:: 8/2005

Aufbau einer Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte in Baden‑Württemberg

Im Jahr 2004 hat das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg damit begonnen, Haushalte auf freiwilliger Basis für eine Dauerstichprobe zu gewinnen, die dann als Auswahlgrundlage für freiwillige Haushalts- und Personenerhebungen genutzt werden kann. Eine solche Dauerstichprobe ist nur dann sinnvoll, wenn genügend Haushalte angeworben werden können und diese Haushalte repräsentativ für die Gesamtheit aller Haushalte sind. Erste Ergebnisse in Baden‑Württemberg zeigen, dass mehr als jeder zehnte Haushalt, der angesprochen wurde, auch bereit ist, an der Dauerstichprobe teilzunehmen und darüber hinaus die Repräsentativität im Wesentlichen gewährleistet ist.

Grundidee der Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte

Die amtliche Statistik hat im Jahr 2004 damit begonnen, Haushalte, die am Mikrozensus teilgenommen haben und nun aus dem Mikrozensus ausscheiden, für die Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte zu werben. Die geworbenen Haushalte erklären sich bereit, hin und wieder an Erhebungen der amtlichen Statistik teilzunehmen. Sie können aber bei jeder Erhebung frei entscheiden, ob sie mitmachen wollen oder nicht.

Diese Dauerstichprobe wächst mit der Zeit durch die laufende Neuanwerbung und kann als Auswahlgrundlage für eine immer größere Zahl von freiwilligen Haushalts- und Personenerhebungen genutzt werden. Im Jahr 2005 wird die Dauerstichprobe in Baden‑Württemberg zum Beispiel für die Erhebung »Leben in Europa (EU-SILC)« herangezogen. Für die Zukunft ist auch für weitere Erhebungen geplant, die Vorteile der Dauerstichprobe zu nutzen, so zum Beispiel für die Europäische Umfrage zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in privaten Haushalten (IKT).

Der Aufbau einer Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte (DSP) kann für die amtliche Statistik wichtige Vorteile bieten. Freiwillige Haushalts- und Personenbefragungen haben seit Jahren mit einer sinkenden Teilnahme- und Auskunftsbereitschaft zu kämpfen. Um den erforderlichen Stichprobenumfang zu erreichen, muss eine erheblich größere Anzahl von Haushalten um ihre Teilnahme gebeten werden. Dies steigert die Kosten, vergrößert den Zeitaufwand und lässt es immer weniger zu, flexibel auf kurzfristig auftretenden Datenbedarf zu reagieren. Dagegen kann man bei Haushalten der Dauerstichprobe, die sich zur regelmäßigen Teilnahme an Erhebungen der amtlichen Statistik bereit erklärt haben, von höheren Ausschöpfungsquoten ausgehen, was zu einer Kosten- und Zeitersparnis beiträgt. Außerdem kann die Dauerstichprobe für die Ziehung von Zufallsstichproben verwendet werden, da die Haushalte ausschließlich aus dem Mikrozensus geworben werden und der Mikrozensus selbst auf einer Zufallsauswahl beruht. Zufallsstichproben sind methodisch den Quotenstichproben überlegen. Ihr Einsatz wird von Eurostat verstärkt gefordert.1 Die Dauerstichprobe ist aber nur dann ein effizientes Instrument der amtlichen Statistik, wenn sie eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt:

  • Es müssen sich genügend ehemalige Mikrozensus-Haushalte zu einer Teilnahme bereit erklären, damit die Dauerstichprobe als Auswahlgrundlage für Erhebungen, wie zum Beispiel die Erhebung »Leben in Europa« genutzt werden kann.
  • Die teilnehmenden Haushalte müssen repräsentativ für die Gesamtheit der Haushalte sein.
  • Die Teilnahmebereitschaft der Haushalte aus der Dauerstichprobe an Erhebungen muss wesentlich höher sein als die solcher Haushalte, die unmittelbar aus der interessierenden Gesamtpopulation ausgewählt werden.

Die dritte Voraussetzung kann zurzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, da sich die Erhebung »Leben in Europa« noch in der Feldphase befindet. Zur Beurteilung der beiden ersten Voraussetzungen werden im Folgenden die Anwerbeergebnisse aus dem Jahr 2004 für Baden‑Württemberg analysiert.

