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Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg 2000 bis 2016

Teil 1: Entwicklung der Wirtschaftsleistung

Mit diesem einleitenden Beitrag startet eine Serie von Analysen rund um das Thema »Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg«. Diese Veröffentlichungsreihe nimmt die wirtschaftliche Entwicklung der Kreise und Regionen Baden-Württembergs im Zeitraum 2000 bis 20161 aus verschiedenen Perspektiven in den Blick. Ausgangspunkt für die Analysen ist zunächst das nominale und reale Bruttoinlandsprodukt (BIP). Mithilfe geeigneter Bezugsgrößen wie Einwohner und Erwerbstätige werden Entwicklungen und Zusammenhänge herausgearbeitet. Die Branchenstruktur sowie die Innovationskraft geben eine weitere Perspektive auf die wirtschaftliche Entwicklung in den Kreisen und Regionen. Darüber hinaus wird ein möglicher Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Siedlungsstruktur sowie der Entwicklung der Beschäftigung analysiert.

Der nachfolgende Startbeitrag der Veröffentlichungsreihe untersucht in einem ersten Teil, wie sich das nominale BIP in den Kreisen und Regionen Baden-Württembergs im Zeitraum 2000 bis 2016 entwickelt hat. Bei einem so langen Zeitraum liegt es nahe, das BIP um Preiseinflüsse zu bereinigen, sodass der zweite Teil dieses Beitrags das reale BIP-Wachstum betrachtet. Untersucht werden auch die Wachstumsbeiträge der baden-württembergischen Regionen zum landesweiten Wachstum. Abschließend wird analysiert, inwieweit die zwölf Regionen Baden-Württembergs einem gemeinsamen Konjunkturzyklus folgen und ob gerade Grenzregionen durch die Konjunktur benachbarter Bundesländer oder Staaten beeinflusst werden.

Verteilung der Wirtschaftsleistung auf die Kreise und Regionen

Ausgangspunkt für die Analyse ist zunächst die Entwicklung der nominalen Wirtschaftsleistung in den Kreisen und Regionen Baden-Württembergs seit 2000. 2016 belief sich das BIP landesweit auf 476 Mrd. Euro, welches in den 44 Kreisen und zwölf Regionen erwirtschaftet wurde. Die Wirtschaftsleistung ist allerdings sehr ungleich auf die Kreise verteilt. Mit deutlichem Vorsprung steht der Stadtkreis Stuttgart an der Spitze, der knapp 11 % des landesweiten BIP auf sich vereinte, gefolgt von den Landkreisen Böblingen (5,3 %) und Ludwigsburg (5 %). Den geringsten Anteil an der Wirtschaftsleistung steuerten der Stadtkreis Baden-Baden (0,6 %) sowie die Landkreise Neckar-Odenwald und Calw (jeweils 0,9 %) bei. Der Wirtschaftsanteil der Regionen wird unmittelbar durch die Anteile der sich darin befindlichen Kreise beeinflusst. Da die drei Kreise mit den höchsten BIP-Anteilen in der Region Stuttgart liegen, vereinnahmte diese 2016 alleine 30 % der landesweiten Wirtschaftsleistung. Die Region Ostwürttemberg trug dagegen nur knapp 4 % zur Wirtschaftsleistung im Südwesten bei.

25 % der Kreise erwirtschaften 50 % der Wirtschaftsleistung

Die in der Tabelle dargestellten Werte lassen bereits eine regionale Ungleichverteilung der nominalen Wirtschaftsleistung vermuten. Schaubild 1 zeigt die Häufigkeitsverteilung der Kreise mit der dort erwirtschafteten Wirtschaftsleistung. Hierbei ist die Wertschöpfung innerhalb der Kreise in Deutschland ungleicher verteilt als in Baden-Württemberg. Dieser Umstand ist seit 2000 nahezu unverändert. Die Ungleichheit hat sich sogar noch leicht erhöht.

