Organe und Institutionen in der Europäischen Union

Mit der Gründung der Europäischen Union (EU) haben die Mitglieder beschlossen, »eine immer engere Union der Völker Europas« zu schaffen. Dazu haben sie der EU weitreichende Zuständigkeiten übertragen. In zahlreichen Feldern, vom Umweltschutz bis zur Währungspolitik, von der Landwirtschaft bis zum Verbraucherschutz, werden die meisten Entscheidungen heute auf europäischer Ebene getroffen. Gleichzeitig ersetzen einheitliche EU-Vorschriften viele nationale Gesetze. Dies erleichtert das Leben der Bürger und Unternehmen.

Der Vertrag von Lissabon, der am 1.Dezember 2009 in Kraft getreten ist, stärkt die Handlungsfähigkeit der EU. So ermöglicht er mehr Mehrheitsentscheidungen unter den Mitgliedstaaten, statt einstimmiger Beschlüsse. Gleichzeitig wird Europa demokratischer, da das Europäische Parlament nun auf fast allen Gebieten gleichberechtigt mit den Mitgliedstaaten entscheidet.

Das Europäische Parlament
Die Stimme der Bürger
Das Europäische Parlament (EP) ist das einzige direkt gewählte Organ der Europäischen Union und damit das größte multinationale Parlament der Welt. Derzeit vertreten 705 (2019) Abgeordnete rund 447 Millionen Menschen aus 27 Mitgliedstaaten.(Stand Dezember 2019)
Die Abgeordneten werden alle fünf Jahre von den Bürgern der EU gewählt, das nächste Mal 2024. Da die Abgeordneten aus allen EU-Mitgliedstaaten kommen, ist die Sprachenvielfalt groß: Das EP arbeitet in 24 Amtssprachen. Der Sitz des EP ist in Straßburg, mit Arbeitsorten in Brüssel und Luxemburg.
Die Sitzverteilung im Europäischen Parlament
Das EP teilt sich die gesetzgebende Gewalt mit dem europäischen Rat. Sie haben seit dem Vertrag von Lissabon gleiche Rechte im Gesetzgebungsprozess. Damit wurde das EP gestärkt. Durch die direkte Wahl des EP wird die demokratische Legitimierung des europäischen Rechts gewährleistet. Das EP übt eine demokratische Kontrolle über alle Organe der EU und insbesondere über die europäische Kommission aus. Es stimmt der Benennung der Kommissionsmitglieder zu oder lehnt sie ab und kann einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Kommission einbringen.
Gemeinsam mit dem Rat verabschiedet das EP den Gesamthaushaltsplan und kann daher Einfluss auf die Ausgaben der EU nehmen. In letzter Instanz nimmt es den Gesamthaushalt an oder lehnt ihn ab.
Darüber hinaus muss das EP internationalen Verträgen der EU zustimmen und sein Einverständnis zum Beitritt eines neuen Mitgliedstaats geben. Die Debatten kann man live per »EuroparlTV« mitverfolgen.
www.europarl.europa.eu
Der Europäische Rat
Die Stimmen der politischen Führer
Im Europäischen Rat kommen seit 1974 die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU sowie der/die Präsident/-in der Europäischen Kommission zusammen. Er darf weder mit dem Europarat (der eine internationale Organisation ist), noch mit dem Rat der EU (der sich aus den Vertreter/-innen der 27 Mitgliedstaaten auf Ministerebene zusammensetzt) verwechselt werden.
Der Europäische Rat legt die Leitlinien der EU-Politik fest, wird aber nicht gesetzgeberisch tätig. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 ist er eines der sieben Organe der Europäischen Union geworden. Der Europäische Rat tritt mindestens zwei Mal pro Halbjahr zusammen; er wird von seinem Präsidenten einberufen.
www.consilium.europa.eu/de/european-council
Der Rat der Europäischen Union
Die Stimme der Mitgliedstaaten
Der Rat der Europäischen Union, auch »Ministerrat« genannt, ist das wichtigste Entscheidungsgremium der EU.
