:: 7/2006

Emissionen im Straßenverkehr – Potenziale zur Reduzierung der Luftbelastung im Innerortsverkehr

Die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstäuben wird zu erheblichen Teilen durch den Straßenverkehr verursacht. Besondere Relevanz haben dabei die auf Innerortsstraßen verursachten NOX- und Feinstaubemissionen des Straßenverkehrs. Immerhin gut 30 % der NOX- und gut ein Viertel der Feinstaubemissionen auf Innerortsstraßen werden von so genannten Altfahrzeugen verursacht, die nicht mindestens der EURO‑2‑Abgasnorm genügen. Nach Untersuchungen der Ursachenstruktur für die gemessenen Schadstoffkonzentrationen bei ausgewählten Messstellen mit besonders häufiger Überschreitung der Grenzwerte, gehen im Mittel rund 33 % der Feinstaub- und sogar mehr als 50 % der NO2-Konzentrationen auf Emissionen des lokalen Straßenverkehrs zurück. Dementsprechend könnten bei vollständiger Vermeidung des Innerortsverkehrs mit Altfahrzeugen rechnerisch maximal rund 8 % der Belastung mit Feinstäuben und rund 15 % der NO2-Belastung vermieden werden.

Lokale Luftbelastung stark vom Straßenverkehr beeinflusst

Die flächendeckende Erfüllung der europäischen Richtlinien zur Luftreinhaltung macht weitergehende Anstrengungen zur Verringerung der Emissionen von Stickoxiden und Feinstäuben erforderlich. Die vorgegebenen Grenzwerte für die Belastung der Luft mit NO2 und Feinstäuben werden vor allem an verkehrsreichen Straßen, insbesondere in Städten und Gemeinden mit starkem Durchgangsverkehr, überschritten. Deshalb befassen sich aktuelle Diskussionen mit Maßnahmen, die eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens älterer Fahrzeuge mit höheren spezifischen Abgaswerten zum Ziel haben. Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen hängt stark vom Fahrzeugbestand und von den Emittentenstrukturen ab. Außer dem Anteil des Straßenverkehrs an den Emissionen ist von großer Bedeutung, wie sich die Emissionen des Straßenverkehrs auf die verschiedenen Fahrzeuggruppen – zum Beispiel mit unterschiedlicher Qualität der Schadstoffminderung – verteilen.

Von den im Jahr 2003 in Baden-Württemberg emittierten 168 000 Tonnen an Stickoxiden wird knapp die Hälfte durch den Straßenverkehr verursacht. Bei den Feinstaubemissionen mit einer Jahresfracht von rund 15 000 Tonnen (Stand 2003) geht rund ein Viertel auf den Straßenverkehr zurück. Die auf das gesamte Land bezogenen Emissionen sind zunächst relevant für die Grundbelastung der Luft mit Stickstoffdioxid und Feinstäuben. Örtlich gemessene Schadstoffbelastungen haben mehr oder weniger deutlich abweichende Ursachenstrukturen, die sich in eine Grund- und Lokalbelastung gliedern lassen. Nach Untersuchungen der UMEG, Zentrum für Umweltmessungen, Umwelterhebungen und Gerätesicherheit Baden-Württemberg1, macht je nach Örtlichkeit und Wetterlage die Grundbelastung der Luft bei NO2 im Mittel gut 40 %, bei den Feinstäuben im Mittel sogar fast zwei Drittel der gemessenen Schadstoffkonzentrationen aus. Die lokalen Emissionen sind demnach bei NO2 zu immerhin fast 60 % und beim Feinstaub zu rund 36 % verantwortlich für die gemessenen Spitzenwerte der Immissionskonzentrationen, die zu den Überschreitungen der EU-Grenzwerte führen. Diese lokale Belastung ihrerseits wird in erster Linie durch den Straßenverkehr bestimmt. An den 10 bzw. 18 untersuchten Messstellen mit hohen Immissionen an NO2 und Feinstaub hat der örtliche Straßenverkehr einen Anteil von im Mittel rund 54 bzw. 33 % der Gesamtbelastung.

