:: 7/2005

Rückgang der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft – Familienarbeitskräfte bilden das Rückgrat

Bei der Erfassung der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft über die Agrarstatistik1 wird zwischen Arbeitskräften aus dem familiären Umfeld des Betriebsinhabers und familienfremden Beschäftigten unterschieden. Die Arbeitskräftesituation in der Landwirtschaft war schon immer dadurch geprägt, dass nicht nur der Betriebsinhaber, sondern weitere Familienmitglieder ihre Arbeitkraft zumindest teilweise dem Betrieb zur Verfügung stellten. Gerade in Baden-Württemberg mit seinen kleinflächigen Betriebstrukturen und dem hohen Anteil an Sonder- und Dauerkulturen war die Arbeitskraft der Familienangehörigen eine feste Größe. So waren vor einem Vierteljahrhundert 327 900 Personen in der Landwirtschaft tätig, darunter 94 % Familienarbeitskräfte. Im Jahr 2003 waren noch knapp 61 % der rund 227 000 landwirtschaftlichen Arbeitskräfte Familienarbeitskräfte. Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf die hochgerechneten Repräsentativergebnisse der Agrarstrukturerhebung 2003, da der Merkmalskatalog der Stichprobenbetriebe detailliertere Aussagen zu den Arbeitskräften zulässt.

Die Hauptarbeit wird weiterhin von Familienarbeitskräften geleistet

Im Jahr 2003 waren insgesamt rund 227 000 Personen in der Landwirtschaft beschäftigt. Im Vergleich zum Jahr 19992 bedeutet dies einen Rückgang um 18 300 Personen bzw. gut 7 %. Die Zahl der Familienarbeitskräfte sank im gleichen Zeitraum um 11 % auf 137 800 Personen. Damit sind immer noch 61 % der in der Landwirtschaft Beschäftigten Familienarbeitskräfte einschließlich Betriebsinhaber (Schaubild). Im selben Zeitraum stieg der Anteil der ständig beschäftigten Arbeitskräfte (ohne Familienarbeitskräfte) um gut 12 % auf 20 000 Personen an. Damit waren 9 % familienfremde ständig Beschäftigte; gut 30 % arbeiteten als nicht ständig Beschäftigte, die für höchstens 3 Monate im Betrieb arbeiten. Bei diesen zumeist als Saisonarbeitskräfte angestellten Personen war ein leichter Rückgang zu beobachten: 69 000 Personen waren im Jahr 2003 nur vorübergehend im Betrieb beschäftigt; das ist ein Minus von 4 % gegenüber 1999. Die Veränderungen dürften allerdings zum Teil auch methodisch bedingt sein: Zum einen ist mit der Agrarstrukturerhebung 2003 der Erfassungszeitraum für Arbeitskräfte ausgeweitet worden (siehe i-Punkt), sodass vor allem ein Anstieg des Nachweises der ständig Beschäftigten zu erwarten war. Zum anderen werden bei Umfirmierungen von Einzelunternehmen hin zu Personengesellschaften/-gemeinschaften die Familienarbeitskräfte umgruppiert zu den ständigen (familienfremden) Arbeitskräften.

89 % aller landwirtschaftlichen Arbeitskräfte in Einzelunternehmen

Die Einzelunternehmen – die klassischen Familienbetriebe – spielen traditionell eine bedeutende Rolle in der baden-württembergischen Landwirtschaft. So wurden im Jahr 2003 immerhin noch 94 % der 64 400 landwirtschaftlichen Betriebe als Familienbetrieb geführt und knapp 90 % der etwa 227 000 Arbeitskräfte waren hier beschäftigt (Tabelle 1). Der Anteil der Arbeitskräfte, die in einem Verwandtschaftsverhältnis zum Betriebsinhaber standen, überwog mit gut 68 % deutlich. Insgesamt waren in den Einzelunternehmen ein Drittel der Betriebsinhaber als Vollbeschäftigte tätig, während dieser Anteil bei den beschäftigten Familienangehörigen lediglich bei 8 % lag. Neben den 137 800 Familienarbeitskräften (inklusive Betriebsinhaber) waren 64 100 Personen als familienfremde landwirtschaftliche Arbeitskräfte in den Einzelunternehmen beschäftigt. Allerdings waren nur 10 % von ihnen ständig angestellt, während die rund 57 300 vorübergehend Beschäftigten (inklusive Saisonarbeitskräfte) den Großteil ausmachten.

