:: 7/2006

Moderater Anstieg der Verbraucherpreise in Baden-Württemberg im Jahr 2005

Im Jahr 2005 waren in erster Linie die Entwicklungen auf dem Rohölmarkt interessant für die allgemeine Preisentwicklung. Die Verbraucherinnen und Verbraucher mussten wesentlich mehr für Energie sowie für Kraftstoffe ausgeben. Ausgeprägte saisonale Preisschwankungen traten bei Obst und Gemüse, aber auch bei Bekleidung und Schuhen auf. Sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Verkehr musste tiefer in die Tasche gegriffen werden als noch 2004. Im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der technischen Haushaltsgeräte verfestigte sich die Tendenz zu niedrigeren Preisen.

Der Verbraucherpreisindex unterstützt Politik, Wirtschaft und auch private Nutzer in ihrer Entscheidungsfindung. Die Inflationsrate wird zum Beispiel als Anhaltspunkt für die zukünftige Verdienstentwicklung bei Tarifverhandlungen genommen. Bei Rentenanpassungen wird in der Regel auch die Preisentwicklung berücksichtigt. Private Verträge mit Wertsicherungsklauseln basieren ebenfalls auf der Preisentwicklung.

Während die Verbraucherpreise im Jahresdurchschnitt 2004 gegenüber 2003 noch um 1,9 % zugelegt haben, lag die Preissteigerungsrate der Verbraucherpreise im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr leicht darunter: Nur um 1,8 % haben sich die Preise gegenüber 2004 erhöht. Seit dem Jahr 2000 sind die Verbraucherpreise um 9,2 % angestiegen. Dabei entwickelten sich die Preise für die einzelnen Waren und Dienstleistungen höchst unterschiedlich.

Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke fast konstant

Nicht zuletzt wegen des enormen Wettbewerbsdrucks im Einzelhandel mussten die Verbraucher für Nahrungsmittel nur wenig mehr als im Vorjahr ausgeben. Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke stiegen um 0,3 % gegenüber 2004. Verschiedene Lebensmittel waren im Jahresdurchschnitt sogar deutlich rückläufig im Preis:

Kartoffeln−11,8 %,
Obstkonserven, tiefgefrorenes Obst−6,7 %,
frische Äpfel−5,5 %,
Butter−3,6 %.

Die Ursache für den außergewöhnlich starken Rückgang der Kartoffelpreise liegt im Jahr 2004. Nach Missernten waren die Kartoffeln im Jahresdurchschnitt extrem teuer (2004 zu 2003: + 6,1 %), sodass der starke Rückgang auf eine Normalisierung der Kartoffelpreise schließen lässt.

Die Preise vor allem für frische Produkte stiegen zum Teil fühlbar an:

Bananen+13,8 %,
Speisekohl+11,5 %,
Beeren und Weintrauben+9,6 %.

Die steigenden Weltmarktpreise für Kaffee machten sich auch für die Verbraucher bemerkbar: Im Vergleich zu 2004 mussten sie 10,3 % mehr für dieses Getränk aufwenden.

Die Tabaksteuer wurde aus gesundheitspolitischen und fiskalischen Gründen in den letzten Jahren stufenweise angehoben. Die letzte Erhöhung zum 1. Dezember 2005 schlug sich in Preissteigerungen bei den Tabakwaren um 14 % gegenüber dem Vorjahr nieder. Insgesamt mussten Raucherinnen und Raucher knapp 50 % mehr für Tabakwaren zahlen als noch im Jahr 2000.

Saisonale Preisschwankungen bei Obst und Gemüse

Die Preise für Obst und Gemüse schwanken erfahrungsgemäß stark im Jahresverlauf. Zum einen unterliegt das Angebot dem normalen Wechsel der Jahreszeiten, zum anderen reagiert es aber auch auf außer-gewöhnliche Ereignisse wie beispielsweise Ernteeinbrüche infolge von Wettereinflüssen. Auch im Jahr 2005 stiegen die Preise für Gemüse und Obst bis in den Sommer hinein an, um während und nach der Erntezeit bis zum November hin wieder zu sinken. Saisonbedingt nahmen die Preise im Winter wieder zu. Insbesondere das von Importen abhängige Angebot von frischem Fruchtgemüse wurde wegen einer Kältewelle in Südeuropa zu Beginn des Jahres 2005 stark reduziert. Infolgedessen lagen die Preise für Paprika, Tomaten, Gurken u. Ä. im Februar 2005 kräftig über dem Vorjahresniveau (+ 38,1 %).

