:: 9/2006

Landwirtschaft in Baden-Württemberg im Kontext der EU-Osterweiterung und Agrarreform

Ob es die fruchtigen Äpfel vom Bodensee, Schwetzinger Spargel oder der beliebte Trollinger ist, das Schwäbisch-Hällische Landschwein, Weiderinder fürs »boeuf de Hohenlohe« oder »Württemberger Lamm«, um nur einige der über die Landesgrenzen hinaus weithin bekannten baden-württembergischen Spezialitäten zu nennen – auf Tradition, Qualität und regionale Herkunft legen die Verbraucher immer stärkeren Wert.

Gesamtwirtschaftlich betrachtet, ging der Beitrag des Agrarsektors zur Leistung aller Wirtschaftsbereiche in Baden-Württemberg jedoch in den letzten Jahren stetig zurück. Im Jahr 2005 betrug der Anteil der Wirtschaftszweige Land- und Forstwirtschaft, Fischerei an der Bruttowertschöpfung der Gesamtwirtschaft im Südwesten lediglich noch 0,7 %, dies entsprach knapp 2 Mrd. Euro. Im Vergleich mit den 25 EU-Mitgliedsstaaten liegt Baden-Württemberg mit Luxemburg (0,4 %) und Deutschland (0,9 %) in der Gruppe der EU-Länder mit dem geringsten Beitrag der Landwirtschaft zur Wirtschaftsleistung insgesamt.

Zwar nimmt die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Agrarbereichs, gemessen an der Bruttowertschöpfung, mehr und mehr ab, neben der Herstellung von Nahrungsmitteln erfüllt die Landwirtschaft in zunehmendem Umfang aber auch andere, mit ökonomischen Maßstäben schwer zu messende Aufgaben. So werden mit der EU-Agrarreform 2003 neue Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik, wie der langfristige Erhalt ländlicher Räume, Umweltschutz, Tierschutz, Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit stärker in den Vordergrund gestellt. Die landwirtschaftlichen Betriebe leisten einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen dieser Ziele.

Im Jahr 2005 gab es in Baden-Württemberg gut 60 600 landwirtschaftliche Betriebe. Ihre durchschnittliche Flächenausstattung erreichte knapp 24 ha LF (landwirtschaftlich genutzte Fläche) und sie beschäftigten etwa 208 000 Arbeitskräfte, die haupt- oder nebenberuflich in der baden-württembergischen Landwirtschaft tätig waren. Im Durchschnitt erzielten die hiesigen im Haupterwerb bewirtschafteten Agrarbetriebe im vorherigen Wirtschaftsjahr 2004/05 einen Unternehmensgewinn in Höhe von rund 34 700 Euro, gut 12 % mehr als im Jahr zuvor. Sie liegen damit, vor allem aufgrund der vergleichsweise kleinbetrieblichen Agrarstruktur im Südwesten, unter dem Bundesdurchschnitt der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe, deren Gewinne je Unternehmen 2004/05 um annähernd 24 % auf über 36 600 Euro gestiegen waren.

Anhaltender Strukturwandel in der Landwirtschaft …

Die besseren Markterlöse in wichtigen Produktionszweigen führten 2004/05 zu einem deutlichen Einkommensanstieg der landwirtschaftlichen Betriebe. Das insgesamt positive Ergebnis dürfte allerdings ohne nennenswerten Einfluss auf den in den letzten Jahren unvermindert hohen Strukturwandel in der Landwirtschaft bleiben. In den vergangenen 10 Jahren haben über ein Drittel der hiesigen Landwirte die Agrarproduktion eingestellt und ihren Hof aufgegeben; seit 1995 immerhin mehr als 36 000 Betriebe. Allein seit 2001 haben erneut mehr als 11 000 landwirtschaftliche Betriebe, das heißt jährlich etwa 4,1 % bzw. annähernd jeder sechste Hof in Baden-Württemberg, ihre Tore für immer geschlossen. Zum Vergleich: In Deutschland ging die Zahl der Agrarbetriebe im selben Zeitraum jährlich um 3,1 % zurück. Die Landwirtschaft ist im Südwesten wesentlich stärker vom strukturellen Wandel betroffen als der Norden Deutschlands oder die großbetrieblich strukturierten Agrarlandschaften in den Ostländern. Dies zeigt sich an der höheren Abnahmerate der Zahl der landwirtschaflichen Betriebe.

