:: 9/2004

Oben und Unten: Familieneinkommen aus der Sicht der Kinder

Kinder und Jugendliche wachsen in ihren Familien in sehr unterschiedlichen Einkommensverhältnissen heran: Bei rund 8 % bzw. 170 000 minderjährigen Kindern gilt die ökonomische Situation der Familie als prekär. Im Gegensatz dazu leben 6 % der minderjährigen Kinder in ökonomisch wohlhabenden Familien. Besonders ungünstig ist die finanzielle Situation der Familie bei Kindern mit mehreren Geschwistern und bei Kindern allein erziehender Mütter.

In Baden-Württemberg weisen in der Regel allenfalls volljährige junge Erwachsene, die noch im Haushalt ihrer Eltern leben, überdurchschnittliche Wohlstandspositionen auf. Ansonsten nehmen Kinder im Vergleich zu allen Personen ungeachtet ihrer Lebensformen unterdurchschnittliche Wohlstandspositionen ein. Und es gilt: je jünger die Kinder sind, desto niedriger sind ihre relativen Wohlstandspositionen. Sie sind am niedrigsten bei Kindern, die von nur einem Elternteil erzogen werden, und am höchsten bei Kindern von zusammenlebenden Eltern – gleichgültig, ob verheiratet oder nicht. Wie aufgrund der unterschiedlichen Einkommensverhältnisse bei einzelnen Lebensformen zu erwarten war, bestimmt also die Familienform, in der die Kinder aufwachsen, entscheidend ihren ökonomischen Hintergrund (siehe i-Punkt und Schaubilder 1 und 2).

Die finanzielle Situation, in der Kinder und Jugendliche in Familien leben, ist in der bisherigen Forschung zur Einkommenssituation von Haushalten und Familien in Deutschland nur am Rande gestreift worden. Die meisten Untersuchungen beschreiben die ökonomische Situation aus der Sicht der Familie und nicht aus der Sicht der Kinder. Sie gewichten mit Blick auf die Anzahl betroffener Personen kleine und große Familien gleich und vernachlässigen die Zahl der Kinder, die unter ökonomisch günstigen oder ungünstigen Bedingungen heranwachsen. Eine Ausnahme bilden Rainwater und Smeeding mit ihrer international vergleichenden Studie über Kinder in Armut in 12 westeuropäischen Staaten, einschließlich Deutschland, sowie in den USA, Kanada und Australien.1 Bekannt ist jedoch, dass die finanzielle Lage von Kindern Auswirkungen auf ihre Lebensperspektiven haben kann.2  In Familien beispielsweise, in denen das Leben »von der Hand in den Mund« zum Alltag gehört, mangelt es oft an gesundheitlicher Vorsorge der Kinder und an ihrer schulischen wie beruflichen Ausbildung. Kinder, die vor allem in ihren ersten Lebensjahren in finanziell schwierigen Verhältnissen aufwachsen, können durch diese widrigen Umstände in einem Maße in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden, dass sich die Armut in ihrem weiteren Leben oftmals fortsetzt.

Familieneinkommen unterscheiden sich stark bei Kindern und ihren zusammenlebenden Eltern

Für die tatsächliche Einkommenslage der Kinder und ihrer Eltern in Baden-Württemberg bleibt stets mit zu berücksichtigen, dass diese bereits durch einkommenspolitische Maßnahmen korrigiert worden ist (i-Punkt und Tabelle 1). Bei 8 % der Kinder mit verheiratet zusammenlebenden Eltern liegt das Familiennettoeinkommen über 5 500 Euro, bei 4 % liegt es unter 1 300 Euro. Kaum weniger spreizen sich die Familieneinkommen bei Kindern nicht ehelich zusammenlebender Eltern, wenngleich die höheren Einkommen seltener und die niedrigeren Einkommen häufiger sind als bei Kindern und ihren ehelichen Eltern. Das Familieneinkommen der Kinder und ihrer verheirateten Eltern beträgt im Mittel über 2 800 Euro und das der Kinder und ihrer nicht ehelich zusammenlebenden Eltern über 2 500 Euro (Tabelle 2).

