:: 11/2005

Kassenmäßige Steuereinnahmen 2004

Mit dem Wachstum des nominalen BIP in Baden-Württemberg in den Jahren 2000 bis 2004 um 8,7 % konnten die staatlichen Steuereinnahmen nicht mithalten, sie mussten gar einen Rückgang in diesem Zeitraum um 7,3 % auf 58,5 Mrd. Euro verzeichnen. Damit einhergehend fiel die Steuerlastquote1 auf 18,3 %. Die Steuereinnahmen des Landes Baden-Württemberg – nach der Steuerverteilung – gingen allerdings nur um 3 % zurück, gleichwohl waren die im Vergleich des Jahres 2004 mit 2000 um 4,2 % gestiegenen Ausgaben des Landes auszugleichen. Deshalb betrug die Nettokreditaufnahme 2004 etwa 2 Mrd. Euro und die Schuldenlast des Landes erhöhte sich auf 37,5 Mrd. Euro.

Die gesamtwirtschaftliche Steuerlast ist »leichter« geworden

Viel ist die Rede von der Wachstumsschwäche Deutschlands, tatsächlich stieg in Baden-Württemberg in den Jahren 2000 bis 2004 das nominale BIP wenigstens um 8,7 %, das reale um immerhin bescheidene 3,1 %. Im Vergleich dazu nahm die Entwicklung der staatlichen Steuereinnahmen (Bundes- und Landes- sowie gemeinschaftliche Steuern) in Baden-Württemberg jedoch einen konträren Verlauf, der Höchststand im Jahr 2000 mit 63,1 Mrd. Euro wurde in keinem der folgenden Jahre mehr erreicht, das Jahr 2004 wies vielmehr mit 58,5 Mrd. Euro den bisherigen Tiefstand in den letzten 4 Jahren auf. Der Rückgang der Steuereinnahmen betrug in diesem Zeitraum −7,3 %. Unter diesem Blickwinkel hat auch die gesamtwirtschaftliche Steuerlast im Land ohne Kommunalsteuern in den letzten 4 Jahren abgenommen, und zwar von einer Steuerlastquote von 21,5 % im Jahr 2000 auf eine Quote von nur noch 18,3 % im Jahr 2004. Eine der Ursachen ist in der Steuerreform 2000 zu finden – somit ein interessanter Nebenaspekt in der aktuellen Steuerreformdebatte.

Uneinheitliche Entwicklung der einzelnen Steuerarten

Vor der Steuerverteilung2 zwischen Bund und Ländern belief sich das staatliche Steueraufkommen im Land im Jahr 2004 auf 58,5 Mrd. Euro, beachtliche 2,7 % weniger als im Vorjahr. Zwar ergab sich ein nicht unbeträchtlicher Zuwachs bei den Landessteuern um 3,2 %, aber die rückläufigen Entwicklungen bei den Bundessteuern um 6,4 % und bei den Gemeinschaftsteuern um 2,5 % wirkten sich aufgrund ihres großen Anteils negativ auf die Entwicklung der Gesamteinnahmen aus. Die Rückgänge bei den Gemeinschaftsteuern wurden im Wesentlichen durch Einbußen bei den Steuern vom Einkommen (−2,9 %) und bei den Steuern vom Umsatz (−1,4 %) verursacht (Tabelle 1).

Im Bereich der Steuern vom Einkommen konnten auch beträchtliche Steigerungen bei der veranlagten Einkommensteuer (18,6 %) und Körperschaftsteuer (4,6 %) den erstmaligen erheblichen Rückgang bei der aufkommensstarken Lohnsteuer (−4,9 %) nicht kompensieren. Bei den Steuern vom Einkommen wirkten mehrere Faktoren, zum Teil auch gegenläufig: Ursächlich für Rückgänge waren unter anderem die vorgezogene Stufe der Steuerreform zum 1. Januar 2004 mit einer Erhöhung des Grundfreibetrages auf 7 664 Euro und einer Senkung des Eingangssteuersatzes auf 16 % und des Spitzensteuersatzes auf 45 %, andererseits gestiegene Gewinne mit erhöhten Vorauszahlungen bei der Körperschaftsteuer und andere steuerrechtliche Maßnahmen (Verringerungen der Verlustverrechnungen). In der gleichen Größenordnung wie im Vorjahr gingen wiederum die Steuern vom Umsatz zurück, wobei die Einfuhrumsatzsteuer dramatisch einbrach (−9,3 %) – wohl auch deshalb, weil die Einfuhren der zehn neuen Beitrittsländer der Europäischen Union nicht mehr dieser Steuerart unterlagen.

Die Absenkung der Gewerbesteuerumlage, die den Gemeinden zugute kam, führte zu einer Verringerung der entsprechenden staatlichen Einnahmen um 6,8 %. Die Landessteuern (+ 3,2 %) entwickelten sich relativ gut, da die Kfz-Steuer (5,0 %) unter anderem aus Gründen der Zunahme der steuerlichen Belastungen auch schadstoffarmer Kfz und die Erbschaftsteuer (18,4 %) Zuwächse aufzuweisen hatten.

Die Verluste bei den Bundessteuern (−6,4 %) waren insbesondere auf Rückgänge bei den Verbrauchsteuern (Tabaksteuer) und der Mineralölsteuer zurückzuführen. Der Rückgang hält bei der Mineralölsteuer nun schon seit mehreren Jahren an, zum einen wegen des Umstiegs der Verkehrsteilnehmer auf verbrauchsgünstigere Fahrzeuge mit Dieselmotoren, zum anderen wegen einer Verbrauchszurückhaltung aufgrund steigender Preise.