… führt zum Verlust von Arbeitsplätzen

Seit 2001 gingen rund 21 500 Arbeitsplätze in der heimischen Landwirtschaft aufgrund des Strukturwandels verloren. Diese Entwicklung trifft nicht nur die landwirtschaftlichen Betriebe, sondern auch die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche im ländlichen Raum. Das relativ bessere Unternehmensergebnis der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe 2004/05, mit durchschnittlichen Einkommenssteigerungen um 12 %, kann jedoch nicht über die strukturellen Probleme und insbesondere die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit vieler Agrarbetriebe im Südwesten innerhalb der EU und im internationalen Wettbewerb hinwegtäuschen. Die verbliebenen Höfe wuchsen zwar bei insgesamt nahezu unverändertem Nutzflächenumfang und sinkenden Betriebszahlen aufgrund des anhaltend starken strukturellen Wandels in der Betriebsgröße deutlich an, von durchschnittlich rund 15 ha LF 1995 über gut 20 ha im Jahr 2001 bis zuletzt knapp 24 ha LF im Jahr 2005. Verglichen mit der zum Teil erheblich größeren durchschnittlichen Flächenausstattung der landwirtschaftlichen Betriebe verschiedener Mitgliedsstaaten der EU oder auch in den neuen Bundesländern ist die Landwirtschaft Baden-Württembergs aber noch immer eher kleinbetrieblich strukturiert.

Die Flächenausstattung der baden-württembergischen Höfe lag 2005 mit 24 ha sowohl deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 43 ha und auch unter den durchschnittlich 31 ha im früheren Bundesgebiet. Über erheblich mehr landwirtschaftlich genutzte Fläche, von durchschnittlich um 188 ha, verfügten die Agrarbetriebe in den neuen Bundesländern. Bei regionaler Betrachtung wird sowohl in West- als auch in Ostdeutschland ein Nord-Süd-Gefälle bei den Betriebsgrößen deutlich. In der EU liegt die Tschechische Republik mit durchschnittlich 79 ha LF je Betrieb ganz vorn, es folgen mit 57 ha das Vereinigte Königreich sowie Dänemark mit 55 ha. Im Durchschnitt der EU liegt die Flächenausstattung für die bisherige EU-15 bei gut 20 ha LF und für die 10 neuen Mitgliedsstaaten, aufgrund der großen Anzahl an Kleinstbetrieben vor allem in Polen, Ungarn und Slowenien, lediglich bei knapp über 8 ha LF je Betrieb.

Agrarbeitrag zur Wirtschaftsleistung Baden-Württembergs unter 1 %

In den vergangenen Jahren vollzog sich in Baden-Württemberg wie auch in anderen Industrieländern ein kontinuierlicher Wandel der Wirtschaftsstruktur. Der größte Anteil an der Bruttowertschöpfung (BWS), dem Maßstab für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft, wird mittlerweile überwiegend von Unternehmen der Dienstleistungsbereiche erbracht. Im Jahr 2005 belief sich in Baden-Württemberg deren Anteil auf 61 %, rund 7 Prozentpunkte mehr als noch 1991. Spiegelbildlich dazu hat vor allem die Industrie, aber auch der Agrarbereich entsprechend an Gewicht verloren. So ging die gesamtwirtschaftliche Leistung der Südwestindustrie einschließlich des Baugewerbes im Zeitraum 1991 bis 2005 von knapp 45 % Wertschöpfungsanteil auf unter 39 % zurück und auf die Wirtschaftszweige Land- und Forstwirtschaft, Fischerei entfielen 2005 lediglich weniger als 1 % der Bruttowertschöpfung des Landes. Im Jahr 2005 betrug die Wertschöpfung, den die hiesigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe mit Agrarerzeugnissen und Dienstleistungen erwirtschafteten knapp 2 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Jahr 2000 rund 1,2 Mrd. Euro weniger.1 Dementsprechend reduzierte sich auch der Beitrag der Land- und Forstwirtschaft zur gesamten 300 Mrd. Euro2 zählenden Bruttowertschöpfung 3 Baden-Württembergs auf 0,7 %. Unter den großen Flächenländern weist Baden-Württemberg zusammen mit Nordrhein-Westfalen (0,6 %) nach Hessen (0,5 %) den geringsten Agraranteil an der Gesamtwirtschaft aus. Zum Vergleich: den höchsten land- und forstwirtschaftlichen Wertschöpfungsbeitrag gab es 2005 in Mecklenburg-Vorpommern mit 2,9 % und Brandenburg mit 1,9 % Anteil.

