:: 6/2004

Straßenverkehr und Klimagasemissionen

Ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie auf europäischer, Bundes- und Landesebene ist die umweltverträgliche Gestaltung von Mobilität. Zentrale Ziele dabei sind die generelle Abkoppelung der Verkehrsleistungen im Güter- und Personenverkehr von der Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung sowie die Verlagerung von Verkehrsleistung auf möglichst umweltschonende Verkehrsmittel. Hauptaugenmerk kommt dabei der Entwicklung des Straßenverkehrs zu, dessen Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten kräftig angestiegen ist.

Der Straßenverkehr wurde dadurch zur bestimmenden Größe für die verkehrsbedingten Umweltbelastungen. Sowohl der Güter- als auch der Personenverkehr auf der Straße, bei letzterem vor allem der Individualverkehr, haben in den 80er- und 90er-Jahren dramatisch zugenommen. Eindrucksvoll belegen dies die Entwicklung der Fahrzeugbestände und die Zunahme der Verkehrsleistungen. Von besonderer Bedeutung im Hinblick auf den resultierenden Energieverbrauch und die Abgasemissionen sind die großen Steigerungen der Jahresfahrleistungen.

54 % mehr Kraftfahrzeuge

Der Bestand an überwiegend im Straßenverkehr genutzten Kraftfahrzeugen im Land ist seit 1985 um 56 % auf 7,32 Millionen Fahrzeuge im Jahr 2003 angewachsen. Die Zunahme fiel bei den einzelnen Fahrzeuggruppen sehr unterschiedlich aus. Bestimmend für die Gesamtentwicklung ist der Pkw-Bestand, der sich um gut 50 % auf nahezu 6,1 Millionen Fahrzeuge erhöhte. Die Zahl der Krafträder (544 000) hat im selben Zeitraum sogar um 326 % zugenommen. Auch die leichten Lkw bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht haben sich mehr als verdoppelt (206 000). Hingegen hat sich der Bestand der schweren Lkw einschließlich Busse mit über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht im Land nur vergleichsweise geringfügig erhöht (Tabelle).

Die Bedeutung des Straßenverkehrs für die Mobilität wird eindrucksvoll belegt durch den Anteil des Straßenverkehrs an den gesamten Verkehrsleistungen.1 Er liegt beim Personenverkehr bezogen auf Deutschland bei fast 80 % der in Personenkilometer ausgedrückten Gesamtleistung. Nur die verbleibenden gut 20 % werden durch öffentliche Nahverkehrsmittel, die Eisenbahn und Flugzeuge abgedeckt. Bei der Güterbeförderung liegt der Anteil des Straßenverkehrs deutschlandweit bei rund 70 % der gesamten Güterverkehrsleistung in Tonnenkilometern. In Baden-Württemberg liegt dieser Anteil sogar bei über 75 %. Im Jahr 1990 waren es erst gut 70 %. Der Anteil der Güterverkehrsleistung auf den Straßen Baden-Württembergs am gesamten Bundesgebiet liegt bei 13,2 %. In den Jahren von 1990 bis 2002 hat die Verkehrsleistung im Straßengüterverkehr im Land um rund 32 % zugenommen. Deutschlandweit fiel der Zuwachs, auch bedingt durch die Wiedervereinigung, noch stärker aus (+44 % gegenüber 1991).

Jährlich fast 7 400 Pkw-Kilometer pro Einwohner

Die insgesamt auf baden-württembergischen Straßen außer- und innerorts erbrachten Jahresfahrleistungen2 sind seit 1985 um über 50 % angestiegen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung sind die Steigerungen bei den Pkw von 52,7 auf 79,1 Milliarden Kilometer (+50 %). Die jährlichen Pkw-Fahrleistungen im Land stiegen im betrachteten Zeitraum mehr als dreimal so stark wie die Einwohnerzahl. Dadurch hat sich die Pkw-Jahresfahrleistung pro Einwohner von 5 680 Kilometern im Jahr 1985 auf 7 370 Kilometer im Jahr 2003 um 30 % erhöht. Dagegen blieb die Fahrleistung je zugelassenen Pkw bei rund 13 000 Kilometern pro Pkw nahezu konstant.

Auch bei den Lkw sind deutliche Steigerungen der Jahresfahrleistungen festzustellen (siehe Schaubild 1). Im Hinblick auf die Verkehrsbelastung und die Umweltauswirkungen besonders gravierend ist die Zunahme bei schweren Lkw mit über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, deren Jahresfahrleistungen insgesamt gegenüber 1985 um 46 % zugenommen haben. Dabei hat sich der Lkw-Verkehr auf den Autobahnen fast verdoppelt. Besonders auffällig ist die Steigerung (plus 63 %) bei den leichten Lkw bis 3,5 t von 1,7 auf 2,8 Mrd. Kilometer Jahresfahrleistung.

