:: 3/2006

Strukturen der baden-württembergischen Landwirtschaft 2005

Veränderte Rahmenbedingungen, hoher wirtschaftlicher Anpassungsdruck, eine europäisch geprägte Agrarpolitik und zunehmende Spezialisierung der Betriebe haben in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten wesentliche strukturelle Änderungen bewirkt. So ist nach den Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung (ASE) 2005 die Zahl der land-wirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg im letzten Vierteljahrhundert bis auf 60 600 zurückgegangen und hat sich damit mehr als halbiert. Gleichzeitig hat sich die durchschnittliche Betriebsgröße auf 23,9 Hektar mehr als verdoppelt und die Tierzahlen pro Halter sind deutlich gestiegen. Zu den so genannten »Spezialbetrieben« mit eindeutig ausgeprägtem Produktionsschwerpunkt zählen mittlerweile 4 von 5 Landwirtschaftsbetrieben.

Seit 1979 ist jeder zweite landwirtschaftliche Betrieb ausgeschieden

Während im Jahr 1979 noch 131 760 Betriebe in der hiesigen Landwirtschaft tätig waren, hat sich ihre Zahl bis zum Jahr 2005 auf 60 600 verringert. Damit ist mehr als jeder zweite landwirtschaftliche Betrieb im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts aus der Produktion ausgeschieden1 (Tabelle 1). Das Tempo des Strukturwandels ist dabei keineswegs gleichmäßig verlaufen. In den 1980er-Jahren lag die jährliche Abnahmerate der Betriebe durchschnittlich bei 2,3 % und in den 1990er-Jahren stieg sie auf über 3 %. Im Zeitraum von 2003 bis 2005 sind schließlich durchschnittlich 2 600 Betriebe pro Jahr ausgeschieden, womit die Abnahmerate einen neuen Höchstwert erreichte (−4 %).

Anders hingegen verlief die Entwicklung der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF): ihr Umfang veränderte sich deutlich schwächer und sank von 1,504 Mill. Hektar (ha) im Jahr 1979 um 57 250 ha auf 1,446 Mill. ha im Jahr 2005. Als Konsequenz aus diesen unterschiedlichen Entwicklungen hat sich die durchschnittliche Größe eines landwirtschaftlichen Betriebes in Baden-Württemberg von 11,4 ha auf 23,9 ha mehr als verdoppelt.

»Wachsen oder weichen« – Landwirtschaft im Wandel

Deutliche Veränderungen haben sich auch im Hinblick auf die Entwicklung der Betriebsgrößenstrukturen ergeben (Tabelle 2). Zwar bewirtschaftete auch im Jahr 2005 immer noch fast die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebe (29 100) eine verhältnismäßig kleine landwirtschaftliche Fläche von unter 10 ha, ihr Anteil an der LF des Landes betrug jedoch lediglich 7,5 %. Demgegenüber wurde mehr als ein Drittel der LF (524 200 ha) von den nur 4 400 Betrieben (7,3 %) mit einer Flächenausstattung von 75 und mehr ha bewirtschaftet. Insgesamt sind seit 1979 in den kleineren Betriebsgrößenklassen bis unter 10 ha LF fast zwei Drittel der Betriebe ausgeschieden, während die Zahl der Betriebe mit 75 und mehr ha LF nahezu auf das Achtfache angestiegen ist. Es bedarf also tendenziell einer immer größeren Landwirtschaftsfläche, um einen Betrieb auch weiterhin wirtschaftlich rentabel führen zu können.

Kaum Veränderungen der Strukturen im ökologischen Landbau

Der ökologische Landbau hat sich in den letzten Jahren zu einer etablierten alternativen Produktionsrichtung in der modernen Landwirtschaft entwickelt. Im Jahr 2005 wirtschafteten in Baden-Württemberg knapp 3 000 Landwirte nach den Kriterien des ökologischen Landbaus2, und damit lediglich 100 Betriebe weniger als in 2003. Der Anteil liegt wie bereits 2003 bei knapp 5 %. Mit einem Minus von 3,6 % lag die Abnahmerate der ökologisch wirtschaftenden Betriebe in diesem Zeitraum deutlich unter der der Gesamtheit der landwirtschaftlichen Betriebe (−7,8 %).

Die von den Ökobetrieben landwirtschaftlich genutzte Fläche3 ist im Vergleich zum Jahr 2003 mit 92 800 ha nahezu konstant geblieben. Im Jahr 2005 waren bereits 83,9 % auf ökologischen Landbau umgestellt, 4,2 % befanden sich in Umstellung und 12 % wurden weiterhin konventionell bewirtschaftet. Von 10 ökologisch wirtschaftenden Betrieben haben 8 ihren Betrieb komplett auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt (2 400).

Insgesamt haben sich im ökologischen Landbau die Strukturen in den vergangenen zwei Jahren kaum verändert. Ob sich Betriebe, die sich für den ökologischen Landbau entscheiden, unanfälliger gegenüber dem landwirtschaftlichen Strukturwandel zeigen, wird erst über die Beobachtung des Strukturwandels über einen längeren Zeitraum festzustellen sein.

