:: 7/2004

Das Handwerk 2003 im Konjunkturtal

Das selbstständige Handwerk Baden-Württembergs hat das Geschäftsjahr 2003 mit einem spürbaren Umsatzminus beendet. Die Umsätze im Jahr 2003 von insgesamt 61,5 Milliarden Euro unterschritten landesweit um 3,3 % die Umsätze des Jahres 2002 mit insgesamt 63,7 Mrd. Euro. Parallel dazu baute das Handwerk weiter Personal ab. Die Zahl der Beschäftigten im selbstständigen Handwerk verringerte sich von 700 400 im Jahr 2002 um 4,5 % oder 31 200 Beschäftigte auf 669 200 im Jahr 2003.

Ergebnisse der Handwerksberichterstattung ab dem 1. Vierteljahr 2004 werden aufgrund einer Änderung der Handwerksordnung mit denen früherer Jahre nur noch eingeschränkt vergleichbar sein.

Umsatzeinbußen in fast allen Gewerben

Das Jahr 2003 war für das selbstständige Handwerk Baden-Württembergs aus konjunktureller Perspektive wenig erfolgreich. Die allgemeine Konjunkturschwäche erfasste inzwischen fast alle Handwerksbereiche und führte im Jahresergebnis zu einem deutlich schwächeren Geschäftsverlauf als 2002. Die Umsätze von insgesamt 61,5 Mrd. Euro unterschritten landesweit um 3,3 % die Umsätze des Jahres 2002 mit insgesamt 63,7 Mrd. Euro. Aus den Ergebnissen der Handwerksberichterstattung geht hervor, dass Unternehmen fast aller Gewerbezweige teils deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen mussten (Tabelle). Besonders im Bau- und Ausbaugewerbe scheint die konjunkturelle Talfahrt ungebremst weiterzugehen. Mit einem Umsatzrückgang von über 10 % im Vergleich zum Jahr 2002 erreichte es im abgelaufenen Jahr nicht einmal mehr die Umsätze des Jahres 1998. Mit weiter sinkenden Umsätzen hat auch das Nahrungsmittelhandwerk zu kämpfen. Den Vorjahresumsatz erreicht hat das Elektro- und Metallgewerbe. Darunter fallen die Kfz-Handel- und -Reparaturgewerbe, die die Umsätze des Vorjahres übertrafen. Die ebenfalls unter diese Gruppe fallenden Metallhandwerke meldeten allerdings Umsatzrückgänge. Eine Ausnahme bildeten die Augenoptiker und Zahntechniker (zur Gewerbegruppe Gesundheit, Körperpflege, Chemie und Reinigung gehörend), die durch Vorzieh- und Mitnahmeeffekte im Rahmen der Gesundheitsreform zum Jahresende 2003 mehr in der Kasse hatten als 2002.

Ein Teil des Umsatzrückgangs ist auch damit zu erklären, dass die Zahl der wirtschaftlich aktiven Handwerksunternehmen insgesamt rückläufig ist und damit in der Summe weniger Umsatz erwirtschaftet werden kann. Junghandwerker tun sich in konjunkturell angespannten Zeiten schwerer mit dem Sprung in die Selbstständigkeit und benötigen mehr Zeit, um sich am Markt zu etablieren. Sie gleichen die Zahl der Betriebsschließungen oder -aufgaben nicht aus. Wirtschaftlich sinnvolle Betriebsübernahmen scheitern zum Teil auch daran, dass kein geeigneter Nachfolger gefunden werden kann.

Baden-Württemberg bildet im bundesweiten Vergleich keine Ausnahme. Im selben Vergleichszeitraum gingen die Umsätze deutschlandweit um 3,1 % zurück. In sechs der sieben Gewerbegruppen des Handwerks waren die Umsätze niedriger als im Vorjahr. Nur in der Gruppe Gesundheits- und Körperpflege, Chemie und Reinigung stieg der Umsatz im Jahr 2003 um 1,9 %. Wie in Baden-Württemberg haben auch bundesweit die Augenoptiker, die zu dieser Gewerbegruppe gehören, durch Vorzieheffekte profitiert. Wahrscheinlich wird das 1. Vierteljahr 2004 dann aber für dieses Gewerbe schwächer ausfallen.

