:: 2/2006

Verdienste im Handwerk 2005

Die Entwicklung der effektiv gezahlten Bruttolöhne in den Handwerksbetrieben Baden-Württembergs hat sich im vergangenen Jahr dem anhaltenden Konjunkturtief der Branche angepasst. Von Mai 2004 bis Mai 2005 stiegen sowohl die Monats- als auch die Stundenlöhne der vollzeittätigen Arbeiterinnen und Arbeiter lediglich um 0,7 %. Der Bruttomonatsverdienst belief sich bei einer bezahlten Wochenarbeitszeit von 39,5 Stunden auf durchschnittlich 2 306 Euro. Eine Arbeitsstunde wurde mit umgerechnet 13,43 Euro brutto entlohnt. Spitzenverdiener unter den zehn erfassten Handwerkszweigen waren die Gas- und Wasserinstallateure mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 2 487 Euro, die niedrigsten Löhne wurden im Bäckerhandwerk mit 1 935 Euro bzw. im Fleischerhandwerk mit 1 981 Euro ermittelt. Mit dem insgesamt kaum spürbaren Verdienstzuwachs öffnete sich auch im vergangenen Jahr die Lohnschere zwischen Handwerk und Industrie weiter. So konnte im Produzierenden Gewerbe im vergleichbaren Zeitraum ein Anstieg von 2,7 % bei den Bruttomonatsverdiensten bzw. 2 % bei den Bruttostundenlöhnen ermittelt werden. Bundesweit betrachtet gehört Baden-Württemberg allerdings zu den Ländern mit den höchsten Löhnen in der Handwerksbranche. Mit 13,85 Euro lag beispielsweise der Bruttostundenlohn eines männlichen Gesellen in Baden-Württemberg rund 4 % höher als der für den Bereich des früheren Bundesgebiets ermittelte Durchschnittswert von 13,30 Euro. Gegenüber den neuen Ländern einschließlich Berlin-Ost wurden in Baden-Württemberg sogar um mehr als 50 % höhere Stundenlöhne gezahlt.

Bruttomonatsverdienst im Handwerk liegt bei 2 306 Euro

Der Bruttomonatslohn der vollzeittätigen Arbeiterinnen und Arbeiter in den zehn zur Verdiensterhebung ausgewählten Handwerkszweigen lag im Mai 2005 bei durchschnittlich 2 306 Euro. Bei einer zum Vorjahr unveränderten Wochenarbeitszeit von 39,5 Stunden wurde eine Arbeitsstunde mit umgerechnet 13,43 Euro entlohnt. Erwartungsgemäß korreliert dabei die Verdiensthöhe mit Qualifikation, Tätigkeit und Geschlecht der Beschäftigten. Gesellen mit abgeschlossener Fachausbildung erzielten mit 2 360 Euro einen 20 % höheren Monatsverdienst als die Gruppe der »Übrigen Arbeiter/-innen« (siehe i-Punkt) ohne entsprechende Qualifikation, deren Monatsverdienst mit 1 967 Euro noch unterhalb von 2 000 Euro lag. Mit einem Anteil von 86 % waren in den Handwerksbetrieben deutlich mehr fachlich gut ausgebildete Gesellen beschäftigt als die geringer qualifizierten »Übrigen Arbeiter/-innen«, die mit einem Anteil von 14 % in die Erhebung eingingen.

Für Frauen bleibt das Handwerk eine wenig attraktive Berufsrichtung. Von allen in den Handwerksbetrieben erfassten Vollzeitbeschäftigten waren nur 6 % weiblich. Erhebliche Unterschiede im Verdienstniveau lassen sich dabei nach wie vor zwischen den Geschlechtern ausmachen. Männer erhielten mit 2 346 Euro einen im Durchschnitt 40 % höheren Bruttomonatslohn als Frauen mit 1 666 Euro. Neben weiteren Einflussfaktoren wirkt sich hier vor allem das geringere Qualifikationsniveau der Arbeiterinnen aus, die deutlich öfter als Männer Tätigkeiten verrichten, für die keine qualifizierte Ausbildung erforderlich ist. Zudem sind Frauen bevorzugt in Handwerkszweigen mit eher unterdurchschnittlichem Lohnniveau, wie dem Bäcker- oder Fleischerhandwerk, beschäftigt – in den überdurchschnittlich bezahlten Handwerksberufen, wie beispielsweise den Gas- und Wasserinstallateuren, jedoch kaum vertreten.

