:: 8/2006

Die Ausfuhren Baden-Württembergs 2005

Das Jahr 2005 war ein erfolgreiches Jahr für die baden-württembergischen Exporteure. Im Vergleich zum Vorjahr wuchsen die Ausfuhren um fast 9 % und erreichten einen Wert von 123 Mrd. Euro. Damit stiegen sie so stark wie seit dem Boom-Jahr 2000 nicht mehr. Weiterhin bleiben die traditionellen Handelspartnerländer die wichtigsten Ziele für Exporte aus Baden-Württemberg; die Bedeutung von aufstrebenden Volkswirtschaften wie China, Russland und den neu beigetretenen EU-Ländern steigt jedoch.

Europäische Integration erleichtert Exporte

Trotz der Globalisierung und des starken Anstiegs des Interkontinentalhandels blieben 2005 über zwei Drittel (69,4 %) der baden-württembergischen Exporte innerhalb Europas. Dabei stellen die zwölf Länder der Eurozone mit 41 % den wichtigsten Block unter den Ländergruppen dar. Mit Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Österreich und Belgien gehören auch sechs der zehn wichtigsten Exportländer Baden-Württembergs dazu Die Gruppe der EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören, umfasste vor dem 1. Mai 2004 die drei Länder Großbritannien, Schweden und Dänemark, ist aber durch den Beitritt der neuen EU-Mitgliedsländer auf 13 Länder angewachsen. Dadurch stieg der Anteil dieser Gruppe auf 17 %.

Die 25 Länder der EU bilden zusammen mit den 4 Ländern der »Europäischen Freihandelsassoziation« (EFTA) einen zollfreien Absatzmarkt, der größer ist als jener der USA. Dadurch wird der Handel in einem Wirtschaftsraum, der fünf Mal so groß wie Deutschland ist, deutlich erleichtert. Denn nicht nur das Bezahlen der Zölle fällt weg, auch der damit verbundene bürokratische Aufwand verringert sich. Zudem werden Währungsrisiken vermindert. Für den Euroraum fallen sie ganz weg und für acht weitere EU-Währungen, die an den Euro gekoppelt sind, verringern sich die Risiken durch den »Wechselkursmechanismus II«. Diese zunehmende Integration und das starke Wachstum in den beigetretenen Ländern sorgten mit dafür, dass der Anteil der Exporte an Länder innerhalb Europas nicht zurückgegangen ist, auch wenn andere Regionen der Welt ein höheres Wirtschaftswachstum zu verzeichnen hatten.

Außerhalb Europas sind vor allem die USA, China und Japan bedeutende Ziele baden-württembergischer Produkte. Afrika, Lateinamerika und Australien spielen mit zusammen etwa 5 % eine nur geringe Rolle für den Außenhandel. Asien hingegen ist mit fast 13 % eine wichtige Absatzregion. Auch ohne die beiden Hauptabnehmerländer China und Japan sind es noch gut 7 %, das ist in etwa so viel wie in das drittwichtigste Exportland Italien ausgeführt wird.

Während die Bedeutung der einzelnen Weltregionen für die baden-württembergischen Exporte relativ stabil geblieben sind, haben sich die Ausfuhren in einzelne Länder recht unterschiedlich entwickelt. Unter den 20 wichtigsten Handelspartnerländern sind es generell Länder mit hohem Wirtschaftswachstum, die erwartungsgemäß ein steigendes Interesse an baden-württembergischen Gütern zeigen. Das größte Wachstum, eine Verdreieinhalbfachung in den letzten 10 Jahren, weisen die Ausfuhren nach China auf, dessen Wirtschaft im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 9 % pro Jahr wuchs. Aber auch für Länder mit hohem, wenn auch weniger spektakulärem Wirtschaftswachstum entwickelte sich die Nachfrage nach baden-württembergischen Gütern sehr positiv. Die Ausfuhren nach Spanien, Polen und Russland verdreifachten sich. In die USA, die Tschechische Republik und nach Ungarn wurde 2005 mehr als doppelt so viel exportiert wie noch 1996. Alle diese Länder stiegen in der Rangfolge der wichtigsten Abnehmerländer auf. Länder, deren Anteil an den baden-württembergischen Exporten sank, hatten in den meisten Fällen auch ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, das niedriger war als die durchschnittlichen Wachstumsraten der 20 wichtigsten Handelspartnerländer.

