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Wasserbedarf in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg benötigen Wirtschaft, Gewerbe und Bevölkerung jährlich rund 5,8 Milliarden Kubikmeter (Mrd. m³) Wasser. Die Wasservorkommen unterliegen aufgrund der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Wasser als Trinkwasser, Rohstoff, Kühlmittel, als Lösungs- und Transportmittel unterschiedlichsten, teilweise konkurrierenden Nutzungsansprüchen. Der Wasserbedarf stieg 2001 gegenüber 1998 um rund 40 Millionen Kubikmeter (Mill. m³) zwar leicht an, seit Ende der 80er-Jahre ist insgesamt aber eine Tendenz zur geringeren Inanspruchnahme der Wasservorkommen (um fast 15 %) und zur intensiveren Nutzung der entnommenen Wassermengen zu beobachten. Im Jahr 1991 lag der Wasserbedarf noch bei zusammen 6,9 Mrd. m³ Wasser. Die wichtigsten Nutzergruppen sind die öffentliche Wasserversorgung, die Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Energieversorgungsunternehmen und die Landwirtschaft. Die Wasserentnahmen und besonders die mit den Abwasserableitungen verbundenen Stoff- und Wärmeeinträge stellen einen erheblichen Eingriff in den natürlichen Wasserkreislauf dar.

Jährlicher Wasserbedarf: rund 5,8 Mrd. m³ …

Im Jahr 2001 wurden in Baden-Württemberg insgesamt rund 5,8 Mrd. m³ Grund-, Quell- und Oberflächenwasser zur Nutzung als Trink- und Brauchwasser, für Bewässerungs- oder Kühlzwecke bzw. als Produktionswasser dem Wasserkreislauf entnommen und nahezu vollständig als Wasser und Abwasser wieder zugeführt. Dabei stammen 89 % aus Oberflächengewässern und knapp 11 % sind der Herkunft nach Grund- und Quellwasser (Tabelle). Damit entspricht der jährliche Wasserbedarf rund 12 % der Wassermenge des Bodensees (Bodenseeinhalt: rund 50 Mrd. m³).

Die Anteile der verschiedenen Wirtschaftsbereiche sind entsprechend dem Verwendungszweck sehr unterschiedlich. Mit fast 4,6 Mrd. m³ Wasser entnehmen die Energieversorgungsunternehmen den weitaus größten Teil der Gesamtmenge (79 %). Dies ist auf den enormen Kühlwasserbedarf der Energiewirtschaft für den Kraftwerksbetrieb zurückzuführen. Von den Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung wurden 2001 fast 690 Mill. m³ Wasser entnommen – ein Anteil von 12 % an der Gesamtgewinnung. Neben dem Trinkwasserbedarf der privaten Haushalte und Kleinverbraucher, wozu auch das Kleingewerbe und private Dienstleister zählen, wird damit auch ein Teil des landwirtschaftlichen und industriellen Bedarfes abgedeckt. Annähernd 9 % der 2001 geförderten Wassermenge (510 Mill. m³) wurden durch Industrie- und Gewerbebetriebe für eigene Zwecke gewonnen.

Für den Bereich der Wassergewinnung in der Landwirtschaft liegen aktuell vorläufige Ergebnisse für das Jahr 2002 vor. Demnach wurden rund 9,4 Mill. m³ für den Einsatz zur Bewässerung gewonnen. Das würde bezogen auf das Jahr 2001 einen Anteil von lediglich 0,16 % bedeuten. Die Ursache für das verhältnismäßig geringe Aufkommen in diesem Bereich liegt offenbar in den im Jahr 2002 (wie auch 2001) vergleichsweise hohen Niederschlägen. Der Anteil der Wassergewinnung für die Bewässerung von Anbauflächen im Acker-, Garten- und Dauerkulturbau fällt regional jedoch sehr unterschiedlich aus und kann bis zu einem Fünftel der lokal gewonnenen Wassermenge betragen. Damit kann durchaus ein spürbarer Eingriff in den Wasserhaushalt verbunden sein.

