:: 7/2006

Ältere Wähler gewinnen immer mehr an Einfluss

Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik zur Landtagswahl am 26. März 2006

Neben den endgültigen Wahlergebnissen ist auch das Wahlverhalten der Bevölkerung von großem Interesse. Informationen hierzu liefert die Repräsentative Wahlstatistik, die Daten über die Wahlberechtigten, die Wahlbeteiligung, die Stimmabgabe sowie über die Zusammensetzung der Wählerschaft nach Geschlecht und Altersgruppen bereitstellt. Die Repräsentative Wahlstatistik spiegelt – anders als die Wahlanalysen der Forschungsinstitute – nicht das erfragte, sondern das tatsächliche Wahlverhalten wider.

Immer weniger jüngeren Wahlberechtigten steht eine zunehmende Zahl älterer gegenüber

Nach den Ergebnissen der Repräsentativen Wahlstatistik hat sich infolge der demografischen Alterung der Gesellschaft die Altersstruktur der Wahlberechtigten seit 1980 erheblich verschoben. Die quantitative Bedeutung der älteren Wahlberechtigten hat sich dabei beträchtlich erhöht. Während bei der Landtagswahl 1980 die Gruppe der unter 30-Jährigen und die der 60-Jährigen und Älteren mit knapp 22 % bzw. gut 26 % noch relativ dicht beieinander lagen, war bei der Landtagswahl 2006 der Anteil der älteren Wahlberechtigten mit rund 31 % nahezu doppelt so hoch wie der der jüngeren (knapp 16 %). Das heißt, dass sich das politische Einflusspotenzial der älteren Wahlberechtigten seit 1980 rein quantitativ betrachtet spürbar erhöht hat, das der jungen Generation hat sich dementsprechend reduziert.

Junge Baden-Württemberger »verschenken« ihr politisches Einflusspotenzial

Die Möglichkeiten der jüngeren Baden-Württemberger, durch Teilnahme an Wahlen Einfluss auf das politische Geschehen zu nehmen, wird nicht nur durch die abnehmende Zahl der jüngeren Wahlberechtigten im Land reduziert, sondern auch durch die vergleichsweise niedrige Wahlbeteiligung der jungen Generation. So blieb die Wahlbeteiligung der jüngeren Wahlberechtigten noch deutlich unter dem niedrigen Gesamtdurchschnitt von 53,4 %. Lediglich rund 33 % der unter 30-jährigen baden-württembergischen Wahlberechtigten machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch, während von den 60-Jährigen und Älteren immerhin gut 60 % ihre Stimme abgaben1. Somit war bei der Landtagswahl 2006 ein gutes Drittel der Wählerschaft (rund 37 %) 60 Jahre oder älter, aber nur etwa jeder Zehnte war unter 30 Jahre alt. Damit wird deutlich, dass die jüngeren Wahlberechtigten im Land durch ihre schwache Beteiligung an Wahlen politisches Einflusspotenzial »verschenken«.

Wie bereits bei früheren Landtags-, Bundestags- und Europawahlen, konnte auch bei der Landtagswahl 2006 eine mit dem Alter tendenziell zunehmende Wahlbeteiligung festgestellt werden. Die mit Abstand niedrigste Wahlbeteiligung wiesen dabei die 21- bis 29-Jährigen auf, von denen sich lediglich gut 31 % an der Wahl beteiligten. Demgegenüber lag die Wahlbeteiligung der Erstwähler mit rund 41 % erheblich höher. Bei den Wahlberechtigten zwischen 30 und 39 Jahren erreichte die Wahlbeteiligung leicht über 42 %, bei den 40- bis 49-Jährigen gut 49 % und bei den 50- bis 59-Jährigen knapp 55 %. Die höchste Wahlbeteiligung wiesen – wie auch bei früheren Wahlen – die 60- bis 69-Jährigen mit gut 64 % auf, während bei den 70-jährigen und älteren Wahlberechtigten die Wahlbeteiligung wieder deutlich zurückging (57 %).

Männer nach wie vor mit höherer Wahlbeteiligung als Frauen

Die Wahlbeteiligung der Frauen lag auch bei der Landtagswahl 2006, wie bereits bei früheren Wahlen, unter der der Männer. Dies resultiert vor allem daraus, dass die unter 30-jährigen und die 60-jährigen und älteren Frauen seltener wählen gehen als die Männer dieser Altersgruppen. Vor allem in der Altersgruppe der 70-Jährigen und Älteren ist ein besonders eklatanter Vorsprung der Männer zu beobachten: Hier machten bei der Landtagswahl 2006 zwar noch 65 % der Männer von ihrem Wahlrecht Gebrauch, jedoch nur rund 52 % der Frauen. Die stark rückläufige Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl 2006 ist bei Männern und Frauen zu beobachten und spiegelt sich in allen Altersklassen wider. Allerdings war der Rückgang der Wahlbeteiligung bei den unter 25-Jährigen und bei den 70-Jährigen und Älteren geringer als im Landesdurchschnitt von 9,2 Prozentpunkten. Mit rund 13 Prozentpunkten nahm die Wahlbeteiligung bei den 45- bis 59-Jährigen am stärksten ab.

CDU erzielte Stimmengewinne bei den 25- bis 44-Jährigen

Nach den Ergebnissen der Repräsentativen Wahlstatistik sind die leichten Stimmenrückgänge der CDU bei der Landtagswahl 2006 vor allem auf die Wahlentscheidung der 18- bis 24-jährigen sowie der 45-jährigen und älteren Wähler zurückzuführen. In diesen Altersgruppen hatten die Christdemokraten, prozentual betrachtet, überdurchschnittlich hohe Stimmenrückgänge, wohingegen sie bei den Wählerinnen und Wählern zwischen 25 und 44 Jahren Stimmengewinne verzeichnen konnten.

