:: 8/2017

Dynamischere Weltwirtschaft bringt zusätzlichen Konjunkturschub

Südwestwirtschaft dürfte im 3. Quartal 2017 real um 2 ¼ % wachsen

Die baden-württembergische Wirtschaft profitiert aktuell von der wieder angesprungenen Weltkonjunktur. Damit verlagern sich die Wachstumskräfte von der Binnenkonjunktur in Richtung Ausland. Zusätzlich wirken sich die robuste Produktion im Verarbeitenden Gewerbe sowie die gute Stimmung in den Führungsetagen der Industrie positiv auf die Konjunktur aus. Die inländischen Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe schwächeln dagegen. Insgesamt erwarten wir für das 3. Quartal 2017 ein reales Wirtschaftswachstum von 2 ¼ %.

Das Auslandsgeschäft im Verarbeitenden Gewerbe hat wieder zu alter Stärke zurückgefunden. Im 2. Quartal stieg der reale Umsatz um 3,2 % zum Vorjahresquartal und auch zum Vorquartal stehen die Ampeln auf Grün (1,3 %). Einen deutlich zweistelligen Umsatzzuwachs zum Vorjahr (10,8 %) erzielte die Branche DV-Geräte, elektronische und optische Erzeugnisse. Im Fahrzeugbau stiegen die Auslandsumsätze um 2,3 %.

Die weitere Entwicklung der Inlandsnachfrage im Verarbeitenden Gewerbe ist dagegen noch ungewiss. Das reale Umsatzplus von 2,2 % gegenüber dem Vorjahresquartal ist nämlich fast vollständig auf das Wachstum im 2. Quartal zurückzuführen (+ 2,1 % zum Vorquartal). Stützend wirkte mit einem Umsatzplus von 9,4 % zum Vorjahr insbesondere der Maschinenbau. Zum wiederholten Mal musste der Fahrzeugbau schrumpfende Umsätze verkraften (– 8,1 % zum Vorjahr). Glänzend entwickelt sich das Bauhauptgewerbe. Um 10,6 % erhöhten sich hier die geleisteten Arbeitsstunden zum 2. Quartal 2016.

Der Reallohnzuwachs fiel im 1. Quartal 2017 mit 0,6 % so schwach aus wie seit 4 Jahren nicht mehr. Grund hierfür ist eine im Vergleich zu den Vorjahren höhere Inflation. Allerdings legten auch die Nominallöhne nicht mehr so zu, wie es in der Vergangenheit zu beobachten war. Mit einer Arbeitslosenquote von 3,4 % im Juni nähert sich die Südwestwirtschaft langsam der Vollbeschäftigung. Bei den gemeldeten Arbeitsstellen wurde gar die Marke von 100 000 geknackt.

Die Rolle der G-20-Staaten für die baden-württembergische Exportwirtschaft

Anfang Juli 2017 trafen sich die Staatschefs und Fachminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in Hamburg zum Meinungsaustausch. Die Gipfelbeschlüsse werden stets mit hohem Interesse zur Kenntnis genommen, auch wenn die in Hamburg beschlossenen Ergebnisse deutlich hinter denen früherer Gipfel zurückgeblieben sind. Das hohe Interesse begründet sich auch in der Bedeutung der G-20-Staaten für die globale Ökonomie, denn sie vertreten 80 % der globalen Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung.

Auch für die Südwestwirtschaft spielen die G-20 eine bedeutende Rolle. 84,8 % aller Ausfuhren gingen 2016 in diese Ländergruppe, wobei der Anteil seit 2002 nahezu konstant blieb. Allerdings verschoben sich die Länderanteile zu Gunsten der Schwellenländer. So sank das Gewicht der EU-Staaten an den Gesamtexporten um 5,4 Prozentpunkte auf insgesamt 52 %, während China seinen Anteil um 4,8 Prozentpunkte auf 7,3 % steigern konnte. Die Vereinigten Staaten büßten leicht an Bedeutung ein und kommen aktuell auf einen Exportanteil von nur noch 12,2 %. Beeindruckend sind die Exportzuwächse seit 2002 in die G-20-Staaten. Um knapp 84 % liegt das Ausfuhrvolumen 2016 höher als 2002. Der Zuwachs der EU-Staaten fiel mit 67 % ebenfalls sehr hoch aus, allerdings entwickelten sich andere Exportmärkte wie beispielsweise China noch dynamischer.

Die aktuell nun wieder stärkere Auslandsnachfrage im Südwesten ist auch ein Verdienst der G-20-Staaten. So erwartet der IWF 2017 und 2018 ein reales Wirtschaftswachstum von 3,6 % für die G-20, das in der Prognose somit etwas höher ausfällt als die Vorhersage für die Weltwirtschaft insgesamt. Somit dürfte die Wachstumsdelle aus 2016 wieder ausgeglichen werden. Bezieht man die Prognosewerte auf die spezifische Exportstruktur der Südwestwirtschaft, so kann diese 2017 mit 2,5 % Wachstum in den G-20-Märkten rechnen. Der Zuwachs fällt etwa einen Prozentpunkt niedriger aus als die Prognose für die Weltwirtschaft. Dies ist einzig auf den noch immer hohen Exportanteil der Industrieländer zurückzuführen.

Insgesamt befindet sich die Weltkonjunktur in einem wohltemperieren Wachstumszyklus bei dem Auf- sowie Abwärtsrisiken in den Prognosen sorgfältig austariert zu sein scheinen. Allerdings sollten Wirtschaftsakteure gerade die Abwärtsrisiken nicht unterschätzen. So erinnert der Anstieg der chinesischen Privatverschuldung in seiner Dynamik an die Zeit vor der Asienkrise 1997 und erreicht bezogen auf die Wirtschaftsleistung mittlerweile das Niveau von Spanien kurz vor der Immobilienkrise. Ein möglicher Krisenherd könnte von der divergierenden Wirtschaftsentwicklung der Eurozone drohen. Die italienische Wirtschaftsleistung liegt aktuell nur 7 % höher als im 1. Quartal 1999, während die Eurozone seitdem um 26 % und der Südwesten sogar um 34 % wuchs.