:: 4/2020

Forschung und Entwicklung - Teil 3

Regionale FuE-Ressourcen in Baden-Württemberg

Im dritten Beitrag der Veröffentlichungsreihe zum Thema »Forschung und Entwicklung (FuE)« wird die Verteilung der FuE-Ressourcen in den Kreisen und Regionen im Südwesten betrachtet.

Der Südwesten hat innerhalb Deutschlands die höchsten FuE-Ressourcen. Diese sind in Baden-Württemberg auf die einzelnen Sektoren und auch regional sehr unterschiedlich verteilt. Der Wirtschaftssektor ist hierzulande mit 84 % der bedeutendste Forschungsträger. Der Anteil des Staatssektors und des Hochschulsektors lag im Jahr 2017 bei 7 % bzw. 9 %. Bei der nachfolgenden regionalen Analyse der FuE-Ressourcen wird vorrangig der Wirtschaftssektor untersucht. Die FuE-Ressourcen unterliegen im Staatssektor auf regionaler Ebene aus datenschutzrechtlichen und im Hochschulsektor auf Kreisebene aus methodischen Gründen der Geheimhaltung. Auf Ebene der Kreise können die Daten zu den FuE-Ressourcen für die Sektoren insgesamt daher nur näherungsweise veröffentlicht werden.

Böblingen und Heidelberg mit höchster FuE-Personalintensität

Gemessen am Forschungspersonal und an den Forschungsinvestitionen (i-Punkt: »FuE Kennzahlen«) ist die Region Stuttgart mit weitem Abstand der bedeutendste Forschungsstandort. Über 40 % des landesweiten FuE-Personals im Staats-, Hochschul- und Wirtschaftssektor (i-Punkt: »Sektoren«) ist hier tätig bzw. fast die Hälfte der FuE-Ausgaben fallen hier an. Neben der Region Stuttgart zählen auch die Regionen Rhein-Neckar, Mittlerer Oberrhein und Heilbronn-Franken zu den FuE-Standorten mit hohen FuE-Ressourcen. In diesen vier Regionen waren 2017 insgesamt über zwei Drittel des landesweiten FuE-Personals eingesetzt. Der Anteil des FuE-Personals in den Stadtkreisen Stuttgart und Heidelberg sowie in den Landkreisen Böblingen, Heilbronn, Rhein-Neckar-Kreis und Ludwigsburg lag in der Summe bei fast der Hälfte des landesweiten FuE-Personals.1 Diese Kreise verfügten 2017 nicht nur absolut über die höchsten personellen FuE-Ressourcen im Land, sondern setzten auch einen hohen Anteil der Erwerbstätigen in Forschung und Entwicklung ein (FuE-Personalintensität). Dieser Indikator ist eine weitere Kenngröße für das Ausmaß, mit der Forschung und Entwicklung in einem Wirtschaftsraum betrieben wird, und ermöglicht einen besseren Vergleich von Regionen unterschiedlicher Größe oder Wirtschaftskraft als die absoluten Größen. In den Stadtkreisen Heidelberg und Stuttgart sowie in den Landkreisen Böblingen, Heilbronn und im Bodenseekreis war die FuE-Personalintensität mit teilweise weit über 5 % am höchsten. Die Kennzahl lag in diesen Kreisen damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von 3,3 % (Schaubild 1).

Verteilung der FuE-Ressourcen

Die bisherige Analyse zeigt, dass die FuE-Ressourcen im Südwesten regional sehr unterschiedlich verteilt sind. Wie hoch ist diese Ungleichverteilung? Der Grad der räumlichen Konzentration lässt sich für die Kreise mit dem normierten Gini-Koeffizienten beschreiben. Diese Kennzahl nimmt Werte von 0 bis 1 an. Der Wert 0 steht dabei für absolute räumliche Gleichverteilung, je mehr der Wert gegen 1 strebt, desto ausgeprägter ist die räumliche Konzentration. Für die FuE-Ressourcen der Kreise in Baden-Württemberg 2017 ergibt sich für die FuE-Ausgaben ein Gini-Koeffizient von 0,66 und für das FuE-Personal 0,60. Die Ressourcen sind damit stark räumlich konzentriert.