Zusätzlich zur Eigengewinnung werden zur Deckung des Wasserbedarfes kleinere Mengen von Lieferanten in anderen Bundesländern und im Ausland bezogen. Auch die über Abwassersammeleinrichtungen mit erfassten und damit zunächst dem Naturhaushalt entzogenen Fremd- und Niederschlagswassermengen (mit einem Anteil von rund 16 %) stellen neben der Gewinnung von Grund-, Quell- und Oberflächenwasser de facto eine Wasserentnahme aus der Natur dar.1

Insgesamt nahm die Inanspruchnahme der Wasservorkommen im Land im Vergleich zu 1998 wieder leicht um 0,9 % zu. Zwischen 1995 und 1998 hatte die Gewinnung von Wasser dagegen um gut ein Fünftel abgenommen. Sowohl die Wassergewinnung für die öffentliche Trinkwasserversorgung als auch die von Industrie und Energieversorgung lag 1998 unter der des Jahres 1995. Der gravierendste Rückgang (um 23 %) erfolgte 1998 bei der Eigengewinnung der Energieversorgungsunternehmen, was bei verschiedenen Energieerzeugern offenbar auf Maßnahmen zur Wassereinsparung zurückzuführen war. Diese wurden durch die Erhöhung des Entnahmeentgeltes (Wasserpfennig) für Kühlzwecke zum Beginn des Jahres 1998 ausgelöst.

… hauptsächlich für Kühlzwecke bei der Stromerzeugung

Der jüngste leichte Anstieg der Wassergewinnung im Jahr 2001 geht ebenfalls auf den Bereich der Energieversorgung zurück. Aufgrund des großen Anteils des Kühlwasserbedarfes bei der Stromerzeugung am gesamten Wasserbedarf in Baden-Württemberg (Schaubild 1) haben im Einzelfall auftretende Veränderungen Auswirkungen auf den Gesamtbedarf. Einbezogen sind dabei die baden-württembergischen Wärmekraftwerke (einschließlich Kernkraft-, Heizkraft- sowie Dampfkraftwerke), die aus fossilen Energieträgern und Kernenergie Elektrizität für die öffentliche Versorgung erzeugen und in das öffentliche Netz einspeisen. Die Energieversorger nutzen zu 99 % Wasser aus Oberflächengewässern fast ausschließlich zu Kühlzwecken (zu 99 %). Diese Nutzung erfolgt fast vollständig als Einfachnutzung, das heißt, das Wasser wird keiner weiteren oder erneuten Nutzung zugeführt.

Die Bruttostromerzeugung in Baden-Württemberg betrug 2001 insgesamt 69 Mrd. Kilowattstunden (kWh), wobei fossile Energieträger und Kernenergie momentan 89 % der Bruttostromerzeugung ausmachen. Im Vergleich zu 1998 stieg die Bruttostromerzeugung um 0,7 %, bei leicht rückläufiger Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern und Kernenergie. Dass im Jahr 2001 dennoch in den öffentlichen Wärmekraftwerken 1,5 % mehr Wasser zur Stromerzeugung eingesetzt wurden, hängt mit den vergleichsweise günstigeren Witterungsverhältnissen zusammen. Im Durchschnitt waren das 75 m³ Frischwasser je Megawattstunde (MWh; 1 MWh = 1 000 kWh).

Längerfristig ist diese Entwicklung insgesamt auf die intensivere Nutzung des eingesetzten Wassers zurückzuführen (Rückgang der Durchlaufkühlung, verstärkte Kreislaufnutzung). Seit 1991 stieg die Bruttostromerzeugung aus den betrachteten Energieträgern um rund 7 %, die in den baden-württembergischen Wärmekraftwerken dafür verwendete Wassermenge wurde in diesen 10 Jahren dagegen um 15 % verringert.

Industrieller Wasserbedarf um weitere 2 % gesenkt

Der Wasserbedarf der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes, des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden (Industrie) ging zwischen 1998 und 2001 erneut um 9,5 Mill. m³ auf 537 Mill. m³ zurück (ein Minus von 2 %).

Zu 95 % wird der Wasserbedarf durch Eigengewinnung gedeckt. Zwei Drittel des durch Industriebetriebe selbst gewonnenen Wassers stammen aus Oberflächengewässern. Die Eigengewinnung setzt sich wie folgt zusammen:

Oberflächenwasser349 Mill. M³
Uferfiltrat und angereichertes Grundwasser39 Mill. M³

Einen kleineren Teil des benötigten Wassers (41,7 Mill. m³) bezieht die Industrie von anderen Lieferanten und aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgung (Fremdbezug).

