:: 9/2004

Frauen bei den Kommunalwahlen 2004 in Baden-Württemberg

Nach den Ergebnissen der Kommunalwahlen vom 13. Juni 2004 ist der Frauenanteil in den Gemeindeparlamenten und Kreistagen von Baden-Württemberg erneut angestiegen. Obwohl sich ihr Anteil in den Kommunalparlamenten des Landes in den letzten beiden Jahrzehnten mehr als verdoppelt hat, sind Frauen – gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil – in politischen Ämtern und Positionen nach wie vor unterrepräsentiert. Anhand der vorläufigen Ergebnisse der Kommunalwahlen 2004 wird im folgenden Beitrag der Frage nachgegangen, wie sich die Präsenz der Frauen in den Kommunalparlamenten im Vergleich zu den letzten Kommunalwahlen verändert hat. Hierzu wurde die Zahl der Bewerberinnen und der gewählten Frauen, unterschieden nach den einzelnen Parteien und politischen Gruppierungen, herangezogen.

Die vorgelegten Daten zu den Gemeinderatswahlen und den Kreistagswahlen 2004 basieren auf den Schnellmeldungen der Gemeinden und Kreise an das Statistische Landesamt bzw. auf einer Vorabauswertung der Wahlvorschläge, das heißt, es handelt sich hierbei um vorläufige Ergebnisse. Erfahrungsgemäß ist aufgrund von Korrekturen und der Bereinigung von Unstimmigkeiten noch mit geringfügigen Änderungen des Landesergebnisses zu rechnen.

Bei Gemeinderatswahlen: unter den Kandidaten 28 % Frauen, aber…

Zu den Gemeinderatswahlen am 13. Juni 2004 kandidierten insgesamt 61 068 Personen, darunter 17 209 Frauen. Im Vergleich zu den Gemeinderatswahlen 1999 stieg der Frauenanteil unter den Kandidaturen um 0,9 Prozentpunkte von 27,3 % auf 28,2 % (Tabelle).

Den mit Abstand höchsten Frauenanteil an den Kandidaten für die Gemeinderatswahlen wiesen mit gut 47 % die GRÜNEN auf. Bereits 1999 hatten die GRÜNEN mit knapp 46 % die meisten Bewerberinnen gestellt (Schaubild 1). Überdurchschnittlich viele Frauen traten auch für die SPD zur Wahl an: über ein Drittel der SPD-Kandidaten waren Frauen. Gegenüber 1999 hatten die Sozialdemokraten somit ihren Frauenanteil an den Kandidaten um weitere 2 Prozentpunkte steigern können. Auch für die anderen Parteien stellten sich mit 35,1 % (+3,4 Prozentpunkte) überdurchschnittlich viele Frauen zur Wahl. Bei den Wählervereinigungen (27,8 %), der FDP (27,2 %) und den gemeinsamen Wahlvorschlägen (25,7 %) lag der Anteil der Kandidatinnen leicht unter dem Landeswert von 28,2 %. Einen deutlich unterdurchschnittlichen Frauenanteil wies hingegen die CDU auf: nur jede fünfte CDU-Kandidatur wurde von einer Frau wahrgenommen. Gegenüber 1999 wurde lediglich eine unterdurchschnittliche Zunahme der Kandidaturen von CDU-Frauen von 0,4 Prozentpunkten erreicht.

… nur 21 % Frauen unter den Gewählten

Bei den Gemeinderatswahlen 2004 wurden insgesamt 15 304 Männer und 4 012 Frauen gewählt. Das heißt, gut jedes fünfte Gemeinderatsmandat (20,8 %) ging an eine Frau – gegenüber 1999 ein Plus von 2,2 Prozentpunkten. Vor 20 Jahren, bei den Gemeinderatswahlen 1984, lag der Frauenanteil noch bei 9,5 %. In nur zwei Jahrzehnten hat sich die Präsenz von Frauen in den Kommunalparlamenten damit mehr als verdoppelt (Schaubild 2). Bei den Parteien und Wahlvorschlägen zeigt sich folgendes Bild (siehe auch Schaubild 1):

