:: 8/2006

Immer weniger Gartenbaubetriebe produzieren auf immer mehr Fläche – Strukturverhältnisse im Gartenbau 2005

Im heimischen Produktionsgartenbau hat in den zurückliegenden Jahren vor dem Hintergrund eines starken nationalen und internationalen Wettbewerbsdrucks ein bemerkenswerter Strukturwandel stattgefunden; dieser führte zu größeren Bewirtschaftungseinheiten und einer Zunahme der Produktionsintensität. Immer weniger Betriebe produzieren auf immer mehr Fläche: Seit der letzten Gartenbauerhebung 1994 schied jeder vierte Gartenbaubetrieb aus der Produktion aus. Den weiter am Markt vertretenen 9 600 Gartenbaubetrieben steht nunmehr eine um beachtliche 5 800 Hektar auf 35 700 ha angewachsene Produktionsfläche für Gartenbaukulturen zur Verfügung. Die durchschnittliche Betriebsgröße ist damit inzwischen auf 3,7 ha gärtnerische Nutzfläche angewachsen. Gemessen an den Betriebs- und Flächenzahlen ist Baden-Württemberg weiterhin der größte Gartenbaustandort in Deutschland. Im Vordergrund der gärtnerischen Produktion steht der Obstanbau, wobei allein Baumobst auf mehr als der Hälfte der Gartenbaufläche im Land steht. Mit 65 700 Arbeitskräften, davon gut 15 % in Vollbeschäftigung, ist fast jede dritte Arbeitskraft der heimischen Landwirtschaft im Produktionsgartenbau tätig. Über die Hälfte der Arbeitskräfte ist jedoch lediglich wenige Monate beschäftigt – vor allem als Saisonarbeitskräfte.

In Baden-Württemberg sind für den Gartenbau vielfach recht günstige Standortfaktoren vorzufinden. Dies gilt sowohl hinsichtlich der natürlichen Standortfaktoren wie Bodengüte und Klima als auch der räumlichen Nähe der Produktionsstandorte zu den Märkten und Verbrauchern. Traditionell nimmt der Gartenbau in der heimischen Landwirtschaft eine exponierte Stellung ein. So betrugen 2004 die Verkaufserlöse für Gemüse, Zierpflanzen, Obst und Baumschulgehölze 703 Mill. Euro im Land. Dies entspricht wertmäßig fast der Hälfte der Verkaufserlöse der gesamten pflanzlichen Erzeugung bzw. beinahe einem Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Produktion Die wirtschaftliche Leistungskraft des heimischen Gartenbaus kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass diese hohen Anteile der Verkaufserlöse auf einer vergleichsweise geringen gärtnerischen Produktionsfläche erzielt werden: Nach den Ergebnissen der im Frühjahr 2005 durchgeführten Gartenbauerhebung (i-Punkt) erfolgte der Anbau von Gartenbauerzeugnissen auf 35 700 Hektar (ha), und damit auf lediglich 2,5 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) Baden-Württembergs.

Jeder vierte Betrieb stellte seit 1994 die Produktion ein

Mit 9 600 Betrieben, die Gartenbauerzeugnisse zu Erwerbszwecken im Jahr 2005 anbauten, war nahezu jeder sechste landwirtschaftliche Betrieb in Baden-Württemberg mit der Kultivierung von Gartenbaugewächsen befasst. Im Vergleich zur Gartenbauerhebung 1994 bedeutet dies einen Rückgang um 3 400 Betriebe1, das heißt innerhalb eines Jahrzehntes stellte jeder vierte Gartenbaubetrieb die Produktion ein. Die am Markt Verbliebenen weiteten ihre landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) um ein gutes Zehntel auf 145 900 ha aus. Die gärtnerische Nutzfläche (GN) 2 dieser Betriebe stieg sogar um ein Fünftel auf 35 700 ha, sodass heute einem Betrieb mit durchschnittlich 3,7 ha GN deutlich mehr Fläche zur Verfügung stehen als noch 1994 (2,3 ha). Die wirtschaftliche Existenzsicherung der Betriebe kann offensichtlich nur über eine stetige Expansion der Produktionsflächen erreicht werden – wachsen oder weichen ist hier die Devise. Gemessen an den Betriebs- und Flächenzahlen ist Baden-Württemberg weiterhin der größte Gartenbaustandort in Deutschland. Von den bundesweit 34 700 Betrieben mit Anbau von Gartenbauerzeugnissen hat gut jeder vierte den Sitz in Baden-Württemberg; diese bewirtschaften insgesamt ein Sechstel der bundes-weiten 209 700 ha GN.