Anschaulicher wird die Verteilung, wenn die kumulierte Häufigkeitsverteilung dem Anteil der Kreise, in denen diese Ressourcen anfallen, gegenübergestellt wird (Schaubild 2). Hier zeigt sich beispielsweise, dass in Baden-Württemberg 2017 in nur fünf der 44 Kreise bereits rund 53 % der Investitionen in FuE geleistet bzw. 45 % des FuE-Personals eingesetzt wurden. Ursachen für diese regionale Anhäufung sind die Konzentration der FuE-Ressourcen des staatlichen Bereichs auf die Ballungsräume2 sowie die Branchenstruktur des Landes mit ihrer schwerpunktmäßigen Ansiedlung des Kraftfahrzeugbaus in nur wenigen Kreisen im Land. Dieser Wirtschaftsbereich ist bei den FuE-Ausgaben führend. Der Anteil der FuE-Ausgaben im Kraftfahrzeugbau an den landesweiten FuE-Ausgaben lag 2017 bei 45 %.

Im Zeitraum 2011 bis 2017 ist sowohl für die FuE-Ausgaben wie auch das FuE-Personal eine leichte Zunahme der Konzentration festzustellen (Schaubild 3). Bezieht man einen längeren Zeitraum in die Betrachtung ein – Daten liegen für den Wirtschaftssektor ab dem Jahr 1995 vor – so lag die höchste Ungleichverteilung für die FuE-Ressourcen im Südwesten im Jahr 1997 vor. Im Zeitverlauf nahm die Konzentration bezogen auf die FuE-Ausgaben bis 2003 ab und stieg dann ab dem Jahr 2009 wieder an, liegt aber 2017 immer noch unter dem Höchstniveau von 1997.3

FuE-Ressourcen im Wirtschaftssektor in der Region Stuttgart am höchsten

Im Wirtschaftssektor ist eine detailliertere regionale Analyse der FuE-Daten und deren Veröffentlichung möglich. Auch hier zeigt sich, dass die FuE-Aktivitäten mit einem sehr hohen Anteil in der Region Stuttgart erfolgen. Mit gut 61 000 Personen (2015: 50 400 VZÄ) entfielen 2017 beachtliche 46 % (2015: 44 %) des FuE-Personals im Land auf diese Region und fast ein Drittel allein auf die Kreise Stuttgart und Böblingen (je 16 %). Bei einem Vergleich der Kreise wurde absolut betrachtet in Baden-Württemberg im Stadtkreis Böblingen das FuE-Personal im Zeitraum 2015 bis 2017 am stärksten aufgebaut, und zwar um 6 200 VZÄ. Auf dem zweiten Platz folgte der Stadtkreis Stuttgart mit 3 000 VZÄ. Die Gründe für die hohe Konzentration der FuE-Ressourcen und auch für den hohen Aufbau in und um die Landeshauptstadt liegen darin, dass hier viele weltbekannte Firmen der Automobil-4, Maschinenbau- und Elektrobranche ihren Hauptsitz haben und die strategisch wichtigen Forschungs- und Entwicklungsstätten in den Unternehmenszentralen bzw. in ihrer Nähe angesiedelt sind.5

Gemessen am Forschungspersonal ist neben Stuttgart auch die Region Rhein-Neckar ein bedeutender FuE-Standort. Hier waren 2017 gut 13 600 Personen bzw. 10 % des FuE-Personals, insbesondere im Rhein-Neckar-Kreis (7 %), in Forschung und Entwicklung tätig. Die Höhe dürfte hier von dem in der Region ansässigen größten europäischen Softwareunternehmen ausgehen. Des Weiteren weisen die Regionen Heilbronn-Franken, Mittlerer Oberrhein und Donau-Iller Anteile am FuE-Personal von jeweils über 5 % auf (9 %, knapp 7 % bzw. 5 %). In der Region Bodensee-Oberschwaben lag der Anteil des FuE-Personals 2015 mit 5,8 % noch in dieser Gruppe, bis 2017 ist hier der Anteil des FuE-Personals auf knapp unter 5 % gefallen. Die Region Nordschwarzwald liegt mit einem Anteil von rund 2 % des FuE-Personals in Baden-Württemberg am anderen Ende der Skala und die verbleibenden FuE-Ressourcen verteilen sich mit Anteilen von jeweils 3 % bis 4 % auf die übrigen Regionen des Landes (Tabelle 1).

FuE-Personal der Region Heilbronn-Franken mit deutlicher Steigerung

Die Dominanz der Region Stuttgart hat seit Mitte der 1990er-Jahre abgenommen. Im Jahr 1995 entfiel noch die Hälfte des FuE-Personals im baden-württembergischen Wirtschaftssektor auf die Region Stuttgart. Hingegen hat die Region Heilbronn-Franken ihren Anteil am FuE-Personal des Landes bis 2017 um 6 Prozentpunkte zugelegt. Die deutliche Zunahme des FuE-Personals in der Region Heilbronn-Franken, mit einem Anteil des FuE-Personals von rund 3 % im Jahr 1995 und nun mit 9 % im Jahr 2017, ist unter anderem auf einen im Jahr 2003 eröffneten neuen Entwicklungsstandort eines großen Automobilzulieferers zurückzuführen.

