:: 10/2005

Zwischenbilanz der Ernten 2005

Ernteerhebungen sind seit jeher ein wichtiger Bestandteil der amtlichen Agrarstatistik. Sie dienen dem Ziel, möglichst frühzeitig zuverlässige und umfassende Informationen zunächst über die zu erwartenden und dann über die tatsächlich erzielten Erntemengen zu erhalten. Erntedaten sind unentbehrlich für die Beobachtung der Nahrungsmittelversorgung sowie der Markt- und Preisentwicklung, um nur die wichtigsten Verwendungen zu nennen. Dabei wird Jahr für Jahr deutlich, dass die pflanzliche Produktion stärker als alle anderen Wirtschaftsbereiche den Kapriolen eines Standortfaktors mehr oder weniger hilflos ausgeliefert ist: dem Wetter. Die Ernten bei Getreide und den wichtigsten Obstarten fallen in diesem Jahr allenfalls durchschnittlich aus, während bei der Weinmosternte sowohl hinsichtlich der Qualität als auch hinsichtlich der Quantität nach derzeitigem Wachstumstand der Reben Anlass zu Optimismus besteht.

Getreideernte steht unter dem Eindruck der Regenperiode von Mitte August

Mitte April wurde die Vegetationsentwicklung bei den überwinternden Getreidearten und von Winterraps durchweg als zufrieden stellend eingeschätzt. Wintersaaten, die vor der herbstlichen Regenperiode 2004 gesät worden waren, hatten sich zumeist schön entwickelt. Danach waren die Saatbedingungen allerdings nicht mehr optimal. Auswinterungsverluste waren indessen nur sehr vereinzelt zu beklagen. Durch den lang anhaltenden Winter verzögerte sich der Vegetationsbeginn um etwa 10 bis 14 Tage, sodass die Sommerfrüchte erst vergleichsweise spät ausgebracht werden konnten. Die Juli-Niederschläge kamen mancherorts nicht mehr rechtzeitig, um die Defizite aus der Trockenperiode von Mai/Juni ausgleichen zu können. Gebietsweise kam es insbesondere im südlichen Landesteil entlang einer Linie zwischen Freiburg und Böblingen zu schwerem Hagel und ausgedehnten Starkregenfällen, die teilweise zu nicht unerheblichen Schäden führten.

Die Getreideernte selbst ist angesichts der etwa 14-tägigen Regenperiode in der zweiten Augusthälfte hinsichtlich Qualität und Menge sehr heterogen ausgefallen. So wurde die Qualität des frühzeitig geernteten Getreides als »insgesamt ziemlich erfreulich«1 eingeschätzt. Diese Partien konnten zumeist mit Feuchtigkeitsgehalten von unter 14 % eingebracht werden, sodass eine Nachtrocknung in den allermeisten Fällen nicht erforderlich war. Die starken Regenfälle führten gebietsweise zu Lagergetreide und erschwerten damit den Mähdrusch beträchtlich. Hinzu kommen Qualitätseinbußen infolge Auswuchses. 2 Örtlich wird von Pilzkrankheiten an den Ähren berichtet.

Aufgrund der vorläufigen Ergebnisse der Besonderen Ernteermittlung beziffert sich die diesjährige Getreideernte (ohne Körnermais) zum Stand von Mitte September auf 28,6 Mill. Dezitonnen (dt; 1dt = 100 kg = 0,1 Tonnen). Das sind 3,0 % weniger als im Mittel der Jahre 1999/2004 (29,5 Mill. dt), der Ertrag liegt aber um 4,5 Mill. dt oder 13 % unter der Rekordmarke des Vorjahres. Infolge des verspäteten Erntebeginns und der Regenfälle in der jüngsten Vergangenheit konnten aber noch nicht alle vorgesehenen Probeschnitte und Volldrusche ausgewertet werden. Die Ergebnisse sind folglich noch mit gewissen Unsicherheiten behaftet und Veränderungen insbesondere dann noch möglich, wenn die schlechten Erntebedingungen in den Spätdruschgebieten stärkere Ertragseinbußen nach sich gezogen haben.