Steigende Kinderzahl führt kaum zu steigendem Familieneinkommen…

Bemerkenswert ist, dass das Familieneinkommen mit steigender Kinderzahl kaum zunimmt. Bei Kindern mit zwei und mehr Geschwistern und verheirateten Eltern ist das Familieneinkommen gerade 100 Euro höher als das Einkommen bei nur einem Kind. Bei Kindern nicht ehelicher Eltern fällt sogar mit Anzahl der Geschwister das Familieneinkommen. Ein Grund für das niedrigere Einkommen bei Kindern nicht ehelicher Lebensgemeinschaften könnte das fehlende Ehegattensplitting sein, das steuerlich entlastend wirkt. Wesentlich niedriger ist das Familieneinkommen, wenn Kinder unter drei Jahren im Haushalt leben. Erst bei Schulkindern oder erst recht bei volljährigen Kindern erhöht sich das Einkommen der Familie deutlicher.

… und daher zu deutlich sinkendem Pro-Kopf-Einkommen

Weniger eindeutig sind die Strukturen der Pro-Kopf-Einkommen (i-Punkt). Zunächst ist festzuhalten, dass sich diese zwischen den Familien erheblich unterscheiden. Die meisten Kinder und ihre Eltern sind zwar in den unteren beiden Einkommensklassen bis zu 1 000 Euro pro Familienmitglied anzutreffen (Tabelle 1) und liegen damit um ca. 160 Euro unter dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen der Gesamtbevölkerung (1 157 Euro). Aber 5 % der Kinder können sich mit ihren verheirateten Eltern auf ein Pro-Kopf-Einkommen von über 2 000 Euro pro Monat stützen; das sind 850 Euro pro Kopf und Monat mehr als der Durchschnitt. Ebenso gehören etwa 6 % der Kinder nicht ehelicher Paare zu diesen relativ vermögenden Familien.

Bei Kindern und ihren verheirateten Eltern beträgt das mittlere Pro-Kopf-Einkommen knapp 1 000 Euro; bei Kindern und ihren nicht ehelichen Eltern fällt das gewichtete Einkommen noch geringer aus (Tabelle 2). Deutlich sinkt das Pro-Kopf-Einkommen mit steigender Zahl der Kinder in der Familie. Bei einem Kind kommen auf jedes Familienmitglied im Mittel bis zu 1 100 Euro, bei drei und mehr Kindern liegt das durchschnittliche Einkommen mit verheirateten Eltern bei knapp 800 Euro und mit nicht ehelichen Eltern sogar unter 700 Euro; damit erreichen die Personen dieser Gruppe nicht einmal zwei Drittel des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens.

Sind die Kinder aus dem Haus, steigt das Pro-Kopf-Einkommen der Eltern

Zumeist nimmt mit steigendem Alter der Kinder das Pro-Kopf-Einkommen der Familie zu. Dennoch bleibt im Durchschnitt das Pro-Kopf-Einkommen minderjähriger Kinder und ihrer Eltern stets unter 1 000 Euro. Erst wenn die Kinder volljährig sind, steigen die Einkommen auf über 1 100 Euro. Die Gründe für die höheren Pro-Kopf-Einkommen der Familien mit volljährigen Kindern sind verschieden: Kinder verlassen das Elternhaus und die Familien werden kleiner, Mütter beteiligen sich wieder stärker am Erwerbsleben, und in einigen Familien tragen die älteren Kinder selbst zum Familieneinkommen bei.

Etwas anders entwickeln sich die Pro-Kopf-Einkommen, wenn die bisherige Familiendauer durch das Alter des ältesten Kindes genauer bestimmt wird.3 Nach dieser phasenspezifischen Betrachtung haben Familien, in denen das älteste und zumeist noch das einzige Kind unter drei Jahren ist, höhere Pro-Kopf-Einkommen als Familien mit älteren minderjährigen Kindern. In Familien, in denen das älteste Kind zwischen 6 und 17 Jahren alt ist, gilt die Familienerweiterung weit gehend als abgeschlossen, das heißt, der weitaus überwiegende Teil der Familien hat seine endgültige Familiengröße erreicht. Gleichzeitig dürften in diesen Familienphasen die Kinder das Elternhaus noch nicht verlassen haben, weshalb hier mit den im Durchschnitt höchsten Kinderzahlen zu rechnen ist. Erst die phasenspezifische Entwicklung der Pro-Kopf-Einkommen der Ehepaare mit Kindern zeigt, dass die grundsätzlich steigenden Nettoeinnahmen nicht mit dem wachsenden Bedarf der Familien standhalten. Dies dürfte ebenso auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften zutreffen, es lässt sich jedoch nicht anhand der durchschnittlichen Einkommen belegen. So steigt bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften mit dem Alter des ältesten Kindes in der Regel das Pro-Kopf-Einkommen. Das mag daran liegen, dass nicht eheliche Lebensgemeinschaften eher kleinere Familien sind und häufiger als Ehepaare auch in späteren Familienphasen nur ein Kind haben.

