistungsspektrum und zahlreiche weitere Faktoren, die in die Gebührenkalkulation der örE einfließen, variieren zum Teil stark zwischen den Kreisen. Daher wird für den Kreisvergleich jeweils die durchschnittliche Hausmüllgebühr für einen vierköpfigen Musterhaushalt herangezogen. Im Landesmittel beträgt diese Gebühr aktuell 150,41 Euro (Vorjahr: 150,07 Euro). Trotz sinkender Wertstofferlöse konnte damit das günstige Vorjahresniveau gehalten werden.

Abfallwirtschaftsplan setzt ehrgeizige Ziele

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat den Abfallwirtschaftsplan (AWP) Baden-Württemberg/Teilplan Siedlungsabfälle 2015 fortgeschrieben. Der AWP umfasst einen Planungszeitraum von 10 Jahren, also bis zum Jahr 2025. Die Abfallwirtschaft im Land soll damit zielgerichtet zu einer Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft weiterentwickelt werden.

Der AWP identifiziert sieben prioritäre Handlungsfelder. Dies sind Abfallvermeidung, Bioabfall, Grünabfall, Wertstoffe, Elektro- und Elektronikaltgeräte, Klärschlamm und Bauabfälle. Zu jedem Handlungsfeld wurden Ziele (siehe auch Übersicht) und die zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen festgeschrieben.

Mülltrennung in den privaten Haushalten ließ Hausmüllaufkommen weiter sinken

Das Pro-Kopf-Aufkommen an Haus- und Sperrmüll war im Jahr 2015 erneut leicht rückläufig (minus 0,7 kg/Ea gegenüber dem Vorjahr) und betrug 142 kg/Ea. Darunter waren 123 kg/Ea Hausmüll. Dies sind die niedrigsten Pro-Kopf-Werte für Restabfälle seit 1990.

Bei einem Großteil der baden-württembergischen Stadt- und Landkreise ist seit 1996 eine Zunahme der Abschöpfungsquoten für häusliche Abfälle festzustellen, das heißt der Anteil der getrennt gesammelten Abfälle aus der Biotonne und der Wertstoffe aus Haushalten nahm zu. Gleichzeitig nahm der Anteil des Haus- und Sperrmülls ab. Landesweit stieg in den vergangenen 20 Jahren die Abschöpfungsquote um durchschnittlich 8 Prozentpunkte an. Im Jahr 2015 stabilisierte sich die Quote der getrennt erfassten Wertstoffe (166 kg/Ea) und der Abfälle aus der Biotonne (45 kg/Ea) am häuslichen Abfallaufkommen bei rund 60 % (2014: 60 %).

Energetische Nutzung von Bio- und Grünabfällen im Land etabliert

Bioabfälle bergen ein hohes stoffliches und energetisches Potenzial. Besonders die energetische Nutzung soll in Baden-Württemberg stärker genutzt werden. Dazu soll bis zum Jahr 2020 die Menge an getrennt gesammelten Bioabfällen angehoben werden. Der angestrebte Landesdurchschnitt für Abfälle aus der Biotonne beträgt 60 kg/Ea, für Grünabfälle 90 kg/Ea. Während bereits im Vorjahr die Grünabfallsammelmenge den Zielwert erreichte (2015: 90 kg/Ea), lag das Pro-Kopf-Aufkommen an Abfällen aus der Biotonne im Jahr 2015 erst bei durchschnittlich 45 kg/Ea. In einigen Stadt- und Landkreisen wurden jedoch teils deutlich mehr als 60 kg/Ea erreicht. Eine Steigerung der landesweiten Sammelmenge ist zu erwarten: Zu den 33 Stadt- und Landkreisen, in denen bislang schon flächendeckend eine Biotonne bzw. Biobeutel angeboten wurden, kamen Anfang 2016 weitere drei Landkreise hinzu.

Rund 40 % (knapp 195 000 t) der im Jahr 2015 über die Biotonne gesammelten Abfälle gingen in eine Vergärungsanlage. Daraus konnte genug Biogas gewonnen werden, um etwa 160 000 Einwohner mit Wärme und Strom zu versorgen. Die Menge der direkt (zum Beispiel in Biomasseheizkraftwerken) energetisch verwerteten Grünabfälle blieb mit knapp 288 000 t gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert. Zuletzt hatte diese sich in den Jahren seit 2009 (130 000 t) mehr als verdoppelt.

Papier bleibt mengenmäßig bedeutendste Wertstofffraktion

Mit einem Anteil von rund 54 % (knapp 867 000 t) an den sortenrein erfassten bzw. aus Abfallgemischen aussortierten Wertstoffen (insgesamt gut 1,61 Mill. t, ohne Recyclingbaustoffe) bildeten Papier, Pappe und Kartonagen (PPK) weiterhin die mit Abstand größte Wertstofffraktion. Allerdings ging das Pro-Kopf-Aufkommen an PPK seit dem Jahr 2011 von 85 kg/Ea auf nun 80 kg/Ea zurück. Weitgehend stabil zeigte sich das Aufkommen der Wertstofffraktionen Glas (26 kg/Ea), Holz (23 kg/Ea) und Metalle (10 kg/Ea einschließlich Metallschrott, der aus Rückständen von Müllverbrennungs- und mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen zurückgewonnen wurde).

Sammelmengen für Elektro- und Elektronikaltgeräte konstant

Bis zum 31.12.2015 galt eine gesetzliche Mindestsammelquote von 4 kg Altgeräten pro Einwohner und Jahr. Wie auch in den beiden Jahren zuvor wurden 2015 in Baden-Württemberg durchschnittlich 7,6 kg/Ea über die Sammlung der örE erzielt und damit die geltende Mindestquote sicher eingehalten.

Gemäß dem novellierten Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG 2) wird ab 2016 die Mindestsammelquote auf Basis der neu in Verkehr gebrachten Elektrogeräte jährlich neu berechnet.

Kaum noch Klärschlämme in Landwirtschaft verwertet

Seit 2004 haben die in der Landwirtschaft und im Landschaftsbau verwerteten Klärschlammmengen stetig zugunsten einer zunehmenden energetischen Verwertung abgenommen. Von den im Jahr 2015 insgesamt zur Entsorgung angefallenen 236 000 t Klärschlamm (Trockenmasse) wurden nur noch rund 4 % in Landwirtschaft oder Landschaftsbau verwertet. Nahezu alle Stadt- und Landkreise entsorgten ihre Klärschlämme überwiegend durch Verbrennung.

Steigerungspotenzial bei hochwertigem Bauschuttrecycling

Lediglich ein kleiner Teil der baden-württembergischen Baumassenabfälle wird über die örE entsorgt. Nach Berechnungen auf Grundlage der Bundesstatistik über die Verwertung von Bauabfällen fielen 2014 in Baden-Württemberg rund 10,9 Mill. t Bauschutt und Straßenaufbruch sowie 25,4 Mill. t Boden und Steine an.

Rund 10,4 Mill. t des Bauschutts und Straßenaufbruchs wurden in Recyclinganlagen behandelt oder in Verfüllungen sowie im Deponiebau verwertet. Dies entspricht einer Quote von 94 %. Bei der Gewinnung hochwertiger Sekundärrohstoffe aus Bauabfällen besteht noch Steigerungspotenzial. So hatten Erzeugnisse zur Verwertung als Betonzuschlag mit rund 73 000 t den geringsten Anteil an den Erzeugnissen, die in den Bauschuttrecyclinganlagen gewonnen wurden. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, die Qualität des Recyclingmaterials aus Bauabfällen zu sichern und weitere Anwendungsfelder zu erschließen.