Seit Ende der 70er-Jahre weist der Wasserbedarf der Industrie trotz des zunächst bis 1991 anhaltenden Wirtschaftswachstums eine rückläufige Tendenz auf. Dieser fortgesetzte Rückgang lässt sich auch auf anhaltende Bemühungen der Betriebe und Unternehmen zur Wassereinsparung zurückführen. Dazu gehören beispielsweise die Einführung von Technologien mit sehr geringem Wasserverbrauch verbunden mit zunehmender Mehrfach- und Kreislaufnutzung. In Teilbereichen wie dem Maschinenbau ging der Wasserbedarf hauptsächlich durch die Ausgliederung der kühlwasserintensiven betriebseigenen Stromerzeugung zurück. Anfang der 90er-Jahre war zudem die rückläufige bzw. anhaltend schwache konjunkturelle Entwicklung für die Abnahme maßgeblich. Diese war unter anderem durch gravierende Produktionsrückgänge und Produktionsumstellungen gekennzeichnet. Im gesamten Zeitraum zwischen 1991 und 2001 führten diese Faktoren zur Reduzierung des industriellen Wasserbedarfes um mehr als ein Viertel. Vor allem in den folgenden Branchen wurde der Wasserbedarf deutlich verringert:

Chemische Industrie −54,5 Mill. m³
Papiergewerbe −49,2 Mill. m³
Metallerzeugung −15,0 Mill. m³
Verarbeitung von Steinenu und Erden−13,9 Mill. m³
Maschinenbau −12,5 Mill. m³

Im Textilgewerbe liegt dies auch an der Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland. Bei der Verarbeitung von Steinen und Erden war ebenfalls ein erheblicher Produktionsrückgang zu verzeichnen.

Während im Vergleich zu 1998 in fast allen Branchen der Wassereinsatz 2001 trotz Produktionswachstum zurückging, wurde im Ernährungsgewerbe und in der Chemischen Industrie mehr Wasser benötigt (Schaubild 2). Der stärkste Rückgang in diesem Zeitraum war im Papiergewerbe und im Bereich Mineralölverarbeitung zu beobachten, zusammen zwei Drittel des Gesamtrückgangs.

Setzt man die erzielte Gesamtnutzung2 in Beziehung zur tatsächlich eingesetzten Wassermenge, so ergibt das einen Gesamtnutzungsfaktor als Maß für die Nutzungsintensität. Im Jahr 2001 wurde eine Gesamtnutzung von 3,0 Mrd. m³ bei Einsatz von »nur« 0,54 Mrd. m³ Frischwasser ermittelt – Tendenz steigend, denn der Gesamtnutzungsfaktor stieg in der Industrie zwischen 1991 und 2001 von 4,5 auf 5,6.

Der dritte bedeutsame Bereich der Nutzung der Wasservorkommen ist mit einem Anteil von rund 12 % an der Gesamtgewinnung die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung. Die Wassergewinnung lag in diesem Bereich 2001 um 4,7 Mill. m³ unter der des Jahres 1998 (ein Minus von 0,7 %). Damit setzte sich der seit 1991 rückläufige Trend der Inanspruchnahme der Trinkwasservorkommen für die öffentliche Wasserversorgung im Land fort. Insgesamt betrug die Abnahme im zurückliegenden Jahrzehnt 69 Mill. m³ (- 9 %). Die öffentliche Wasserversorgung soll an dieser Stelle nicht näher betrachtet werden, da dies bereits in einem gesonderten Beitrag geschehen ist.3

Der heiße und trockene Sommer 2003 hat zuletzt deutlich gezeigt, wie notwendig der Schutz der Ressource Wasser und ihre nachhaltige Nutzung sind. Der anhaltende Rückgang der Inanspruchnahme der Wasservorkommen in den letzten 10 Jahren ist in erster Linie das Ergebnis fortgesetzter Anstrengungen zur Wassereinsparung und zum schonenden Umgang mit Wasser in allen Bereichen: in den Betrieben und Unternehmen von Gewerbe, Industrie und Energieversorgung sowie in den privaten Haushalten.

1 Umweltökonomische Gesamtrechnungen in Baden-Württemberg, Statistische Daten, Heft 6/2003.

2 Die Wassermenge, die erforderlich wäre, wenn für die einzelnen Nutzungen jeweils Frischwasser eingesetzt würde.

3 Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg, Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 6/2003.