Wie das EP wurde der Rat der Europäischen Union in den 1950er-Jahren durch die Gründungsverträge eingesetzt. Er vertritt die Mitgliedstaaten. An seinen Tagungen nimmt je ein Minister aus den nationalen Regierungen der EU-Staaten teil. Alle im Rat vertretenen Minister sind befugt, für ihre Regierungen verbindlich zu handeln. Das bedeutet, dass die Unterschrift eines Ministers für die Unterschrift der gesamten Regierung steht. Außerdem sind die im Rat der Europäischen Union tagenden Minister ihrem nationalen Parlament sowie den von ihm vertretenen Bürgern gegenüber politisch verantwortlich. Dies gewährleistet die demokratische Legitimierung der Ratsbeschlüsse.
Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union wechselt alle sechs Monate.
www.consilium.europa.eu/de/council-eu/
Die Europäische Kommission
Im Interesse des Gemeinwohls
Die Kommission ist ein politisch unabhängiges Organ, das die Interessen der gesamten EU vertritt und wahrt. Innerhalb des institutionellen Systems der EU bildet sie die Antriebskraft. Die Kommission ist dem Parlament gegenüber politisch rechenschaftspflichtig. Das Parlament kann ihr das Misstrauen aussprechen und sie so zum Rücktritt zwingen. Die Kommission nimmt an allen Tagungen des Parlaments teil, auf denen sie ihre Politik erläutern und begründen muss. Außerdem antwortet sie regelmäßig auf schriftliche und mündliche Anfragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments.
Die laufende Arbeit der Kommission wird von ihren Verwaltungsmitarbeitern, Experten, Übersetzern, Dolmetschern und Sekretariatskräften ausgeführt. Es gibt ungefähr 25 000 solche europäische Beamte. Diese Zahl mag hoch klingen, ist aber tatsächlich niedriger als die Personalausstattung der meisten mittelgroßen Städte in Europa. Die Kommission unterhält wegen der zwangsläufigen Vielsprachigkeit der EU den größten Übersetzungs- und Dolmetscherdienst der Welt. Fast jeder zehnte Kommissionsmitarbeiter ist im Sprachendienst tätig.
Die Kommission hat ihren Sitz in Brüssel, aber sie verfügt auch über Büros in Luxemburg, Vertretungen in allen EU-Staaten und Delegationen in vielen Hauptstädten weltweit. Sie hat im Wesentlichen die Aufgabe, dem Parlament und dem Rat Vorschläge für neue Rechtsvorschriften zu machen, die EU-Politik umzusetzen und den Haushalt zu verwalten sowie (gemeinsam mit dem Gerichtshof) die Einhaltung des europäischen Rechts zu überwachen. Sie vertritt die EU auf internationaler Ebene, zum Beispiel durch Aushandeln von Übereinkommen zwischen der EU und anderen Ländern.
Die Europäische Kommission setzt sich aus 27 Kommissionsmitgliedern/Kommissaren zusammen. An der Spitze steht die Präsidentin, derzeit die Deutsche Ursula von der Leyen. Jeder Mitgliedsstaat stellt ein Mitglied der Kommission.
ec.europa.eu
Der Gerichtshof der Europäischen Union
Der Hüter des Rechts
Der Gerichtshof der EU in Luxemburg sorgt für die Einhaltung des EU-Rechts. Er überprüft die Rechtmäßigkeit des Handelns der EU-Institutionen. Außerdem wacht er darüber, dass die Mitgliedstaaten ihren EU-rechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Dazu kann er einem Mitgliedstaat im äußersten Fall Strafzahlungen auferlegen. Die Richter werden von den Mitgliedstaaten ernannt. Der Gerichtshof kann von den EU-Institutionen, den Mitgliedstaaten sowie von natürlichen und juristischen Personen angerufen werden, die von einer Handlung der EU unmittelbar und individuell betroffen sind.