Erweiterter EU-Absatzmarkt birgt Chancen für die hiesige Wirtschaft

Mit Aufnahme der Staaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern im Mai 2004 hat die Europäische Union die bislang größte Erweiterung ihrer Geschichte vollzogen. Die 10 neuen Mitgliedsstaaten, mit zusammen rund 75 Mill. Einwohnern, haben die EU zu einem Wirtschaftsraum von insgesamt knapp 460 Mill. Verbrauchern anwachsen lassen. Bis zum Jahr 2007 streben Bulgarien und Rumänien ebenfalls eine EU-Mitgliedschaft an. Die Bevölkerungszahl im EU-Binnenmarkt erreicht dann fast die 500 Mill. Grenze.

Die neuen Mitgliedsstaaten mit ihren ausgesprochenen Wachstumsmärkten4 bieten insbesondere für die stark exportorientierte Südwestindustrie gute Absatzchancen. Inwiefern die baden-württembergische Land- und Ernährungswirtschaft von der mit der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Anstieg des Durchschnittseinkommens in den 10 Ländern zu erwartenden verstärkten Nachfrage nach hiesigen landwirtschaftlichen Waren und Nahrungsmitteln profitieren kann, bleibt abzuwarten. Gemessen am Wertschöpfungsbeitrag der Landwirtschaft ist der Agrarsektor in den neuen Mitgliedsländern der EU zwar noch von erheblich stärkerer Bedeutung als in Baden-Württemberg. Allerdings ist dort zum Beispiel das Ertragsniveau im Ackerbau zum Teil deutlich geringer bei schlechteren Qualitäten und in der Tierhaltung sind ebenfalls noch erhebliche Produktivitätsfortschritte zu bewältigen.

Baden-Württemberg bei Getreideerzeugung vor Belgien, Litauen und Irland …

Eine Verringerung der Anbaufläche sowie ungünstigere klimatische Bedingungen als im Jahr 2004 führten 2005 zu einem Produktionsrückgang bei Getreide in der EU-25 um etwa 11 %. Mit insgesamt knapp 260 Mill. Tonnen erreichte die Ernte dennoch das langfristige Mittel. Die drei größten Erzeuger Frankreich, Deutschland und Polen stellen gut die Hälfte der gesamten EU-Getreideproduktion; zusammen mit dem Vereinigten Königreich und Italien sind es über zwei Drittel. Verglichen mit den EU-Mitgliedsstaaten stand Baden-Württemberg im Jahr 2005 mit rund 3,5 Mill. Tonnen erzeugtem Getreide an 15. Stelle, noch vor Belgien, Litauen und Irland. Aufgrund der ausgeprägten Trockenheit auf der iberischen Halbinsel fiel der Durchschnittsertrag bei Getreide für die EU-25 mit etwa 48 dt/ha 2005 deutlich geringer aus (- 13 %) als im Vorjahr. Zwischen den EU-Ländern bestehen erhebliche Ertragsdifferenzen: Von über 86 dt/ha in Belgien und den Niederlanden bis hin zu außergewöhnlich niedrigen Getreideerträgen in Spanien und Portugal um 19 bis 20 dt/ha und Zypern mit lediglich 15 dt/ha. Baden-Württemberg liegt mit knapp 64 dt/ha im Vergleich der 25 EU-Mitgliedsstaaten noch in der Spitzengruppe mit den höchsten Erträgen.