Noch anschaulicher wird diese, wenn man den Anteil der Kreise berechnet, die für die Hälfte des BIPs stehen. In Baden-Württemberg erbringen elf der 44 bzw. 25 % der Kreise 50 % der Wirtschaftsleistung, in Deutschland nur 16 % der Kreise2. Noch aussagekräftiger ist eine solche Verteilgröße, wenn sie mit anderen Bundesländern oder Staaten in Beziehung gesetzt wird. In den westdeutschen Flächenländern belegt der Südwesten einen mittleren Platz (Schaubild 2). Etwas gleicher verteilt ist die Wirtschaftsleistung in Rheinland-Pfalz (27,8 %) und Nordrhein-Westfalen (26,4 %), während in Hessen (23,1 %), Niedersachsen (20 %) und Bayern (16,7 %) die Verteilung ungleicher ausfällt. In den europäischen Staaten erbringt verglichen zu den Bundesländern ein kleinerer Anteil der Kreise bzw. NUTS 3-Gebiete3 die Hälfte der Wirtschaftsleistung. Deutschland liegt hier mit Frankreich etwa auf einer Stufe (16,5 bzw. 15,7 % der NUTS 3-Gebiete). Die Spanne reicht von 26 % in Polen bis zu 11,5 % in Griechenland. Für einen europäischen Durchschnitt bietet sich die Eurozone an, da dort keine Währungseffekte auftreten. Dort erbringen 12 % der Kreise die Hälfte der Wirtschaftsleistung.

Nominales Wachstum in den Kreisen und Regionen seit 2000

Landesweit stieg das BIP im Zeitraum 2000 bis 2016 durchschnittlich um 2,7 %. Innerhalb der Kreise lag das Durchschnittswachstum in den Landkreisen Biberach (4,4 %), Heilbronn (4 %) und Böblingen (3,9 %) an der Spitze. Der Stadtkreis Heilbronn (1,2 %) sowie die Landkreise Heidenheim (1,2 %) und Lörrach (1,8 %) belegten die hinteren Ränge (Tabelle). Das Beispiel Biberach zeigt, dass bei einem relativ geringen BIP-Anteil ein hohes BIP-Wachstum realisiert wird, während der Kreis Böblingen bereits viel zur Wirtschaftsleistung beiträgt und gleichzeitig hohe Wachstumsraten im betrachteten Zeitraum aufwies. Unter den Regionen steht Donau-Iller mit 3,4 % an der Spitze, gefolgt von Bodensee-Oberschwaben (3,1 %) und Heilbronn-Franken (3 %). Am schwächsten legte die Wirtschaftsleistung mit einem Plus von jeweils 2,3 % im Nordschwarzwald und in der Region Hochrhein-Bodensee zu.

Die Zeiträume 2000 bis 2008 und 2008 bis 2016 im Vergleich

Unterteilt man den untersuchten Zeitraum in zwei 8-Jahreszeiträume, so übertraf das Wachstum im Zeitraum 2008 bis 20164 landesweit leicht den nominalen Zuwachs im Zeitraum 2000 bis 2008. Auf Kreisebene verlief die Wachstumsdynamik vielerorts unterschiedlich. So reduzierte sich das Durchschnittswachstum im Landkreis Karlsruhe um 2 Prozentpunkte auf 1,7 %, im Alb-Donau-Kreis um 1,4 Prozentpunkte auf 2,2 % und im Stadtkreis Baden-Baden sank der durchschnittliche BIP-Zuwachs um 1,3 Prozentpunkte auf 2 %. Auch der bereits erwähnte Landkreis Biberach verzeichnete in der Periode seit 2008 ein nachlassendes Wachstum (−1,2 Prozentpunkte), welches allerdings immer noch auf sehr hohem Niveau liegt (3,8 % im Durchschnitt). Auf der anderen Seite stieg das Wachstum in 25 der 44 Kreise. An der Spitze ist hier der Stadtkreis Heilbronn zu nennen (+2,5 Prozentpunkte), gefolgt von den Landkreisen Böblingen (+2,1 Prozentpunkte) und mit einigem Abstand Breisgau-Hochschwarzwald (+ 1,2 Prozentpunkte). Hier lässt sich noch kein abschließendes Muster beobachten. So verzeichnete der Stadtkreis Heilbronn zwar in der zweiten Periode das höchste Wachstumsplus aller Kreise. Im Durchschnitt seit 2000 erhöhte sich das BIP in diesem Kreis aufgrund der schwachen Wirtschaftsentwicklung in der ersten Periode allerdings um nur 1,2 %. In Böblingen stieg das BIP-Wachstum in vergleichbarer Weise. Dank der deutlich dynamischeren Wirtschaftsentwicklung in der ersten Periode lag dort das Durchschnittswachstum seit 2000 mit 3,9 % spürbar höher.