Hinter dem Ernteergebnis verbirgt sich nach dem vorläufigen Ergebnis der diesjährigen repräsentativen Bodennutzungshaupterhebung eine im Vergleich zum Vorjahr um 7 700 ha (- 1,6 %) kleinere Getreideanbaufläche ohne Körnermais (476 500 ha). Mit einem Rückgang von 7 800 ha auf nunmehr 211 200 ha musste die ertragsstärkste Getreideart Winterweizen die größten Einbußen verkraften. Der Anbau von Sommergerste (- 2 600 ha auf 91 400 ha) und von Hafer (- 3 800 ha auf 34 500 ha) war ebenfalls rückläufig, während Wintergerste (+ 1 800 ha auf 100 500 ha) leicht zulegen konnte.

Bei allen Getreidearten liegen die Erträge deutlich – zwischen 10 % bei Winterweizen und knapp 17 % bei Sommergerste – unter den Rekordergebnissen des Vorjahres. Winterweizen übertrifft mit 70,1 dt/ha das durchschnittliche Ertragsniveau (68,4 dt/ha), während Sommergerste (47,6 dt/ha), Hafer (48,8 dt/ha) und Wintergerste (55,1 dt/ha) um 4 bzw. 6 und 7 % deutlich hinter dem Mittel der Jahre 1999/2004 zurückbleiben. Für die Futter- und Industriegetreidearten (Gerste und Hafer) errechnet sich somit eine Gesamterntemenge von 12,9 Mill. dt – ein Ergebnis, welches das Vorjahresresultat um fast 16 %, das Mittel der Jahre 1999/2004 um 9 % unterschreitet. Die Ernte der Brotgetreidearten (Weizen und Roggen) beziffert sich auf insgesamt 15,7 Mill. dt und liegt damit 2 % über dem langjährigen Mittel, verfehlt aber den Rekord aus dem Vorjahr um 12 % (Tabelle).

Unter den klimatischen Bedingungen dieses Frühjahres hat der Wärme liebende Mais besonders gelitten. Die späte Aussaat und ein verzögertes Auflaufen infolge verschlämmter Böden begründen heute noch ein gewisses Wachstumsdefizit, sodass derzeit mit einer vergleichsweise späten Körnermaisernte gerechnet wird. Nach schöner Blüte wird mit knapp 100 dt/ha ein Ertrag oberhalb des langjährigen Mittels (91,9 dt/ha) erwartet. Auch die Silomaiserträge dürften in etwa auf dem Niveau des langjährigen Durchschnittsertrages von rund 450 dt/ha Grünmasse liegen.

Bei Winterraps, der mit Abstand bedeutendsten Ölfrucht im Land, konnte mit einem Durchschnittsertrag von über 37 dt/ha nach dem Rekord des Vorjahres (38,3 dt/ha) wiederum ein sehr gutes Ergebnis erzielt werden. Bei den Landwirten steht der Winterraps wegen seiner günstigen Fruchtfolgeeigenschaften und der guten Marktsituation bei der Verwendung als nachwachsender Rohstoff (unter anderem im Biodieselbereich) nach wie vor hoch im Kurs. Binnen Jahresfrist wurde sein Anbau um 8 % auf 67 300 ha ausgedehnt. Damit liegt die diesjährige Winterrapsernte von über 2,5 Mill. dt um 17 % über dem langjährigen Mittel (knapp 2,2 Mill. dt) und 6 % über der Vorjahresernte (2,4 Mill. dt).

Leicht unterdurchschnittliche Erträge im heimischen Kartoffelanbau

Mitte September war die diesjährige Kartoffelernte bei den für das Einkellerungsgeschäft maßgeblichen Sorten noch in vollem Gange. Bei den mittelfrühen und späten Kartoffeln zeichnete sich demnach für Baden-Württemberg im Landesmittel mit voraussichtlich 330 dt/ha ein leicht unterdurchschnittlicher Ertrag ab. Das langjährige Mittel 1999/2004 beziffert sich auf 343 dt/ha; im Vorjahr konnte mit 366 dt/ha sogar ein Spitzenergebnis erzielt werden. Bei einer Anbaufläche von knapp 5 500 ha wird mit 1,8 Mill. dt Spätkartoffeln (einschließlich mittelfrühe) eine Erntemenge erwartet, die das Vorjahresergebnis um ein Zehntel, den Sechsjahresdurchschnitt um 16 % verfehlt.

