:: 1/2006

Wie man sich durch statistische Grafiken täuschen lässt

Seit der Wiedervereinigung verlieren die Männer an Boden

Die Grafik zeigt, dass bis zur Wiedervereinigung die Männer an den Universitäten auf dem Vormarsch waren. Dann nahmen die Frauen das Heft in die Hand. So würde der Unbefangene die Grafik interpretieren. Er würde sogar den Phantasiebegriff »Studentenüberhang« akzeptieren. Obwohl die Daten korrekt und scheinbar leicht verständlich sind, wurde er getäuscht. Zu einer Differenz muss man die Grunddaten kennen, um zu beurteilen, ob die Differenz groß oder klein ist. 1950 gab es 17 888 Studenten und 3 300 Studentinnen, Differenz 14 500; Im Jahr 2000 waren es 64 500 Studenten und 50 400 Studentinnen, die Differenz war mit 14 100 fast gleich.

Frauen auf dauerhaften Vormarsch

Ein anderen Eindruck vermittelt die zweite Grafik. Die »Studentinnenkurve« wächst seit 1950 bis zur Wiedervereinigung stetig an. Ab 1994 bricht sie ein, um sich ab 1998 wieder zu erholen. Diesem Trend folgten die Studenten nicht. Auch dieser Eindruck ist trotz korrekter Daten irreführend. Im Jahr 1950 gab es ca. 3 300 Studentinnen aber bereits 17 888 Studenten. Falsch war die Indexdarstellung, die verlangt für das Basisjahr gleiche Startzahlen. Zur Verdeutlichung. Wären 1950 1 000 Frauen zur Universität gegangen und 50 Jahre später 50 000, wäre der Indexwert 5 000, hätte sich die Zahl der Studenten von 25 000 auf ebenfalls 50 000 erhöht betrüge der Indexwert nur 200.

Das waren die Tatsachen

Die Zahl der Studenten wie der Studentinnen ist seit 1950 gestiegen. Die Ursachen des Einbruchs in den 90er-Jahren lassen sich aus den Daten nicht erkennen. Dazu müssten andere Quellen genutzt werden, wie die Bevölkerungsentwicklung, die Altersstruktur, die Zu- oder Abwanderung von ausländischen Studierenden, das Studienplatzangebot usw. Fazit: Strukurverschiebungen verlaufen in Friedenszeiten sowohl im demografischen wie im sozialen und ökonomischen Umwelt in der Regel stetig ab. Darstellungen mit unstetigen Entwicklungen sollten immer sehr kritisch betrachtet werden.