:: 11/2005

Wohin mit dem alten Auto? Altautoverwertung in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg werden jährlich im Schnitt ca. eine halbe Million fabrikneue Fahrzeuge zugelassen. Doch wo neue Fahrzeuge zugelassen werden, müssen alte Fahrzeuge ausgemustert werden. Deren ordnungsgemäße Beseitigung und vor allem die Wiederverwendung und -verwertung regelt die Altfahrzeugverordnung (AltfahrzeugV) als Umsetzung einer EU-Richtlinie. Dabei ist festgeschrieben, dass nur in zertifizierten Demontagebetrieben die erste Stufe der Behandlung mit der Entfernung der Betriebsflüssigkeiten (Trockenlegung) und der Demontage von Bauteilen durchgeführt werden darf. Um die Berichtspflicht der Europäischen Kommission zu erfüllen, wurden im Erhebungsjahr 2004 erstmals diese Betriebe als eigenständige Anlagen in der amtlichen Abfallstatistik befragt. In Baden-Württemberg gab es im Jahr 2004 demnach 121 Demontagebetriebe, die fast 80 000 Altfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von rund 70 000 Tonnen angenommen haben. Bei der Ermittlung der Recyclingquote unter Einbeziehung der nachgeschalteten Schredderanlagen, Scheren und Pressen erfüllt Baden-Württemberg mit 86 % bereits die Forderungen der Altfahrzeugverordnung.

500 000 neu zugelassene Fahrzeuge, 80 000 entsorgte Fahrzeuge

Die Entsorgung stillgelegter Fahrzeuge wird in der Altfahrzeugverordnung (i-Punkt) geregelt. Der Behandlungsweg eines zu verschrottenden Autos muss demnach in zertifizierten Demontagebetrieben mit der Entfernung von Betriebsflüssigkeiten (Trockenlegung) und der Demontage von Bauteilen beginnen, ehe die Restkarossen in nachgeschalteten Anlagen wie Autoschredder, -scheren oder -pressen weiterbehandelt werden. Im Jahr 2004 traf dies auf über 78 700 Fahrzeuge zu, die in 121 Demontagebetrieben in Baden-Württemberg trockengelegt und demontiert wurden. Zur anschließenden Weiterbehandlung wurden mehr als 77 700 Fahrzeuge abgegeben, von denen über 50 000 in Baden-Württemberg verblieben. Im Einzelnen wurden sie vier Schredderanlagen, zwei Autoscheren sowie einer Autopresse überlassen.

Hervorzuheben ist, dass die Forderung der Altfahrzeugverordnung nach einem flächendeckenden Rücknahmesystem bereits durch die derzeitige Verteilung der 121 Demontagebetriebe im Land erfüllt wird. Nach der Verordnung muss dem (letzten) Halter im Umkreis von 50 km die Möglichkeit geboten werden, sein ausrangiertes Auto entweder bei einer zugelassenen Annahme- oder Rücknahmestelle (an den Hersteller gebunden) oder direkt bei einem Demontagebetrieb kostenlos1 abzugeben. Selbstbehandeln dürfen die Annahme- und Rücknahmestellen die Autos allerdings nicht, die Fahrzeuge werden an Demontagebetriebe weitergereicht. Die räumliche Dichte der Demontagebetriebe spiegelt – wie nicht anders zu erwarten – auch die Bevölkerungsdichte wider: eine Häufung im Großraum Stuttgart sowie in Autobahnnähe und ein eher sporadisches Vorkommen in ländlichen Gebieten (Schaubild 1).

Noch freie Kapazitäten vorhanden

Die annähernd 79 000 in den Demontagebetrieben behandelten Fahrzeuge entsprachen einem Gesamtgewicht von fast 70 000 Tonnen. Bereits trockengelegte Fahrzeuge fielen dabei mit rund 1 000 Tonnen ins Gewicht, wobei 900 Tonnen davon aus Baden-Württemberg stammten. Da die trockengelegten Altfahrzeuge im gleichen oder in früheren Jahren schon einmal in Demontagebetrieben behandelt wurden und sich die zeitliche Herkunft nicht immer gänzlich zurückverfolgen lässt, können Doppelnennungen für die aus Baden-Württemberg stammenden Mengen in der Gesamtmenge nicht ausgeschlossen werden.

