:: 5/2005

Emissionen im Straßenverkehr: Entwicklung bis 2020

Der Straßenverkehr wird in den nächsten 15 Jahren weiter zunehmen. Beim Pkw-Verkehr ist bis 2020 mit einer Steigerung der Jahresfahrleistungen auf den Straßen im Land um bis zu 13 %, beim Lkw-Verkehr sogar um bis zu 37 % zu rechnen. Trotz des steigenden Verkehrsaufkommens werden aber die Emissionen von Luftschadstoffen durch die bereits festgelegten neuen Abgasnormen weiter spürbar verringert. Bei den Ozon-Vorläufersubstanzen, den Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffen sind beachtliche Minderungsraten von über 50 % bis 2020 erreichbar. Auch bei Feinstäuben ist je nach Schnelligkeit der Flottenerneuerung durch Fahrzeuge, die den strengeren Abgasnormen genügen, eine Verringerung um 35 bis 44 % möglich. Anders beim wichtigsten Treibhausgas CO2; da hier nachgeschaltete Maßnahmen nicht greifen, ist wegen der steigenden Jahresfahrleistungen ohne die rasche und breite Einführung von CO2-neutralen Kraftstoffen und Antriebssystemen mit einem weiteren Anstieg der Emissionen zu rechnen.

Die Entwicklung des Straßenverkehrs hat erhebliche Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von Ressourcen und daraus resultierende Umweltbelastungen. Der Antrieb der vielfältig genutzten Kraftfahrzeuge stützt sich bislang fast ausschließlich auf die fossilen Kraftstoffe Benzin und Diesel. Dies führt in erheblichem Umfang zu Emissionen an CO2 sowie an Luftschadstoffen, von denen in erster Linie die Stickoxide, die flüchtigen Kohlenwasserstoffe (NMVOC1) und zuletzt besonders die Feinstäube (Partikel) in der öffentlichen Diskussion stehen. Die bereits seit geraumer Zeit unternommenen Anstrengungen zur Reduzierung der straßenverkehrsbedingten Klimagas- und Luftschadstoffemissionen können im Wesentlichen in drei Kategorien unterteilt werden:

  • 1. Maßnahmen zur Reduzierung des Straßenverkehrs oder wenigstens zur Abschwächung der in den zurückliegenden Jahren beobachteten rasanten Zunahme beim Verkehrsaufkommen und damit den für die Emissionen maßgeblichen Jahresfahrleistungen auf den Straßen des Landes;
  • 2. Maßnahmen zur Verringerung des emissions-relevanten Kraftstoffverbrauchs oder zur Reduzierung des Schadstoffgehaltes im Kraftstoff;
  • 3. Maßnahmen zur meist nachgeschalteten Reinigung der Fahrleistungs- bzw. kraftstoff-verbrauchsabhängigen Kfz-Abgase; bei Diesel-Fahrzeugen auch motorbezogene Lösungen.

Die Möglichkeiten für eine Reduzierung der Emissionen und die in den zurückliegenden 15 bis 20 Jahren tatsächlich erzielten Erfolge sind je nach Stoffkomponente sehr unterschiedlich.

Schadstoffemissionen rückläufig – Zunahme bei CO2-Emissionen

Eine durchgreifende Verringerung der straßenverkehrsbedingten Emissionen ist seit 1985 bei den flüchtigen Kohlenwasserstoffen (NMVOC) sowie beim Kohlenmonoxid (CO) erreicht worden. Die NMVOC-Emissionen des Straßenverkehrs, die sich aus Abgas- und Verdunstungsemissionen zusammensetzen, wurden von 1985 bis 2003 immerhin um 77 % auf aktuell rund 36 000 Tonnen verringert. In vergleichbarer Größenordnung, minus 70 %, liegt die Emissionsminderung beim Kohlenmonoxid. Hier ging die jährliche Emissionsfracht immerhin von rund 900 000 Tonnen im Jahr 1985 auf aktuell unter 270 000 Tonnen zurück. Bei den NOx-Emissionen wurden ebenfalls deutliche Erfolge erreicht. Sie gingen seit 1985 um rund 50 % auf 88 000 Tonnen im Jahr 2003 zurück (Schaubild 1). Die Staubemissionen des Straßenverkehrs, die sowohl abgasbedingt sind als auch durch Reifen- und Bremsabrieb verursacht werden, liegen aktuell noch rund 9 % höher als im Jahr 1985. Erst nach einem Höchststand im Jahr 1995 konnte hier eine Trendumkehr erreicht werden.

