:: 6/2004

Tourismus 2003 weiter auf Talfahrt

Die seit Herbst 2001 rückläufige Tendenz im baden-württembergischen Übernachtungstourismus konnte auch 2003 nicht gestoppt werden. Der Rückgang der Übernachtungszahlen nahm zwar auf –2,2 % leicht ab, dies ist aber insbesondere der günstigen Entwicklung beim Reiseverkehrscamping zu verdanken, das erstmals voll in die Darstellung integriert wurde. Im bundesweiten Vergleich verlor Baden-Württemberg 2003 sogar deutlich an Boden, denn in Deutschland konnte trotz der unsicheren Konjunkturlage zumindest das Vorjahresergebnis wieder erreicht werden. Das ungünstige Landesergebnis lässt sich dabei eindeutig auf die Zurückhaltung deutscher Gäste zurückführen, während Baden-Württemberg bei den ausländischen Touristen mit einem deutlichen Plus sogar ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielen konnte.

Witterungsbedingter Boom beim Camping

Bisher wurden die Ergebnisse der Beherbergungsstatistik – erfasst werden hier alle Betriebe mit mehr als acht Schlafgelegenheiten – üblicherweise mit deutlichem Schwerpunkt auf die festen Unterkünfte (Beherbergungsstätten) präsentiert. Nach bundesweiter Vereinbarung soll dies ab 2004 insofern verändert werden, als künftig der Nachweis für alle erfassten Beherbergungsbetriebe einschließlich Reiseverkehrscamping1 erfolgen soll.

Dieser Beitrag orientiert sich im Vorgriff auf die künftige Regelung bereits an dieser erweiterten Darstellung. Wie aus dem Schaubild 1 erkennbar wird, hat das gerade für das Jahr 2003 nicht unerhebliche Rückwirkungen auf das Gesamtergebnis. Aufgrund der ungewöhnlich guten Witterung im letzten Sommer verzeichnete nämlich speziell das Camping einen ausgesprochenen Boom, und zwar sowohl bundesweit als auch in Baden-Württemberg. In der Darstellung nach Betriebsarten wird das Camping der Parahotellerie zugeordnet, zu der zum Beispiel auch Ferienwohnungen, Jugendherbergen oder Erholungsheime gezählt werden. In der früheren Abgrenzung hätte sich hier 2003 ein Rückgang der Übernachtungen ergeben. Durch die Einbeziehung des Camping wird der Wert jedoch positiv. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch im Land, wobei die Entwicklung in Baden-Württemberg jeweils etwas ungünstiger war. Auch in der Gesamtdarstellung aller Betriebsarten2 verbessern sich die Veränderungsraten der Übernachtungen durch die Einbeziehung des Campings um jeweils 0,7 Prozentpunkte.

Unterdurchschnittliche Entwicklung in Baden-Württemberg

Generell lässt sich festhalten, dass sich die Abstufung zwischen den Betriebskategorien in Bund und Land 2003 entsprachen, Baden-Württemberg aber im Vergleich zur Bundesentwicklung jeweils ungünstiger abschnitt. Während sich die Hotellerie als Kernbereich des Tourismus noch leicht überdurchschnittlich entwickelte, musste vor allem der Kurbereich deutliche Rückgänge hinnehmen. Damit scheint sich die alte Erfahrung erneut zu bestätigen, nach der in Zeiten konjunktureller Unsicherheit – etwa wegen der Angst um einen Verlust des Arbeitsplatzes – im Zweifelsfall auf Kuren verzichtet wird oder diese zumindest aufgeschoben werden. Der Rückgang bei den Vorsorge- und Reha-Kliniken schlägt dabei in Baden-Württemberg besonders zu Buche, weil diese Betriebskategorie im Land mit einem Übernachtungsanteil von 19,3 % im Jahr 2003 ein deutlich höheres Gewicht aufwies als im Bundesgebiet (13,5 %).

Die unterdurchschnittliche Landesentwicklung geht dabei eindeutig auf die deutschen Gäste zurück, deren Übernachtungen sogar um 3,2 % abnahmen. Bei den Auslandsgästen verzeichnete Baden-Württemberg dagegen einen im Bundesvergleich sogar noch überdurchschnittlichen Übernachtungszuwachs von 3,6 %. Da aber 2003 trotz dieser Verschiebungen das Übernachtungsaufkommen immer noch zu 85,4 % von den Inlandsgästen dominiert wurde, hatte das auf das Gesamtergebnis nur dämpfenden Einfluss.

Mecklenburg-Vorpommern bereits auf Rang fünf

In der Betrachtung nach Bundesländern setzten sich 2003 einige bereits seit längerem zu beobachtende Trends weiter fort. So entwickelten sich die Übernachtungen in den östlichen Bundesländern mit einem Zuwachs um 3,7 % erneut deutlich überdurchschnittlich, wobei einmal mehr Mecklenburg-Vorpommern mit +6 % an der Spitze stand. In Westdeutschland musste dagegen auch der nördliche Teil einen leichten Übernachtungsrückgang um 0,4 % hinnehmen. Er schnitt damit aber immer noch günstiger ab als die südlichen Bundesländer mit einem Rückgang um 1,5 %. Dabei verzeichnete nur noch Hessen stärkere Rückgänge als Baden-Württemberg. Insgesamt haben also vor allem bei den weiterhin deutlich dominierenden deutschen Gästen vor allem die Südländer erneut Boden zulasten der östlichen Länder verloren.