Starke Zunahme der Fahrleistung von Sattelfahrzeugen

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) haben sich die Fahrleistungen der schweren Lkw im Zeitraum seit 1985 nur geringfügig verändert. Bei geringen Schwankungen und einem Maximum Ende der 90er-Jahre blieb die BIP-spezifische Lkw-Fahrleistung im Land nahezu unverändert bei 23 000 bis 24 000 Kilometern je 1 Mill. Euro BIP.3

Die Lkw-Fahrleistungen sind damit ungefähr im Gleichschritt mit der Wirtschaftsleistung im Land angestiegen. Somit konnte bislang auch keine Entkoppelung von Lkw-Verkehr und BIP im Land erreicht werden. Hervorzuheben ist, dass sich im Zeitraum seit 1990 die Leistung des Straßengüterverkehrs gemessen in Tonnenkilometern spürbar stärker erhöhte als die Jahresfahrleistungen in Kilometern (32 % gegenüber 23 % bei den Jahresfahrleistungen). Darin spiegelt sich die Veränderung in der Struktur der zugelassenen Lastkraftwagen bzw. der nach Fahrzeugarten gegliederten Jahresfahrleistungen wider. Sowohl der Bestand als auch die Jahresfahrleistungen der schwereren Lkw (Sattelfahrzeuge und Lkw mit Anhängern) und damit die Transportkapazität haben deutlich überdurchschnittlich zugenommen. Die Jahresfahrleistungen der Sattelfahrzeuge und Lkw mit Anhänger haben sich seit 1985 nahezu verdoppelt, während die der leichteren Fahrzeuge ohne Anhänger lediglich um rund 13 % angestiegen sind. Bei den Bussen ist nach einem Maximum Mitte der 90er-Jahre die Jahresfahrleistung fast wieder auf das Niveau von 1985 abgesunken. Die Steigerung der Lkw-Fahrleistungen im Land ist demnach fast allein auf die Zunahme der Lkw mit Anhänger bzw. Sattelfahrzeuge zurückzuführen.

Benzinverbrauch rückläufig – Dieselverbrauch steigend

Die Entwicklung des Straßenverkehrs hat erhebliche Bedeutung im Hinblick auf die angestrebte Ressourcenschonung und den Klimaschutz. Infolge der stark angestiegenen Verkehrsleistung haben der Kraftstoffverbrauch insgesamt und eng damit verknüpft auch der CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs deutlich zugenommen. Insgesamt belief sich der Kraftstoffverbrauch des Straßenverkehrs in Baden-Württemberg im Jahr 2003 auf rund 10,5 Mill. Tonnen SKE (Steinkohleeinheiten); das waren fast 41 % mehr als im Jahr 1985. Erst in den letzten Jahren ist insgesamt eine leicht reduzierte Verbrauchsmenge festzustellen, wobei der Verbrauch an Benzin seit Ende der 90er-Jahre deutlich rückläufig ist, während der Dieselverbrauch weiter steigende Tendenz aufweist.

Diese Gesamtentwicklung umfasst sehr unterschiedliche Verläufe bei den einzelnen Fahrzeugkategorien. Der Benzinverbrauch, der sich in erster Linie auf Otto-Pkw konzentriert, ist rückläufig, da zum einen die Jahresfahrleistungen der Otto-Pkw seit dem Jahr 2000 spürbar zurückgingen (-5,7 %) und zum anderen der Durchschnittsverbrauch bezogen auf die gesamte in Baden-Württemberg durch Otto-Pkw erbrachten Fahrleistungen seit Anfang der 90er-Jahre auf rund 6 Kilogramm pro 100 Kilometer zurückgegangen ist. Im Jahr 1985 lag er noch bei 7,17 Kilogramm pro 100 Kilometer

(-16,3 %). Dem steht bei den Diesel-Pkw eine seit 1985 nahezu auf das Dreifache erhöhte Jahresfahrleistung gegenüber. Bei einer zugleich nur relativ geringen Minderung des Durchschnittsverbrauchs der Diesel-Pkw (-5,2 %) ist deshalb auch der Gesamtverbrauch der Diesel-Pkw auf fast die 3fache Menge von 1985 angewachsen. Auch der Dieselverbrauch der Klein-Lkw hat sich seit 1985 stark erhöht. Ursachen sind hier die um gut 63 % erhöhten Fahrleistungen und die Umschichtung im Bestand zugunsten der Dieselmotorfahrzeuge. Klein-Lkw mit Ottomotor haben im Vergleich zu 1985 nur noch untergeordnete Bedeutung.

