Methodik der Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen 2024

14.10.2024

Grundsätze der Methodik

Das Statistische Landesamt veröffentlicht jährlich eine Schülervorausberechnung. Diese schätzt die künftigen Schülerzahlen je Schulart und die Zahl der Schulabschlüsse nach Abschlussarten. Die Schülervorausberechnung wird ausschließlich auf Landesebene erstellt.

Eine Vorausberechnung ist keine Vorhersage. Anders als bei einer Wettervorhersage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung exakt so eintritt. Die Schülervorausberechnung basiert im Wesentlichen auf einem Status quo Ansatz. Das heißt sie beschreibt eine Entwicklung, die so ähnlich eintreten könnte, wenn sich die Rahmenbedingungen und die Präferenzen bei der Schulwahl nicht ändern.

Das Berechnungsmodell ist ein Komponentenverfahren, das den Durchlauf durch das Bildungssystem nachbildet (Simulationsansatz). Hierfür werden Annahmen zum Verhalten der Akteure innerhalb des Bildungswesens getroffen. Zur Bildung der Annahmen werden die Daten der zurückliegenden Jahre berücksichtigt und in der Regel ein mehrjähriger Mittelwert gebildet, der auch für die Vorausrechnungsjahre unterstellt wird (Status quo Ansatz).

Zum Vorausrechnungszeitpunkt absehbare Veränderungen werden berücksichtigt, indem in Abstimmung mit dem Kultusministerium Annahmen getroffen werden, wie sich diese auswirken könnten. Die Annahmen betreffen im Einzelnen:

  • Einschulung
  • Übergang in die nachfolgende Klassenstufe
  • Wiederholen einer Klassenstufe
  • schulartexterne Zugänge aus anderen Schularten oder anderen Bundesländern und Staaten
  • Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen
  • inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot
  • Eintritt in Bildungsgänge an beruflichen Schulen
  • Erwerb von Schulabschlüssen

Details zu den für die aktuelle Modellrechnung getroffenen Annahmen sind weiter hinten beschrieben.

Spezielle Hinweise zur Vorausrechnung 2024

Ausgangspunkt der Berechnungen für die Annahmen sind die Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik bis zum Schuljahr 2023/24 und die Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung Basis Zensus 2011 bis zum 31.12.2023.

Im Zensus 2022 wurde eine neue Bevölkerungsstruktur ermittelt. Diese neuen und realitätsnäheren Zahlen konnten noch nicht zugrunde gelegt werden, da die Fortschreibung der Zensus 2022 Ergebnisse noch nicht vollzogen ist. Der Schülervorausberechnung 2025 wird die aktuelle Bevölkerungsstruktur sowie eine darauf aufbauende aktualisierte Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde gelegt sein. Dies sollte eine höhere Präzision der Vorausberechnung zur Folge haben.

Zugrunde gelegte Bevölkerungsentwicklung

Für die zukünftige Entwicklung der Bevölkerung wurde auf den Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung Basis Zensus 2011 zum 31.12.2023 aufgesetzt. Der vorhandene Bevölkerungsbestand wurde anhand der Veränderungsraten, wie sie in der oberen Variante der Bevölkerungsvorausrechnung Basis 2021 errechnet wurden, fortgeschrieben. Die Bevölkerungsvorausrechnung Basis 2021 war im Niveau selbst in der oberen Variante zu niedrig um diese direkt zugrunde legen zu können. Zudem wurde auf Basis einer Studie mehrerer Forschungsinstitute (IAB et al (Hrsg.), »Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland – Flucht, Ankunft und Leben«, Dezember 2022) unterstellt, dass 45 % der ukrainischen Kinder bis zum Schuljahr 2029/30 wieder verlassen haben.

Anzumerken ist, dass die Bevölkerungsfortschreibung Basis Zensus 2011 die Bevölkerung zu hoch ansetzt. Auch die Altersstruktur weicht zwischen Fortschreibung auf Basis Zensus 2011 und im Zensus 2022 ermittelten Werten (am Zensusstichtag) ab.

Da die Annahmen (Quoten) und die Vorausberechnung einheitlich auf Basis der Fortschreibung des Zensus 2011 ermittelt wurden, dürfte die zu hohe unterstellte Bevölkerungszahl nicht zu einer insgesamt überhöhten Schülervorausberechnung führen. Allerdings dürften strukturelle Verzerrungen entstehen.

Zu den Annahmen bezüglich der allgemeinbildenden Schulen

Einschulung

Die Einschulungen werden auf Grundlage von Anteilen der zur Einschulung anstehenden Altersjahrgänge ermittelt. Da in den letzten Jahren der Einschulungsstichtag verändert wurde, hat sich auch die Altersverteilung der Einzuschulenden verändert. Für die Fortschreibung wurden die Anteile des Schuljahres 2023/24 zugrunde gelegt, in welchem nahezu gleiche Anteile der 5- und 6-Jährigen eingeschult wurden.