  • Die GRÜNEN weisen mit 44,6 % erneut den höchsten Anteil an gewählten Frauen in den Gemeinderäten auf. Mit einem Plus von nur 0,5 Prozentpunkten lag die Zunahme der Zahl der GRÜNEN-Gemeinderätinnen allerdings unter der landesdurchschnittlichen Zunahme.
  • Den zweitgrößten Frauenanteil stellt mit knapp 30 % die SPD – ein Plus von 2,5 Prozentpunkten gegenüber 1999.
  • Den mit Abstand größten Zuwachs an Gemeinderätinnen stellen die anderen Parteien: Gegenüber 1999 hat sich hier der Frauenanteil an den Gemeinderäten um knapp 11 Prozentpunkte auf rund 24 % erheblich erhöht.
  • Von den den Wählervereinigungen angehörenden Gemeinderäten waren 20,1 % Frauen (+2,2 Prozentpunkte).
  • Von den FDP-Gemeinderäten waren 17,8 % Frauen (+4,8 Prozentpunkte).
  • Von den Gemeinderatssitzen, die die gemeinsamen Wahlvorschläge erringen konnten, entfielen ebenfalls rund 18 % auf Frauen.
  • Die niedrigste Frauenquote mit knapp 17 % ist bei der CDU zu beobachten – gegenüber 1999 ein Plus von 1,7 Prozentpunkten.

Frauenanteil in den Gemeindeparlamenten steigt mit zunehmender Gemeindegröße

Mit wachsender Gemeindegröße nimmt der Anteil der gewählten Frauen kontinuierlich zu. In Gemeinden mit bis zu 10 000 Einwohnern liegt der Frauenanteil unter dem Landeswert von 20,8 %, in Gemeinden mit 50 000 bis 150 000 Einwohnern bereits bei 28 %, in solchen mit 150 000 bis 400 000 Einwohnern bei 37 % und in der Landeshauptstadt Stuttgart sogar bei 43 %.

Auch das Wahlergebnis in den großen Städten Baden-Württembergs bestätigt die Tendenz, dass mit wachsender Gemeindegröße der Frauenanteil in den Gemeindeparlamenten zunimmt: So lag in Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg, Freiburg, Ulm und Mannheim der Frauenanteil in den Gemeinderäten mit jeweils über 30 % erheblich über dem Landesdurchschnitt.

Frauen bei Gemeinderatswahlen nach wie vor weniger erfolgreich als Männer

Aufschluss über den Erfolg von Frauen bei den Gemeinderatswahlen gibt die Gegenüberstellung des Frauenanteils an den Bewerbern mit dem Frauenanteil an den Gewählten. Werden prozentual mehr Frauen gewählt als ihr Anteil an den Bewerbern beträgt, so sind die Frauen erfolgreicher als die Männer. Landesweit war dem nicht so. Der Anteil der Frauen an den Kandidaturen zu den Gemeinderatswahlen betrug 28,2 %, jener der Gewählten hingegen nur 20,8 % (vgl. auch Tabelle). Das heißt, Frauen waren bei der Gemeinderatswahl 2004 weniger erfolgreich als ihre männlichen Bewerber: Der Männeranteil an den Bewerbern lag nämlich bei 71,8 %, unter den Gewählten hingegen lag der Männeranteil mit 79,2 % deutlich höher.

Bei den Parteien und politischen Gruppierungen sind die Frauen unterschiedlich erfolgreich. Die Kandidatinnen der GRÜNEN waren beim Kampf um Gemeinderatsmandate am erfolgreichsten: ihr Anteil an den Kandidaturen lag bei gut 47 %, der Anteil bei den Gewählten bei 45 %. Auch die SPD-Frauen können in dieser Hinsicht das Wahlergebnis als Erfolg für sich verbuchen: von den SPD-Kandidaten waren gut 33 % Frauen, von den Gewählten immerhin noch rund 30 %. Am größten hingegen ist die Diskrepanz zwischen Frauenanteil an Bewerbern und Gewählten bei den Liberalen und den anderen Parteien: Unter den Bewerbern der FDP waren über 27 % Frauen, unter ihren Mandatsträgern jedoch nur rund 18 %. Unter den Kandidaten der anderen Parteien waren gut 35 % Frauen, unter den Gewählten allerdings nur noch rund 24 %.