Bodennutzung und Viehhaltung in Zeiten der Spezialisierung

Wichtigste Produktionsgrundlage in der Landwirtschaft ist der Boden. Je nach Produktionsrichtung unterscheidet sich die Nutzungsart der Flächen. Im Jahr 2005 wurden die 1,44 Mill. ha LF wie folgt genutzt:

als Ackerland836 297 ha(57,8 %)
als Dauergrünland560 240 ha(38,7 %)
als Rebland23 902 ha(1,7 %)
als Obstanlagen21 406 ha(1,5 %)

Auch bei längerfristiger Betrachtung ergaben sich nur geringe Veränderungen in der Bodennutzung. Zum Vergleich: Im Jahre 1979 wurde die landwirtschaftliche Nutzfläche wie folgt genutzt:

als Ackerland830 600 ha(55,2 %)
als Dauergrünland628 280 ha(41,8 %)
als Rebland20 502 ha(1,4 %)
als Obstanlagen17 577 ha(1,2 %)

Auch im Bereich der Viehhaltung zeigen sich die Spezialisierungsbestrebungen der landwirtschaftlichen Betriebe.4 Die Zahl der Tierhalter nahm in den vergangenen Jahrzehnten deutlich ab. Lag der Anteil der Vieh haltenden Be-triebe5 1979 noch bei 83,6 %, so sank dieser bis zum Jahr 2005 auf 64 %. Insgesamt gaben im Jahr 2005 noch knapp 38 000 Betriebe an, Vieh zu halten. Unter diesen Betrieben gab es6:

Rinderhalter23 500(62,0 %)
darunter Milchviehhalter14 400(38,0 %)
Schweinehalter13 200(34,8 %)
Hühnerhalter715 408(40,6 %)

Im selben Zeitraum, von 1979 bis 2005, haben sich die Tierzahlen je Halter merklich erhöht. So stieg der durchschnittliche Tierbestand je Betrieb, bei:

Rinderhalternvon22auf46
Milchviehhalternvon9auf27
Schweinehalternvon25auf171
Hühnerhalternvon73auf248

Dies zeigt deutlich, dass der fortschreitende Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft auch im Bereich der Viehhaltung zu starken Strukturveränderungen geführt hat.

Neben Angaben zu Größe und Art der bewirtschafteten Flächen sowie zum Tierbestand kann die Spezialisierung eines Betriebes am besten durch die Klassifizierung der Betriebe nach ihren betriebswirtschaftlichen Ausrichtungen bzw. dem Grad der Spezialisierung dargestellt werden. Nach den Ergebnissen der ASE 2005 zählen 4 von 5 Betrieben in Baden-Württemberg zu den so genannten spezialisierten Betrieben mit eindeutig ausgeprägtem Produktionsschwerpunkt: Es dominierten deutlich die 22 100 Weideviehbetriebe mit einem Anteil von 37,2 %, zu denen Milchvieh- und Rinderaufzucht- und -mastbetriebe sowie Schaf- und Pferdehaltungen zählen. An zweiter Stelle standen die 13 000 Dauerkulturbetriebe (22 %) mit Anbau von Obst und Reben, gefolgt von den 10 300 Ackerbaubetrieben (17,4 %). Die Gartenbaubetriebe (1 600 bzw. 2,7 %) und Veredlungsbetriebe (700 bzw. 1,3 %) waren vergleichsweise wenig vertreten (Schaubild 1). Knapp 20 % bzw. 11 500 landwirtschaftliche Betriebe wurden den so genannten Verbundbetrieben zugeordnet, bei denen die einzelnen Produktionsschwerpunkte weniger deutlich ausgeprägt sind.

Von drei Betrieben im Südwesten werden zwei im Nebenerwerb geführt

Gut 93 % der 55 300 landwirtschaftlichen Betriebe im Südwesten werden in der Rechtsform Einzelunternehmen – dem klassischen Familienbetrieb – geführt. Wurden bereits 1979 mehr als die Hälfte der Einzelunternehmen im Nebenerwerb geführt (57,2 %), so hat sich ihr Anteil bis zum Jahr 2005 auf 64 % erhöht.8 Insgesamt schienen die in Kombination von landwirtschaftlicher und außerbetrieblicher Tätigkeit bewirtschafteten Betriebe etwas weniger anfällig für den Strukturwandel zu sein als die im Haupterwerb geführten Betriebe. So verringerte sich die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe zwischen 1979 und 2005 um 52,7 % auf 35 400 Betriebe, während die Zahl der Haupterwerbsbetriebe im gleichen Zeitraum um 64,4 % auf 19 900 Betriebe abnahm (Schaubild 2). Seit Mitte der 1990er-Jahre fiel allerdings der Rückgang der Haupterwerbsbetriebe moderater aus als bei den Nebenerwerbsbetrieben. Im Hinblick auf die Produktionsanteile dominieren die Haupterwerbsbetriebe deutlich: 60 % der LF des Landes (868 000 ha) werden von ihnen bewirtschaftet, 68,1 % des Rinder- und 69,7 % des Schweinebestandes von Baden-Württemberg stehen in den Ställen der Haupterwerbsbetriebe.