In den Regionen verschob sich im Zeitraum 2008 bis 2016 das Wachstum hin zur Region Stuttgart (+0,9 Prozentpunkte), während die Regionen Mittlerer Oberrhein und Donau-Iller an Wachstum einbüßten (jeweils −0,8 Prozentpunkte).

Preisbereinigte BIP-Entwicklung in den Kreisen und Regionen

Die bisherige Bestandsaufnahme bezog sich auf nominale Größen. Anhand dieser war ein recht guter Eindruck möglich, wie die wirtschaftliche Entwicklung in den Kreisen und Regionen ausgefallen ist. Da immerhin ein Zeitraum von 16 Jahren herangezogen wird, ist das preisbereinigte BIP zur quantitativen Einordnung deutlich besser geeignet.5 Betrachtet man das obere und untere Ende des realen Wachstumsrankings, so entspricht dies genau der Reihung aus der nominalen Betrachtung. Einzig im Mittelfeld, in dem die durchschnittlichen Wachstumsraten eng zusammenliegen, kommt es zu geringfügigen Rangänderungen (Schaubild 3). Am oberen Ende der Wachstumsskala erhöhte sich das reale BIP im Zeitraum 2000 und 2016 im Landkreis Biberach um 3,1 %, im Landkreis Heilbronn um 2,8 % und im Landkreis Böblingen um 2,7 %. Am unteren Ende steht der Stadtkreis Heilbronn. Dort schrumpfte die Wirtschaftsleistung seit 2000 sogar leicht (−0,1 %). Ihm folgen die Landkreise Heidenheim (0,0 %) und Lörrach (0,5 %). Durch die Preisbereinigung ebenfalls im Ranking unverändert blieb die Spitzengruppe und die Schlussgruppe der zwölf baden-württembergischen Regionen.

Nimmt man wie zuvor beim nominalen Wachstum wieder eine Unterteilung in zwei Zeiträume vor, so fällt zunächst auf Landesebene auf, dass das leicht höhere nominale Wachstum im Zeitraum 2008 bis 2016 von einer höheren Preissteigerung überkompensiert wurde. Folglich lag das durchschnittliche reale Wachstum dort 0,3 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt von 2000 bis 2008 (1,3 % gegenüber 1,6 %). In den Kreisen veränderte sich das reale Durchschnittswachstum zwischen den beiden Zeiträumen nahezu analog zur oben beschriebenen nominalen Wachstumsentwicklung. So fiel das Durchschnittswachstum im Landkreis Karlsruhe um 2,4 Prozentpunkte auf nur noch 0,3 %, im Alb-Donau-Kreis um 2,1 Prozentpunkte auf 0,6 % und im Landkreis Biberach um 2 Prozentpunkte auf 2,1 %. Ein deutlich höheres Wachstum als in der Periode 2000 bis 2008 wiesen der Stadtkreis Heilbronn (+2,2 Prozentpunkte), der Landkreis Böblingen (+1,3 Prozentpunkte) und der Stadtkreis Stuttgart (+0,8 Prozentpunkte) auf.

Ein Blick auf die Regionen zeigt, dass einzig Stuttgart im Zeitraum 2008 bis 2016 ein höheres Wachstum im Vergleich zum Periodendurchschnitt 2000 bis 2008 aufwies (+0,3 Prozentpunkte). Am stärksten ging das Durchschnittswachstum in der Region Donau-Iller zurück (−1,5 Prozentpunkte) gefolgt von den Regionen Mittlerer Oberrhein und Rhein-Neckar (jeweils −1,1 Prozentpunkte).