Struktur der Dauerstichprobe in Baden‑Württemberg

In Baden‑Württemberg wurden im Jahre 2004 insgesamt 1 116 Haushalte, die aus dem Mikrozensus ausschieden, für die Dauerstichprobe gewonnen. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 11,2 %. Die Zahl der geworbenen Haushalte reichte gerade aus, um als Auswahlgrundlage für die Erhebung »Leben in Europa« zu dienen: Die Brutto-Stichprobengröße für »Leben in Europa« beträgt 2005 in Baden‑Württemberg 783 Haushalte. Allerdings muss die Dauerstichprobe 2005 zumindest im selben Ausmaß aufgestockt werden wie 2004, da 2006 im Rahmen von »Leben in Europa« die Zahl der Haushalte, die aus der Dauerstichprobe herangezogen werden, verdoppelt wird, also 1 566 Haushalte für die Bruttostichprobe benötigt werden. Die Anstrengungen bei der Anwerbung von Haushalten müssen also noch erhöht werden. Durch den Vergleich der Ergebnisse der Dauerstichprobe mit den Ergebnissen des Mikrozensus lassen sich erste Schlüsse hinsichtlich der Repräsentativität der Dauerstichprobe ziehen. Dazu wurde aus dem Verhältnis »Häufigkeit in der Dauerstichprobe/Häufigkeit im Mikrozensus« die Teilnahmequote der einzelnen Schichten ermittelt. Die Teilnahmequote für alle Haushalte insgesamt von 11,2 % stellt dabei als Durchschnittswert den Vergleichsmaßstab dar (siehe Schaubild 1).

Betrachtet man die Haushalte nach dem Haushaltstyp, zeigt sich, dass allein Erziehende und Ehepaare mit mindestens einem Kind sehr gut in der Dauerstichprobe vertreten sind, während Einpersonenhaushalte und insbesondere sonstige Haushalte nur unterdurchschnittlich gewonnen werden konnten. Bei den sonstigen Haushalten handelt es sich vor allem um solche, in denen Kinder über 18 Jahren leben. Diese Altersgruppe scheint nur schwer für die Mitarbeit mit der amtlichen Statistik zu gewinnen zu sein (siehe Schaubild 1, Haushaltstyp).

Zieht man die soziale Stellung des Haupteinkommensbeziehers zur Beurteilung heran, erkennt man, dass die abhängig Beschäftigten sowie die sonstigen Nichterwerbstätigen überproportional gut für die Dauerstichprobe gewonnen werden konnten. Dagegen ist die Teilnahmebereitschaft bei Selbstständigen und Landwirten geringer. Überraschenderweise ist auch die Teilnahmebereitschaft bei Rentnern und Pensionären vergleichsweise niedrig. Dennoch sind hier insgesamt die Abweichungen von der durchschnittlichen Teilnahmebereitschaft von 11,2 % relativ gering (Schaubild 1, soziale Stellung des Haupteinkommensbeziehers).

Ein Blick auf das Einkommen der geworbenen Haushalte zeigt, dass Haushalte mit einem niedrigen Haushaltseinkommen in der Dauerstichprobe leicht unterrepräsentiert sind. Haushalte mit mittlerem und höherem Einkommen sind dagegen überdurchschnittlich in der Dauerstichprobe vertreten. Allerdings sind auch hier die Abweichungen vom Durchschnitt nicht allzu gravierend (Schaubild 1, Haushaltseinkommen).

Betrachtet man anstelle von Haushalten Personen, so liegt die Teilnahmequote insgesamt vergleichbar hoch wie bei den Haushalten, nämlich bei 11,6 %. Ein Blick auf die Altersstruktur der teilnehmenden Personen bestätigt die oben gewonnene Erkenntnis, dass die Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen, aber vor allem auch ältere Menschen schwerer für die Dauerstichprobe gewonnen werden können (Schaubild 2).

Insgesamt ist festzuhalten, dass es gegenüber dem Mikrozensus gewisse Verzerrungen gibt, die allerdings keinen solchen Umfang annehmen, dass die Nutzung der Dauerstichprobe grundsätzlich infrage gestellt wäre. In der Zukunft müssen jedoch bei der Anwerbung von Haushalten besonders die erwähnten Problemgruppen im Auge behalten werden. Nur dann ist zu erwarten, dass mit dem weiteren Ausbau der Dauerstichprobe die angesprochenen Verzerrungen tendenziell abnehmen.

1 Vgl. Nimmergut, Anja/Meyer, Iris/Körner,Thomas: Haushalte Heute 2003, Pilotstudie zur Umsetzbarkeit einer Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte in der amtlichen Statistik 2001-2003, Wiesbaden 2004.