Wie aus Schaubild 2 erkennbar wird, beeinflusst die Einbeziehung des Campings in die Gesamtergebnisse die Rangfolge der Länder angesichts seines doch begrenzten Volumens nicht erheblich. Da es sich jedoch deutlich auf die Meeresanrainer sowie die wasser- und bergreicheren Binnenländer konzentriert, führt es doch zu Nuancierungen. Insbesondere hat Mecklenburg-Vorpommern nicht zuletzt auch dank seiner immerhin 3,8 Mill. Campingübernachtungen im Jahr 2003 erstmals Hessen überflügelt und findet sich damit bereits auf Rang 5 unter den Bundesländern. Baden-Württemberg rangiert hinter dem weiterhin unangefochtenen Spitzenreiter Bayern auf dem schon angestammten Rang 2. Allerdings stellt sich der Abstand zum drittplatzierten Nordrhein-Westfalen nach der Einbeziehung des Campings etwas komfortabler dar, weil sich die über 2,8 Mill. Übernachtungen auf Campingplätzen von den 1,1 Mill. an Rhein und Ruhr doch gravierend abheben.

Niederländer wichtigste Auslandsgäste

Durch die Einbeziehung des Camping ändert sich die Gewichtung nach Herkunftsländern der Gäste gegenüber der Betrachtung ausschließlich der festen Unterkünfte zum Teil deutlich, und zwar sowohl bundesweit als auch in Baden-Württemberg (Schaubild 3). Dies liegt zum einen daran, dass Auslandsgäste beim Camping eine vergleichsweise stärkere Bedeutung haben, und zwar vor allem im Land. Hier gingen 2003 immerhin 21,7 % der Campingübernachtungen auf das Konto internationaler Touristen, die in Beherbergungsstätten nur 14 % aller Übernachtungen buchten. Zum anderen sind vor allem unter den Niederländern ausgesprochene Campingfreunde besonders häufig anzutreffen. So gingen 2003 in Baden-Württemberg allein 54,9 % und bundesweit sogar 64,1 % aller Ausländerübernachtungen auf Campingplätzen auf Holländer zurück. Dadurch werden die Niederländer, die in den festen Unterkünften erst deutlich hinter den Schweizern und knapp hinter den US-Amerikanern rangieren, in der Gesamtbetrachtung zur wichtigsten ausländischen Kundengruppe des heimischen Übernachtungsgewerbes. Bei allen anderen europäischen Herkunftsländern stellen die Camper dagegen gemessen an der Übernachtungszahl eher eine Randgruppe dar. Bei den Gästen aus dem außereuropäischen Ausland spielt das Camping sogar nahezu keine Rolle.

Entwicklung innerhalb Baden-Württembergs uneinheitlich

In der Gliederung nach Gemeindekategorien in Baden-Württemberg erhöhten sich die Übernachtungen 2003 allein in Erholungsorten leicht um 0,5 %, und zwar vor allem dank des Camping, das in diesen Gemeinden eine relativ starke Rolle spielt. Auf der anderen Seite beklagten vor allem die Luftkurorte (- 5,6 %) sowie die stark vom Kurwesen geprägten Mineral- und Moorbäder (- 5 %) die stärksten Rückgänge. Auch die nicht prädikatisierten Gemeinden, zu denen insbesondere die größeren Städte zählen, fanden sich mit 1,1 % im Minus. Im Bundesvergleich schnitten alle Gemeindekategorien des Landes ungünstiger ab. Allerdings spielt für das Landesergebnis auch eine Rolle, dass hier die in den Küstenländern anzutreffende Kategorie der Seebäder gar nicht existiert. Dort war nämlich die Übernachtungsentwicklung deutlich positiv, was sicherlich nicht zuletzt auch durch den heißen Sommer zu erklären ist.

Bei den Reisegebieten zeigte sich ähnlich wie bei den Betriebsarten eine relativ breite Spanne der Entwicklung. Auf der einen Seite konnten das Taubertal mit +3,1 % und der Bodensee mit +2,9 % sogar recht deutlich zulegen. Auch das Reisegebiet Neckar-Hohenlohe-Schwäbischer Wald verbuchte mit +0,7 % noch einen leichten Zuwachs. Andererseits standen dem auch stärkere Rückgänge gegenüber (Neckartal-Odenwald-Madonnenländchen – 6,8 %, Weinland zwischen Rhein und Neckar – 4,9 %). Der Schwarzwald als weiterhin bedeutendstes Reiseziel des Landes schnitt mit einem Übernachtungsrückgang um 3,2 % erneut etwas ungünstiger ab als das gesamte Land, wobei sich die drei Teilbereiche in einer vergleichsweise engen Spanne von – 2,8 % (Nördlicher Schwarzwald) bis – 3,4 % (Südlicher Schwarzwald) bewegten. Zwar stellt vor allem der südliche Teil innerhalb des Landes einen deutlichen regionalen Schwerpunkt des Campingtourismus dar, gerade hier aber blieben die Zuwächse beim Camping deutlich hinter der Landesentwicklung zurück.

1 Nicht enthalten ist das Dauercamping, das wirtschaftszweigsystematisch wie Zweitwohnungen behandelt wird. Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen der Begriff Camping im Sinne von Reiseverkehrscamping verwendet.

2 Terminologisch wird unterschieden zwischen Beherbergungsstätten (festen Unterkünften) und Beherbergungsbetrieben, die auch das Camping einschließen.