Wie bereits bei der Landtagswahl 2001 war die CDU auch bei der Landtagswahl 2006 bei den Senioren besonders erfolgreich: Gut 54 %2 der 60-Jährigen und Älteren machten ihr Kreuz bei den Christdemokraten. Bei den unter 60-jährigen Wählerinnen und Wählern hingegen blieb die CDU in allen Altersgruppen deutlich unter ihrem Landesdurchschnitt. Wie bereits bei der Landtagswahl 2001 wurde die CDU etwas häufiger von Frauen (knapp 45 %) als von Männern (43 %) gewählt.

SPD hat bei den jungen Frauen stärksten Rückhalt

Die Sozialdemokraten mussten in allen Altersgruppen Stimmenrückgänge hinnehmen, in geringfügigem Maße bei den 18- bis 24-jährigen, überdurchschnittlich stark hingegen bei den 25- bis 44-jährigen Wählerinnen und Wählern. Vor allem bei den Männern verzeichnete die SPD Einbußen in der Wählergunst, am stärksten bei den 35- bis 44-jährigen Männern. Bei dieser Bevölkerungsgruppe wurde mit einem Minus von 14,4 Prozentpunkten der höchste Stimmenrückgang für die Sozialdemokraten beobachtet. Den größten Rückhalt fand die SPD mit einem Stimmenanteil von rund 30 % bei den 18- bis 24-jährigen Wählerinnen und Wählern. Von den Frauen dieser Altersgruppe hatten sogar nahezu ein Drittel die SPD gewählt.

FDP besonders erfolgreich bei den 25- bis 34-jährigen Männern

Die FDP verdankt ihre Stimmengewinne bei der Landtagswahl 2006 der Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler aller Altersklassen. Die Liberalen haben die stärksten Stimmenzuwächse bei den 25- bis 34-jährigen Männern (+ 5 Prozentpunkte) zu verzeichnen. Bei dieser Bevölkerungsgruppe waren die Liberalen auch mit Abstand am erfolgreichsten: Gut 14 % der männlichen 25- bis 34-jährigen Wähler gaben ihre Stimme der FDP. Den geringsten Rückhalt hatten sie hingegen bei den 35- bis 44-jährigen Frauen, von denen nur rund 9 % ihre Stimme der FDP gaben. Die FDP erhielt von den Männern (gut 11 %) etwas mehr Stimmen als von den Frauen (10 %), was bereits bei der Landtagswahl 2001 der Fall gewesen war.

Hohe Stimmengewinne für die GRÜNEN bei den 45- bis 59-jährigen Wählerinnen

Die GRÜNEN verzeichneten bei der Landtagswahl 2006 mit einem Plus von 4 Prozentpunkten die höchsten Stimmengewinne aller im Landtag vertretenen Parteien. Sie konnten in allen Altersgruppen der Wählerinnen und Wähler Stimmenzuwächse verbuchen. Die höchsten Stimmengewinne erzielten sie bei den 45- bis 59-jährigen Wählerinnen mit einem Plus von 7 Prozentpunkten.

In allen Altersgruppen unter 60 Jahren kamen die GRÜNEN auf überdurchschnittliche Wahlergebnisse, am stärksten war ihr Rückhalt bei den 35- bis 44-jährigen Wählerinnen: Nahezu jede fünfte Baden-Württembergerin dieser Altersgruppe hat die GRÜNEN gewählt. Am wenigsten Erfolg war ihnen hingegen bei den 60-jährigen und älteren Baden-Württembergern mit nur gut 4 % der gültigen Stimmen beschieden. Wie bereits bei der Landtagswahl 2001 schnitten die GRÜNEN auch bei der Landtagswahl 2006 bei den Frauen (rund 12 %) besser ab als bei den Männern (knapp 10 %).

Nahezu jeder zweite CDU-Wähler ist 60 Jahre oder älter

Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, wie bei der Landtagswahl 2006 die demografische Zusammensetzung der Wählerschaft der einzelnen Parteien aussah:

Die CDU hat von allen Parteien den höchsten Anteil an älteren Wählern. Während bei der Landtagswahl 2006 unter der baden-württembergischen Wählerschaft insgesamt rund 37 % 60 Jahre oder älter waren, war unter den CDU-Wählern nahezu jeder Zweite im Seniorenalter. Die unter 60-Jährigen waren hingegen in der Wählerschaft der CDU unterrepräsentiert. Bei den SPD-Wählern lag der Seniorenanteil (gut 35 %) zwar leicht unter dem Durchschnitt aller Wählerinnen und Wähler, dennoch stellten sie die mit Abstand größte Gruppe der SPD-Wähler.

Im Gegensatz zu den beiden großen Parteien waren unter der Wählerschaft der GRÜNEN die Senioren stark unterrepräsentiert, während alle Altersgruppen unter 60 Jahren überproportional vertreten waren. So waren – wie bereits erwähnt – bei der Landtagswahl rund 37 % der Wähler 60 Jahre oder älter. Von den Wählern der GRÜNEN gehörten jedoch lediglich 14 % zu dieser Altersgruppe. Insgesamt betrachtet weisen die GRÜNEN die jüngste Wählerschaft auf. Im Vergleich zu den anderen im Landtag vertretenen Parteien wich die Zusammensetzung der FDP-Wählerschaft am wenigsten von der Altersstruktur der Wählerschaft in Baden-Württemberg insgesamt ab.

1 Im Rahmen der Repräsentativen Wahlstatistik kann nur die Wahlbeteiligung der Wahlberechtigten ohne Wahlschein ausgewiesen werden.

2 Hier und im Folgenden ohne Stimmen der Briefwähler.