Strukturwandel und Konzentrationsprozess halten an

Vom Strukturwandel sind insbesondere die kleineren Betriebe betroffen. Hier fällt der Rückgang der Betriebszahlen und der Flächenausstattung besonders markant aus. Die Wachstumsschwelle, ein im Allgemeinen auf die LF, aber im vorliegenden Kontext auf die GN bezogener Grenzwert, unterhalb dessen die Zahl der Betriebe ab- und oberhalb dessen sie zunimmt, hat sich weiter deutlich nach oben verschoben. So verzeichneten nur noch die Betriebe in den Größenklassen mit 5 und mehr ha GN einen Zuwachs, und zwar um über 300 auf 1 700 Betriebe (24 %). Vor einem Jahrzehnt verfügte erst jeder neunte Gartenbaubetrieb im Land über diese größere Flächenausstattung, inzwischen ist es bereits gut jeder sechste. Auf diese Betriebe konzentrieren sich zudem mit 25 100 ha über 70 % der GN.

Zum Vergleich 1994: die damaligen 1 400 Betriebe in dieser Größenklasse bewirtschafteten mit 15 900 ha erst 53 % der landesweiten GN. Die durchschnittliche Betriebsgröße ist hier inzwischen auf 14,6 ha GN angestiegen (1994: 11,4 ha GN). Der voranschreitende Konzentrationsprozess kommt auch im folgenden Sachverhalt zum Ausdruck: Innerhalb eines Jahrzehntes haben sich die »Großbetriebe« (GN von mindestens 20 ha) zahlenmäßig mehr als verdoppelt. Diese knapp 300 Betriebe repräsentieren zwar lediglich etwa 3 % der Gartenbaubetriebe in Baden-Württemberg, kultivieren aber fast ein Drittel der GN.

Gartenbaubetriebe im engeren Sinne bewirtschaften über 80 % der gärtnerischen Nutzfläche

Etwa 6 500 Betriebe oder mehr als zwei Drittel aller Betriebe mit Anbau von Gartenbauerzeugnissen zu Erwerbszwecken zählen zu den Gartenbaubetrieben im engeren Sinne (i.e.S.), die nach Angaben der Betriebsinhaber mindestens die Hälfte der Betriebseinnahmen aus Gartenbau, Handel oder Dienstleistungen erzielen. Beim restlichen Drittel handelt es sich um land-wirtschaftliche Betriebe mit Gartenbau, deren Betriebseinnahmen vorwiegend aus der übrigen landwirtschaftlichen Produktion stammen (i-Punkt). Der allgemeinen Entwicklung entsprechend verzeichneten beide Betriebsarten im Vergleich zu 1994 rück-läufige Betriebszahlen, wobei die Abnahme der landwirtschaftlichen Betriebe mit Gartenbau mit 1 800 Betrieben oder 37 % markanter ausfiel als bei den Gartenbaubetrieben i.e.S. mit 1 600 Betrieben oder 20 %. Beim Produktionsfaktor Boden zeigt sich hingegen eine gegenläufige Entwicklung: Bei den landwirtschaftlichen Betrieben mit Gartenbau ging die GN um 13 % auf 6 900 ha zurück, bei den Gartenbaubetrieben i.e.S. nahm sie jedoch um 31 % oder 6 800 ha zu. Mit 28 800 ha bewirtschaften diese inzwischen 81 % der GN im Südwesten (1994: 74 %) und weisen eine durchschnittliche Betriebsgröße von 4,4 ha GN (1994: 2,7 ha) auf. Diese Entwicklungen haben verschiedene Ursachen: so zum Beispiel die vollständige Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe, die Aufgabe der Gartenbauproduktion bei fortbestehenden landwirtschaftlichen Betrieben, die Abstockung des landwirtschaftlichen Betriebes unter Beibehaltung der Gartenbauproduktion und die Intensivierung der gartenbaulichen Produktion.