FuE-Personalintensität im Landkreis Böblingen am höchsten

Die Forschungslandkarte des Wirtschaftssektors in Baden-Württemberg zeigt, dass Böblingen der forschungsintensivste Kreis ist. Hier verfügen die Unternehmen nicht nur über sehr hohe personelle FuE-Ressourcen, sie setzen auch den höchsten Anteil der Erwerbstätigen in Forschung und Entwicklung ein (10,5 %). Kreise mit einer sehr hohen FuE-Personalintensität waren 2017 neben Böblingen die Landkreise Heilbronn, Bodenseekreis und der Stadtkreis Stuttgart (6,2 %, 5,0 % und 4,7 %).

Bis auf den Bodenseekreis haben diese Kreise ihre Forschungsintensität 2017 im Vergleich zu 2015 weiter ausgebaut. Darunter am deutlichsten der Landkreis Böblingen, und zwar um 2,7 Prozentpunkte. Im Kreisvergleich insgesamt erfolgte die Zunahme dieser Kennzahl neben Böblingen am deutlichsten im Landkreis Rastatt. Hier lag die Veränderung im betrachteten 2-Jahreszeitraum bei 1,4 Prozentpunkten und erreicht damit im Jahr 2017 den Wert 3,2 %. Beim Ranking der Zunahme dieser Kennzahl folgten auf Platz 3 und 4 der Stadtkreis Karlsruhe und der Landkreis Heilbronn (0,8 bzw. 0,6 Prozentpunkte). In diesen zwei Kreisen erreichte diese Kennzahl 2017 damit die Werte 1,5 % und 6,2 %. Der überwiegende Teil der Kreise in Baden-Württemberg hat zwar 2017 gegenüber 2015 die Forschungsintensität ebenfalls erhöht, jedoch ist diese Kennzahl in insgesamt elf Kreisen zurückgegangen. Am höchsten war der Rückgang im Bodenseekreis mit 0,7 Prozentpunkten.

Im längeren Betrachtungszeitraum 2007 bis 2017 ist die Forschungsintensität am deutlichsten in den führenden Landkreisen Böblingen und Heilbronn gestiegen. Der Landkreis Böblingen hat seinen bisherigen Höchststand der FuE-Personalintensität aus dem Jahr 2007 in 2017 um beachtliche 3,7 Prozentpunkte und der Landkreis Heilbronn um bemerkenswerte 2,6 Prozentpunkte übertroffen (Schaubild 4). Auch ein Rückgang der Kennzahl konnte in den Kreisen im Südwesten in diesem Betrachtungszeitraum festgestellt werden. Hiervon waren jedoch nur vier Kreise betroffen, und zwar der Stadtkreis Heidelberg (– 0,3 Prozentpunkte) sowie die Landkreise Konstanz (– 0,6 Prozentpunkte), Waldshut und Ravensburg (mit je – 0,1 Prozentpunkten).

Wie hat sich die Forschungsintensität in den Regionen entwickelt?

Bei einem Vergleich dieser Kennzahl auf regionaler Ebene liegt die Region Stuttgart, wie bereits bei der absoluten Zahl zu den FuE-Ressourcen, an der Spitze. Die Region Stuttgart ist damit nicht nur die wirtschaftsstärkste Region6 im Land, sondern auch die Region mit der höchsten Forschungsintensität. Die FuE-Personalintensität der Region Stuttgart lag 2017 mit 4,4 % (2015: 3,8 %) deutlich über dem landesweiten Durchschnitt von 2,5 %. Ebenfalls überdurchschnittlich forschungsintensiv waren 2017 die Regionen Heilbronn-Franken, Ostwürttemberg und Donau-Iller mit einer FuE-Intensität von 2,6 % bis 2,7 % (2015: 2,4 % bis 2,6 %). Während die FuE-Personalintensität der Region Rhein-Neckar nur knapp unter dem durchschnittlichen Niveau im Südwesten lag, schnitten die übrigen sieben Regionen in Baden-Württemberg 2017 zum Teil deutlich unterdurchschnittlich ab. Für die Region Südlicher Oberrhein wurde in 2017 die geringste Forschungsintensität gemeldet (0,7 %).

