:: 5/2004

In Baden-Württemberg 30 Mrd. für die Gesundheit

Die Ausgaben für gesundheitsbezogene Güter und Dienstleistungen erreichten in Baden-Württemberg im Jahr 2002 einen Umfang von rund 30 Mrd. Euro. Hinzu kommen Einkommensleistungen an die privaten Haushalte in Höhe von 10 Mrd. Euro, sodass die Gesamtsumme der Ausgaben, die mit Gesundheit in Zusammenhang stehen, rund 40 Mrd. Euro betrug. Gegenüber 1990 bedeutet dies eine Zunahme um knapp 70 %.

Schwächeres Ausgabenwachstum seit Ende der 90er-Jahre

Die Summe aus Gesundheitsausgaben und Einkommensleistungen in Baden-Württemberg belief sich im Jahr 2002 auf 40 Mrd. Euro. Mit knapp 30 Mrd. Euro entfielen drei Viertel dieser Summe auf Gesundheitsausgaben, das restliche Viertel waren Einkommensleistungen (Schaubild 1).

Sowohl die Gesundheitsausgaben als auch die Einkommensleistungen sind in den 90er-Jahren stark gestiegen. Das für 2002 geschätzte Gesamtvolumen der Ausgaben liegt um knapp 70 % über dem Niveau von 1990, was einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung um fast 5 % entspricht. Vor allem in der ersten Hälfte der 90er-Jahre ist es zu kräftigen Zunahmen gekommen. Zwischen 1990 und 1995 legten die Einkommensleistungen im Jahresdurchschnitt um gut 5 % und die Gesundheitsausgaben sogar um über 7 % zu. Dagegen wuchsen beide Größen im Zeitraum von 1995 bis 2002 mit einer durchschnittlichen jährlichen Veränderungsrate von rund 3 % deutlich langsamer.

Da das gesamte nominale Bruttoinlandsprodukt zwischen 1995 und 2002 ebenfalls mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von knapp 3 % gestiegen ist, hat sich der Anteil der Gesundheitsausgaben und der Einkommensleistungen an der Wirtschaftsleistung in Baden-Württemberg seit 1995 kaum verändert. Er beträgt für die Gesundheitsausgaben knapp 10 % und für die Einkommensleistungen gut 3 %. Gegenüber den frühen 90er-Jahren stellt dies in beiden Fällen jedoch eine deutliche Zunahme dar. Im Jahr 1990 lag der Anteil der Gesundheitsausgaben am nominalen Bruttoinlandsprodukt erst bei 8 % und der Anteil der Einkommensleistungen bei gut 2 %.

Überdurchschnittlich hohe Einkommensleistungen

Mit dem schwächeren Wachstum der baden-württembergischen Gesundheitsausgaben in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre näherte sich ihre Entwicklung dem bundesdeutschen Trend. Im Bundesgebiet stiegen die Gesundheitsausgaben in diesem Zeitraum ebenfalls um durchschnittlich knapp 3 % pro Jahr.

Die Einkommensleistungen legten dagegen in Baden-Württemberg nicht nur zu Beginn der 90er-Jahre, sondern auch noch zwischen 1995 und 2002 deutlich stärker zu als im Bund. Der Grund für diese Entwicklung dürfte in erster Linie in der besseren Verdienstentwicklung im Land zu suchen sein, und so überrascht es nicht, dass der Anteil Baden-Württembergs an den bundesweiten Einkommensleistungen überdurchschnittlich hoch ausfällt. Er liegt mit knapp 15 % deutlich über dem baden-württembergischen Anteil an den deutschen Gesundheitsausgaben in Höhe von 13 %.

Bei den Einkommensleistungen stimmt der Wert weit gehend mit dem Anteil Baden-Württembergs am bundesdeutschen Bruttoinlandsprodukt überein. Das überdurchschnittliche Niveau der Einkommensleistungen dürfte also in erster Linie auf die vergleichsweise hohe Wirtschaftskraft im Land zurückzuführen sein. Dagegen entspricht der Anteil bei den Gesundheitsausgaben dem Bevölkerungsanteil Baden-Württembergs und gibt damit die Bedeutung von demografischen Faktoren für Umfang und Entwicklung der Gesundheitsausgaben wieder.

Erhebliche wirtschaftliche Bedeutung des Gesundheitssektors

Der Anteil der Gesundheitsausgaben am nominalen Bruttoinlandsprodukt wird häufig als Indikator für den Umfang der Gesundheitsversorgung herangezogen. Je höher dieser Wert – so wird argumentiert –, desto höher das Niveau der Gesundheitsversorgung.

Mit knapp 10 % lag der baden-württembergische Wert 2002 leicht unter dem Bundesdurchschnitt in Höhe von 11 %. Dieser Unterschied dürfte aber weniger auf ein niedrigeres Niveau der Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg zurückzuführen sein. Vielmehr ist der Grund für diese geringfügige Unterschreitung des Bundeswertes in der überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Leistungskraft im Land zu suchen.