Kindern geht es bei allein erziehenden Vätern zumeist finanziell besser als bei allein erziehenden Müttern

Kinder allein erziehender Eltern gehören vor allem den untersten Einkommensklassen an (Tabelle 1). Jedes dritte Kind hat mit seiner allein erziehenden Mutter monatlich sogar weniger als 1 300 Euro netto. Allerdings gibt es ebenso Kinder, die mit ihren allein erziehenden Müttern oder Vätern – wenn auch eher selten – in vermögenden Verhältnissen mit Nettoeinkommen von über 3 600 Euro leben. Das durchschnittliche Nettoeinkommen, das Kindern und ihren allein erziehenden Eltern zur Verfügung steht, beträgt gut 1 600 Euro; bei Kindern und ihren allein erziehenden Müttern sind es nur 1 550 Euro (Tabelle 3). Daraus lässt sich schließen, dass Kinder bei allein erziehenden Vätern öfters in besseren ökonomischen Verhältnissen leben als bei allein erziehenden Müttern.

Ein Grund für das höhere Einkommen mag darin liegen, dass allein erziehende Väter zumeist ältere Kinder betreuen und deshalb eher erwerbstätig sind. Anders als Frauen unterbrechen zudem Männer trotz Elternschaft ihre Erwerbstätigkeit während der Partnerschaft meistens nicht, sodass sie nach einer Trennung von der Partnerin ihre Erwerbstätigkeit auch eher fortsetzen oder zumindest sich auf eigene Ansprüche, etwa Lohnersatzleistungen, stützen können. Frauen hingegen verlieren mit einer Trennung weit gehend ihre soziale Sicherung, die vorrangig durch die aus der Erwerbstätigkeit des Ehegatten abgeleiteten Ansprüche definiert ist.

Die Höhe des Familieneinkommens der Kinder und ihrer Eltern ändert sich kaum mit der Anzahl der Kinder. Leben drei oder mehr Kinder in der Familie, dann liegt das Familiennettoeinkommen etwa 100 Euro über dem Familieneinkommen einer Familie mit einem Kind. Bei Kindern allein erziehender Mütter ist der Einkommensunterschied zwischen kleinen und großen Familien noch geringer. Am untersten Ende der Einkommensverteilung der hier betrachteten Lebensformen stehen jedoch Kinder unter drei Jahren und ihre allein erziehenden Mütter. Sie besitzen im Mittel nur ein Familiennettoeinkommen von weniger als 1 000 Euro.

Die niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen bei Kindern und deren allein erziehenden Eltern

Jedes fünfte Kind lebt in einer Familie mit einem Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 500 Euro (Tabelle 1). Das Pro-Kopf-Einkommen von Kindern bei allein Erziehenden beträgt einschließlich staatlicher Unterstützungen durchschnittlich 800 Euro. Zum Teil erheblich unter dem allgemeinen Durchschnitt in der Bevölkerung von 1 157 Euro bleiben vor allem Kinder und ihre allein erziehenden Eltern. Besonders niedrig sind die Pro-Kopf-Einkommen in größeren Familien und in Familien mit Kindern unter drei Jahren. Minderjährige Kinder wachsen vornehmlich in Verhältnissen mit Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 700 Euro auf. Dennoch steigen mit dem Alter des Kindes die Pro-Kopf-Einkommen der Familien. In Familien mit volljährigen Kindern nähert sich das Einkommen sogar dem durchschnittlichen Einkommen aller Lebensformen.

Arme und reiche Kinder seltener als in den USA

In Baden-Württemberg wachsen je nach zugrunde liegendem Schwellenwert (50 oder 60 %) gut 8 % bzw. knapp 16 % oder 170 000 bis 310 000 minderjährige Kinder unter ökonomisch schwierigen Bedingungen auf (i-Punkt). Andererseits leben rund 6 % der minderjährigen Kinder in Familien mit höheren Einkommen. Sichtbar wird hier ein Zusammenhang zwischen den Anteilen von Kindern in oberen und unteren Einkommensgruppen, der nach Rainwater und Smeeding ebenso in anderen Staaten zu beobachten ist.4  Danach weist Deutschland im internationalen Vergleich in beiden Einkommensgruppen eher durchschnittlich hohe Werte auf, die skandinavischen Staaten Schweden, Finnland, Dänemark sowie Norwegen die niedrigsten und die USA die höchsten. Mit anderen Worten: Verglichen mit Deutschland und vor allem mit Skandinavien sind in den USA besonders viele Kinder sehr arm und besonders viele Kinder sehr reich. Darüber hinaus leben in Deutschland anders als in den USA nur die wenigsten Kinder auch dauerhaft (zum Beispiel 5 Jahre und länger) in ökonomisch prekären Verhältnissen. So scheint die ökonomische Mobilität der Kinder aus der Armut in Deutschland höher zu sein als in den USA.