Im Vergleich zum Jahr 2007 hat sich die Forschungsintensität in der Region Stuttgart insgesamt um 1,3 Prozentpunkte und damit am deutlichsten erhöht, aber auch die Unterschiede innerhalb der Region haben zugenommen. Die Forschungsintensität ist in den Kreisen der Region Stuttgart sehr unterschiedlich. Durch die starke Ausweitung der FuE-Personalintensität im Kreis Böblingen im Betrachtungszeitraum 2007 bis 2017 hat sich dieser Unterschied noch weiter verstärkt. 2017 umfasste die Spannweite bezüglich der FuE-Personalintensität der Kreise 9,4 Prozentpunkte. 2007 lag diese noch bei 6,2 Prozentpunkten. Ein ähnliches Bild bezüglich der Entwicklung dieser Spannweite ergab sich im Zeitraum 2007 bis 2017 in den Regionen Heilbronn-Franken und Donau-Iller (Schaubild 5).

Regionale Forschung und Entwicklung nach Branchen

2017 wurden rund 71 % des FuE-Personals im Wirtschaftssektor im Südwesten in den Branchen Kraftfahrzeugbau, Elektrotechnik7 und dem Maschinenbau eingesetzt. Dieser Schwerpunkt der FuE-Aktivitäten spiegelt sich auch in zehn der zwölf Regionen des Landes wider (Tabelle 2). Die Regionen Stuttgart, Heilbronn-Franken und Neckar-Alb sind in ihren FuE-Aktivitäten am stärksten auf den Kraftfahrzeugbau ausgerichtet. Die FuE-Aktivitäten im Maschinenbau dominieren das Geschehen in der Region Nordschwarzwald. Die Branche Elektrotechnik ist in den Regionen Ostwürttemberg, Mittlerer Oberrhein, Südlicher Oberrhein, Schwarzwald-Baar-Heuberg und in Donau-Iller8 am stärksten mit FuE-Ressourcen vertreten. Anders als in Baden-Württemberg insgesamt sind die FuE-Schwerpunkte in den Regionen Rhein-Neckar und Hochrhein-Bodensee. Hier wurde der größte Anteil des FuE-Personals 2017 in der Branche Informations- und Kommunikationstechnik bzw. in der pharmazeutischen Industrie eingesetzt (49 % bzw. 40 %).

Fazit

Baden-Württemberg verfügt innerhalb Deutschlands über die höchsten FuE-Ressourcen. Investitionen in Forschung und Entwicklung werden zwar in allen Kreisen in Baden-Württemberg getätigt, jedoch liegt eine deutliche räumliche Disparität vor. Gemessen an den FuE-Ausgaben und am FuE-Personal ist die Region Stuttgart mit weitem Abstand der bedeutendste Forschungsstandort im Südwesten. Auf Kreisebene ragen die Stadtkreise Stuttgart und Heidelberg sowie die Landkreise Böblingen, Heilbronn, Bodenseekreis, Rhein-Neckar-Kreis und Ludwigsburg besonders hervor. Ursachen für die starke regionale Konzentration der FuE-Ressourcen sind einerseits die Anhäufung der FuE-Ressourcen des staatlichen Bereichs auf die Ballungsräume und andererseits die Konzentration der FuE-Ressourcen auf den Kraftfahrzeugbau, dessen schwerpunktmäßige Ansiedlung im Land auf wenige Kreise begrenzt ist.

Im vierten Teil der Veröffentlichungsreihe wird die Entwicklung der FuE-Ressourcen Baden-Württembergs in einem internationalen Vergleich betrachtet.

1 Diese Daten können aus Geheimhaltungsgründen nur einschränkt veröffentlicht werden.

2 Bezüglich des staatlichen Bereichs ist zu berücksichtigen, dass gerade diese FuE-Ressourcen weit über die Kreisgrenzen hinaus wirksam sind.

3 Einwiller, Ruth: »Regionales Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg 2000 bis 2016 - Teil 4«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2020«, S.32.

4 In dieser Branche wurde das FuE-Personal im Zeitraum 2015 bis 2017 insgesamt um 13 000 VZÄ aufgebaut.

5 Siehe auch Abschnitt »Regionale Forschung und Entwicklung nach Branchen« und Tabelle 2.

6 Rund 30 % der Wirtschaftsleistung in Baden-Württemberg werden hier erbracht.

7 Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (Wirtschaftszweig 26) sowie Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (Wirtschaftszweig 27).

8 Knapp vor dem Maschinenbau.