:: 7/2006

Weinerzeugung 2005

Im Zeichen des Rotweinbooms

Wein ist ein besonderer Saft. Bei kaum einem anderen Thema haben Dichter und Denker so sehr das Gefühl und so wenig die Ratio bemüht. Dabei hat die Erzeugung von Wein kaum etwas mit Romantik zu tun. Sie ist vielmehr ausgehend von der Kultivierung der Reben über die Lese bis hin zur Arbeit in den Kellern ein hochtechnischer Vorgang, an dessen Ende dann jeder Weinliebhaber und Viertelesschlotzer den für seinen Geschmack und Geldbeutel passenden Gaumenschmeichler findet.

Die hiesigen Winzer- und Weingärtnergenossenschaften haben aus der Traubenernte 2005 insgesamt 2,37 Millionen Hektoliter (Mill. hl) Wein bereitet, 1,25 Mill. hl im Anbaugebiet Baden und 1,12 Mill. hl im Anbaugebiet Württemberg. Das heimische Weinangebot des 2005er-Jahr-gangs ordnet sich damit von der Menge her im oberen Mittelfeld der letzten 10 Jahre ein. Der langjährige Durchschnitt 1995/2004 beziffert sich auf 2,26 Mill. hl. Spitzenreiter in der Mengenwertung aber ist der letzte Jahrgang im vergangenen Jahrhundert: aus dem 99er-Jahrgang wurden annähernd 3,0 Mill. hl Wein bereitet, verkauft und mittlerweile wohl auch getrunken.

Die seit Beginn der 90er-Jahre im Rebsortiment des heimischen Weinbaus zu beobachtende Verlagerung weg von den weißen Rebsorten und hin zu den Rotgewächsen kommt in der Entwicklung der Weinerzeugung deutlich zum Ausdruck. Landesweit ist der Rotweinanteil in den vergangenen 10 Jahren von 46 % auf rund 62 % angestiegen. Unter den badischen Weinen dominieren mit 665 000 hl oder einem Anteil von 53 % zwar noch die weißen Sorten, aber wie lange noch? In Württemberg steht traditionell die Erzeugung von Trollinger, Schwarzriesling und Lemberger im Vordergrund. Bei 876 000 hl (78 % der Weinerzeugung insgesamt) handelt es sich um Rotweine. 1995 hatte der Rotweinanteil in Württemberg noch bei vergleichsweise bescheidenen 65 % gelegen. Der Siegeszug des Rotweins in und aus Baden ist im Prinzip mit einem einzigen Namen verknüpft: Blauer Spätburgunder! Einer gewissen Beliebtheit erfreut sich in der jüngeren Vergangenheit die Sorte Regent. Erst 1995 für den Anbau zugelassen, steht sie heute in Baden bereits auf einer Fläche von über 300 Hektar. Die Rebsorte bringt körperreiche, fruchtige und harmonische Weine hervor. Im Anbau besticht sie durch ihre geringe Anfälligkeit für Pilzerkrankungen. Weniger nachgefragt wurden dagegen Müller-Thurgau, Riesling und Silvaner sowie mit dem Gutedel auch die Spezialität des Markgräflerlandes.

Nach dem Ahrgebiet (über 80 % Rotweine) ist das Anbaugebiet Württemberg dasjenige mit dem zweithöchsten Rotweinanteil. Im Anbau dominieren – und zwar seit vielen Jahren – die Sorten Trollinger und Schwarzriesling. Für den Rotweinboom am Neckar und seinen Seitentälern zeichnen allerdings mehr die Sorten Lemberger, Dornfelder, Samtrot und Acolon verantwortlich.

Die Rebsorte Samtrot ist eine natürliche Mutation des in Württemberg weit verbreiteten Schwarzrieslings. Sie zeigt Merkmale des Blauen Spätburgunders und bringt fast immer hochwertige Weine. Acolon ist eine rote Rebsorte, die 1971 von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg aus den Rebsorten Lemberger und Dornfelder gekreuzt wurde. Erst 2002, also über 30 Jahre später, erhielt sie vom Bundessortenamt die Zulassung und den Sortenschutz als Neuzüchtung. Die Weine der Acolon-Traube ähneln dem Lemberger: farbintensiv, füllig und harmonisch bei gleichzeitig dezenter Gerbstoffnote.

Der Flächenrückgang unter den Weißgewächsen in Württemberg ist zum überwiegenden Teil auf die Anbaureduzierung beim Riesling zurückzuführen. Hier zu Lande weniger bedeutsame Sorten wie Kerner, Müller-Thurgau und Silvaner schwinden ebenfalls in der Gunst der Weinliebhaber.

Auch unter dem Qualitätsaspekt hat der Weinjahrgang 2005 durchaus Erfreuliches zu bieten. Insofern hat sich die durch die differenzierte Lese verursachte Mehrarbeit im Herbst gelohnt. Von Fäulnis befallene Trauben mussten herausgeschnitten werden, sodass nur gesundes Lesegut den Weg in die Keltern fand. Immerhin gut ein Viertel der gesamten Einlagerungsmenge sollen als Prädikatsweine (Kabinett, Spätlese und dergleichen) vermarktet werden.

In »normalen« Jahren werden ein Fünftel bis ein Viertel der Weinmenge aus heimischer Erzeugung in diesem Segment vermarktet. Lediglich in den angesprochenen Spitzenjahrgängen wie 2003 (65 %) und 1997 (40 %) wurden noch größere Anteile als Prädikatsweine verkauft. Zumeist liegt im Weinbaugebiet Baden der Anteil der Prädikatsweine deutlich höher als in Württemberg: so beispielsweise beim Weinjahrgang 2005 mit 34 % in Baden und 14 % in Württemberg. Interessanterweise könnten theoretisch nach der gesetzlichen Regelung aufgrund der Ausgangsmostgewichte in Württemberg sogar rund drei Viertel, in Baden etwa zwei Drittel der Weine als Prädikatsweine angeboten werden. Unter Marketinggesichtspunkten werden traditionell jedoch weniger Prädikatsweine und dafür mehr – dann allerdings vergleichsweise hochwertige – Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (QbA-Weine) verkauft.