:: 10/2005

Umsätze und deren Besteuerung in Baden-Württemberg

Regelmäßig liefert die Umsatzsteuerstatistik Informationen zur Entwicklung der Steuerpflichtigen und ihrer Unternehmen über alle Wirtschaftsbereiche hinweg, auch für solche Branchen, die nicht über eine gesonderte Fachstatistik regelmäßig befragt werden. Die Hauptaufgabe der Umsatzsteuerstatistik ist es, Daten für steuer- und finanzpolitische Entscheidungen bereitzustellen. Somit gewährt sie nicht nur der Politik und der Verwaltung, sondern auch der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit sowohl einen Überblick über die fiskalischen und steuerpolitischen Aspekte als auch einen Einblick in die Wirtschaftsstruktur auf Kreis-, Landes- und Bundesebene.

Steuerbarer Umsatz erreicht erneut Rekordhöhe

Im Jahr 2003 haben knapp 406 000 Unternehmen in Baden-Württemberg Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben. Damit waren rund 3 600 Unternehmen (- 0,9 %) weniger zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet als noch 2002. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Abschneidegrenze für Kleinunternehmer 2003 von 16 620 auf 17 500 Euro erhöht wurde.

Der Umfang der »Umsätze« – in der Fachsprache »Lieferungen und Leistungen«1 – nahm seit 1994 kontinuierlich zu und erreichte 2003 einen Rekordwert in Höhe von 693 Mrd. Euro. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von 1,4 % (Schaubild1). Die mit dem normalen Steuersatz von 16 % besteuerten Umsätze stiegen um 1,2 % auf gut 455 Mrd. Euro und die mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %2 besteuerten Umsätze um 2,7 % auf knapp 62 Mrd. Euro. Neben den Lieferungen und Leistungen haben die Unternehmen in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen auch die innergemeinschaftlichen Erwerbe3 anzugeben, die der Umsatzsteuer unterliegen. Die innergemeinschaftlichen Erwerbe betrugen im Jahr 2003 mit 48 Mrd. Euro knapp 1 % mehr als im Vorjahr.

Die Umsatzsteuer für Lieferungen und Leistungen sowie für innergemeinschaftliche Erwerbe belief sich vor Abzug der Vorsteuer4 auf insgesamt 86 Mrd. Euro (+ 1,5 %). Gleichzeitig wurden 2003 jedoch 73 Mrd. Euro als Vorsteuer abgezogen; dies war eine Zunahme von 2,3 % gegenüber 2002.

Verarbeitendes Gewerbe dominiert die Umsatzzahlen

Das Verarbeitende Gewerbe nimmt in Baden-Württemberg nach wie vor eine herausragende Stellung ein. Über 50 000 Unternehmen (Tabelle 1) – das sind 12,4 % aller steuerpflichtigen Unternehmen – erzielten mit der Herstellung der unterschiedlichsten Güter fast die Hälfte der erbrachten Lieferungen und Leistungen (46,8 %) im Land. Im Bundesgebiet insgesamt hatten lediglich 9,6 % der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt im Verarbeitenden Gewerbe und der Anteil der Lieferungen und Leistungen lag bei 36,1 %.

Gemäß der Zahl umsatzsteuerpflichtiger Unternehmen kommt dem Bereich »Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen« eine Spitzenposition zu.

Mit 115 000 Unternehmen ordnete die Finanzverwaltung diesem Wirtschaftszweig nahezu jedes dritte Unternehmen (28,3 %) zu. Allerdings entfielen lediglich 7,3 % der 2003 im Land erstellten Lieferungen und Leistungen auf diese Branchen. Bundesweit waren 27,2 % der Unternehmen in diesem Wirtschaftsbereich tätig, und diese erbrachten 11,9 % der Lieferungen und Leistungen.

Den jeweils zweiten Platz sowohl bei der Zahl der Umsatzsteuerpflichtigen als auch bei den Umsätzen belegte der Bereich »Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern«. Fast 94 000 (23,2 %) umsatzsteuerpflichtige Unternehmen erbrachten Lieferungen und Leistungen in Höhe von 225 Mrd. Euro (32,4 %).

Einzelunternehmen dominieren bei den Rechtsformen

Wie Tabelle 2 zeigt, war das Einzelunternehmen 2003 über nahezu alle Wirtschaftszweige hinweg die häufigste Rechtsform im Land. Die einzigen Ausnahmen waren der Bergbau sowie die Energie- und Wasserversorgung, die gemessen an der Zahl der Steuerpflichtigen allerdings kaum Einfluss auf das Gesamtergebnis hatten. Insgesamt firmierten als Einzelunternehmen rund 282 500 Umsatzsteuerpflichtige; das waren 69,6 % aller in der Umsatzsteuerstatistik erfassten Unternehmen. Die Einzelunternehmer setzten dabei Waren und Dienstleistungen von insgesamt 76,5 Mrd. Euro um. Dies entsprach allerdings nur einem Anteil von 11 % am Gesamtvolumen. Der durchschnittliche Umsatz je Einzelunternehmen von 271 000 Euro lag deutlich unter den Vergleichswerten der anderen Rechtsformen.