Haupterwerbsbetriebe setzen auf Fremdarbeitskräfte …

Als Haupterwerbsbetriebe gelten Betriebe mit 1,5 Arbeitskraft-Einheiten (AK-E)3 und mehr oder 0,75 bis unter 1,5 AK-E und mit einem Anteil des betrieblichen Einkommens am Gesamteinkommen von mindestens 50 %. Der Anteil der Betriebe, die in Baden-Württemberg im Haupterwerb bewirtschaftet werden, lag 2003 bei 36 % und damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (43 %). Mit 898 600 ha Fläche bewirtschafteten diese Betriebe mehr als 60 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Baden-Württemberg. Insgesamt waren mit gut 106 000 Personen 47 % aller landwirtschaftlichen Arbeitskräfte in den Haupterwerbsbetrieben beschäftigt (Tabelle 1). Neben den 21 900 Betriebsinhabern halfen 36 300 Familienangehörige im Betrieb mit. Insgesamt gingen 19 % der Familienarbeitskräfte neben der Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb noch einer anderen Erwerbstätigkeit nach. Immerhin 84 % der Betriebsinhaber gaben an, in der Landwirtschaft vollbeschäftigt zu sein. Der Anteil der familienfremden Arbeitskräfte in den Haupterwerbsbetrieben betrug 45 %. Dabei waren fast neun von zehn der familienfremden Arbeitskräfte nur vorübergehend im Betrieb beschäftigt. Auf der anderen Seite waren 5 700 familienfremde Arbeitskräfte ständig in den Betrieben angestellt, von denen wiederum die Hälfte in Vollzeit in der Landwirtschaft tätig war.

… während in Nebenerwerbsbetrieben noch auf Mitarbeit aus der Familie gebaut wird

Bei immerhin knapp 64 % der landwirtschaftlichen Betriebe im Südwesten stellt die Landwirtschaft nicht mehr die Haupteinnahmequelle dar. Nahezu acht von zehn Betriebsinhabern gaben im Jahr 2003 an, auch eine andere Erwerbstätigkeit auszuüben. Zum überwiegenden Teil wird auf die Mithilfe aus den Reihen der Verwandtschaft gezählt: 83 % der insgesamt 95 600 Arbeitskräfte in den Nebenerwerbsbetrieben zählten zu den Familienarbeitskräften (inklusive Betriebsinhaber).

Die Vollbeschäftigung spielt in den landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben kaum noch eine Rolle. Nur 2 % der Betriebsinhaber und weniger als 1 % der sonstigen auf dem Betrieb beschäftigten Familienangehörigen waren mit betrieblichen Arbeiten voll ausgelastet. Demzufolge war auch der Einsatz von familienfremden Arbeitskräften nur gering (17 %) und die meisten halfen nur vorübergehend aus.

Betrieblicher Schwerpunkt bestimmt den Bedarf an Arbeitskräften

Die Arbeitskräfteausstattung der Betriebe ist stark abhängig von den betrieblichen Produktionsschwerpunkten und dem damit verbundenen anfallenden Arbeitsvolumen (Tabelle 2). So beschäftigten die Gartenbaubetriebe, die sich durch einen kontinuierlichen Arbeitsanfall mit vielen manuellen Arbeitsgängen und einem hohen Spezialisierungsgrad auszeichnen, die meisten Arbeitskräfte pro Betrieb (6,9). Die spezielle Arbeitssituation in den Gartenbaubetrieben ist weiterhin gekennzeichnet von einem deutlich erhöhten Vollbeschäftigtenanteil von knapp 38 % (im Durchschnitt: 15 % Vollbeschäftigung), einem unterdurchschnittlichen Anteil der als Saisonarbeiter beschäftigten Fremdarbeitskräfte (49 %; Durchschnitt: 78 %) und dem geringsten Anteil an im Betrieb beschäftigten Familienarbeitskräften (26 %).

Dauerkulturbetriebe sind ebenfalls durch einen hohen Spezialisierungsgrad ausgezeichnet, wobei der Arbeitsanfall jedoch stark saisonal schwankt. Insgesamt wurden in diesen Betrieben 4,6 Arbeitskräfte pro Betrieb beschäftigt, davon allerdings lediglich 6 % in Vollzeit. Demgegenüber lag der Anteil der Saisonarbeitskräfte (88 %) ausgesprochen hoch.