Pachtflächen werden immer wichtiger und teurer

Für das nötige Flächenwachstum der verbleibenden Betriebe werden in der Regel Flächen von aufgebenden oder sich verkleinernden Betrieben übernommen. Mittlerweile sind von den 1,446 Mill. ha LF mehr als 60 % zugepachtet. Die gepachtete LF ist damit seit 1979 um beachtliche 70,4 % angewachsen. Nur ein gutes Zehntel der Pachtflächen wurde 2005 von Familienangehörigen und Verwandten und neun Zehntel von fremden Personen zugepachtet. Die wachsende Bedeutung der Pachtflächen schlägt sich in der Höhe des zu entrichtenden Pachtentgeltes9 nieder. Wurden im Jahr 1979 durchschnittlich noch 117 Euro pro Hektar LF und Jahr bezahlt, so waren im Jahr 2005 im Mittel 185 Euro/ha zu entrichten. Für Pachtland wurde damit noch nie so viel bezahlt wie heute. Je nach Nutzungsart und der damit verbundenen unterschiedlichen Wertschöpfung je Flächeneinheit variieren die durchschnittlichen Pachtpreise deutlich. Sie betrugen im Jahr 2005:

für Grünland111 Euro/ha
für Ackerland207 Euro/ha
für Baumobstflächen380 Euro/ha
für Rebland1 266 Euro/ha

Jede dritte Arbeitskraft ist seit 1979 aus der Landwirtschaft ausgeschieden

Im Berichtszeitraum von Mai 2004 bis April 2005 waren insgesamt noch knapp 208 300 Personen in der Landwirtschaft beschäftigt. Binnen eines Vierteljahrhunderts ist damit gut jede dritte Arbeitskraft aus diesem Wirtschaftsbereich ausgeschieden (1979: 327 900 Arbeitskräfte). Die Zahl der Familienarbeitskräfte hat sich seit 1979 von 309 200 auf 128 100 Beschäftigte verringert; das ist mehr als jede zweite Familienarbeitskraft (−58,6 %). Obwohl die Familienarbeitskräfte weiterhin das Rückgrat der Landwirtschaft im Südwesten bilden, ist ihr Anteil an allen landwirtschaftlichen Arbeitskräften deutlich von 94,3 % im Jahr 1979 auf 61,5 % im Jahr 2005 gesunken. Einen Ausgleich für den Wegfall der Familienarbeitskräfte bilden die familienfremden Beschäftigten. Ihr Anteil an den in der Landwirtschaft Beschäftigten ist seit 1979 von 5,7 % auf 38,5 % gestiegen.

Im Berichtszeitraum waren 20 200 ständig Beschäftigte und 60 000 nicht ständig Beschäftigte – meist Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer – in den landwirtschaftlichen Betrieben im Südwesten tätig. Dies sind 8 800 Personen weniger als noch im Jahr 2003. Die Zahl der ständig Beschäftigten blieb in diesem Zeitraum nahezu unverändert, die Abnahme geht fast ausschließlich auf den Rückgang bei den Saisonarbeitskräften zurück. Bemerkenswert dabei ist, dass der Umfang der von den nicht ständig Beschäftigten erbrachten Arbeitsleistung dennoch anstieg.

1 Gemeint ist hiermit das Ausscheiden aus dem statistischen Nachweis: Zum Erfassungsbereich der amtlichen Agrarstatistik gehören in der seit 1999 gültigen Abgrenzung Betriebe mit mindestens 2 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) oder mit tierischen oder pflanzlichen Mindesterzeugungseinheiten.

2 Grundlage bildet die »EWG-Verordnung Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel«; Vgl. hierzu auch Arndt, Julia: Ökologische Landwirtschaft in Baden-Württemberg 2003, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2004, S. 15 – 19.

3 Angegeben ist die gesamte LF der Betriebe, unabhängig davon, ob sie ökologisch oder konventionell bewirtschaftet wird.

4 Die Darstellungen in den folgenden Abschnitten beziehen sich auf hochgerechnete Repräsentativergebnisse (siehe i-Punkt). Bei allgemein erhobenen Merkmalen kann es methodisch bedingt zu Abweichungen gegenüber dem Repräsentativergebnis kommen.

5 Einbezogen in die Erhebung waren Halter von Rindern, Schweinen, Schafen, Pferden oder Geflügel.

6 Mehrfachnennungen möglich.

7 Legehennen, Junghennen, Schlacht- und Masthühner und -hähne.

8 Durch methodische Änderungen in der Zuordnung der Betriebe zum Haupt- oder Nebenerwerb ist eine Vergleichbarkeit nur eingeschränkt möglich. So waren bis 1997 alle Betriebe in der Hand natürlicher Personen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) mit einbezogen.

9 Um die Situation am Pachtpreismarkt möglichst genau wiederzugeben, werden zur Berechnung des Pachtentgeltes die Pachtungen von Familienangehörigen oder Verwandten nicht berücksichtigt.