Fast die gesamte Menge der in den Demontagebetrieben behandelten 70 000 Tonnen stammte aus Baden-Württemberg (knapp 97 %), die restlichen 3 % aus den anderen Bundesländern. Ein verschwindend geringer Anteil von weniger als einem halben Prozent kam aus dem Ausland. Der angelieferten Menge stand 2004 eine Kapazität von annähernd 144 000 Tonnen gegenüber, die nach Auskünften der Betreiber sogar noch ausbaufähig wäre.

Die im Vergleich mit den neu zugelassenen Fahrzeugen relativ geringe Zahl an verwerteten Altfahrzeugen und die freien Kapazitäten der Demontagebetriebe lassen sich auf mehrere Ursachen zurückführen. Zum einen steigt der Fahrzeugbestand kontinuierlich an, das heißt, die Anzahl der neu in den Verkehr gebrachten Fahrzeuge ist höher als die der ausgemusterten. Zum anderen werden die in Baden-Württemberg stillgelegten Altfahrzeuge auch in anderen Bundesländern und im Ausland demontiert und nicht zuletzt treten viele Fahrzeuge nach dem Ende ihrer Nutzung in unseren Regionen eine Reise in osteuropäische, afrikanische oder vorderasiatische Staaten an, um dort ihren zukünftigen Besitzern noch einige weitere Jahre mehr oder weniger treue Dienste zu leisten.

77 700 Restkarossen sowie 10 000 Tonnen demontierte Bauteile von den Demontagebetrieben abgegeben

Die Behandlung in den Demontagebetrieben umfasst neben der Entfernung gefährlicher Bauteile wie zum Beispiel Batterien oder der explosiven Airbags die Trockenlegung der Fahrzeuge. Dabei werden die Betriebsflüssigkeiten wie Kraftstoff, Motoröl, Bremsflüssigkeit etc. abgelassen. In einigen Demontagebetrieben endet hier bereits die Behandlung. Die nun trockengelegten Altfahrzeuge werden zur weiteren Zerlegung, umgangssprachlich zur »Ausschlachtung«, an andere Demontagebetriebe abgegeben. Die meisten Betriebe führen jedoch nach der Trockenlegung der Fahrzeuge auch die weitere Demontage durch. Dabei werden die schädlichen ebenso wie die für den Ersatzteilverkauf und die zur stofflichen Verwertung bestimmten Bauteile ausgebaut und getrennt. Von den 121 Anlagen in Baden-Württemberg wurden im Jahr 2004 insgesamt mehr als 67 100 Tonnen zur weiteren Behandlung oder zur Verwertung als Sekundärprodukte, zum Beispiel als Ersatzteile, weitergegeben (Schaubild 2).

Der größte Teil der abgegebenen Abfälle und Sekundärprodukte entfiel dabei mit einem Gewicht von 57 200 Tonnen auf die über 77 700 Restkarossen bzw. trockengelegte Altfahrzeuge. Die Restkarossen wurden zur weiteren Behandlung an Autoschredder, -scheren oder -pressen abgegeben, die lediglich trockengelegten Altfahrzeuge zur weiteren Zerlegung erneut an Demontagebetriebe. Neben Betrieben mit Standort in Baden-Württemberg (41 200 Tonnen) und in anderen Bundesländern (8 400 Tonnen) wurde auch eine Menge von über 7 500 Tonnen an Anlagen im Ausland abgegeben.