… und bei der Milcherzeugung vor Ungarn, Litauen und Portugal

An der Spitze Deutschland, dann Frankreich und das Vereinigte Königreich trugen im Jahr 2004 zusammen fast die Hälfte zur Kuhmilcherzeugung der EU-25 von über 141 Mill. Tonnen bei. Mit Polen, den Niederlanden und Italien sind fast drei Viertel der EU-Milcherzeugung gedeckt. Baden-Württemberg erzeugte 2004 etwa 2,2 Mill. Tonnen. Bei der Milchleistung liegen die heimischen Milchkühe mit durchschnittlich rund 5 800 kg pro Kuh und Jahr im EU-Mittelfeld. Hier schwanken die Leistungen von 8 160 kg pro Kuh und Jahr in Schweden bis zu lediglich 4 200 kg in Lettland und Litauen. In Deutschland lag die Milchleistung bei knapp 6 600 kg pro Kuh und Jahr.

2005: Einkommenslage der Landwirtschaft erholt …

Die angespannte Einkommenssituation der Landwirtschaft in Baden-Württemberg mit bis zu zweistelligen Abnahmeraten der Bruttoeinkommen der landwirtschaftlichen Betriebe in den zurückliegenden Wirtschaftsjahren hat sich spürbar verbessert. Nach den vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für den Agrarpolitischen Bericht 2006 ausgewerteten Jahresabschlüssen der landwirtschaftlichen Betriebe im Testbetriebsnetz (vgl. i-Punkt) für das Wirtschaftsjahr 2004/05, lagen die Gewinne der in Baden-Württemberg einbezogenen Haupterwerbsbetriebe mit durchschnittlich 34 700 Euro je Unternehmen um gut 12 % über dem Vorjahresergebnis. Nach dreijähriger Durststrecke mit rückläufigen Wachstumsraten konnten die im Haupterwerb bewirtschafteten Agrarbetriebe 2004/05 damit erstmals wieder deutliche Gewinnsteigerungen verbuchen und dem negativen Einkommenstrend der letzten Wirtschaftsjahre ein Ende setzen. Beigetragen haben zum Gewinnanstieg 2004/05 vor allem gestiegene Erlöse in der Schweinemast und Rinderhaltung sowie im Ackerbau die guten Erträge und Preise bei Zuckerrüben sowie Öl- und Hülsenfrüchten und in geringerem Umfang bei Getreide. Positiv auf die Unternehmensergebnisse wirkten sich auch die geringeren Aufwendungen für Futtermittel, Saat- und Pflanzgut aus sowie die erneut gestiegenen EU-Ausgleichszahlungen im Bereich Tier und Milch, insbesondere Milch, aufgrund der höheren Direktzahlungen infolge der 2004 neu eingeführten Milchprämie.

Die Einkommensentwicklung der Haupterwerbsbetriebe im Testbetriebsnetz repräsentiert nur etwa ein Drittel der hiesigen Landwirtschaftsbetriebe. Gut 6 von 10 der im Jahr 2005 in Baden-Württemberg rund 55 300 als Einzelunternehmen – dem traditionellen Familienbetrieb – geführten Betrieben wurden im Nebenerwerb bewirtschaftet. Allerdings decken die etwa 20 000 Haupterwerbsbetriebe den größten Teil der heimischen Agrarproduktion ab: Sie bewirtschaften mehr als zwei Drittel der von den landwirtschaftlichen Einzelunternehmen insgesamt genutzten landwirtschaftlichen Flächen und halten rund 70 % des Rinder- und Schweinebestandes.

… bleibt aber deutlich unter dem Niveau von 2000/01 …

Bezogen auf ihren Gesamtarbeitseinsatz in der Landwirtschaft erzielten die baden-württembergischen Haupterwerbsbetriebe 2004/05 ein Einkommen von rund 22 150 Euro je Arbeitskraft (AK), das waren knapp 10 % mehr als ein Jahr zuvor. Damit hat sich die Ertragslage der hiesigen Haupterwerbsbetriebe sowohl gemessen am »Gewinn je Unternehmen« als auch an der Einkommensgröße »Gewinn plus Personalaufwand je AK« zwar gegenüber dem Vorjahr verbessert, nachdem sie jedoch zuvor 3 Jahre hintereinander merkliche Einbußen hinnehmen mussten, überschritten die Unternehmensergebnisse 2004/05 nur knapp das im Durchschnitt der letzten Wirtschaftsjahre seit Anfang 2000 erreichte Niveau und blieben noch deutlich unter den 2000/01 realisierten hohen Einkommen.