Ausfuhrseitig kaum statistische Verzerrungen bei EU-Erweiterung

Bei Beitritt der zehn neuen EU-Länder wäre aufgrund der Umstellung der Erfassungsmethoden (i-Punkt) ein statistisch begründeter, einmaliger Rückgang bei der Entwicklung der Außenhandelszahlen mit den zehn Beitrittsländern zu erwarten gewesen, ähnlich wie das bei der Einführung des EU-Binnenmarktes im Jahr 1993 beobachtet werden konnte. Damals gingen die statistisch erfassten Ausfuhren in die EU-Länder signifikant zurück. Bei den Einfuhren aus den Beitrittsländern konnte dieser Effekt für das Jahr 2004 auch festgestellt werden: Während die Einfuhren aus den zehn Beitrittsländern zwischen 1996 und 2003 noch um durchschnittlich 16,5 % pro Jahr gewachsen waren, betrug der Anstieg im Jahr des Beitritts nur 6,1 %. Bei den Ausfuhren hingegen wurde ein deutlicher Wachstumsrückgang für das Jahr 2004 nicht beobachtet. Die Exporte in die Beitrittsländer waren im Jahr 2004 mit 13,5 % sogar etwas höher als das durchschnittliche Wachstum zwischen 1996 und 2003, das 11,3 % betrug1.

Nachgebender Euro erleichtert Ausfuhren in die USA

Die USA stellen mit 12 % der Ausfuhren weiterhin das wichtigste Abnehmerland für baden-württembergische Exporte dar, im Gegensatz zu den Exporten auf Bundesebene, für die Frankreich das wichtigste Handelspartnerland darstellt. Deshalb ist der Eurokurs in US-Dollar für Exporteure aus dem Südwesten von größerer Bedeutung. Der Euro erreichte Ende 2004 seinen Rekordwert von etwa 1,37 US-Dollar und ließ im Laufe des Jahres 2005 auf etwa 1,20 US-Dollar nach. Auch wenn der Euro damit im historischen Vergleich teuer erschien, war der im Laufe des Jahres nachgebende Euro förderlich für die Exporte: In der ersten Jahreshälfte 2005, als der Euro noch um 1,30 US-Dollar schwankte, war die Steigerung der Ausfuhren in die USA mit 7,4 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum niedriger als bei den Ausfuhren in die übrigen Länder. Erst in der zweiten Jahreshälfte, als der Euro auf ungefähr 1,20 US-Dollar nachgab, konnte im Vergleich zu den Vorjahresmonaten Juli bis Dezember ein Ausfuhrwachstum von fast 12 % erreicht werden. In den Jahren 2001 bis 2003, als der Euro von 0,90 US-Dollar auf 1,20 US-Dollar stieg, waren die Exporte sogar geschrumpft.

Nur leichte Änderung bei der Zusammensetzung der Exporte

Maschinen, Kraftwagen und Kraftwagenteile machen jeweils etwa ein Viertel der baden-württembergischen Ausfuhren aus Chemische Erzeugnisse sind mit einem Zehntel der Ausfuhren die drittgrößte Warengruppe. Dabei ist der Südwesten für ein Viertel der Maschinenexporte Deutschlands verantwortlich, bei Kraftwagen und Kraftwagenteilen ist es ein Fünftel. Damit übertreffen diese beiden Gruppen deutlich die 15,7 % des gesamten Exportanteils Baden-Württembergs am Bund. Der Anteil der chemischen Erzeugnisse am Bund ist mit 12,1 % jedoch unterdurchschnittlich, denn die Chemische Industrie spielt für das gesamte Bundesgebiet eine noch größere Rolle.

Die Bedeutung der einzelnen Warengruppen für die Gesamtausfuhren Baden-Württembergs hat sich in den letzten 10 Jahren nicht sehr stark verändert. Seit 1996 hatten Kraftwagen, Kraftwagenteile und chemische Erzeugnisse aber unter den 10 wichtigsten Warengruppen ein etwas höheres Wachstum als die anderen zu verzeichnen, auch wenn zu beachten ist, dass die Exporte von chemischen Erzeugnissen starken jährlichen Schwankungen unterworfen waren. Ein großer Teil der Unternehmen, die Produkte aus diesen beiden Gütergruppen herstellen, sind stark im Export aktiv und haben ihre Teilnahme an der globalen Arbeitsteilung in den letzten Jahren stetig ausgebaut. Die Internationalisierung geschah unter anderem durch die verstärkte Kooperation mit ausländischen Herstellern, den Aufbau von Niederlassungen im Ausland und durch Unternehmenszusammenschlüsse. Es ist deshalb davon auszugehen, dass heute ein größerer Teil der Handelsströme Vorprodukte sind, die ein Unternehmen zur Weiterverarbeitung in ein anderes Werk im Ausland schickt.