Die restlichen 10 000 Tonnen, knapp 15 % der ursprünglichen Gesamtmenge von 67 100 Tonnen, waren demontierte Teile wie zum Beispiel:

metallische Bauteile 4 400 t
Altreifen 2 000 t
Batterien 1 100 t
Kunststoffe, Glas und andere nicht metallische Bauteile1 100 t
Betriebsflüssigkeiten800 t

Gut drei Viertel (ca. 7 700 Tonnen) davon wurden einer weiteren Verwertung zugeführt, lediglich 160 Tonnen mussten beseitigt werden. Die restliche Menge von knapp 2 200 Tonnen konnten bereits als Sekundärrohstoffe oder als Ersatzteile abgegeben werden. Darunter waren Bauteile aus Metall die gewichtigste Größe. Begehrtestes Objekt waren die Katalysatoren mit ihren Edelmetallbestandteilen. Von den insgesamt demontierten 200 Tonnen wurden 94 % als Produkt weiterverkauft. Dass mittlerweile in den demontierten Teilen auch ein hoher wirtschaftlicher Wert steckt, zeigt sich daran, dass der eine oder andere Demontagebetrieb Diebstähle zu beklagen hatte.

Vermeidung vor Verwertung vor Beseitigung – Recyclingquote erfüllt!

Um dem Grundsatz der Abfallwirtschaft »Vermeidung vor Verwertung vor Beseitigung« gerecht zu werden, wurden in der Altfahrzeugverordnung Recyclingquoten festgeschrieben. Bis zum 1. Januar 2006 müssen mindestens 85 Gewichtsprozent der Karossen und Teile verwendet oder verwertet werden; dabei darf die energetische Verwertung höchstens 5 % ausmachen,2 Zur Ermittlung dieser Quote muss der gesamte Behandlungsablauf berücksichtigt werden, also von den ersten Schritten in den Demontagebetrieben mit Trockenlegung und Demontage bis zum Verbleib der Abfälle und Sekundärprodukte nach der Behandlung in den nachgeschalteten Schredderanlagen, Scheren und Pressen. Da ein Teil der trockengelegten Altfahrzeuge jedoch außerhalb Baden-Württembergs weiterbehandelt wurde und bundesweite Ergebnisse noch nicht vorliegen, können für eine vorläufige Ermittlung nur die vom ersten Behandlungsschritt bis zur endgültigen Verwertung/Beseitigung in Baden-Württemberg verbliebenen Altfahrzeuge berücksichtigt werden.

Dies waren nachweislich 40 300 Tonnen3 (über 50 000 Fahrzeuge), die als Restkarossen anschließend in Anlagen in Baden-Württemberg weiterbehandelt wurden – vornehmlich in Schredderanlagen (34 400 Tonnen), aber auch in Autoscheren und einer Presse (zusammen 5 900 Tonnen). Unter der vereinfachenden Annahme, dass in Anlagen, in denen nicht ausschließlich Restkarossen behandelt wurden, die zu beseitigende Abfallmenge gleichmäßig auf alle eingebrachten Abfälle zurückzuführen ist, ergibt sich für den gesamten Behandlungsweg der Restkarossen eine Verwertungsquote von ca. 71 %. Hierzu sind die in den Demontagebetrieben bereits zur Verwertung und Verwendung abgezweigten Bauteile (15 %) zu addieren. Mit der so errechneten Recyclingquote von 86 % liegt Baden-Württemberg bereits für 2004 im Soll der Forderungen der Altfahrzeugverordnung. Eine abschließende Aussage über den Anteil der energetischen Verwertung an der Recyclingquote lassen die Angaben auf der Grundlage dieser erstmaligen Erhebung nicht zu.

1 Fahrzeuge, die vor dem 1. Juli 2002 zugelassen wurden, können erst ab dem 1. Januar 2007 kostenlos abgegeben werden.

2 Die Quote erhöht sich zum 1. Januar 2015 auf 95 % Verwendung/Verwertung mit einem energetischen Anteil von maximal 10 %.

3 Von den in Baden-Württemberg verbliebenen 41 200 Tonnen (siehe oben) dürfen zur Ermittlung der Quote die erneut an Demontagebetriebe abgegebenen 900 Tonnen nicht berücksichtigt werden.