… und auch unter dem Bundesdurchschnitt

Vergleicht man die Einkommensentwicklung in der baden-württembergischen Landwirtschaft mit der Entwicklung auf Bundesebene, so verlief diese 2004/05 im Gegensatz zu den vorangegangenen Wirtschaftsjahren deutlich schwächer als im Bundesdurchschnitt. Mit dem Anstieg des Unternehmensgewinns auf durchschnittlich 34 700 Euro blieben die hiesigen Haupterwerbsbetriebe etwa 5 % unter dem für Deutschland insgesamt ausgewiesenen Wert von gut 36 600 Euro. Im Bundesdurchschnitt verzeichneten die Agrarbetriebe 2004/05 damit einen Gewinnsprung von knapp 24 % gegenüber dem Vorjahr. Annähernd entsprechend stark, um + 19 % auf gut 23 100 Euro, hat im Bund der Gewinn plus Personalaufwand je Arbeitskraft gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Damit erzielten die Haupterwerbsbetriebe im Bundesdurchschnitt etwa doppelt so hohe Zuwachsraten wie in Baden-Württemberg.

Die stark differierende Einkommensentwicklung in den einzelnen Ländern im Wirtschaftsjahr 2004/05 mit einer Schwankungsbreite der Steigerungsraten der landwirtschaftlichen Unternehmensgewinne von lediglich + 2 % in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern bis zu + 52 % in Sachsen bzw. + 71 % in Brandenburg ist größtenteils auf die regional sehr unterschiedliche Verteilung der Betriebe nach Betriebsformen und Größenklassen zurückzuführen. Hieraus ergeben sich von Region zu Region deutliche Schwankungen im Vorjahresvergleich, die unter anderem auch noch aus den Folgen der extremen Trockenheit im Sommer 2003 resultieren. Betroffen von der Dürre waren hauptsächlich Gebiete in Ost- und Süddeutschland, woraus sich einerseits die 2004/05 hohen Gewinnsteigerungen in Brandenburg und Sachsen, andererseits aber auch die geringeren Steigerungen in den 2003 nicht bzw. weniger durch die Trockenheit geschädigten Regionen erklären lassen.

2006: Vorjahresergebnis kaum noch zu erreichen

Wegen der ungünstigen Ernteaussichten 2006 als Folge der anhaltenden Trockenheit wird sich die Einkommensentwicklung wohl wieder nach unten korrigieren. Vor allem die Getreideernte dürfte aufgrund des verspäteten Beginns der Vegetationsperiode und des Wassermangels im Sommer deutlich geringer als im Vorjahr ausfallen; Ähnliches gilt für Teile der Obsternte. Engpässe bei der Futterversorgung wegen der dürrebedingt niedrigeren Erträge auf dem Dauergrünland könnten bei einem erhöhten Schlachtaufkommen zu einer Senkung der Erzeugerpreise für Rindfleisch führen.

Heimische Betriebe eher am unteren Ende des Einkommensrankings

Nach wie vor sind bei den Unternehmensgewinnen relativ große Schwankungen zwischen den einzelnen Bundesländern zu verzeichnen. Dabei zeigt sich, dass Baden-Württemberg zusammen mit Bayern sowohl im Durchschnitt als auch bei den einzelnen Betriebsformen eher am unteren Ende der Skala rangiert. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei die bereits erwähnte vorwiegend kleinbetriebliche Struktur der baden-württembergischen Betriebe mit ihrer vergleichsweise unterdurchschnittlichen Flächenausstattung und Tierbestandsgröße.

Verglichen mit den Haupterwerbsbetrieben in Baden-Württemberg erzielten jene in den neuen Ländern, gemessen an den Gewinnen je Unternehmen, aufgrund ihrer größeren Produktionskapazitäten deutlich höhere Bruttoeinkommen. An der Spitze stehen die Betriebe in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern die 2004/05 durchschnittliche Gewinne von rund 77 300 bzw. 67 200 Euro erreichten, mehr als doppelt so viel wie die hiesigen Haupterwerbsbetriebe mit 34 700 Euro oder die bayerischen mit 28 900 Euro. Dabei ergeben sich die höheren Unternehmensgewinne in erster Linie aus den drastischen Unterschieden bei den Betriebsgrößen. Mit durchschnittlich 280 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) in Mecklenburg-Vorpommern und knapp 240 ha LF in Sachsen-Anhalt bewirtschaften die dortigen im Testbetriebsnetz geführten Haupterwerbsbetriebe eine bis zu achtmal größere Fläche als die Haupterwerbsbetriebe Bayerns, Baden-Württembergs und in Rheinland-Pfalz mit durchschnittlich rund 44 ha LF.