Bei den Kreistagswahlen stagnierender Kandidatinnenanteil, dennoch…

Der Anteil der Frauen an den Kandidaturen bei den Wahlvorschlägen zu den Kreistagswahlen betrug landesweit 27,3 %. Von den insgesamt 14 414 Bewerberinnen und Bewerbern waren 3 929 Frauen. Gegenüber den Kreistagswahlen 1999 sind dies zwar 243 Frauen mehr, allerdings hat sich ihr prozentualer Anteil an allen Kandidaturen gegenüber 1999 nicht erhöht.

Den höchsten Frauenanteil an den Bewerbern stellten, wie bereits 1999, die GRÜNEN. Obwohl dieser gegenüber 1999 um 0,2 Prozentpunkte gesunken ist, liegen die GRÜNEN mit einem Anteil von 42,6 % weiblicher Kandidaten weit über dem Durchschnitt. Auch bei den Sozialdemokraten liegt der Bewerberinnenanteil mit 29,8 % überdurchschnittlich hoch, ist jedoch gegenüber 1999 um 0,9 Prozentpunkte gesunken. Bei der CDU (20,3 %) und den Liberalen (21,7 %) ist der Anteil der Frauen an den Kandidaturen gegenüber den letzten Kreistagswahlen ebenfalls geringer. Nach wie vor stellen beide Parteien den geringsten Frauenanteil an den Kandidaturen zu den Kreistagswahlen. Eine Zunahme weiblicher Kandidaturen hingegen können die anderen Parteien (+2,9 Prozentpunkte auf 28,1 %), die gemeinsamen Wahlvorschläge (+0,5 Prozentpunkte auf 29,9 %) und die Wählervereinigungen (+1,0 Prozentpunkte auf 24,2 %) verzeichnen.

… mehr Kreisrätinnen als vor 5 Jahren

In den Kreistagen ist der Frauenanteil traditionell geringer als in den Gemeinderäten. So gingen landesweit nur 15,2 % (346 der insgesamt 2 283 Mandate) der Kreistagssitze an Frauen. Dennoch ist der Anteil der gewählten Frauen in den Kreistagen gegenüber 1999 um 1,2 Prozentpunkte (+33 Sitze) leicht angestiegen.

Den höchsten Frauenanteil mit 41,9 % haben die GRÜNEN (ein Plus von 5,5 Prozentpunkten gegenüber 1999). Bei den Sozialdemokraten wurden 22,7 % der errungenen Kreistagssitze von Frauen besetzt (+1,7 Prozentpunkte). Bei den Liberalen und den gemeinsamen Wahlvorschlägen liegt der Anteil der gewählten Kreisrätinnen mit 17,6 % bzw. 16,7 % ebenfalls noch über dem Durchschnitt. Einen nur unterdurchschnittlichen Frauenanteil weisen die CDU-Kreisräte (9,6 %) und die Kreisräte der Wählervereinigungen (8,6 %) auf.

Nach den vorläufigen Ergebnissen ist der Frauenanteil in den Kreistagen von Tübingen (27,6 %), Böblingen (26,5 %) und im Hohenlohekreis (25,0 %) am höchsten. In den Landkreisen Rottweil (4,2 %), Tuttlingen (6,3 %) und Ravensburg (6,9 %) sind die Frauenanteile in den Kreistagen hingegen am niedrigsten (Schaubild 3).

In den politischen Ämtern und Positionen sind Frauen trotz zunehmender Erfolge immer noch stark unterrepräsentiert. Derzeit liegt der Frauenanteil im Europäischen Parlament bei gut 30 %, im Deutschen Bundestag bei knapp 33 %, im Landtag von Baden-Württemberg bei rund 23 %, in den Gemeinderäten bei rund 21 % und in den Kreistagen nur bei 15 %. Der geringe Frauenanteil in der Kommunalpolitik überrascht, denn wie Sibylle Laurischk, Gemeinderätin in Offenburg, meint, »ist man nirgendwo näher am politischen Geschehen als in der Kommunalpolitik«.