In den Futterbaubetrieben, die sich vor allem mit Milchviehwirtschaft und Rindermast beschäftigen, ist allein durch die Versorgung des Viehs ein kontinuierliches Maß an Arbeit gefordert, dessen Großteil an eingespielten Abläufen von Familienangehörigen erledigt werden kann. So kamen in den Futterbaubetrieben 88 % der Arbeitskräfte aus dem Kreis der Familie. Der überwiegende Teil der familienfremden Arbeitskräfte war ständig im Betrieb beschäftigt (59 %) und die Vollbeschäftigtenquote lag hier bei 21 %. Mit 2,6 Arbeitskräften pro Betrieb war die Arbeitskräfteausstattung der Futterbaubetriebe nur unterdurchschnittlich (Durchschnitt: 3,5 Arbeitskräfte pro Betrieb).

Ältere Betriebsinhaber häufiger vollbeschäftigt

Wie bereits erwähnt, war im Jahr 2003 nur knapp ein Drittel der Betriebsinhaber in den Einzelunternehmen vollbeschäftigt im Betrieb tätig. Dabei scheint der Grad der Auslastung mit betrieblichen Arbeiten auch vom Alter abhängig zu sein. In Vollzeit tätig waren von den Betriebsinhabern:

  • unter 25-Jährige 15 %,
  • 25- bis 34-Jährige 25 %,
  • 35- bis 54-Jährige 33 %,
  • 55- bis 64-Jährige 40 %,
  • 65-Jährige und Ältere 12 %.

So sind an den äußeren Enden der Altersskala anteilsmäßig die wenigsten vollbeschäftigten Betriebsinhaber zu finden. Generell stieg der Auslastungsgrad mit betrieblichen Arbeiten mit steigendem Alter. Frauen sind als Betriebsinhaber landwirtschaftlicher Einzelunternehmen stark unterrepräsentiert. Nur knapp 5 100 Frauen gaben an, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen; dies entspricht einem Anteil von lediglich 8 %.

Fazit

Der Rückgang der Arbeitskräfte aus dem Kreis der Familie dürfte zum einen durch die allgemeinen Veränderungen in unserer Gesellschaft im letzten Jahrhundert begründet sein. So hat das Leben mit mehreren Generationen unter einem Dach allgemein stark an Bedeutung verloren. Zum anderen haben auch die Berufsfelder außerhalb der Landwirtschaft an Attraktivität gewonnen. Daneben sind durch den technischen Fortschritt und den erhöhten wirtschaftlichen Anpassungsdruck die landwirtschaftlichen Betriebe stetig gewachsen bis hin zu spezialisierten, hoch technisierten Unternehmen, in denen die manuell zu verrichtenden Tätigkeiten auf ein Minimum geschrumpft sind und die verbleibenden Arbeiten höhere Ansprüche an das Fachwissen der Arbeitskräfte stellen.

Der Einsatz von mithelfenden Familienangehörigen in den landwirtschaftlichen Betrieben wird aber auch weiterhin nicht wegzudenken sein. Vor allem in den Nebenerwerbsbetrieben, die den Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg ausmachen, ist der Einsatz von Fremdarbeitskräften nur zur Bewältigung von saisonal auftretenden Arbeitsspitzen vertretbar. In den Haupterwerbsbetrieben, die den Hauptteil an den Produktionsanteilen einnehmen, sieht die Situation allerdings anders aus: Diese Betriebe werden weiter wachsen und sich zunehmend spezialisieren, was durchaus einen Anstieg in der Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften mit entsprechendem Fachwissen nach sich ziehen könnte, die zunehmend mit ständig beschäftigten Fremdarbeitskräften befriedigt wird.

1  Erhebungseinheiten für die agrarstatistischen Erhebungen sind landwirtschaftliche Betriebe mit mindestens 2 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche oder bestimmten pflanzlichen oder tierischen Mindesterzeugungseinheiten.

2  1999 war das Jahr der letzten Großzählung.

3  Die AK-E ist die Maßeinheit der Arbeitsleistung einer im Berichtszeitraum mit betrieblichen Arbeiten vollbeschäftigten und nach ihrem Alter voll leistungsfähigen Person. Die Arbeitsleistung wird aus der je Arbeitskraft für den Betrieb angegebenen Arbeitszeit ermittelt.