Die große Spannweite bei den Gewinnen der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe zwischen den Bundesländern lässt sich jedoch nicht nur auf die unterschiedliche Betriebsgrößen zurückführen, eine wesentliche Rolle spielen auch die vorwiegend vorherrschenden Betriebsformen, die natürliche Standortvoraussetzungen und nicht zuletzt die Betriebsleiterqualifikation. So lässt sich beispielsweise der in Baden-Württemberg im Wirtschaftsjahr 2004/05 deutlich geringere Einkommenszuwachs der Haupterwerbsbetriebe verglichen mit dem Bundesdurchschnitt unter anderem darauf zurückführen, dass es hier zu Lande anteilsmäßig erheblich mehr Weinbau- sowie Obst- und Gartenbaubetriebe gibt und diese Betriebsformen nur eine unterdurchschnittliche Gewinnsteigerung bzw. sogar merkliche Einbußen verzeichneten.

Wegen der unterschiedlichen Erlösentwicklung bei einzelnen Produktionszweigen ergaben sich bei den landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben für die verschiedenen Betriebsformen abweichende, teilweise entgegengesetzte Einkommensentwicklungen. Und auch beim Einkommensniveau bestehen zwischen den Unternehmensergebnissen der verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebsformen in Baden-Württemberg nach wie vor große Unterschiede. Die Spanne des Bruttoeinkommens der Haupterwerbsbetriebe – der Gewinn je Unternehmen – bewegt sich im Wirtschaftsjahr 2004/05 zwischen gut 59 200 Euro bei den Veredelungsbetrieben und knapp 24 600 Euro bei den vorwiegend auf Rindermast ausgerichteten Futterbaubetrieben.

Veredelungsbetriebe 2004/05 beim Einkommen an der Spitze

Die Veredelungsbetriebe, deren Einkommen in erster Linie aus der Produktion von Ferkeln und Mastschweinen sowie aus der Geflügelhaltung resultiert, nehmen mit diesem Ergebnis erstmals seit Jahren wieder den Spitzenplatz im betrieblichen Vergleich ein. Aufgrund der stark schwankenden Preise auf den Ferkel- und Schweinemärkten, die sich direkt auf den Veredelungsbereich auswirken, waren die Einkommen dieser Betriebe allerdings schon immer größeren Schwankungen unterworfen. Der Anstieg der Schweinepreise im abgelaufenen Wirtschaftsjahr sowie der rückläufige Aufwand für Futtermittel und Viehzukäufe haben 2004/05 zu dem überdurchschnittlichen Einkommenszuwachs geführt.

Sowohl die Futterbaubetriebe mit Schwerpunkt Milchviehhaltung als auch die sonstigen Futterbaubetriebe, die vorwiegend auf Rindermast und Mutterkuhhaltung ausgerichtet sind, konnten im Wirtschaftsjahr 2004/05 ihren Gewinn zwar ebenfalls deutlich steigern, im langjährigen Durchschnitt weisen diese im Land weit verbreiteten Betriebsformen aber die geringsten Unternehmensgewinne aus. In Baden-Württemberg halten knapp die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebe Rinder und etwa ein Drittel sind Milchviehhalter. Mit ihrer Weidewirtschaft tragen sie wesentlich zur Aufrechterhaltung der heimischen Kulturlandschaft bei. Das Unternehmensergebnis der auf die Milchviehhaltung spezialisierten Futterbaubetriebe stieg 2004/05 trotz praktisch unveränderter Erlöse bei Milch um rund 11 % auf knapp 30 000 Euro je Betrieb. Dieses gute Ergebnis war in hohem Maß auf die Einführung der Ausgleichszahlungen bei Milch seit dem Jahr 2004 und dem deutlich geringeren Aufwand für Futtermittel im Vergleich zum von extremer Trockenheit geprägten Vorjahr 2003 zurückzuführen.