Zwei Drittel der Feinstaubemissionen auf Innerortsstraßen durch Pkw

Neben dem Anteil des Straßenverkehrs an den Gesamtemissionen von NOX und Feinstäuben ist für die Überlegungen zur Verringerung der Luftbelastung deshalb von großer Bedeutung, wie sich die Emissionen des Straßenverkehrs auf Außerorts- bzw. Innerortsstraßen im Land verteilen. Die folgenden Angaben beziehen sich, soweit nicht anderes gesagt, auf Modellrechnungen zum Bezugsjahr 2006. Die Zahlen über zugelassene Fahrzeuge nach Schadstoffminderungsklassen basieren auf Hochrechnungen auf der Grundlage der Zulassungsjahre 2004/05. Bezogen auf den gesamten Straßenverkehr entfällt knapp ein Viertel (rund 17 500 Tonnen) der NOX‑Emissionen auf die Innerortsstraßen: knapp die Hälfte (49 %) davon auf Pkw, das heißt den Personenverkehr, 51 % auf Lkw, insbesondere schwere Nutzfahrzeuge. Bei den Pkw ist zusätzlich die Unterscheidung nach Otto- bzw. Dieselmotor-Fahrzeugen wichtig. Die Innerorts durch Pkw verursachten NOX-Emissionen gehen zu 40 % auf Diesel- und zu immerhin 60 % auf Ottomotor-Pkw zurück.

Von den jährlich durch den Straßenverkehr verursachten 3 300 Tonnen Feinstäuben entfallen 27 % (900 Tonnen) auf Innerortsstraßen. Fast zwei Drittel davon werden durch Pkw (564 Tonnen), gut ein Drittel wird vom Lkw-Verkehr, insbesondere durch schwere Lkw (335 Tonnen), verursacht. Für die Feinstäube sind neben den abgasbedingten Emissionen zu einem erheblichen Teil auch Reifen- und Bremsabrieb ursächlich. Hinzu kommen die hier zunächst nicht berücksichtigten Feinstäube durch Aufwirbelung. So erklärt sich, dass immerhin 43 % der innerorts durch Pkw verursachten Feinstaubemissionen Ottomotor‑Pkw zuzuschreiben sind. Den Hauptanteil jedoch verursachen mit 57 % die Dieselmotor‑Pkw.

Knapp 1,8 Mill. Alt-Pkw erfüllen nicht die Euro‑2‑Norm

Für die Beurteilung der Wirksamkeit von Fahrbeschränkungen für ältere Kraftfahrzeuge mit geringerer Schadstoffminderung ist die Betrachtung der Emissionen nach Fahrzeuggruppen und Schadstoffminderungsklassen notwendig. Ausgehend von den Fahrzeugzulassungszahlen lassen sich entsprechend differenzierte Emittentenstrukturen modellhaft berechnen. Im Hinblick auf mögliche Fahrbeschränkungen wird derzeit die Kennzeichnung von Fahrzeugen vorbereitet, die mindestens der Euro-2-Norm genügen. Ohne entsprechende Plakette sollen danach die Fahrzeuge bleiben, die nicht mindestens die Euro‑2‑Norm erfüllen. Daraus resultierend stellt sich die Frage, wie groß der Anteil dieser – im Folgenden als Altfahrzeuge bezeichneten – Fahrzeuggruppe ist und wie groß deren Emissionsanteil am derzeitigen jährlichen Gesamtausstoß ist.

Von den im Land derzeit (Stand Anfang 2006) zugelassenen 6,27 Mill. Pkw genügen 72 % mindestens der Euro‑2‑Norm. Bei rund 28 % der Pkw (ca. 1,77 Mill.) handelt es sich um Altfahrzeuge, die nach der Euro-1-Norm, der US-Norm oder noch niedrigerer Schadstoffminderungsklasse eingestuft sind. Deutliche Unterschiede bestehen zwischen Ottomotor- und Diesel‑Pkw. Bei den im Land zugelassenen ottomotorbetriebenen Pkw handelt es sich noch zu über 33 % um Altfahrzeuge, die der Euro‑2‑Norm nicht genügen, während bei den Diesel-Pkw nur noch knapp 12 % in diese Kategorie der Altfahrzeuge fallen.

Alte Fahrzeuge erbringen im Durchschnitt geringere Fahrleistungen als neue Pkw. So entfallen insgesamt 15 % der gesamten Pkw-Fahrleistungen auf die Gruppe der Altfahrzeuge, bei den Otto‑Pkw sind es 18 %, bei den Diesel-Pkw nur noch knapp 8 %.

Hoher Anteil der Altfahrzeuge bei den NOX‑Emissionen

Immerhin 39 % der NOX‑Emissionen durch Pkw entfallen auf Altfahrzeuge, also Pkw, die die Euro‑2‑Norm nicht erfüllen. Dabei liegt der Anteil der Altfahrzeuge in der Gruppe der Ottomotor-Pkw bei 67 %, während es bei den Diesel-Pkw lediglich 10 % sind. Die durch Pkw jährlich verursachten Feinstaubemissionen werden zu rund 18 % durch Altfahrzeuge verursacht, wobei hier der Unterschied zwischen Otto- und Diesel‑Pkw vergleichsweise gering ausfällt. Bei den Otto‑Pkw machen Altfahrzeuge rund 19 % aus, bei den Diesel‑Pkw sind es rund 17 % (etwa das Doppelte ihres Anteils an den Fahrleistungen) der insgesamt durch Diesel‑Pkw auf den Straßen im Land verursachten Feinstaubemissionen.