Hinsichtlich der Verteilung der Einschulungen an Grundschulen, Primarstufen an Gemeinschaftsschulen und freien Walddorfschulen wurden ebenfalls die Anteile des letzten Schuljahres beibehalten.

Sondereffekt Einführung Juniorklassen

Zum Schuljahr 2026/27 sollen Grundschulförderklassen entfallen und Juniorklassen schrittweise eingeführt werden. Nach Vorgabe des Kultusministeriums werden diese ab dem Schuljahr 2028/29 rund 12 100 Personen umfassen. Sie werden anders als in Grundschulförderklassen als Grundschüler gezählt. Dadurch wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Grundschulen in der Vorausrechnung erhöht.

Übergang von der Grundschule in weiterführende Schulen

Für den Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen werden Übergangsquoten berechnet, indem die Zahl der Fünftklässlerinnen und -klässler an weiterführenden Schulen mit Herkunft aus der Grundschule je Schulart auf die Summe der Viertklässlerinnen und -klässler an Grundschulen im vorigen Schuljahr bezogen wird. Für die Übergangsquoten werden Durchschnittswerte der letzten fünf Schuljahre verwendet.

Übergang in die nachfolgende Klassenstufe

Beim Übergang in die nachfolgende Klassenstufe werden schulart- und klassenstufenspezifische Versetzungsquoten verwendet. Zur Berechnung dieser Quoten wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer Klassenstufe mit Herkunft aus der vorangehenden Klassenstufe auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler der vorangehenden Klassenstufe im vorherigen Schuljahr bezogen.

Die »Corona-Pandemie-Prüfungsverordnung«1 des Kultusministeriums legte allerdings fest, dass am Ende des Schuljahres 2019/20 niemand eine Klassenstufe aufgrund mangelnder schulischer Leistungen wiederholen musste. Freiwillige Wiederholungen waren aber weiterhin möglich. Dadurch ergaben sich bei den Übergängen in die nächste Klassenstufe zum Schuljahr 2020/21 deutlich niedrigere Wiederholerzahlen. Im Schuljahr 2021/22 war dagegen ein deutlicher Nachholeffekt mit weit überdurchschnittlichen Wiederholerzahlen zu verzeichnen. Hierdurch ergaben sich auch entsprechende Verzerrungen bei den Übergangsquoten in die nächste Klassenstufe. Für die Vorausrechnung wird damit gerechnet, dass sich die Versetzungsquoten wieder auf dem früher üblichen Niveau einpendeln. Daher kommen für die Versetzungsquoten weitestgehend Durchschnittswerte der drei »Vor-Corona-Schuljahre« 2017/18 bis 2019/20 zum Einsatz.

Sondereffekt Corona-Abgänge an Gymnasien

In den aktuellen Daten der Schulstatistik zeigen sich im Schuljahr 2023/24 und auch in der Vorabmeldung der öffentlichen Gymnasien zum Schuljahr 2024/25 in den höheren Klassenstufen niedrigere Schülerzahlen als bei normalen Übergängen zu erwarten wären. Ursache hierfür könnten in der Corona Versetzungsordnung liegen, die Wiederholungen nur auf Wunsch der Eltern vorgesehen hat.

Da es sich hierbei voraussichtlich um kein dauerhaftes Phänomen handelt, wurden nicht die Übergangsquoten für die Vorausrechnung angepasst, sondern im Schuljahr 2024/25 einmalig zusätzliche Abgänge in der Modellrechnung eingeführt.

Sondereffekt Wegfall der zehnten Klasse an Werkrealschulen

Ab dem Schuljahr 2030/31 soll nach aktuell geplanten Schulrechtsreformen die zehnte Klasse an den Werkrealschulen entfallen. Nach Vorgabe des Kultusministeriums wurde angenommen, dass dies keinen Effekt auf die Übergangsquote auf die Werkrealschule hat.

Diese Reform führt in der Modellrechnung zu einer Zunahme der Hauptschulabschlüsse. Es wird unterstellt, dass die Schülerinnen und Schüler, die sonst in die Klasse 10 der Werkrealschulen gewechselt hätten, ihre Schullaufbahn auf Realschulen, Gemeinschaftsschulen oder beruflichen Schulen fortsetzen. Die Zugänge an Realschulen, GMS und beruflichen Schulen werden anhand deren aktuellen Gewichtung verteilt. Das bedeutet, dass rund 63 % der Schülerinnen und Schüler, die bisher auf die 10te Klasse der Werkrealschule gewechselt wären, auf Realschulen übergehen.

Sondereffekt Wiedereinführung G9

Nach aktuell geplanten Schulrechtsreformen soll das G8 flächendeckend durch G9 ersetzt werden. Kommt die Reform wie geplant, hat dies zur Folge, dass letztmalig im Jahr 2031 Abgänger aus dem G8 zu erwarten sind. Da der nächste Jahrgang im G9 ein Jahr länger zur Schule geht, wird die Zahl der Schulabgänger mit Hochschulreife im Jahr 2032 deutlich niedriger ausfallen und die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Gymnasium zum Schuljahr 2032/33 ansteigen. Zum Anstieg der Schülerzahlen in den Gymnasien trägt auch bei, dass ab dem Schuljahr 2025/26 eine leicht erhöhte Übergangsquote unterstellt wurde. Dies geht zulasten der Realschulen.