Energiepreise verteuern das Wohnen

Überdurchschnittlich entwickelten sich die Preise rund ums Wohnen. Gegenüber 2004 mussten die privaten Haushalte 2,8 % mehr für die Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe ausgeben. Dabei spielten die Mietsteigerungen von 1,1 % nur eine geringe Rolle. Preistreiber waren hier eindeutig die Preise für Energie. Die hohen Ölpreise bekamen durch die verheerenden Wirbelstürme im Sommer 2005 noch einmal einen Schub, sodass auch die Verbraucher in Baden-Württemberg im Jahresdurchschnitt 2005 wesentlich höhere Preise als 2004 für Heizöl (+ 32,5 %) und Gas (+ 9,1 %) bezahlten. Aber auch Haushalte, die in erster Linie auf Strom als Energiequelle setzen, mussten Preiserhöhungen um + 3,0 % in Kauf nehmen.1

Seit dem Jahr 2000 haben sich alle Preise rund ums Wohnen erhöht. So stiegen die Preise für die Wohnungsmieten ohne Nebenkosten um 8,2 %. Die höchsten Steigerungsraten finden sich auch bei der längerfristigen Betrachtung bei den Energiepreisen:

Zentralheizung, Fernwärme+38,2 %,
Gas+32,0 %,
Strom+28,1 %,
Heizöl+24,4 %.

Shoppen günstiger als im Vorjahr

Der Konkurrenzdruck im Einzelhandel für Bekleidung macht sich gerade auch bei den Preisen bemerkbar. Insgesamt gingen in diesem Bereich die Preise durchschnittlich um 3,2 % zurück. Vornehmlich die Verbraucherinnen konnten sich über rückläufige Preise bei Bekleidung und Schuhen freuen. Nicht zuletzt aufgrund verschiedener Rabattaktionen oder extremer Sonderangebote wurde die Damenbekleidung um 5,5 % gegenüber 2004 billiger, die Herrenbekleidung aber nur um 2,5 %. Sonderverkäufe zum Saisonwechsel haben einen großen Einfluss auf die Preisentwicklung bei Bekleidung und Schuhen innerhalb eines Jahres. Im Februar wird der Tiefpunkt zum Ende des Winters erreicht, danach steigen die Preise für die Sommermode bis zum Schlussverkauf im Juli/August wieder an. Der Wechsel zur Wintermode ist wiederum mit einem Preisanstieg verbunden. Die Preise für Bekleidung und Schuhe haben sich in den letzten fünf Jahren unterdurchschnittlich entwickelt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher konnten sich über moderate Preissteigerungen von 0,6 % freuen. Im Durchschnitt änderten sich die Preise für Bekleidung gar nicht. Schuhe wurden dagegen um immerhin 1,1 % teurer.

Großer Einfluss des Staates auf Preisentwicklung

Der Staat kann in unterschiedlicher Art und Weise auf das Wirtschaftsgeschehen einwirken. Dabei sind gerade auch die Preise verschiedener Güter und Dienstleistungen stark von staatlichen Maßnahmen beeinflusst. Um diesen Einfluss zu quantifizieren, wird der Preisindex für administrierte Preise errechnet. Während der Gesamtindex durchschnittlich um 1,8 % gestiegen ist, schlugen staatliche Maßnahmen mit einer Steigerung um 3,0 % von 2004 zu 2005 zu Buche. Der Staatseinfluss auf die Preisbildung ist vielfältig und macht sich in den direkt administrierten Preisen und teiladministrierten Preisen bemerkbar.2 Erstere sind beispielsweise die Preise für die Personenbeförderung im öffentlichen Nahverkehr, Rundfunk- und Fernsehgebühren, Gebühren für den Besuch von kulturellen Einrichtungen, Sportanlagen, Bildungseinrichtungen (Lehrgangsgebühren VHS, Kindergartengebühren). Diese Preise stiegen überdurchschnittlich um 3,3 % an. Zur zweiten Gruppe zählen Versorgungstarife für Energie, Kosten der Gesundheitspflege, Mieten im öffentlich geförderten Wohnungsbau, die um 2,9 % höher lagen als 2004.