Für die Ackerbaubetriebe steht der Anbau von Getreide, Zuckerrüben und Raps im Vordergrund. Verbreitet werden neben diesen Produktionsschwerpunkten auch Schweine gehalten. Mit einem Unternehmensergebnis von gut 36 400 Euro pro Betrieb lagen die Ackerbaubetriebe 2004/05 über dem Durchschnitt. Dies ist neben der positiven Preisentwicklung in der Schweinemast vor allem auf die sehr gute Ernte im Jahr 2004 zurückzuführen.

Weinbaubetriebe auf der Einkommensskala 2004/05 an 2. Stelle

Eine wichtige Rolle spielen in Baden-Württemberg die Dauerkulturbetriebe, vor allem im Wein- und Obstbau. Der Südwesten ist die bedeutendste Obstbauregion innerhalb Deutschlands, insbesondere bei der Erzeugung von Äpfeln. Die Entwicklung der Unternehmensgewinne verlief bei diesen beiden Betriebsformen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr sehr unterschiedlich. Aufgrund hoher Einfuhrmengen kam es zu preisbedingten Einbußen bei Äpfeln, der mit Abstand umsatzstärksten Obstart, weshalb die Obstbaubetriebe 2004/05 mit knapp 28 200 Euro Gewinn je Unternehmen deutlich weniger verdient haben als im vorigen Wirtschaftsjahr. Die Weinbaubetriebe konnten nach der Trockenheit im Sommer 2003 ihre Ertragssituation zur Ernte 2004 dagegen merklich verbessern. Ihr Unternehmensergebnis stieg um rund 8 % auf fast 46 800 Euro je Betrieb. Auf der Einkommensskala der landwirtschaftlichen Betriebsformen in Baden-Württemberg liegen sie damit an 2. Stelle.

Paradigmenwechsel in der EU-Agrarförderung …

Mit den Beschlüssen zu einer umfassenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hat sich der EU-Agrarministerrat in Luxemburg im Juni 2003 auf einen grundlegenden Systemwechsel in der Agrarförderung verständigt. Insbesondere vor dem Hintergrund der WTO-Verhandlungen und der Ost-Erweiterung der EU sollten durch die Reform die Wettbewerbsfähigkeit und Marktorientierung der europäischen Landwirtschaft gestärkt werden, bei gleichzeitiger angemessener Stützung des Einkommens der Agrarbetriebe. Als weitere Ziele der Reform stehen die Förderung der artgerechten Tierhaltung, die umweltverträgliche Produktion hochwertiger Lebensmittel und die gesellschaftliche Akzeptanz der betrieblichen Direktzahlungen im Vordergrund.

Mit der GAP-Reform vollzieht sich ein Paradigmenwechsel in der Landwirtschaftspolitik der Europäischen Union. Waren die EU-Direktzahlungen für den landwirtschaftlichen Betrieb bisher im Wesentlichen an eine bestimmte Produktion gebunden, sei es an die jeweilige Kulturart oder an die Art und Zahl der Tiere, werden diese Zahlungen seit 2005 »entkoppelt«, erfolgen also ohne Bindung an eine bestimmte Produktion. Einerseits ist damit die Erzeugung von Nahrungsmitteln nicht mehr zwingend Voraussetzung für den Erhalt von Ausgleichsleistungen, andererseits können die Betriebe über ihre Erzeugung entscheiden, ohne dass sich dies auf die EU-Direktzahlungen auswirkt. Die Gewährung der künftig »einheitlichen«, von der Produktion unabhängigen Betriebsprämie wird gleichzeitig an die Einhaltung einer Vielzahl von gesetzlichen Standards (19 EU-Vorschriften) aus den Bereichen Umweltschutz, Tierschutz, Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit sowie an neue Vorschriften zur Erhaltung der landwirtschaftlichen Flächen in gutem und ökologischem Zustand geknüpft.

Im Milchsektor wurde zum teilweisen Ausgleich der beschlossenen Senkung der Interventionspreise sowie stufenweise Erhöhung der Milchquoten ab 2004 eine Milchprämie gewährt. Des Weiteren werden jedoch ab 2005 die betrieblichen Direktzahlungen zugunsten der so genannten 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik zur ländlichen Entwicklung gekürzt.