Wiederholen einer Klassenstufe

Hinsichtlich des Wiederholens einer Klassenstufe werden schulart- und klassenstufenspezifische Wiederholerquoten berechnet. Zur Berechnung dieser Quoten wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer Klassenstufe, die im Vorjahr in derselben Klassenstufe waren, auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler dieser Klassenstufe im vorherigen Schuljahr bezogen. Überwiegend werden für die Wiederholerquoten Durchschnittswerte aus drei aktuellen Schuljahren verwendet.

Für die aktuelle Modellrechnung bedeutet dies, dass überwiegend die Durchschnittswerte der drei »Vor-Corona-Schuljahre« 2017/18 bis 2019/20 zur Quotenberechnung verwendet wurden.

Schulartexterne Zugänge

Zugänge aus anderen Schularten oder von außerhalb Baden-Württembergs werden durch schulart- und klassenstufenspezifische Zugangsquoten ermittelt. Für die Zugangsquote wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler einer Klassenstufe mit Herkunft aus einer anderen Schulart oder aus dem Ausland auf die Bevölkerungszahl des jeweils typischen Altersjahrgangs2 am 31.12. des Jahres bezogen. Überwiegend werden für die Zugangsquoten die Durchschnittswerte der drei »Vor-Corona-Schuljahre« 2017/18 bis 2019/20 verwendet.

Inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot

Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot können sowohl an SBBZ als auch allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden. Daher ist es notwendig, die Schülerinnen und Schüler abzuschätzen, die ihren Anspruch an allgemeinbildenden Schulen einlösen.

Das Kultusministerium beabsichtigt durch verschiedene Maßnahmen eine stärkere Verankerung der Inklusion an den allgemeinen Schulen zu erreichen. Daher wird für die Vorausberechnung eine Zielgröße von 11 000 inklusiv unterrichteten Schülerinnen und Schülern bis zum Schuljahr 2030/31 angenommen. Dementsprechend wird der Inklusionsanteil schrittweise bis 2030/31 angehoben. Die Anteile der einzelnen Schularten an der Zahl der inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler bleiben dabei auf dem Niveau des Schuljahres 2023/24.

Eintritt in Bildungsgänge an beruflichen Schulen

Grundannahmen

Zur Modellierung der Neueintritte in Bildungsgänge an beruflichen Schulen werden sogenannte »Als-ob-Übergangsquoten« verwendet. Das bedeutet, dass man die Zahl der Neueintritte in einen Bildungsgang an einer beruflichen Schule auf die Zahl der Schulabschlüsse im vorangegangenen Schuljahr bezieht und dabei den jeweils erworbenen allgemeinbildenden Schulabschluss berücksichtigt. Hierbei wird vernachlässigt, dass der Schulabschluss auch in einem früheren Schuljahr erworben worden sein kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Jugendlichen nacheinander mehrere berufliche Bildungsgänge besuchen. Somit sind es keine realen Übergangsquoten.3 Bei der Addition der Teilquoten für alle Neueintritte in Bezug auf einen bestimmten Schulabschluss kann die Gesamtsumme dadurch einen Wert von über 100 % annehmen. Für die »Als-ob-Übergangsquoten« werden grundsätzlich je nach Bildungsgang Durchschnittswerte der letzten Schuljahre oder die aktuellen Quoten des Schuljahrs 2023/24 verwendet.

Weiterentwicklung berufsvorbereitender Bildungsgänge

Verschiedene derzeit existierende ausbildungsvorbereitende Bildungsgänge werden mittelfristig unter dem Dach der Bildungsgänge »Berufsfachschule Ausbildungsvorbereitung dual« und »Berufsfachschule Ausbildungsvorbereitung« zusammengefasst. Hiervon sind u. a. das Berufseinstiegsjahr und die Regelform des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit/Beruf (VAB) betroffen. Im Rahmen der Vorausberechnung wird daher schrittweise bis zum Schuljahr 2025/26 die Zahl der Neueintritte in das VAB abgesenkt und dementsprechend die Zahl der Neueintritte an Berufsfachschulen erhöht.

Eintritt in Bildungsgänge an beruflichen Schulen

Die Zahlen der Schulabschlüsse werden auf Grundlage von abschluss- und klassenstufenspezifischen Abschlussquoten ermittelt. Hierfür wird die Zahl der Abgänge aus einer Klassenstufe mit einem bestimmten allgemeinbildenden Abschluss auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler in dieser Klassenstufe bezogen. Weit überwiegend werden für die Abschlussquoten Durchschnittswerte der letzten drei Schuljahre verwendet, vereinzelt die aktuellen Werte der im Jahr 2023 erworbenen Abschlüsse.