Mehr als die Hälfte der gärtnerischen Nutzfläche für Obstanbau

Der Anbau von Gartenbauprodukten erfolgt auf 35 100 ha Freilandfläche und 500 ha Unterglasfläche. Die Obstanbaufläche überragt mit 24 000 ha alle anderen gartenbaulich genutzten Flächen bei weitem: Drei Viertel aller Betriebe mit Gartenbauerzeugnissen bauen Obst an. Flächenmäßig kommt dem Baumobstanbau (Kern- und Steinobst) die größte Bedeutung zu. Trotz einer im Vergleich zu 1994 starken Abnahme der Baumobstbetriebe um 28 % stieg die Baumobstanbaufläche um über 8 % auf 19 200 ha an. Ein starker Konzentrationsprozess ist gleichfalls bei Betrieben mit Erdbeeranbau zu beobachten, die Betriebszahl sank um ein Viertel auf 900, die Anbaufläche verdoppelte sich auf 3 300 ha. In den letzten elf Jahren verdoppelte sich auch die Anbaufläche für Strauchbeerenobst auf 1 500 ha, wobei auf vier Fünftel der Fläche Johannisbeer- und Himbeersträucher stehen. Bemerkenswert ist, dass unter allen Gartenbauerzeugnissen einzig beim Strauchbeerenanbau die Betriebszahlen stiegen, und zwar um 14 % auf 1 500 Betriebe Im Gemüseanbau, der mit flächenmäßig fast 8 500 ha im Freiland zweit-wichtigsten gärtnerischen Produktionsrichtung in Baden-Württemberg, sind 2 000 Betriebe tätig. Seit 1994 ging die Betriebszahl um ein Fünftel zurück, während die Anbaufläche um ein Drittel zunahm. Im Durchschnitt bewirtschaftete im Jahr 2005 ein Gemüseanbaubetrieb 4,2 ha an Gemüsefläche (1994: 2,5 ha). Baumschulkulturen werden auf 2 000 ha von knapp 500 Baumschulbetrieben bewirtschaftet. Bei dieser gärtnerischen Produktionsrichtung nahm im Vergleich zu 1994 die Zahl der Betriebe um 21 % und die der Fläche um 17 % ab. Die mit knapp 700 ha flächenmäßig kleinste Produktionsrichtung im Freiland bildet der Blumen- und Zierpflanzenanbau, dessen rund 1 200 Betriebe allerdings ein Fünftel mehr Anbaufläche bewirtschaften als noch 1994. Einen Anbau von Gartenbauprodukten in Unterglasanlagen betreiben noch 1 700 Betriebe (- 29 %). Den dominierenden Produktionsschwerpunkt bilden hier der Gemüseanbau und der Anbau von Blumen und Zierpflanzen.

Im Produktionsgartenbau ist jede dritte Arbeitskraft der Landwirtschaft beschäftigt, die Hälfte aber nur wenige Monate

Mit 65 700 Arbeitskräften ist jede dritte Arbeitskraft der Landwirtschaft in Baden-Württemberg dem Produktionsgartenbau zuzuordnen. Im Vergleich zu 1994 nahm deren Zahl um 6 900 Personen oder fast ein Zehntel ab3. Dies bedeutet rein rechnerisch, dass mit jedem aufgegebenen Betrieb zwei Arbeitsplätze verloren gingen. Vollbeschäftigt sind in den Betrieben mit Anbau von Gartenbauerzeugnissen 10 100 Personen4. Der Anteil der Vollbeschäftigten fällt damit in Baden-Württemberg (15,4 %) beachtlich niedriger aus als im Bundesgebiet (18,2 %). In den einzelnen Betriebstypen5 des Produktionsgartenbaus kommt der Vollbeschäftigung der Arbeitskräfte zudem eine sehr unterschiedliche Bedeutung zu. So sind im Obst- und Gemüsebau jeweils lediglich rund 7 % der dort eingesetzten Arbeitskräfte vollbeschäftigt, während in den Baumschulbetrieben jeder Dritte und in den Betrieben mit Blumen und Zierpflanzenanbau sogar 42 % vollbeschäftigt sind.

Mehr als jeder zweite Vollbeschäftigte zählt zu den 20 200 Familienarbeitskräften6 des Produktionsgartenbaus. Den Familienarbeitskräften kommt in der Gartenbauproduktion (31 %) – im Unterschied zur gesamten Landwirtschaft (62 %) – eine erheblich geringere, dafür den so genannten Fremdarbeitskräften, und hier insbesondere den nicht ständig beschäftigten Arbeitskräften, eine umso größere Bedeutung zu. Kennzeichnend für die gärtnerische Produktion ist daher der – vor allem aufgrund der eingesetzten Saisonarbeitskräfte – sehr hohe Anteil der nicht ständig Beschäftigten (57 %)7. Annähernd jeder dritte der nicht ständig Beschäftigten im Produktionsgartenbau ist in der Sparte Gemüsebau tätig, in deren Betrieben wiederum sind fast neun von zehn Personen nur kurzzeitig beschäftigt. Der Gemüsebau weist damit die höchste Quote an nicht dauerhaft Beschäftigten unter den Gartenbausparten auf.

Die enorme Bedeutung, die diese lediglich temporär im Wesentlichen zu Pflege- und Erntearbeiten zum Einsatz kommenden Arbeitskräfte für den Produktionsgartenbau haben, zeigt sich auch daran, dass in diesem speziellen landwirtschaftlichen Betriebsbereich annähernd zwei Drittel der insgesamt 60 000 nicht ständig beschäftigten Arbeitskräfte der baden-württembergischen Landwirtschaft tätig sind.