Seit dem Jahr 2000 haben sich die administrierten Preise überdurchschnittlich um 15,8 % erhöht. Der Anstieg der direkt administrierten Preise (+ 14,2 %) liegt dabei unter dem der teiladministrierten (+ 16,9 %). Ausgelöst durch die Gesundheitsreform 2004 stiegen die teiladministrierten Preise im Jahresdurchschnitt 2004 verglichen mit 2003 um 6,9 % deutlich an.

Nicht nur der motorisierte Individualverkehr teurer, …

Vor dem Hintergrund der finanziellen Belastung der Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer wird ein weiterer besonderer Preisindex berechnet. Der Kraftfahrerindex misst die Entwicklung rund um den motorisierten Verkehr. Vom Kauf von Fahrzeugen über Kraftstoffe, Ersatzteile u. Ä. bis hin zur Fahrschule und den Versicherungen bzw. Steuern werden alle Güter und Dienstleistungen, die Kraftfahrer in Anspruch nehmen, bei der Berechnung berücksichtigt.

Die umweltpolitisch motivierten Umstrukturierungen der Kraftfahrzeugsteuer hin zur Begünstigung schadstoffarmer Motoren führten innerhalb von fünf Jahren zu einem Anstieg der Kraftfahrzeugsteuer um 56,6 %. Die Ökosteuer und die Preisentwicklungen auf den Weltmärkten für Rohöl ließen die Preise für Kraftstoffe von 2000 bis 2005 um 21,3 % steigen. Allein im letzten Jahr betrug der Anstieg im Jahresdurchschnitt gegenüber 2004 immerhin 8,2 %. Im Verlauf des Jahres 2005 entwickelten sich die Preise für die verschiedenen Kraftstoffarten zum Teil sehr unterschiedlich.

Den ersten großen Preisschub gab es im März 2005: Normalbenzin war um 4,0 %, Superbenzin um 3,9 % und Diesel sogar um 8,0 % teurer als im Vormonat. Der Preisanstieg war im darauf folgenden Monat April zwar niedriger, aber immer noch recht deutlich (zwischen 2,9 % Diesel und 3,9 % Normalbenzin). Im Juli 2005 erfolgte die zweite Welle der Preiserhöhungen bei den Kraftstoffen: Die Kraftfahrer mussten durchschnittlich 4,1 % mehr für Normal- und Superbenzin, sowie 3,6 % mehr für Diesel bezahlen.

Schon zwei Monate später im September 2005 stiegen infolge der Wirbelstürme in den USA zumindest die Preise für Normal- und Superbenzin noch einmal kräftig um 5,2 % bzw. 5,3 % an. Im November 2005 wurden die Preiserhöhungen teilweise zurückgenommen: Die Verbraucher konnten sich über Preissenkungen zwischen 3,0 % (Diesel) und 6,8 % (Normalbenzin) freuen. Dennoch lagen die Preise für alle drei Kraftstoffarten im Dezember 2005 um ca. 15 % höher als im Vorjahresmonat. Die Preise für die Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen entwickelten sich in den letzten fünf Jahren ebenfalls überdurchschnittlich: Immerhin 13,2 % mussten die Verbraucher für Reparaturen u. Ä. im Vergleich mit dem Jahr 2000 mehr ausgeben.

… sondern auch der öffentliche Verkehr

Verkehrsdienstleistungen waren im Jahr 2005 durchweg teurer als noch im Jahresdurchschnitt 2004: Die Beförderungsdienstleistungen auf der Schiene im Nah- und Fernverkehr wurden um 4,4 % teurer. Trotz der starken Marktpräsenz der Billigflieger mussten die Passagiere im Luftverkehr noch größere Preissteigerungen verkraften. Im Jahresdurchschnitt lagen hier die Preise um 8,6 % über denen von 2004. Auch in der längerfristigen Betrachtung haben sich die Preise für die unterschiedlichen Verkehrsdienstleistungen überdurchschnittlich entwickelt. So müssen die Passagiere der Bahn im Nah- und Fernverkehr durchschnittlich 13,1 % mehr als noch 2000 für eine Fahrkarte zahlen. Die Tickets im Luftverkehr sind im gleichen Zeitraum sogar um fast ein Viertel (24,4 %) teurer geworden.