Personalabbau schreitet fort

Der Personalabbau im selbstständigen Handwerk ging 2003 wie auch in den Vorjahren weiter. In Baden-Württemberg reduzierte sich der Beschäftigtenstand von 700 400 im Jahr 2002 um 4,5 % oder 31 200 Beschäftigte auf 669 200 Ende des Jahres 2003. Wiederum überdurchschnittlich stark geschrumpft ist die Beschäftigtenzahl im Bau- und Ausbaugewerbe (−8,6 %). Einen rückläufigen Beschäftigtenstand meldet auch das Nahrungsmittelgewerbe. Leicht rückläufige Beschäftigtenzahlen verzeichneten Unternehmen der größten Gewerbegruppe Elektro und Metall (Tabelle). Dies deutet darauf hin, dass inzwischen auch das industrienahe Handwerk, zum Beispiel in der Metallverarbeitung und Lohnfertigung, mit Auslastungsproblemen zu kämpfen hat.

Die bundesweiten Vergleichszahlen sehen sogar noch bedenklicher aus. Nach vorläufigen Zahlen errechnete sich 2003 ein Beschäftigungsrückgang von durchschnittlich 5,1 % im Vergleich zu 2002. Auch in den Vorjahren war das Beschäftigungsniveau im deutschen Handwerk gesunken (2002: −5,3 %; 2001: −3,9 %). Die Unternehmen der Elektro- und Metallgewerbe reduzierten ihr Personal um 4,3 %, Bau- und Ausbaugewerbe um 7,3 %.

Novellierung der Handwerksordnung

Zum 1. Januar 2004 wurde die Handwerksordnung novelliert. Ziel war eine Liberalisierung des Handwerksrechts und eine Anpassung an Erfordernisse der Europäischen Union. Insbesondere wurde der Zugang zum selbstständigen Handwerk, der bisher bindend eine Meisterprüfung vorsah, auch für erfahrene Gesellen ermöglicht. Von den 94 Gewerbezweigen, die bisher in der Anlage A der Handwerksordnung (»Verzeichnis der Gewerbe, die als Handwerk betrieben werden können«) aufgeführt waren, verbleiben noch 41. Die anderen 53 Gewerbe wechseln in die Anlage B, Abschnitt 1 (»Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungsfreie Handwerksgewerbe betrieben werden können«). Ihre Ausübung setzt zukünftig keinen Befähigungsnachweis mehr voraus. Diese zulassungsfreien Gewerbe können nun aber mangels Rechtsgrundlage im Rahmen der Handwerksberichterstattung nicht weiter befragt werden und sind aus dem Berichtskreis zu entlassen. Die Hochrechnung der Stichprobendaten muss in der Folge an den verringerten Bestand angepasst werden. Eine Umbasierung der Messziffern wird erforderlich. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse ab dem 1. Vierteljahr 2004 mit den Vorquartalen wird dann nur noch eingeschränkt möglich sein.

Ob die Liberalisierung des Handwerksrechts tatsächlich zum Entstehen einer »großen Anzahl neuer Kleinbetriebe« und in der Folge zu einer »besseren Marktversorgung für den Verbraucher« führen wird, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, bleibt abzuwarten. Dass die derzeit schwierige wirtschaftliche Situation des Handwerks auch strukturelle Gründe haben und deshalb eine Änderung der Handwerksordnung nötig machte, dürfte unbestritten sein. Die Handwerksorganisationen, wie zum Beispiel der Zentralverband des Deutschen Handwerks, sehen aber eher das hohe fachliche Niveau der Handwerksleistungen und der handwerklichen Berufsausbildung gefährdet.