Insgesamt sind hauptsächlich durch nachgeschaltete Abgasreinigungsmaßnahmen, insbesondere durch die Einführung und Weiterentwicklung der geregelten Katalysatoren, die abgasbedingten Emissionen deutlich verringert worden. Vergleichbare Erfolge stehen beim CO2 bislang aus (Schaubild 2). Nachgeschaltete Maßnahmen zur Minderung der CO2-Emissionen sind bislang nicht verfügbar. Deshalb kann eine Reduzierung der klimarelevanten CO2-Emissionen allein durch den verstärkten Einsatz CO2-neutraler Kraftstoffe oder eine durchgreifende Verbrauchsminderung erreicht werden.

Die Politik hat für die wichtigsten Luftschadstoffe und Klimagase auf nationaler Ebene und bezogen auf das Land unterschiedliche Reduktionsziele formuliert. Dabei ist von hohem Interesse, wie sich der Straßenverkehr und die durch ihn verursachten Emissionen entwickeln werden, wenn die bestehenden grundlegenden Tendenzen der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung fortgeschrieben und schon absehbare oder durch gesetzliche Vorgabenbereits festgelegte Maßnahmen zur Emissionsminderung umgesetzt werden.

Anhaltende Zunahme des Pkw-Verkehrs

Die erste Frage richtet sich nach der zu erwartenden Entwicklung des Personen- und Güterverkehrs auf den Straßen im Land. Aufgrund der absehbaren Bevölkerungsentwicklung im Land und dem anhaltenden Anstieg des Bedarfs an Mobilität wird der Pkw-Bestand im Land von derzeit 6,1 Mill. auf voraussichtlich 7,1 Mill. Fahrzeuge (einschließlich Firmen- und Geschäftswagen) im Jahr 2020 ansteigen (Tabelle). Gemessen am Bestand zu Beginn des Jahres 2004 bedeutet dies eine Zunahme um rund 17 %. Die gesamten Pkw-Jahresfahrleistungen auf den Straßen Baden-Württembergs werden jedoch nicht im selben Umfang ansteigen. Im Bereich der Geschäfts- und Firmenwagen dürfte die durchschnittliche Jahresfahrleistung je Fahrzeug zwar kontinuierlich weiter ansteigen und auch der Bedarf an individueller Mobilität der Bevölkerung im Alter ab 60 Jahren wird insgesamt zunehmen. Andererseits führt aber die überdurchschnittliche Zunahme der höheren Altersgruppen, die wohl auch zukünftig deutlich niedrigere durchschnittliche Fahrleistungswerte aufweisen werden als die jüngeren Altersgruppen, zu einer insgesamt leicht rückläufigen Entwicklung der durchschnittlichen Jahresfahrleistung pro Pkw. Diese bereits in den letzten Jahren zu beobachtende Tendenz hat zur Folge, dass die spezifischen Jahresfahrleistungen pro Pkw bis 2020 um 4 % zurückgehen dürften. Die gesamte jährliche Fahrleistung der Pkw im Land wird unter diesen Annahmen bis 2020 gegenüber dem Basisjahr 2003 um rund 13 % auf 89,6 Mrd. Fahrzeugkilometer ansteigen (Trendvariante I).

Auch bei einem alternativen Szenario (Trendvariante II) mit einer ungünstigeren wirtschaftlichen Entwicklung, verbunden mit einer Konsumschwäche, wird der Pkw-Bestand spürbar zunehmen (+ 15 % gegenüber 2004). Und selbst wenn durch zusätzlich verstärkte Verkehrsverlagerung die spezifischen Pkw-Jahresfahrleistungen mit minus 8 % deutlicher zurückgehen, als die aktuelle Tendenz nahe legt, so ist noch immer mit einer Steigerung der Pkw-Jahresfahrleistungen um bis zu 6 % gegenüber 2003 zu rechnen.

Überproportionale Zunahme des Lkw-Verkehrs

Deutlich stärker noch als der Pkw-Verkehr wird der Güterverkehr auf den Straßen des Landes bis 2020 zunehmen. Auf der Grundlage der Verkehrsprognose 2015 für die Bundesverkehrswegeplanung2 wird in Baden-Württemberg die Jahresfahrleistung der Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen um 37 % auf 8,64 Mrd. Kilometer im Jahr 2020 zunehmen (Tabelle). Bei vorsichtiger Abschätzung der Wirtschaftsentwicklung und der Annahme deutlicher Erfolge bei der Verkehrsverlagerung weg von der Straße, ist noch immer mit einer Zunahme der Lkw-Jahresfahrleistungen um 25 % zu rechnen. Für die leichten Lkw bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht wird entsprechend der zuletzt beobachteten Tendenz eine Entwicklung parallel zur Bevölkerungszahl und mit konstanten spezifischen Jahresfahrleistungen angenommen, sodass sich eine Zunahme der Jahresfahrleistungen um ca. 4 % errechnet. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Straßenverkehr bis 2020 weiter deutlich zunehmen wird, wobei insbesondere im Güterverkehr weit überproportionale Steigerungsraten zu erwarten sind.