curia.europa.eu
Die Europäische Zentralbank
Eine stabile Währung für Europa
Hauptaufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main ist es, die Preisstabilität in den 19 Ländern der Eurozone zu sichern. Dies erfolgt vor allem über die gemeinsame Geldpolitik, aber auch über die Steuerung des EZB-Systems. Der Präsident, der Vizepräsident und die Mitglieder des Direktoriums der EZB werden vom Europäischen Rat ernannt.
www.ecb.europa.eu/
Der Europäische Rechnungshof
Verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern
Der Europäische Rechnungshof prüft die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung und die Rechtmäßigkeit aller Einnahmen und Ausgaben der EU. Er überzeugt sich davon, dass die Mittel wirtschaftlich eingesetzt werden. Seine Mitglieder werden vom Europäischen Rat ernannt.
eca.europa.eu
Beratende Ausschüsse
Die beiden Ausschüsse - der Ausschuss der Regionen sowie der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss - üben in erster Linie eine beratende Rolle aus, indem sie zu Gesetzgebungsvorschlägen Stellung nehmen. Sie haben je bis zu 350 Mitglieder, die vom Rat auf Vorschlag der Mitgliedstaaten ernannt werden, die jedoch in ihrer Arbeit politisch völlig unabhängig sind.
Der Ausschuss der Regionen
Lokale Perspektiven
Für Baden-Württemberg besonders wichtig ist der Ausschuss der Regionen (AdR), der 1994 durch den Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von Maastricht) neu geschaffen wurde. Er ist ein beratendes Organ, das aus Vertretern der regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften Europas besteht. Er gewährleistet, dass sie ihren Standpunkt zur Politik der Europäischen Union einbringen können und dass regionale und lokale Identitäten und Vorrechte respektiert werden. Der AdR muss in Bereichen, die die kommunale und regionale Verwaltung betreffen – zum Beispiel Regionalpolitik, Umwelt, Bildung und Verkehr –, angehört werden.
Die Mitglieder des AdR sind gewählte Kommunal- oder Regionalpolitiker, die das gesamte Spektrum an Tätigkeiten auf lokaler und regionaler Ebene in der EU abdecken. Es handelt sich zum Beispiel um Präsidenten von Regionen, Abgeordnete von Regionalparlamenten, Stadträte oder Bürgermeister von Großstädten.
Mit dem Lissabon-Vertrag wird die Stellung der Regionen und Städte im politischen System der EU aufgewertet und die institutionelle Rolle des AdR im gesamten Legislativprozess gestärkt. Neben der Ausweitung der obligatorischen Konsultation des Ausschusses bei der Verabschiedung von EU-Rechtsvorschriften wird dem AdR nun auch in zwei spezifischen Fällen ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof eingeräumt: Erstens zur Wahrung seiner eigenen institutionellen Befugnisse und zweitens, um eine Nichtigkeitsklage gegen Rechtsakte zu erheben, die Politikbereiche betreffen, in denen der AdR laut EU-Vertrag angehört werden muss.
cor.europa.eu
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
Die Stimme der Zivilgesellschaft
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), der 1957 durch den Vertrag von Rom gegründet wurde, ist ein beratendes Organ, das Arbeitgeber, Gewerkschaften, Landwirte, Verbraucher und andere Interessensgruppen, die gemeinsam die »organisierte Zivilgesellschaft« bilden, vertritt. In politischen Gesprächen mit der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament legt der EWSA seinen Standpunkt dar und vertritt seine Interessen. Dadurch schlägt der EWSA eine Brücke zwischen der EU und ihren Bürgern und fördert so eine mitwirkungsfreudigere, integrationswilligere und somit demokratischere Gesellschaft in Europa. Der Ausschuss bildet einen untrennbaren Teil des Entscheidungsprozesses in der EU. Bevor Beschlüsse über die Wirtschafts- und Sozialpolitik gefasst werden, muss seine Stellungnahme eingeholt werden.
Außerdem kann er aus eigenem Antrieb zu anderen Themen Stellung beziehen, die ihm wichtig erscheinen.
eesc.europa.eu