Reale Wachstumsdynamik in den Kreisen und Regionen

Mit einem 4-Quadrantenschema lässt sich die Wachstumsdynamik der 44 Regionen relativ zum jeweiligen Landeswert plakativ abbilden (Schaubild 4). So wiesen insgesamt zwölf Kreise in beiden Zeitabschnitten ein höheres Durchschnittswachstum auf als das Land (Quadrant I). 18 Kreise entwickelten sich in beiden Abschnitten schwächer (Quadrant III). Neun Kreise wuchsen im Zeitraum 2000 bis 2008 stärker, 2008 bis 2016 allerdings schwächer als das Land (Quadrant IV). Der letzte verbleibende Fall – ein schwächeres Wachstum im ersten und ein stärkeres Wachstum im zweiten Zeitabschnitt – betrifft insgesamt fünf Kreise. Entgegen dem Landestrend konnten elf der 44 Kreise ihre Wachstumsraten im zweiten Zeitabschnitt sogar steigern. Das Wachstum in beiden Periodenabschnitten lag im Kreis Ravensburg (1,9 % und 1,3 %) am nächsten am Landesschnitt. Der Stadtkreis Heilbronn war dem Landeswachstum am unähnlichsten (−1,2 % und 1,0 %).

Die zwölf Regionen Baden-Württembergs lassen sich ebenfalls in ein 4-Quadrantenschema einsortieren. Hier wiesen die Regionen Heilbronn-Franken, Schwarzwald-Baar-Heuberg, Donau-Iller und Bodensee-Oberschwaben in beiden Zeitabschnitt ein jeweils überdurchschnittliches Wachstum auf (Quadrant I). Die Region Stuttgart konnte als einzige Region ihr Wachstum in der zweiten Periode steigern und liegt mit einem unterdurchschnittlichen realen Wachstum in der ersten Periode folglich im II. Quadranten. Gleich fünf Regionen wiesen in beiden Perioden ein Wachstum unter dem Landesdurchschnitt auf (Quadrant III), nämlich Ostwürttemberg, Nordschwarzwald, Südlicher Oberrhein, Hochrhein-Bodensee sowie Neckar-Alb. Im IV. Quadranten befinden sich die Kreise Mittlerer Oberrhein und Rhein-Neckar. Dort lag das reale Wachstum in der ersten Periode über und in der zweiten Periode unter dem Landesschnitt.

Wachstumsabhängigkeit Baden-Württembergs von der Region Stuttgart seit 2008 gestiegen

Im Folgenden wird gezeigt, in welchem Umfang die Regionen das Wachstum im Land getragen haben. Analog zur Betrachtungsweise in den vorherigen Abschnitten wird das Wachstum in den zwei Zeitabschnitten 2000 bis 2008 und 2008 bis 2016 berechnet und die Wachstumsanteile der Regionen miteinander verglichen. Ausgangspunkt ist zunächst das kumulierte Wachstum in beiden Perioden auf Landesebene. Die reale Wirtschaftsleistung erhöhte sich im Zeitraum 2000 bis 2008 um 13,9 % und im Zeitraum 2008 bis 2016 um 10,5 %. Schaubild 5 zeigt den Anteil der Regionen am baden-württembergischen Wachstum. Im ersten Zeitabschnitt lieferte die Region Stuttgart etwa 23,0 % des landesweiten Wachstums. Mit deutlichem Abstand folgten die Regionen Mittlerer Oberrhein (12,1 %) und Rhein-Neckar (11,9 %). Zwischen 7,0 % und 9,0 % steuerten jeweils die Kreise Heilbronn-Franken, Donau-Iller, Südlicher Oberrhein und Bodensee-Oberschwaben zum Wachstum bei. Auf die noch verbleibenden Regionen entfielen je 3,0 % bis 4,0 % des landesweiten Zuwachses.

Die in der ersten Periode zu beobachtende Ungleichheit beim Wachstum verstärkte sich in der zweiten Periode sogar noch. So kam im Zeitraum 2008 bis 2016 knapp 39,0 % des landesweiten Wachstums aus der Region Stuttgart. Mit weitem Abstand folgten die Region Heilbronn-Franken (10,0 %) und Südlicher Oberrhein (8,0 %). Die übrigen neun Regionen lagen bei einem Wachstumsanteil zwischen 7,0 und 2,0 %. Somit verstärkte sich die Wachstumsabhängigkeit des Südwestens von der Region Stuttgart deutlich. Der Wachstumsbeitrag Stuttgarts lag für sich genommen über dem kumulierten Beitrag der acht Regionen mit dem geringsten Wachstumsbeitrag.