Lohnanstieg faktisch nicht spürbar

Wie bereits in den Vorjahren, mussten sich die Beschäftigten im Handwerk auch im zurückliegenden Jahr mit einem äußerst mageren Verdienstzuwachs abfinden. Mit einem Anstieg von 0,7 % lag der monatliche Bruttoverdienst im Mai 2005 lediglich 15 Euro höher als im Mai 2004. Der Bruttostundenverdienst stieg um 10 Cent, von 13,33 Euro auf 13,43 Euro. Faktisch machte sich somit im vergangenen Jahr, bei einer gleichzeitigen Preissteigerung von 1,5 %, der Lohnanstieg nicht bemerkbar, bedeutete für viele Beschäftigte sogar einen realen Kaufkraftverlust. In einigen Handwerksberufen wie den Metallbauern, Kraftfahrzeugmechanikern und Bäckern lag der monatliche Durchschnittsverdienst im Mai 2005 sogar noch unter dem im Vorjahr ermittelten Wert. Bei der Ergebnisinterpretation gilt es zu berücksichtigen, dass Änderungen in der Verdiensthöhe nicht allein durch tarifliche und arbeitsvertragliche Vereinbarungen beeinflusst werden, sondern auch durch Veränderungen in der Arbeitnehmerstruktur, beispielsweise durch Ausscheiden besser verdienender älterer oder durch Einstellung geringer verdienender jüngerer Arbeiterinnen und Arbeiter zustande kommen können, sowie konjunkturellen Einflüssen unterliegen.

Gas- und Wasserinstallateure verdienen am besten

Neben Qualifikation und Geschlecht spielt auch die Branche bei der Entlohnung eine entscheidende Rolle. Bezogen auf die Bruttomonatslöhne lag im Mai 2005 die Verdienstspanne zwischen den Spitzenverdienern und dem Handwerkszweig mit dem geringsten Verdienstniveau bei etwa 28 %. Die besten Verdienstmöglichkeiten boten sich den Gas- und Wasserinstallateuren mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 2 487 Euro, gefolgt von den Zentralheizungs- und Lüftungsbauern mit 2 443 Euro. Am Ende der Verdienstskala lagen, wie bereits in den Vorjahren, die Beschäftigten im Ernährungsgewerbe. Mit 1 935 Euro im Bäckerhandwerk bzw. 1 981 Euro im Fleischerhandwerk wurden hier die niedrigsten Löhne gezahlt. Besonders in diesen beiden Handwerkszweigen wirken sich qualifikations- und geschlechtsspezifische Besonderheiten in der Beschäftigungsstruktur auf den vergleichsweise niedrigen Durchschnittsverdienst aus. So ist der Anteil an geringer qualifizierten »Übrigen Arbeiter/-innen« mit 36 % bei den Bäckern bzw. 28 % bei den Fleischern in diesen beiden Branchen deutlich höher als in allen anderen Handwerkszweigen. Doch selbst wenn die Einflussfaktoren Geschlecht und Qualifikation herausgerechnet werden, liegt der Stundenlohn eines männlichen Gesellen in einem Gas- und Wasserinstallationsbetrieb mit 14,55 Euro noch um 13 % höher als der Stundenlohn eines Gesellen im Fleischerhandwerk mit 12,81 Euro, bzw. um 15 % höher als der Stundenlohn eines Bäckers mit 12,58 Euro.