Der Dieselverbrauch der schweren Lkw über 3,5 t ist im Land seit 1985 um rund 68 % angestiegen. Hauptursache dafür ist die Zunahme der Jahresfahrleistungen um knapp 46 %. Aber auch der aktuelle durchschnittliche Dieselverbrauch liegt mit +15 % spürbar höher als 1985. Hauptgrund dafür dürfte die deutliche Strukturveränderung zugunsten der schwereren Sattelfahrzeuge und Lkw mit Anhänger sein.

CO2-Reduktionsziel beim Straßenverkehr nicht erreicht

Infolge der starken Expansion in den 80er- und 90er-Jahren ist der Anteil des Straßenverkehrs an den jährlichen energiebedingten CO2-Emissionen im Land auf rund 30 % angestiegen. Seit dem Jahr 2000 ist die Zunahme zwar gestoppt, mit rund 22,6 Mill. Tonnen (Schaubild 2) liegt die CO2-Fracht des Straßenverkehrs im Land aber relativ deutlich über dem Wert von 1987 (17,6 Mill. t), dem Bezugsjahr für das im Umweltplan Baden-Württemberg formulierte Reduktionsziel für den Verkehrssektor. Danach sollte bis zum Jahr 2005 eine Abnahme der verkehrsbedingten CO2-Emissionen im Land um rund 10 % gegenüber 1987 erreicht werden.

Wesentliche Erfolge bei der Verringerung der Jahresfahrleistungen durch Pkw und Lkw sind auch in den nächsten Jahren kaum zu erwarten. Eher ist sogar, durchaus in Abhängigkeit vom Konjunkturverlauf, mit weiteren Steigerungen der Verkehrsleistungen sowohl im Personen- als auch Güterverkehr zu rechnen. Deshalb muss der Ansatzpunkt für die Minderung der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen bei der Reduzierung der fahrleistungsspezifischen Kraftstoffverbräuche bzw. CO2-Emissionen liegen. Erste entsprechende Vorgaben auf EU-Ebene für die Begrenzung der durchschnittlichen spezifischen CO2-Emissionen je Fahrleistungseinheit gibt es. Bis zum Jahr 2008 soll der durchschnittliche Ausstoß der neu zugelassenen Pkw auf 140 Gramm CO2 pro Kilometer Fahrleistung begrenzt werden. Aktuelle weiter gehende Vorschläge nennen einen durchschnittlichen Ausstoß von nur noch 120 Gramm CO2 pro Kilometer, der ab 2012 neu zugelassenen Pkw. Gegenwärtig errechnet sich im Land ein durchschnittlicher CO2-Ausstoß von gut 180 Gramm CO2 pro gefahrenen Pkw-Kilometer. Vergleichbare Ansätze bezogen auf die Lkw-Flotte sind bislang nicht bekannt, erscheinen aber ebenfalls dringend angezeigt, zumal der Anteil der Lkw an den CO2-Emissionen im Land auf rund 32 % der gesamten straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen angestiegen ist.

Der Anteil des Straßenverkehrs an den Emissionen der beiden weiteren klimarelevanten Gase Methan und N2O ist mit rund 3 bzw. 2 % vergleichsweise gering. Die Methan-Emissionen des Straßenverkehrs beziehen sich auf Otto-Motor-Fahrzeuge und sind seit Ende der 80er-Jahre mit Einführung des Katalysators spürbar zurückgegangen. Die N2O-Emissionen des Straßenverkehrs waren im Gegensatz zum Methan zunächst gerade infolge des Katalysators angestiegen. Mit der Weiterentwicklung der Katalysatortechnik wurde jedoch seit Mitte der 90er-Jahre wieder eine Reduzierung fast auf das Niveau von 1990 erreicht.

1 Gemessen in Personen- bzw. Tonnenkilometern, die sich aus den beförderten Personen und Tonnen multipliziert mit der Transportstrecke in Kilometer errechnen.

2 Von Fahrzeugen aus dem In- und Ausland auf Straßen des Landes zurückgelegte Fahrstrecke in Kilometern.

3 Der Quotient aus Fahrleistung in Kilometern und Bruttoinlandsprodukt in Millionen Euro gibt an, wie viel Lkw-Kilometer pro Einheit BIP in einem Jahr zurückgelegt werden, und beschreibt die Abhängigkeit zwischen Güterverkehr und Wirtschaftsleistung im Land.