Gemessen an der Zahl der Umsatzsteuerpflichtigen folgten mit knapp 60 000 Unternehmen (14,7 %) die Kapitalgesellschaften an zweiter Stelle, jedoch mit einem Anteil von 46,6 % am Umsatzvolumen. Davon wurden allein 58 800 Unternehmen unter der Rechtsform »Gesellschaft mit beschränkter Haftung« geführt; diese meldeten 28,6 % aller Lieferungen und Leistungen. Lediglich 0,2 % der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen wurden als Aktiengesellschaft geführt. Auf diese entfielen jedoch mit 125 Mrd. Euro 18 % aller Umsätze. Der durchschnittliche Umsatz der Kapitalgesellschaften betrug 5,4 Mill. Euro.

In der Rechtsform »Personengesellschaft« wurden knapp 53 000 Unternehmen (13,0 %) geführt, davon rund 38 000 als offene Handelsgesellschaft (OHG) und gut 15 000 als Kommanditgesellschaft (KG). Vier von zehn Personengesellschaften gehörten zu Branchen, die unternehmensnahe Dienstleistungen5 anbieten. Fast jeder dritte Euro, der 2003 in Baden-Württemberg durch Lieferungen und Leistungen erzielt wurde, wurde von einer Personengesellschaft erzielt. Im Durchschnitt setzte eine Personengesellschaft 4,2 Mill. Euro um.

Höchste Größenklasse dominiert den Gesamtumsatz

Ein Blick auf die Verteilung der von der Umsatzsteuerstatistik erfassten Unternehmen nach Größenklassen (Schaubild 2) zeigt, dass im Jahr 2003 über zwei Drittel der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen im Land Lieferungen und Leistungen von unter 250 000 Euro erbrachten; ihr Anteil am Gesamtvolumen der Lieferungen und Leistungen betrug lediglich 3,4 %. Allein 111 000 Umsatzsteuervoranmelder (27,2 %) waren der Gruppe zuzurechnen, deren Umsätze im Jahr 2003 zwischen 17 500 und 50 000 Euro lag. Ihr Beitrag zum Gesamtaufkommen der Lieferungen und Leistungen lag nur bei 0,5 %. Umgekehrt verbuchten die Unternehmen mit Lieferungen und Leistungen von 5 Mill. und mehr, die gemessen an der Zahl der Umsatzsteuerpflichtigen insgesamt nur 2,7 % ausmachten, fast 81 % aller Lieferungen und Leistungen auf sich.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich, wie oben bereits dargestellt, die Zahl der Unternehmen um 3 600 Unternehmen reduziert. Dabei hat aber nicht allein die Erhöhung der Abschneidegrenze zu dem Rückgang der Umsatzsteuervoranmelder geführt. In der Größenklasse von Unternehmen, die weniger als 50 000 Euro umsetzten, war ein Rückgang von gut 800 Unternehmen feststellbar. In der Größenklasse von 50 000 bis 100 000 Euro war mit einem Plus von knapp 300 Unternehmen sogar eine leichte Zunahme (+ 0,4 %) zu beobachten. In allen anderen Größenklassen war die Zahl der Unternehmen rückläufig. Besonders auffällig war der Rückgang von über 1 000 Unternehmen in der Größenklasse zwischen 500 000 und 1 Mill. Euro.6

Bei den Jahresumsätzen hatten nur die Unternehmen der Größenklassen unter 100 000 Euro und die Unternehmen der Größenklasse »5 Millionen und mehr« Zuwächse zu verzeichnen, wobei die Zuwächse in der höchsten Größenklasse (+ 11,5 Mrd. Euro) das Gesamtergebnis (+ 9,6 Mrd. Euro) maßgeblich beeinflusst haben.

1 Der Begriff »Lieferung und Leistung« ergibt sich aus § 3 UStG.

2 Nach § 12 Abs. 2 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % unter anderem für Lieferungen, Einfuhr, innergemeinschaftlichen Erwerb und der Vermietung der in der Anlage zum Umsatzsteuergesetz aufgeführten Gegenstände (zum Beispiel Lebensmittel, Bücher und Erzeugnisse des grafischen Gewerbes); zum ermäßigten Satz werden ferner auch bestimmte Leistungen des kulturellen Bereichs sowie die Beförderung im Personennahverkehr nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG besteuert.

3 Innergemeinschaftlicher Erwerb liegt vor, wenn die Lieferung eines Gegenstandes aus dem Gemeinschaftsgebiet der EU erfolgt. Dabei muss die Lieferung gegen Entgelt erfolgen. Zudem darf die Lieferung nach dem Recht des anderen Mitgliedstaates nicht steuerfrei sein.

4 Der Unternehmer kann bei der Steuerberechnung die ihm im Geschäftsverkehr von anderen Unternehmen gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuerbetrag von seiner Steuerschuld abziehen. Dazu gehören auch die auf Importe für Unternehmenszwecke entrichteten Einfuhrumsatzsteuern und die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb.

5 Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen.

6 Die Anteilsverschiebungen zwischen den Größenklassen haben mehrere Ursachen: Auflösungen oder Verschmelzungen von Unternehmen sowie Auf- oder Abrücken in höhere bzw. niedrigere Größenklassen. Konjunkturelle Einflüsse lassen sich aus den hier vorliegenden Daten nicht ablesen, auch wenn diese tatsächlich vorhanden sind.