Exporte unterscheiden sich nach Weltregion und Entwicklungsstand

Die Strukturen der Warenexporte in verschiedene Länder lassen zwei Zusammenhänge erkennen:

  • Zum einen nimmt die Vielfalt an importierten baden-württembergischen Produkten bei zunehmender räumlicher Entfernung ab. Das heißt, dass die »anderen Warengruppen«, also diejenigen, die nicht dem Fahrzeugbau, dem Maschinenbau oder der Chemie zuzuordnen sind, nur für etwa 25 % der Exporte in die USA, nach China und Japan verantwortlich sind. Ebenso verhält es sich bei den Exporten nach Brasilien oder in die Türkei. Für den Durchschnitt der 20 wichtigsten Exportländer machen die »anderen Waren« hingegen etwa 40 % der baden-württembergischen Exporte aus. Die höchsten Exportraten von »anderen Waren« werden allesamt von Ländern in Deutschlands Nachbarschaft erzielt, was auf einen regen Warenaustausch und eine vielfältige Verflechtung der verschiedenen Wirtschaftszweige hindeutet. Traditionelle Handelspartner wie Frankreich, Schweiz, Niederlande, Österreich importieren 50 bis 60 % »andere Waren«, ebenso wie die EU-Neulinge Polen und die Tschechische Republik.
  • Der zweite beobachtbare Zusammenhang ist, dass der Entwicklungsstand der weiter entfernten Länder einen wesentlichen Einfluss auf die Art der importierten Waren hat. Volkswirtschaften mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen wie beispielsweise die USA und Japan importieren in erster Linie Kraftwagen und Kraftwagenteile. Die aus Baden-Württemberg stammenden Produkte dieser Warengruppe sind zu einem großen Teil Ausdruck eines gehobenen Konsumbedarfs. Aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Indien, Brasilien, die Türkei oder Russland importieren im Gegensatz dazu mehrheitlich Maschinen, die als klassische Investitionsgüter gelten. Bei zunehmendem Wohlstand ist eine Verschiebung von Investitionsgütern in Richtung Konsumgüter zu erwarten, wie es am Beispiel Südkorea zu beobachten ist. Bestanden 1996 die Importe aus Baden-Württemberg noch zu 47 % aus Maschinen, waren es 2005 nur noch 29 %. Dafür stieg unter anderem der Anteil der Fahrzeugexporte von 18 auf 31 %.

Ausblick

In den ersten Monaten 2006 entwickelten sich die Ausfuhren weiterhin außerordentlich positiv. Durch den Beitritt neuer Mitgliedsländer zur Eurozone ist eine weitere Verstärkung der Handelsbeziehungen mit diesen Ländern zu erwarten. Auch der Anstieg des Wohlstandes in den Beitrittsländern wird für das erwartete Exportniveau förderlich sein, wobei es zu den oben genannten relativen Verschiebungen zwischen den Warengruppen kommen kann. Für Warengruppen, deren Importnachfrage bei hohem Entwicklungsstand relativ an Bedeutung verliert, ergeben sich aber durch den Aufstieg verschiedener Weltregionen neue Wachstumsmärkte. Außerhalb Europas spielt neben den USA vor allem die Entwicklung Chinas als großem und schnell wachsendem Absatzmarkt eine wichtige Rolle, aber auch andere große Länder wie Indien, Russland und Brasilien dürften für die baden-württembergischen Exporte in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.

1 Im Unterschied zu 1993 war den meisten baden-württembergischen Unternehmen das Vorgehen im Intrahandel bereits vertraut, sodass es zu keinen erhöhten Meldeausfällen auf der Ausfuhrseite kam. Außerdem dürfte der Teil der baden-württembergischen Exporteure sehr klein gewesen sein, der durch die Erhöhung der Meldeschwelle nicht mehr in der Statistik berücksichtigt wurde.