Kinder mit beiden Eltern leben eher selten in finanziell schwierigen Verhältnissen

Kinder von verheirateten Eltern leben in Baden-Württemberg vergleichsweise selten in ökonomisch prekären Verhältnissen (Schaubild 3). Allerdings ist die Zahl der Geschwister für den ökonomischen Wohlstand der Familie entscheidend. Ein einzelnes Kind wächst eher selten (3 % bei der 50 %-Schwelle, siehe i-Punkt) unter ökonomisch schwierigen Bedingungen auf. Das Gegenteil kommt wesentlich häufiger vor, denn 14 % der Einzelkinder leben mit ihren Eltern in ökonomischem Wohlstand. Bei zwei Kindern sind ökonomisch prekäre Situationen kaum häufiger, allerdings wesentlich seltener sind ökonomisch wohlhabende Verhältnisse. Leben aber drei und mehr Kinder in der Familie, ändert sich das Bild völlig. Sprunghaft steigt der Anteil von Kindern in Familien mit Niedrigeinkommen auf 12 %. Demgegenüber kommen höhere Familieneinkommen bei Kindern mit mehreren Geschwistern kaum vor.

Insgesamt beträgt bei minderjährigen Kindern der Anteil mit Niedrigeinkommen 7 % (50%-Schwelle). Gleichzeitig beträgt der Anteil von minderjährigen Kindern in ökonomisch besseren Verhältnissen 6 %. Hervorzuheben sind auch die unterschiedlichen Einkommenslagen der Familien mit schulpflichtigen Kindern. Hier stehen besonders oft größere Familien mit vergleichsweise niedrigen Pro-Kopf-Einkommen kleineren Familien mit entsprechend höheren Pro-Kopf-Einkommen gegenüber. Ebenso scheint die finanzielle Situation bei Familien mit Kleinkindern nicht generell ungünstig zu sein. Immerhin 5 % der Kinder in diesen Familien leben in ökonomisch überdurchschnittlichen Verhältnissen gegenüber 7 % in finanziell prekären Verhältnissen.

Die wirtschaftliche Lage von Kindern in nicht ehelichen Lebensgemeinschaften ist ebenso sehr unterschiedlich. Insgesamt ist das Ausmaß ökonomisch prekärer Lebenslagen eher häufiger und das höherer Einkommen eher seltener als bei Kindern von Ehepaaren. Überdurchschnittlich oft scheinen in Deutschland  jüngere Kinder nicht ehelich zusammenlebender Eltern ökonomisch schlecht ausgestattet zu sein.5  Dies mag vor allem daran liegen, dass nicht eheliche Eltern vergleichsweise jung sind und ein Teil von ihnen sich noch in Ausbildung befindet. Hingegen leben besonders Kinder im schulpflichtigen Alter und ältere Jugendliche häufiger in ökonomisch besseren Verhältnissen. Insgesamt wachsen in Baden-Württemberg von den minder- und volljährigen Kindern und Jugendlichen zwar 6 % in finanziell prekären Verhältnissen auf, aber 8 % im wirtschaftlichen Wohlstand.

Kinder von allein erziehenden Müttern leben vergleichsweise oft in ökonomisch prekären Verhältnissen (Schaubild 4). Dies gilt schon für Kinder mit einem und vor allem mit mehreren Geschwistern. Auch das Alter der Kinder ist für die ökonomische Situation der Familie wesentlich: fast jedes dritte Kind unter 3 Jahren und noch jedes fünfte Kind zwischen 6 und 14 Jahren wächst unter ökonomisch schwierigen Bedingungen auf. Demgegenüber sind Kinder und Jugendliche mit besserem finanziellen Hintergrund eher selten. Es sind vornehmlich volljährige junge Erwachsene, die noch bei ihren allein erziehenden Eltern wohnen. Verglichen mit anderen westeuropäischen Staaten ist in Deutschland die ökonomische Situation von Kindern allein erziehender Frauen besonders häufig problematisch. Durchweg deutlich besser sind beispielsweise in Schweden und Finnland die ökonomischen Verhältnisse der Kinder: weniger als 10 % von ihnen leben dort in wirtschaftlich prekären Verhältnissen.6