Was bleibt dem Land? Wenig mehr als im Vorjahr!

Nach der Steuerverteilung blieben dem Land im Jahr 2004 noch 22,3 Mrd. Euro, zwar weniger als 2000, aber doch mehr als 2003 (+1,4 %). Das Plus resultiert sowohl aus einem Anstieg der Gemeinschaftsteuern als auch der Landessteuern. Bei der Gemeinschaftsteuerart »Steuern vom Einkommen« war der Rückgang gegenüber dem Vorjahr im Wesentlichen durch die stark rückläufigen Tendenzen bei der Lohnsteuer (−6,3 %) bedingt3 llerdings wurde dieser Rückgang der Arbeitnehmereinkommen durch einen beachtlichen Anstieg der Steuern vom Umsatz um 5,7 % kompensiert, wobei ein Ausgleich des Bundes für die vorgezogene Senkung des Einkommensteuertarifs eine Rolle spielte. Die reinen Landessteuern zeigten ebenfalls eine aufwärts gerichtete Tendenz, in einem wohlhabenden Land wie Baden-Württemberg bedingt durch den Anstieg bei der Erbschaftsteuer (+18,4 %) und – bei steigenden Kfz-Zulassungen – der Kfz-Steuer (+5,0 %) (Tabelle 2).

Ein über mehrere Jahre ausbleibendes Wachstum bei den Steuereinnahmen zu verkraften, ist für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden nach jahrzehntelanger gewohnter Aufwärtsbewegung der Steuereinnahmen ein fast unlösbares Problem. Die Steuereinnahmen des Landes Baden-Württemberg sanken im Zeitraum 2000 bis 2004 um ca. 3 %, die Ausgaben des Landes stiegen hingegen im gleichen Zeitraum um 4,2 %. Deshalb waren in diesen Jahren beträchtliche Nettokreditaufnahmen erforderlich, im Jahr 2004 wie im Vorjahr trotz verschiedener »Sparrunden« wiederum ungefähr 2 Mrd. Euro, sodass die Schuldenlast des Landes auf inzwischen 37,5 Mrd. Euro gestiegen ist.

Gemeindeanteil an den Gemeinschaftsteuern nimmt ab

Der Gemeindeanteil an den Gemeinschaftsteuern – Ausgleichsleistungen im Rahmen der Steuerverteilung bleiben unberücksichtigt – betrug im Jahr 2004 3,7 Mrd. Euro und damit 4,5 % weniger als im Vorjahr. Verursacht wurde dies durch einen Rückgang des Gemeindeanteils bei der Einkommensteuer, der das weitaus größte Gewicht hat, um 150 Mill. Euro. Auch eine leichte Zunahme des Anteils an den Steuern vom Umsatz um 1,7 % konnte diesen Rückgang nicht ausgleichen, weil die Beteiligung an der Umsatzsteuer nur etwa ein Achtel des Anteils der Einkommensteuer ausmacht.

Wie sollen die Steuern »gesteuert« werden?

Die beiden aufkommensstärksten staatlichen Steuerarten sind die Lohnsteuer und die Umsatzsteuer. Im Jahr 2000 betrugen ihre Anteile vor der Verteilung 39,8 bzw. 22,4 %. Vier Jahre später beliefen sich die Anteile auf 41,8 bzw. 21,6 %, das heißt, ihr gemeinsamer Anteil am Steueraufkommen ist sogar auf 63,4 % gestiegen. In der Diskussion ist für 2006 eine Erhöhung der Umsatzsteuer. Gegenüber den großen Gewichten der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer nehmen sich im Jahr 2004 die Anteile der veranlagten Einkommensteuer mit 3,2 % und der Körperschaftsteuer mit 5,5 % recht bescheiden aus. Im Hinblick auf die Standortfrage bleibt die Steuerbelastung der Sebstständigen und Unternehmen aber weiterhin in der Diskussion.

Die weitere Entwicklung der Steuereinnahmen von Januar bis September 2005 gibt hier zu bescheidenen Hoffnungen Anlass. Zwar stiegen die Steuereinnahmen vor der Verteilung gegenüber dem Vorjahreshalbjahr um 1,3 %, nach der Steuerverteilung sanken sie sogar um 0,9 %. Nach wie vor retardierend entwickelt sich das staatliche Aufkommen der Lohnsteuer (−1,4 %) aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, damit einher geht nur ein schwaches Wachstum (+0,4 %) der Steuern vom Umsatz. So können in Anbetracht der relativ geringen fiskalischen Bedeutung die beträchtlichen Steigerungen der veranlagten Einkommensteuer (+25,5 %), der Körperschaftsteuer (+12,9 %) und der Erbschaftsteuer (+7,4 %) kaum steuersteigernd wirken.

1 Staatliche Steuereinnahmen bezogen auf das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP).

2 Vgl. Gruber, Winfried: Kassenmäßige Steuereinnahmen 2003 unter dem Niveau von 1999, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 10/2004, S. 40 ff.

3 Das Lohnsteueraufkommen wird neben dem Kindergeld auch durch die Auszahlung der Altersvorsorgezulage im Rahmen der »Riester-Rente« verringert.