… fördert die Tendenz zur Diversifizierung der landwirtschaftlichen Betriebe

Vor dem Hintergrund dieser Reformbeschlüsse – die EU-Fördermittel, wie zum Beispiel die Preisausgleichszahlungen für Getreide, Ölfrüchte und Eiweißpflanzen sowie die Tierprämien für Rinder und Schafe waren eine wesentliche Erfolgsgröße der landwirtschaftlichen Betriebe – werden auch die Landwirtschaftsbetriebe im Südwesten ihre Pflanzen- und Tierproduktionsverfahren den veränderten Rahmenbedingungen anpassen müssen. In Baden-Württemberg wird dies möglicherweise dadurch erschwert, dass hier die Betriebe kleiner als im Bundesdurchschnitt sind. Über Diversifizierung ihrer Produktion müssen sie sich zur langfristigen Existenzsicherung zusätzliche Einkommensquellen erschließen oder auch außerlandwirtschaftliche Erwerbsalternativen suchen. Neben der traditionellen landwirtschaftlichen Erzeugung im Ackerbau und der Viehhaltung erschließen sich zusätzliche Einkommensquellen zum Beispiel zunehmend in der Energieerzeugung, der Landschaftspflege sowie im Dienstleistungsbereich Erholung.

Preis- und Kostenentwicklung im Wirtschaftsjahr 2005/06 uneinheitlich

Für das am 30. Juni 2006 abgelaufene Wirtschaftsjahr 2005/06 lassen sich anhand der Erzeugerpreis- und Kostenentwicklungen noch keine einheitlichen Tendenzen feststellen: Die Milchpreise sind weiter zurückgegangen. Der Milchpreisrückgang wird aber durch die erhöhte Milchprämie, die als Teilausgleich für die Rücknahme der Preisstützung bei Milch gewährt wird, wieder ausgeglichen. Die Ferkelpreise konnten ihr Anfang des Jahres 2005 erreichtes ausgesprochen hohes Niveau nicht halten. In der Schweinemast lagen die Erzeugerpreise 2005 etwas niedriger als im Vorjahr, während sich die Preise für Rindfleisch bei Jungbullen, Kühen und Färsen im Laufe des Jahres 2005 auf einem sehr hohen Niveau bewegten. Inwieweit die ab 1. Januar 2006 geänderte Prämiensituation (Entkopplung von der Produktion) preisstabilisierend wirkt, bleibt abzuwarten. Die weitere Entwicklung im Rinderbereich ist noch offen. In der pflanzlichen Produktion insgesamt lagen die Erzeugerpreise deutlich unter dem Niveau der Ernte 2004. Vor allem bei Getreide kam es zu kräftigen Preisabschlägen, aber auch Hackfrüchte und Ölpflanzen notierten spürbar geringer. Bei Obst und Gemüse war die Preisentwicklung uneinheitlich.

Die Einkaufspreise für landwirtschaftliche Betriebsmittel bewegten sich 2005 im Durchschnitt nur leicht über ihrem Vorjahresstand. Belastet werden die landwirtschaftlichen Betriebe allerdings durch die deutlich höheren Energiepreise, die auch zu höheren Ausgaben bei anderen Kostenpositionen wie beispielsweise bei Düngemitteln führen. Insgesamt ergibt sich aus den genannten unterschiedlichen Einflussfaktoren, dass sich die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft im gerade abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2005/06 gegenüber dem vorherigen Wirtschaftsjahr 2004/05 noch schwer abschätzen lässt.

1 Ein direkter Vergleich der landwirtschaftlichen Gesamtrechnungsergebnisse 2005 mit den Vorjahren ist jedoch aufgrund methodischer Änderungen mit der Entkopplung der Gütersubventionen im Rahmen der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU in 2005 nur eingeschränkt möglich.

2 Bruttowertschöpfung in jeweiligen Preisen.

3 Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder.

4 Im Jahr 2005 erreichten die 10 neuen Mitgliedsländer im Durchschnitt ein reales Wirtschaftswachstum in Höhe von + 4,4 % im Vergleich zu lediglich + 1,5 % der bisherigen EU-15.