Die Frühkartoffeln erzielten im heimischen Anbau mit rund 270 dt/ha eine Flächenleistung vergleichbar dem Mittel 1999/2004 (275 dt/ha). Auf einer Anbaufläche von 980 ha – dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Ausweitung um 200 ha oder ein Viertel – wurde im Südwesten somit eine Erntemenge von über 260 000 dt Frühkartoffeln erzeugt. Das Vorjahresergebnis wurde damit um ein Zehntel übertroffen, das langjährige Mittel (270 000 dt) aber um 3 % verfehlt.

Die gesamte Kartoffelernte der marktorientierten Betriebe des Landes ist damit auf voraussichtlich knapp 2,1 Mill. dt zu beziffern. Ergänzend zur Kartoffelernte in den landwirtschaftlichen Betrieben dürfte bei den Eigenerzeugern und Kleinstflächenbewirtschaftern noch eine nennenswerte Produktion zusätzlich anfallen, sodass die Gesamtversorgung an Kartoffeln aus heimischer Erzeugung im Land auf schätzungsweise 2,8 Mill. dt zu veranschlagen ist.

Obst und Gemüse: allenfalls durchschnittliche Ernten

Das Fazit der diesjährigen Obsternte lautet: wenig zufrieden stellend. Dabei sind die Gründe für die insgesamt enttäuschenden Ernteaussichten vielfältig und von Standort zu Standort sehr unterschiedlich. Neben der Alternanz, also dem natürlichen Wechsel von ertragsstarken und ertragsschwachen Jahren, werden insbesondere die teilweise feuchte und kühle Witterung während der Blütezeit sowie der Kälteeinbruch von Ende Mai hierfür verantwortlich gemacht. Nach der Behangschätzung von Ende August wird beispielsweise die Apfelernte im Marktobstbau auf 2,4 Mill. dt veranschlagt. Üblicherweise kommen aus baden-württembergischer Ernte zwischen 2,5 und 3,5 Mill. dt Äpfel auf den Markt. Der Ertrag beziffert sich im Durchschnitt aller Anbaugebiete und Sorten bei einer Anbaufläche von landesweit 10 000 ha auf voraussichtlich 235 dt/ha. Dabei werden die Ertragsaussichten der einzelnen Sorten durchaus unterschiedlich eingeschätzt. Für die Hauptsorten werden folgende Erträge erwartet:

Elstar und Idared208 bzw. 225 dt/ha,
Jonagold und Gala257 bzw. 259 dt/ha,
Braeburn und Golden Delicious275 bzw. 277 dt/ha.

Bei Pflaumen und Zwetschgen fiel die Ernte mit rund 160 000 dt ebenfalls bescheiden aus. 2004 steht mit einer Erntemenge im Marktobstbau von 423 000 dt für ein Rekordergebnis, 1991 mit 45 200 dt für den Tiefstpunkt in den letzten 15 Jahren. Bei Erdbeeren, deren Anbauschwerpunkte an Rhein und Bodensee liegen, wird der Hektarertrag im Landesdurchschnitt auf rund 123 dt veranschlagt. Das langjährige Mittel 1999/2004 (109,0 dt/ha) würde damit um 13 %, das letztjährige Ergebnis von 113,7 dt/ha um gut 8 % übertroffen. Bei einer gegenüber 2004 um voraussichtlich 230 ha auf annähernd 2 400 ha ausgedehnten Anbaufläche wird die diesjährige Gesamterdbeerernte im Verkaufsanbau auf 300 400 dt veranschlagt. Die Erntemenge läge damit um mehr als ein Fünftel über Vorjahresniveau (245 400 dt). Sie würde das Sechsjahresmittel 1999/2004 (208 100 dt) um stolze 44 % übertreffen.

Die Spargelanbauer im Südwesten konnten 2005 einen durchschnittlichen Flächenertrag von knapp 38 Kilogramm je Ar (kg/ar) 3 erzielen. Dieses Ergebnis liegt sowohl über dem langjährigen Mittel als auch der Vorjahresernte von jeweils gut 35 kg/ar. Die ertragsfähige Anbaufläche bei Spargel bezifferte sich im vergangenen Jahr auf 1 724 ha. Falls der Anbauumfang binnen Jahresfrist nicht wesentlich eingeschränkt oder ausgedehnt wurde, resultiert daraus eine Gesamtspargelernte im Verkaufsanbau von rund 65 000 dt (2004: 61 000 dt; 1999/2004: 44 000 dt im Jahresdurchschnitt). Neben dieser Produktion des statistisch erfassten Verkaufsanbaus landwirtschaftlicher Betriebe kommen allerdings Jahr für Jahr noch nennenswerte Spargelmengen von Kleinsterzeugern an den Markt. Diese Mengen sind in den statistischen Nachweisungen nicht enthalten, weil Kleinsterzeuger nicht die vorgeschriebenen Mindesterfassungsgrenzen im Rahmen der Gemüseanbauerhebung erreichen und damit nicht meldepflichtig sind.