Unterschiedliche Flächenausstattung und Arbeitsintensität zwischen den gartenbaulichen Sparten

Die Flächenausstattung der gartenbaulichen Betriebstypen variiert beträchtlich: von 12,2 ha GN beim Gemüsebau bis zu 1 ha GN im Blumen- und Zierpflanzenbau. Neben den Unterschieden in der Flächenausstattung ist die unterschiedliche Arbeitsintensität für die einzelnen Gartenbausparten kennzeichnend. Als Maß für den Arbeitskräftebesatz wird die Arbeitskrafteinheit (AKE) 8 verwendet, die im Unterschied zu einer reinen Pro-Kopf-Betrachtung den Umfang der individuell erbrachten Arbeitsleistung berücksichtigt. Die Gesamtleistung der im Produktionsgartenbau eingesetzten Arbeitskräfte entsprach insgesamt 21 000 AKE, das waren 30 % der gesamten landwirtschaftlichen Arbeitsleistung in Baden-Württemberg. Die Arbeitsintensität bezogen auf die GN weist kaum Unterschiede auf: Mit Ausnahme der Betriebe der Sparte Blumen und Zierpflanzen (4 AKE je ha GN) streuen die Werte der flächenbezogenen Arbeitsintensität in einem relativ engen Korridor um den Durchschnittswert (0,6 AKE je ha GN). Ein völlig anderes Bild zeigt jedoch die betriebsbezogene Betrachtung. Als besonders arbeitskräfteintensiv stellen sich die Sparten Gemüsebau mit 6 AKE je Betrieb und Baumschulen mit 5,2 AKE je Betrieb dar. Der durchschnittliche Arbeitskräftebesatz lag bei 2,2 AKE je Betrieb.

Der heimische Gartenbau stand in den zurückliegenden Jahren unter starkem nationalen und internationalen Wettbewerbsdruck, der verstärkt strukturelle Anpassungen erforderte. Dieser Strukturwandel führte zu größeren Bewirtschaftungseinheiten, Konzentrationsprozessen und einer Zunahme der Produktionsintensität. Es ist davon auszugehen, dass der Wettbewerbsdruck auch zukünftig weiter anhalten wird.

1 Aufgrund von Unterschieden in den Erfassungsgrenzen sind die Erhebungsergebnisse von 2005 mit den Originärergebnissen von 1994 zunächst nicht direkt vergleichbar. Es erfolgte daher nachträglich auf Einzelbetriebsebene eine Anpassung der originären Erhebungsdaten von 1994 an die seit 1999 gültigen Erfassungsgrenzen. Auf diese Weise ist eine methodisch volle Vergleichbarkeit der Ergebnisse beider Erhebungen gegeben.

2 Gärtnerische Nutzfläche ist die produktive Fläche, auf der Gartenbauerzeugnisse kultiviert werden

3 Aufgrund grundlegender methodischer Änderungen im Arbeitskräftekonzept der Gartenbauerhebung 2005 ist eine Vergleichbarkeit mit den 1994er-Arbeits-kräfteergebnissen im Weiteren nur sehr eingeschränkt bzw. nicht möglich.

4 Nach dem Beschäftigungsumfang gelten als vollbeschäftigt: Bei den Familienarbeitskräften Personen mit 42 und mehr durchschnittlichen Wochenstunden bzw. 240 und mehr vollen Jahresarbeitstagen und bei den ständigen (familienfremden) Arbeitskräften Personen mit 38 und mehr durchschnittlichen Wochenstunden bzw. 220 und mehr vollen Jahresarbeitstagen.

5 Für den Begriff »Betriebstyp« wird im vorliegenden Beitrag als Synonym auch der Begriff »Sparte« verwendet. Dieser ist, obgleich nominell weit gehend übereinstimmend, aber aufgrund von Änderungen in der Betriebsklassifikation inhaltlich nicht identisch mit dem der Gartenbauerhebung 1994.

6 Einschließlich Betriebsinhaber.

7 Hierzu zählen Personen, die in einem für weniger als drei Monate befristeten Arbeitsverhältnis zum Betrieb stehen.

8 Arbeitskrafteinheit (AKE) ist die Maßeinheit für die Arbeitsleistung einer im Berichtszeitraum (Mai 2004 bis April 2005) mit betrieblichen Arbeiten vollbeschäftigten und nach ihrem Alter voll leistungsfähigen Arbeitskraft; eine teilbeschäftigte Arbeitskraft wird nach ihrem Beschäftigungsumfang umgerechnet.