Verdienstniveau in der Industrie deutlich höher

Auch im Jahr 2005 hat sich die Lohnschere zwischen Handwerk und Produzierendem Gewerbe1 weiter geöffnet. Während sowohl die Stunden- als auch die Monatslöhne im Handwerk um lediglich 0,7 % zulegten, stiegen im Produzierenden Gewerbe im vergleichbaren Zeitraum die Bruttomonatslöhne um 2,7 % bzw. die Bruttostundenlöhne um 2 %. Mit 16,71 Euro verdienten die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Industrie im Durchschnitt fast ein Viertel mehr in der Stunde als ihre Kolleginnen und Kollegen der handwerklichen Fachrichtung mit 13,43 Euro. Bereits seit dem Jahr 1997 setzt sich nun die Reihe an geringeren jährlichen Verdienststeigerungsraten für die Beschäftigten im Handwerk fort. Insgesamt stiegen die Bruttostundenlöhne in den Handwerksbetrieben von 1997 bis 2005 um 11 %, im Produzierenden Gewerbe dagegen um 19,5 %. Werden die Einflussgrößen Geschlecht und Qualifikation aus den Vergleichszahlen herausgerechnet, stellt sich die Verdienstsituation im Handwerk noch ungünstiger dar: Ein männlicher Facharbeiter im Produzierenden Gewerbe verdiente 2005 mit 18,87 Euro über ein Drittel mehr in der Stunde als ein männlicher Geselle im Handwerk mit 13,85 Euro. Im Jahr 1997 war der Lohnunterschied mit einer Differenz von 25 % noch deutlich geringer ausgeprägt.

Trotz flexiblerer Gestaltungsmöglichkeiten und vereinzelter Verlängerung der Arbeitszeiten gestalten sich auch in diesem Punkt die Bedingungen in der Industrie noch attraktiver. Mit einer bezahlten Wochenarbeitszeit von 37,7 Stunden hatten die Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe eine um fast zwei Stunden kürzere Arbeitswoche als die Arbeiterinnen und Arbeiter im Handwerk, die durchschnittlich 39,5 Stunden in der Woche arbeiten mussten.

Deutliches Ost-West-Lohngefälle

Vor dem Hintergrund anhaltender Diskussionen über die Einführung von Niedrig- oder Kombilöhnen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, lassen sich nach wie vor bemerkenswerte Verdienstunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland feststellen. Bereits jetzt werden im Osten in vielen Branchen Löhne deutlich unterhalb des ortsüblichen Tariflohns bezahlt; das Handwerk bildet hier keine Ausnahme. Ob durch die niedrigen Löhne im Osten zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen oder nur bestehende gesichert wurden, muss hier offen bleiben. Mit 13,30 Euro lag im Mai 2005 der durchschnittliche Bruttostundenlohn eines männlichen Gesellen im früheren Bundesgebiet 45 % höher als der Stundenlohn seines Kollegen in den neuen Bundesländern und Berlin-Ost mit 9,16 Euro. Vom einstigen Ziel einer Angleichung der Ost- an die Westlöhne kann aufgrund der Entwicklung der vergangenen Jahre längst Abstand genommen werden. Ein Verdienstunterschied in der Größenordnung von 45 % bestand bereits im Jahr 1997. Den Westlöhnen am nächsten kamen im vergangenen Jahr die Maler- und Lackierer mit einem relativen Verdienstabstand von 36 %. Mit 9,93 Euro war dies auch der Handwerkszweig mit dem höchsten Bruttostundenlohn bei den männlichen Gesellen in den neuen Ländern. Das größte Lohngefälle wurde im Bäckerhandwerk ermittelt. Hier erzielte ein Geselle im Westen mit 12,37 Euro einen um 60 % höheren Stundenverdienst als sein Kollege im Osten mit 7,73 Euro.

Wenngleich das Verdienstniveau gegenüber dem Produzierenden Gewerbe deutlich niedriger ist, werden Handwerkerinnen und Handwerker in Baden-Württemberg bundesweit betrachtet doch überdurchschnittlich entlohnt. Gegenüber dem Gesamtdurchschnitt des früheren Bundesgebietes wurden in Baden-Württemberg rund 4 % höhere Löhne gezahlt. Ein männlicher Geselle in Baden-Württemberg erhielt sogar einen im Durchschnitt um mehr als 50 % höheren Stundenlohn als ein Geselle in den neuen Ländern und Berlin-Ost.

1 Die Ergebnisse für das Produzierende Gewerbe werden aus der vierteljährlichen Verdiensterhebung entnommen, die laufend für die Monate Januar, April, Juli und Oktober durchgeführt wird. Bei den gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird bei der vierteljährlichen Verdiensterhebung zwischen Facharbeitern, angelernten und ungelernten Arbeitern unterschieden.