Sinkende Preise bei IuK-Technologien sowie bei technischen Haushaltsgeräten

Aufgrund des technischen Fortschritts und des zunehmenden Wettbewerbs im Einzelhandel gingen die Preise insbesondere im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) zurück. Die Anschaffung von Geräten der Nachrichtenübermittlung (Telefone und Faxe) wurde im Vergleich zum Vorjahr um 13,8 % günstiger. Dagegen waren die Preise für Dienstleistungen der Nachrichtenübermittlung (zum Beispiel Telefongebühren) gegenüber 2004 nur geringfügig niedriger (Rechtsgrundlagen −0,9 %). Dass diese Entwicklung kein einmaliges Phänomen ist, wird bei der Betrachtung eines längeren Zeitraums deutlich. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts gaben die Preise für Telefon- und Telefaxgeräte um fast ein Drittel, für Fernseh- und Videogeräte um mehr als ein Fünftel sowie für PCs (einschließlich Software) um 60,8 % nach.3

Der technische Fortschritt macht sich auch bei der Preisentwicklung der Haushaltsgeräte bemerkbar. Im Vergleich zu 2004 konnten sich die Verbraucher über Preisrückgänge von 4,2 % bei Waschmaschinen, Wäschetrocknern, Bügelmaschinen sowie Geschirrspülmaschinen freuen. Für Herde und andere Kochgeräte gaben die Preise um 3,8 % nach, für Kühl- und Gefriermöbel immerhin noch um 3,5 %.

Offensichtlich besteht auch bei den Haushaltsgeräten eine Tendenz zu Preisrückgängen.4 Innerhalb von fünf Jahren gaben die Preise hier deutlich nach:

Kühl- und Gefriermöbel−9,5 %,
Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler−8,7 %,
Kochgeräte (Herde)−6,1 %.

Aktuelle Entwicklung

Im April 2006 lagen die Preise 2,2 % über denen des Vorjahresmonats. Preistreibend wirkt sich vor allem die Preisentwicklung von Öl auf dem Weltmarkt aus. Im Vergleich zum April 2005 lag der Preis für Haushaltsenergie durchschnittlich um 13,3 % höher. Vor allem das Heizöl (+ 25,9 %) und die Zentralheizung und Fernwärme (+ 19,4 %) sowie das Gas (+ 18,4 %) waren teurer im Vergleich mit dem Vorjahr. Für Kraftstoffe mussten die Verbraucher 13,4 % mehr aufwenden als noch vor Jahresfrist. Werden die Preise für Heizöl und Kraftstoffe aus dem Gesamtindex herausgerechnet, ergibt sich für April 2006 nur eine Preissteigerungsrate von 1,7 % (statt 2,2 %).

Aufgrund der weltpolitischen Lage werden auch im weiteren Jahresverlauf die Preise für Energie und Kraftstoffe eher zu den Preistreibern zählen. Dämpfend wirken sich auch weiterhin die moderate Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln und Getränken, bei Bekleidung und Schuhen sowie die Preisrückgänge bei den technischen Gütern auf den Gesamtindex aus.

1 Vor dem Hintergrund der Preiserhöhungen durch die Ökosteuer in den Vorjahren, ist diese Steigerung recht gering. (2002: + 6,0 %; 2003: + 6,6 %, 2004: + 4,8 %)

2 Die Definitionen und weitere Beispiele finden sich im Jahresgutachten 2003/04 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Tabelle D1, S. 486 f.

3 Es werden hier die Preise der ursprünglichen Güter im Warenkorb beobachtet. Das heißt, die Preisentwicklung gilt für einen PC der Qualität des Jahres 2000. Mit Qualitätsbereinigungsverfahren (siehe i-Punkt) wird die Vergleichbarkeit mit den heutigen Produkten hergestellt.

4 Auch hier kommen Qualitätsbereinigungsverfahren zur Anwendung.