Bei den leichten Nutzfahrzeugen (Lkw ≤ 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) liegt der Anteil der Altfahrzeuge an den jährlichen Emissionen bei immerhin 37 % für NOX und bei fast 41 % für Feinstäube. Rund 48 % der im Land zugelassenen leichten Nutzfahrzeuge sind noch Altfahrzeuge. Deren Anteil an den jährlichen Fahrleistungen leichter Nutzfahrzeuge insgesamt liegt bei 31 %.

Unter den insgesamt im Land zugelassenen schweren Nutzfahrzeugen (Lkw ≥ 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) sind noch 32 % Altfahrzeuge, die nicht den Anforderungen der Euro‑2‑Norm genügen. Der Anteil solcher Altfahrzeuge an den Jahresfahrleistungen der schweren Nutzfahrzeuge auf den Straßen des Landes2, errechnet sich auf vergleichsweise geringe 14 %. Daraus resultiert ein Emissionsanteil der Altfahrzeuge von vergleichsweise niedrigen 14 % bei NOX und 22 % bei den Feinstäuben.

Innerorts 31 % der NOX- und 26 % der Feinstaubemissionen durch Altfahrzeuge

Summiert über alle Fahrzeugkategorien haben die Altfahrzeuge einen Anteil von 23 % an den jährlichen (Stand 2006) straßenverkehrsbedingten NOX-Emissionen und von rund 21 % an den jährlichen Feinstaubemissionen. Noch spürbar höher ist der Anteil der Altfahrzeuge auf den Innerortsstraßen, da ältere Fahrzeuge einen im Durchschnitt größeren Teil ihrer Fahrleistungen auf Innerortsstraßen erbringen. So werden immerhin 31 % der NOX- und rund ein Viertel (26 %) der Feinstaubemissionen auf Innerortsstraßen durch Altfahrzeuge verursacht. Auch bei den Lkw liegen die Emissionsanteile der Altfahrzeuge auf den Innerortsstraßen deutlich höher als im Durchschnitt über alle Straßenkategorien.

Abschlussfolgerung: bei einem völligen Fahrverbot für Altfahrzeuge könnten über 31 % der Innerorts verursachten NOX-Emissionen und über ein Viertel der Innerorts verursachten Feinstaubemissionen vermieden werden.

Bezugsgröße für die maximale Minderungsrate der Immissionskonzentrationen ist die durch den örtlichen Straßenverkehr verursachte lokale Zusatzbelastung, die entsprechend den oben genannten Untersuchungen der UMEG für Feinstäube im Mittel in der Größenordnung von 33 % und für NO2 in der Größenordnung von immerhin 54 % der Gesamtkonzentrationen liegt. Durch Verknüpfung dieser Anteilswerte der lokalen Zusatzbelastung durch den innerörtlichen Straßenverkehr mit den maximalen Minderungsraten bei vollständiger Vermeidung der Emissionen durch Altfahrzeuge errechnet sich eine theoretisch erreichbare Verringerung der Immissionen um rund 8 % bezogen auf die Feinstaubbelastung und um immerhin 15 % bei der NO2-Belastung.

Regionale Unterschiede beim Anteil der Alt‑Pkw

In den Stadt- und Landkreisen streut der Anteil der Altfahrzeuge (Stand 1. Januar 2005) bei Otto‑Pkw zwischen 31 % im Landkreis Böblingen und 45 % im Hohenlohe‑Kreis. Bei den Diesel‑Pkw liegen die Anteilswerte der Altfahrzeuge zwischen 11 % im Landkreis Böblingen und 19 % im Landkreis Emmendingen. Entsprechend dieser regionalen Unterschiede beim Anteil der Altfahrzeuge ist auch von Schwankungen beim maximal erzielbaren Effekt eventueller Verkehrsbeschränkungen im Pkw‑Bereich auszugehen, da der Innerortsverkehr stark von den regional zugelassenen Fahrzeugen bestimmt wird. Für den Lkw‑Verkehr gilt dies hingegen nur in abgeschwächter Form. Die Fahrleistungen des Güterverkehrs werden in deutlich größerem Ausmaß auch durch außerhalb der Region zugelassene Fahrzeuge bestimmt.

1 UMEG, Luftreinhalte‑/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Stuttgart, Grundlagenband, Ergebnisse der Luftqualitätsbeurteilung 2004.

2 Basis für diese Berechnungen ist die Zusammensetzung der bundesweiten Flottenstruktur unter Berücksichtigung ausländischer Fahrzeuge.