Regionen weisen einen ähnlichen Konjunkturzyklus auf …

Die vorliegenden Daten zur realen Wirtschaftsleistung ermöglichen eine Analyse der Konjunkturzyklen innerhalb der Regionen und inwieweit diese Zyklen mit den Schwankungen auf Landesebene übereinstimmen. Da diese nicht direkt beobachtbar sind, wird hierbei auf einen HP-Filter6 zurückgegriffen. Mit dessen Hilfe lässt sich der Kettenindex des realen BIPs in eine Trend- sowie eine Zykluskomponente7 unterteilen. Im rechten Teil von Schaubild 6  zeigt sich, dass der Konjunkturzyklus in den dort exemplarisch ausgewählten sechs Regionen Baden-Württembergs ähnlich verläuft, wenngleich auch mit unterschiedlicher Schwankungsbreite. Deutlich wird die heterogene Konjunkturentwicklung insbesondere im Jahr 2009, welches durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise geprägt war. So reicht die Spannweite von −10,6 % in der Region Stuttgart bis zu −2,1 % in der Region Rhein-Neckar. Auch sind die Regionen in den jeweiligen Phasen des Konjunkturzyklus unterschiedlich repräsentiert. In insgesamt 7 der betrachteten 17 Jahre wies beispielsweise die Region Stuttgart das Minimum beziehungsweise Maximum des Zyklus innerhalb der Regionen auf. Entsprechend fällt auch die Varianz der Abweichungen vom Trend dort landesweit am größten aus. Am geringsten waren die Schwankungen wiederum in der Region Rhein-Neckar.

… das Trendwachstum ist dagegen unterschiedlich stark ausgeprägt

Die Region Donau-Iller lag beim Trendwachstum vorne, was nicht überrascht, da diese Region auch beim Durchschnittswachstum landesweit den ersten Platz belegte (Tabelle). Bis 2012 entwickelte sich das Trendwachstum in der Region Stuttgart am schwächsten, was auf das verglichen mit dem Landesschnitt unterdurchschnittliche Wachstum bis 2008 zurückzuführen ist. Seit 2013 zogen die realen Wachstumsraten deutlich an, sodass sich das Trendwachstum seitdem langsam dem Landeswert von unten annähert. Die drei Regionen mit den geringsten Zuwachsraten im Zeitraum 2008 bis 2016 (Hochrhein-Bodensee, Nordschwarzwald und Rhein-Neckar) weisen aktuell auch das geringste Trendwachstum auf (etwa 20,0 % Plus seit 2000). Landesweit betrug das kumulierte Trendwachstum 25,0 %, sodass der Abstand der drei zuvor genannten Regionen zum Landeswert überschaubar ist und durch höhere Trendwachstumsraten in der Zukunft leicht aufgeholt werden könnte. Dagegen haben sich die beiden Regionen Donau-Iller (+43,0 %) und Heilbronn-Franken (+37,0 %) seit 2000 landesweit deutlich an die Spitze gesetzt.