Durchgreifende Verringerung von NOx- und NMVOC-Emissionen

Die angestrebte weitere Emissionsminderung muss deshalb durch Maßnahmen erreicht werden, die in erster Linie bei Art und Verbrauch der Kraftstoffe (Maßnahmen der Kategorie 2) oder bei der nachgeschalteten Abgasreinigung (Kategorie 3) ansetzen. Aufgrund der in diesen Bereichen bislang absehbaren bzw. gesetzlich festgelegten Maßnahmen zur Verringerung der spezifischen Luftschadstoffemissionen werden trotz der deutlich steigenden Jahresfahrleistungen, sowohl bei den Pkw als auch den Lkw, die Schadstoffemissionen auch absolut spürbar zurückgehen. Bei einer Entwicklung der Fahrleistungen gemäß der Trendvariante I ist bis 2020 im Vergleich zu 2003 eine Abnahme der straßenverkehrsbedingten NOx-Emissionen um insgesamt 55 % zu erwarten (Schaubild 1). Auch bei einer weniger raschen Flottenerneuerung ist noch mit einem Rückgang von rund 50 % zu rechnen. Die Emissionen von Pkw und Lkw werden dabei in etwa gleichem Umfang zurückgehen. Und da der Straßenverkehr zusammen derzeit rund 54 % der gesamten energieverbrauchsbedingten NOx-Emissionen ausmacht, wird mit dieser Verringerung auch eine deutliche Reduzierung der NOX-Emissionen insgesamt um immerhin fast 30 % erreicht. Auch die NMVOC-Emissionen des Straßenverkehrs werden durch die fortschreitende Verbesserung der Katalysatorwirkung bis 2020 gegenüber 2003 nochmals fast halbiert. Allerdings ist die Auswirkung auf die Gesamtemissionen an NMVOC geringer als bei den Stickoxiden, da auf den Straßenverkehr schon jetzt nur noch rund 20 % der gesamten NMVOC-Emissionen entfallen. Hauptemissionsbereich sind hier die vielfältigen Lösemittelanwendungen.

Nur mäßige Verringerung der Feinstaub-Emissionen

Weniger eindeutig und deshalb differenzierter zu betrachten ist die Entwicklung bei den straßenverkehrsbedingten Feinstaub-(Partikel-) Emissionen. Derzeit verteilen sich die straßenverkehrsbedingten Feinstaubemissionen jeweils rund zur Hälfte auf den Lkw- bzw. den Pkw-Verkehr. Der Anteil der Pkw hat in den zurückliegenden Jahren wegen der enormen Steigerung der zugelassenen Dieselfahrzeuge deutlich zugenommen. Und auch in den nächsten Jahren wird sich der Diesel-Pkw-Anteil weiter erhöhen. Von Bedeutung ist weiter, dass Feinstaub-Emissionen nicht allein abgasbedingt sind, sondern auch durch Brems- und Reifenabrieb entstehen. Diese beiden grundsätzlich zu unterscheidenden Ursachenbereiche weisen gegenläufige Entwicklungen auf. Die abgasbedingten Partikelemissionen können durch nachgeschaltete Reinigungsmaßnahmen weiter reduziert werden, wobei das Ausmaß der bis 2020 erreichbaren Verringerung entscheidend davon abhängt, wie schnell der Kfz-Bestand durch Fahrzeuge erneuert wird, die den ab 2005 bzw. 2008 gültigen europäischen Abgasnormen genügen. Bei umfassender Ausstattung aller ab dem Jahr 2008 neu zugelassenen Diesel-Pkw mit Partikelfiltern werden die abgasbedingten Partikelemissionen der Pkw je nach Geschwindigkeit der Flottenerneuerung bis 2020 gegenüber 2003 um 54 bis 61 % zurückgehen. Auch bei den abgasbedingten Partikelemissionen der Lkw ist aufgrund der bereits rechtskräftig vorgegebenen Euro-4- bzw. Euro-5-Normen gleichfalls in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Flottenerneuerung eine Minderung von 71 bis 73 % zu erwarten, sodass die Feinstaub-Emissionen durch Abgase des Straßenverkehrs insgesamt um 64 bis 67 % abnehmen dürften.