Ausstieg aus ökonomisch prekären Verhältnissen nur durch Erwerbsbeteiligung der Eltern möglich

Kinder, deren Eltern erwerbstätig sind, wachsen in ökonomisch erheblich besseren Verhältnissen auf. Leben beide Eltern zusammen, gehen beide einer Beschäftigung nach und ist wenigstens einer von ihnen vollzeiterwerbstätig, liegt die durchschnittliche Wohlstandsposition gewöhnlich zwischen 90 % und 100 % von dem aller Lebensformen. Gleichzeitig grenzt die Erwerbsbeteiligung beider Eltern deutlich das Ausmaß ökonomisch prekärer Lebenslagen ein und ermöglicht häufiger ökonomischen Wohlstand. Allerdings schützt auch eine zeitlich umfassende Erwerbsbeteiligung der Eltern nicht alle Kinder und Jugendlichen vor ökonomisch schwierigen Situationen. So lebt jedes zehnte Kind unter drei Jahren in ökonomisch schwierigen Verhältnissen (60%-Schwelle, siehe i-Punkt), obwohl beide Eltern vollzeitbeschäftigt sind.

Sichtbar sinkt im Schnitt der ökonomische Wohlstand der Familien, wenn nur ein Elternteil, zumeist der Vater, vollzeiterwerbstätig und die Mutter nicht erwerbstätig ist. Die minderjährigen Kinder erreichen nur noch unterdurchschnittliche Wohlstandspositionen zwischen 71 % und 72 %. Das Risiko für wirtschaftliche Probleme steigt mindestens um das Vierfache und die Möglichkeit ökonomischen Wohlstands halbiert sich gegenüber der ökonomischen Situation der Familien, in denen beide Eltern einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen. Selbst Kinder, deren Eltern jeweils teilzeitbeschäftigt sind, was vergleichsweise selten vorkommt, leben auf einer höheren Wohlstandsposition. Wie die Erwerbsbeteiligung beider Eltern die Kinder am ökonomischen Wohlstand teilnehmen lässt, so schließt fehlende Erwerbsbeteiligung der Eltern die Kinder vom ökonomischen Wohlstand und damit wohl auch von anderen Möglichkeiten aus. Wenn die verheirateten Eltern nicht erwerbstätig sind, dann wachsen wenigstens drei von vier minderjährigen Kindern in ökonomisch defizitären Verhältnissen auf.

Auch bei Kindern allein erziehender Frauen verbessert sich die ökonomische Situation mit einer Erwerbsbeteiligung der Mutter. Dennoch bleibt selbst bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit der Mutter die ökonomische Situation der Kinder vergleichsweise oft prekär: von den Kindern unter 3 Jahren trifft es jedes dritte bzw. zweite Kind, von den Schulkindern zwischen 6 und 14 Jahren noch jedes siebte bzw. jedes fünfte Kind. In der Regel günstiger ist die wirtschaftliche Situation der Kinder vollzeiterwerbstätiger Väter. Nach Rainwater und Smeeding kann nur eine Kombination von Erwerbseinkommen und staatlichen Transfereinkommen Kinder allein erziehender Eltern vor ökonomisch prekären Situationen dauerhaft bewahren.7 Gleiches dürfte auch auf Kinder aus großen Familien zutreffen.

1 Rainwater, Lee/ Smeeding, Timothy M.: Poor Kids in a Rich Country. New York: Russell Sage Foundation, 2003 (Zitierweise: Poor Kids).

2 Zum Beispiel Huster, Erich-Ulrich: Kinderarmut in Deutschland – Zentrale Ergebnisse der AWO/ISS-Studie »Gute Kindheit – Schlechte Kindheit?«, in: Sozialer Fortschritt, Heft 1, S.10-17, 2003.

3 Siehe Eggen, Bernd: Die ökonomische Situation von Familien in Deutschland, Expertise zum 7. Familienbericht der Bundesregierung, Stuttgart, 2004 (Zitierweise: Ökonomische Situation von Familien).

4 Rainwater, L./Smeeding, T. M.: Poor Kids, S. 34 ff.

5 Soweit nicht ausdrücklich genannt, beziehen sich die Aussagen zu Kindern nicht ehelicher Lebensgemeinschaften auf Deutschland, da für Baden-Württemberg die Fallzahlen zu gering sind.

6 Rainwater, L./Smeeding, T. M.: Poor Kids, S. 112.

7 Rainwater, L./Smeeding, T. M.: Poor Kids, S. 123.