Im internationalen Vergleich sind die Unterschiede bei dieser Kennzahl größer. Baden-Württemberg liegt hier lediglich im Mittelfeld (Schaubild 2). Vor allem in den USA ist der Anteil der Gesundheitsausgaben am nominalen Bruttoinlandsprodukt sehr viel höher als hier zu Lande. Im Jahr 2001 erreichte er einen Wert von 14 %. Aber auch im internationalen Vergleich lassen sich aus derartigen Maßzahlen nur bedingt Rückschlüsse auf Unterschiede in der individuellen Gesundheitsversorgung ziehen. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am nominalen Bruttoinlandsprodukt sollte vielmehr als Indikator für das Gewicht des Gesundheitssektors in der jeweiligen Volkswirtschaft gedeutet werden. Schließlich lassen sich die Gesundheitsausgaben nicht nur als Maß für die Nutzung, sondern auch als Maß für die Produktion von gesundheitsbezogenen Gütern und Dienstleistungen in einer Wirtschaft interpretieren. Der vergleichsweise hohe Anteil der Gesundheitsausgaben am nominalen Bruttoinlandsprodukt in den USA weist also in erster Linie auf ein sehr starkes wirtschaftliches Gewicht des dortigen Gesundheitssektors hin. Zwar ist das Gewicht des Gesundheitsbereichs in Baden-Württemberg deutlich geringer, aber auch hier zu Lande zählt er zu den bedeutenden Wirtschaftsbranchen.

Rund 546 000 Beschäftigte im Gesundheitsbereich

Geht man davon aus, dass sich die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitsbereich in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000 ähnlich wie im Bund entwickelt hat, dann ergibt sich für das Jahr 2002 eine Beschäftigtenzahl von gut 546 000 Personen. Das entspricht einer Zunahme von 2 %. Der Anteil des Gesundheitsbereichs an der gesamten Erwerbstätigenzahl in Baden-Württemberg beläuft sich damit auf 10 % und liegt etwas unter dem Wert für Deutschland von gut 11 %. Dieses Ergebnis bestätigt die anhand der Gesundheitsausgaben getroffene Feststellung, dass der Gesundheitssektor im wirtschaftlichen Gefüge Baden-Württembergs einen etwas geringeren Raum einnimmt als im Bund.

Die meisten Beschäftigten sind in den Einrichtungen der ambulanten Gesundheitsversorgung oder der stationären Gesundheitsversorgung tätig. Der Anteil dieser beiden Einrichtungsarten an der Gesamtzahl der Beschäftigten erreicht rund 80 %. Darin gleichen sich die baden-württembergische und die bundesweite Beschäftigungsstruktur. Sehr viel bedeutender als im Bund ist in Baden-Württemberg allerdings die Vorleistungsgüterindustrie. Dieser Bereich umfasst die pharmazeutische, medizintechnische und augenoptische Industrie sowie medizinische Laboratorien und den medizinischen Großhandel. In der gesamten Vorleistungsgüterindustrie sind in Baden-Württemberg über ein Zehntel der Beschäftigten im Gesundheitsbereich tätig, während die entsprechende Quote für Deutschland lediglich 7 % erreicht. Die übrigen Beschäftigten sind im Gesundheitsschutz – das sind vor allem die öffentlichen Gesundheitsdienste –, in den Rettungsdiensten und in der Verwaltung der Versicherer und Leistungserbringer tätig.

Gesundheitsbereich mit Wachstumspotenzial

In den vergangenen Jahren hat sich die Beschäftigung im Gesundheitsbereich sowohl in Baden-Württemberg als auch im Bund sehr schwach entwickelt. In einigen Bereichen ist es sogar zu einem Stellenabbau aufgrund von Sparmaßnahmen gekommen, in anderen Bereichen konnte ein Stellenaufbau aufgrund des Mangels an geeigneten Fachkräften nicht realisiert werden. Trotzdem steckt im Gesundheitsbereich ein großes Wachstums- und Beschäftigungspotenzial. Man denke nur an den Pflegebereich, der nicht zuletzt aus demografischen Gründen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stark wachsen wird. Unabdingbare Voraussetzung für die Realisierung eines stabilen Wachstums ist jedoch, dass die Finanzierung der Gesundheitsgüter und -dienstleistungen auf eine sichere Basis gestellt wird und dass die Finanzmittel effizienter eingesetzt werden. Das erfordert tiefgreifende Reformen sowohl auf der Finanzierungsseite als auch auf der Leistungsseite. Beides steckt noch in den Anfängen.

Im Jahr 2002 hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg erstmals umfassende Daten zu den Gesundheitsausgaben und den Beschäftigten im Gesundheitsbereich in Baden-Württemberg vorgelegt. Der Berichtszeitraum umfasste die 90er-Jahre. Nachdem das Statistische Bundesamt im Februar 2004 entsprechende Daten bis zum Jahr 2002 für das gesamte Bundesgebiet präsentiert hatte, erfolgte eine Fortschreibung der baden-württembergischen Zahlen auf der Grundlage des Bundestrends.

Gesundheitsausgaben werden unter anderem für ärztliche Leistungen, Medikamente oder Verwaltungsleistungen getätigt. Kennzeichnend ist, dass sie direkt in den Gesundheitsbereich fließen. Dagegen werden Einkommensleistungen an die privaten Haushalte gezahlt. Sie dienen der Sicherung des Lebensunterhalts der von Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit Betroffenen und werden unter anderem von den Arbeitgebern und den Rentenversicherern aufgebracht.