Weinmosternte: Menge wie im Vorjahr erwartetet – gute Qualität in Aussicht

Der Winter 2004/2005 und das Frühjahr 2005 haben zu keinen nennenswerten Frostschäden an Holz, Knospen oder Laub und Trieben geführt. Bedingt durch den lang andauernden Winter und die vergleichsweise niedrigen Temperaturen Anfang Mai wiesen die Reben allerdings mancherorts Anfang Juni gegenüber den Vorjahren einen Vegetationsrückstand von 10 bis 14 Tagen auf. Dennoch wurde landesweit der Austrieb der Reben in etwas mehr als der Hälfte aller Weinberge als gut, in den übrigen bis auf wenige Ausnahmen als zufrieden stellend bezeichnet.

Es folgte ein nach zögerlichem Beginn optimaler Verlauf der Rebblüte. Der Juli bescherte den Reben im Südwesten dann mit genügend Sonnenschein und ausreichend Niederschlägen nahezu ideale Bedingungen. Allerdings hinterließen insbesondere in den südbadischen Weinbaubereichen Markgräflerland und Kaiserstuhl die Unwetter von Ende Juli mit Hagelschlag und Starkregen ihre Spuren. Der August brachte dann ausreichende Niederschlagsmengen, ließ aber in punkto Sonnenschein einige Wünsche offen. Dennoch zeigten sich die Trauben Ende August/Anfang September in drei von vier Weinbergen gut entwickelt.

Die ersten Mengenschätzungen signalisierten Ende August für das Anbaugebiet Baden einen möglichen Mostertrag von rund 90 Hektoliter je Hektar (hl/ha) und für Württemberg von ca. 115 hl/ha, bei allerdings ausgeprägten regionalen und sortenspezifischen Unterschieden. Bei dem bisherigen Umfang der Ertragsrebfläche entspräche dies einer voraussichtlichen Weinmosternte im Land von 2,6 bis 2,7 Mill. hl (1,23 Mill. hl Weiß- und knapp 1,43 Mill. hl Rotmost). Im Vorjahr waren annähernd 2,7 Mill. hl Weinmost (ohne Abstichverluste und Selbstbehalt der Erzeugerbetriebe), davon 1,12 Mill. hl Weiß- und 1,57 Mill. hl Rotmost, geherbstet worden. Das langjährige Mittel 1995/2004 der Weinmosternte insgesamt im Land beläuft sich auf 2,4 Mill. hl, davon 1,15 Mill. hl Weiß- und 1,25 Mill. hl Rotmost. Von der diesjährigen Weinmosternte entfallen nach derzeitigem Stand voraussichtlich 1,4 Mill. hl auf das Anbaugebiet Baden sowie 1,3 Mill. hl auf Württemberg.

Inwiefern diese prognostizierten Schätzwerte letztendlich aber auch realisiert werden, hängt abgesehen vom Witterungsverlauf bis zur Lese entscheidend vom Umfang noch ausstehender ertragsreduzierender Maßnahmen ab, die zwischenzeitlich zum Standard im baden-württembergischen Qualitätsweinbau rechnen und bereits jetzt wieder von zahlreichen Winzer-(Weingärtnergenossenschaften) empfohlen werden. Beiden Faktoren (Witterung und Grünlese) kommt im Hinblick auf die angestrebte Qualität im Fass ausschlaggebende Bedeutung zu.

1 Der Präsident des Landesbauernverbandes Gerd Hockenberger anlässlich der Erntepressekonferenz am 29. August 2005 in Stuttgart.

2 Das Getreidekorn keimt bereits auf dem Halm und ist dann nicht mehr zur Mehlerzeugung, sondern nur noch für den Futtertrog geeignet.

3 kg/ar entspricht dt/ha