Einfluss anderer Bundesländer und Staaten auf den Konjunkturzyklus der Regionen

Abschließend stellt sich nun die Frage, inwieweit die beschriebene zyklische Wachstumskomponente der Regionen mit der Baden-Württembergs und angrenzender Bundesländer beziehungsweise Staaten übereinstimmt. Hierzu wird im Folgenden der Korrelationskoeffizient der Zykluskomponente aller zwölf Regionen mit dem Land berechnet. Des Weiteren wird überprüft, ob an andere Bundesländer oder Staaten angrenzende Regionen womöglich eine enge Korrelation mit deren Konjunkturzyklus besitzen. Allerdings bedeutet eine hohe Korrelation noch nicht, dass die regionale Konjunktur kausal von angrenzenden Regionen beeinflusst wird. Beide zyklische Komponenten besitzen nur ein ähnliches Muster, welches unterschiedliche Ursachen haben kann. Trotz dieser Einschränkung kann die Korrelation als grobe Näherung des konjunkturellen Gleichlaufs gedeutet werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Korrelation der zyklischen Wachstumskomponente in den Regionen mit seinem baden-württembergischen Pendent in nahezu allen Regionen am höchsten ausfällt. In der Hälfte der Regionen liegt die Korrelation sogar bei über 0,90. Einzig in der Region Rhein-Neckar, die sich durch eine geringe Varianz im zyklischen Wachstum auszeichnete, rutscht die Korrelation unter 0,80. Mit Bayern ist der konjunkturelle Zusammenhang etwas lockerer. Bei den an Bayern angrenzenden Regionen Heilbronn-Franken, Ostwürttemberg und Bodensee-Oberschwaben liegt die Korrelation bei über 0,85. Dagegen liegt der zyklische Gleichlauf im baden-württembergischen Teil der Region Donau-Iller mit Bayern bei nur 0,72. Die Konjunkturentwicklung in Hessen könnte auf die Region Rhein-Neckar ausstrahlen, da die Korrelation mit 0,75 ähnlich hohe Werte wie mit Baden-Württemberg annimmt.

Für die Schweiz und Frankreich liegen Daten für das reale BIP in der erforderlichen zeitlichen Länge nicht in der nötigen regionalen Tiefe, sondern nur für das Land als Ganzes vor. Daher kann die zyklische Komponente nicht trennscharf für die Grenzregionen berechnet werden. Für beide Länder liegt die Korrelation in fast allen Regionen unter den baden-württembergischen Zahlen. Einzig in der Region Donau-Iller scheint ein ähnlich enger Zusammenhang mit dem schweizerischen und französischen Konjunkturzyklus zu bestehen wie mit der Südwestkonjunktur (Korrelationskoeffizient von 0,87 bzw. 0,81). Auch die geografisch an Frankreich angrenzenden Regionen Mittlerer und Südlicher Oberrhein, Hochrhein-Bodensee sowie – etwas abgeschwächt – Nordschwarzwald zeigen einen hohen Gleichlauf mit der französischen Konjunktur.

1 Zum Zeitpunkt der Analysearbeiten waren BIP-Ergebnisse für Kreise und Regionen bis zum Berichtsjahr 2016 verfügbar. Die Datengrundlagen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und der Erwerbstätigenrechnung beziehen sich jeweils auf den Berechnungsstand August 2017.

2 66 der 401 Kreise.

3 Mit der Einteilung in NUTS-Gebiete (Nomenclature des Unités Territoriales Statistiques) wird ein grenzüberschreitender statistischer Vergleich von EU-Regionen möglich. Insgesamt werden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in drei Hierarchiestufen eingeteilt. Somit entspricht die NUTS1-Ebene den Bundesländern, die NUTS2-Ebene den Regierungsbezirken und die NUTS3-Ebene den Kreisen. Weitergehende Informationen sind unter https://www.destatis.de/Europa/DE/Methoden-Metadaten/Klassifikationen/UebersichtKlassifikationen_NUTS.html (Abruf: 1. 8. 2019) erhältlich.

4 Damit liegt die Wirtschaftskrise und die anschließende Erholung in einem Zeitraum, was einen direkten Vergleich der beiden Wachstumszeiträume ermöglicht. Zwar wiesen 2008 bereits sieben der 44 Kreise eine rückläufige Wirtschaftsleistung auf, obwohl landesweit das BIP noch zulegte. Dennoch war der flächendeckende Wirtschaftseinbruch erst 2009 in den Kreisen spürbar (40 der 44 Kreise verzeichneten einen teils deutlichen BIP-Rückgang).

5 Nominal erhöhte sich die Wirtschaftsleistung in Baden-Württemberg innerhalb des Zeitraums 2000 bis 2016 von knapp 310 auf 476 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Zuwachs von rund 54 %. Rechnet man die Preissteigerungen heraus, so legte die Wirtschaftsleistung nur knapp 26 % zu. Der Inflationseffekt belief sich trotz der historisch geringen Preissteigerungsraten seit 2000 landesweit somit auf 28 %.

6 Hodrick-Prescott-Filter.

7 Die Zykluskomponente ist als prozentuale Abweichung des tatsächlichen BIPs zur Trendkomponente definiert.