Die durch Brems- und Reifenabrieb verursachten Partikelemissionen werden jedoch aufgrund der beträchtlichen Zunahme der Jahresfahrleistungen ihre gegenläufige Tendenz beibehalten und sowohl bei Lkw (+ 41%) als auch bei den Pkw (+ 13 %) weiter spürbar ansteigen. Die gesamten straßenverkehrsbedingten Feinstaub-Emissionen (Partikel-Emissionen) werden deshalb bis 2020 gegenüber 2003 lediglich um vergleichsweise geringe 35 bis 44 % zurückgehen (Schaubild 3). Nicht berücksichtigt sind dabei die durch Aufwirbelung verursachten Feinstaubbelastungen. Für die Einhaltung der schon ab 2005 gültigen strengen Feinstaubgrenzwerte, insbesondere in dicht besiedelten und mit starkem Straßenverkehr belasteten Gebieten, könnten deshalb neben den abgasbezogenen Minderungsmaßnahmen trotz Einführung der Partikelfilter zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung des Verkehrsaufkommens erforderlich werden.

Minderung der CO2-Emissionen nur durch alternative Kraftstoffe und Antriebssysteme

Während insbesondere durch weiter verbesserte nachgeschaltete Maßnahmen zur Abgasreinigung bei den Schadstoffemissionen insgesamt bis 2020 erhebliche zusätzliche Minderungen zu erwarten sind, werden beim CO2, dem wichtigsten Treibhausgas, auf diesem Wege keine entsprechenden Erfolge erzielt. Bei gegebener und zu erwartender expansiver Verkehrsentwicklung und dadurch weiter ansteigender Jahresfahrleistungen muss deshalb zur Reduzierung der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen der Verbrauch fossiler Kraftstoffe durchgreifend verringert werden. Alternative Strategien dafür sind neben der Bereitstellung und Nutzung verbrauchsärmerer Kraftfahrzeuge vor allem die Entwicklung und Einführung CO2 -ärmerer oder CO2-neutraler Kraftstoffe und Antriebssysteme. Allein auf der Grundlage der zu erwartenden Abnahme des durchschnittlichen spezifischen Kraftstoffverbrauchs ist bis 2020 nicht mit einer spürbaren Reduzierung der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen zu rechnen. Die Automobilindustrie hat sich gegenüber der EU verpflichtet, den Durchschnittsverbrauch bzw. den durchschnittlichen CO2-Ausstoß der neu zugelassenen Pkw bis 2008 auf 140 g/km (auf 120 g/km bis 2012) zu reduzieren. Der dadurch zu erwartende Rückgang der mittleren spezifischen Emissionen des Pkw-Bestands, der freilich auch von der Geschwindigkeit der Flottenerneuerung abhängt, wird jedoch durch die Zunahme der Pkw-Jahresfahrleistungen zumindest teilweise wieder kompensiert. Und der stark ansteigende Güterverkehr, bei dort kaum erkennbarer Verbrauchsminderung, lässt keine Verringerung des gesamten Kraftstoffverbrauchs bis 2020 erwarten. Vielmehr ist – verglichen mit 2003 – ohne weiter gehende Maßnahmen sogar mit einem Anstieg der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen im Land um 6 % zu rechnen. Ein geringer Beitrag könnte von der beginnenden Nutzung alternativer Antriebssysteme ausgehen, die bis 2020 nach Einschätzung von Experten einen Anteil von 3 % erreichen und in annähernd derselben Größenordnung die CO2-Emissionen verringern könnten. Entsprechende Wirkung könnte die im letzten Jahr verabschiedete EU-Richtlinie zeigen, derzufolge bis 2010 mindestens 5,75 % des gesamten Kraftstoffverbrauchs im Straßenverkehr durch Bio-Kraftstoffe ersetzt werden sollen. Gelingt diese Substitution und nachfolgend, wie beabsichtigt, sogar eine weitere Steigerung auf 10 %, so erbrächte dies eine Verringerung der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen in derselben Größenordnung von 6 bis 10 %.

1 NMVOC: Non-methan Volatile Organic Compounds

2 BVU, Ifo, ITP, PLANCO: Verkehrsprognose 2015 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen April 2001.