:: 2/2007

Kulturland Baden-Württemberg: Theater, Festspiele und Orchester

Die Förderung des kulturellen Lebens zählt zu den verfassungsmäßigen Aufgaben von Staat und Gemeinden in Baden-Württemberg. Dafür wenden sie pro Jahr knapp 1 Mrd. Euro auf. Etwa 43 % dieses Betrags fließen in den Bereich »Theater und Musik«. Je Einwohner ergab dies im Jahr 2003 einen Förderbetrag von 89,1 Euro, von denen 38,7 Euro für Theater- und Musikförderung verwandt wurden. In den hiervon profitierenden Theatern wurden in der Spielzeit 2004/05 rund 3,15 Mill. Zuschauer gezählt. Vor allem die Landesbühnen konnten ihre Besucherzahlen in den letzten 10 Jahren deutlich steigern. Die Aufführungen der acht geförderten Orchester besuchten in der Konzertsaison 2005/06 fast 477 000 Zuhörer.

Fast 1 Mrd. Euro öffentliche Kulturausgaben

»Der Staat und die Gemeinden fördern das kulturelle Leben und den Sport unter Wahrung der Autonomie der Träger. Die Landschaft sowie die Denkmale der Kunst, der Geschichte und der Natur genießen öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden.« So lautet Artikel 3c der Verfassung von Baden-Württemberg1 Um diese Verpflichtung zu erfüllen gaben das Land, die Gemeinden und Zweckverbände im Jahr 2003 gut 951 Mill. Euro an Grundmitteln aus (vgl. i-Punkt). Für das Jahr 2004 weist der aktuelle Kulturfinanzbericht nach vorläufigen Ergebnissen der Haushaltsrechnung knapp 921 Mill. Euro aus, der Soll-Wert für 2005 lag bei 960 Mill. Euro.2

Pro Kopf der Bevölkerung wurden 2003 im Land damit 89,1 Euro für kulturelle Zwecke aufgewendet. Mit diesem Wert lag Baden-Württemberg etwas über dem Bundesdurchschnitt von 85,6 Euro. Unter den Bundesländern rangierte Baden-Württemberg damit an 7. Stelle. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg lagen im Ländervergleich durch die Verpflichtung überregional bedeutsame Kultureinrichtungen zu unterhalten mit 158,8 Euro, 157,1 Euro bzw. 141,8 Euro in der Spitzengruppe. Aber auch Sachsen gab mit 157,4 Euro je Einwohner einen weit überdurchschnittlichen Betrag für den Kulturbereich aus.

»Theater und Musik« haben den größten Anteil an den Kulturausgaben

Im Jahr 2003 entfielen in Baden-Württemberg rund 43 % der Ausgaben für die Kulturförderung auf den Bereich »Theater und Musik«. Dies entsprach einer Summe von 413 Mill. Euro oder 38,7 Euro pro Kopf der Bevölkerung. Museen, Sammlungen und Ausstellungen konnten einen Anteil von knapp 18 % an den Gesamtausgaben verbuchen, die Bibliotheken 14 %. Zur »Sonstigen Kulturpflege«, für die 92 Mill. Euro aufgewendet wurden, zählen unter anderem Mittel für die Filmförderung, für Volks- und Heimatkunde sowie Ausgaben, mit denen verschiedene Kulturbereiche gleichzeitig gefördert werden. Die Ausgaben für die Kulturverwaltung – hierzu zählen zum Beispiel Verwaltungsausgaben für die kommunalen Kulturämter oder die staatlichen Schlösser und Gärten – nahmen mit 47 Mill. Euro lediglich 5 % des Kulturetats in Anspruch.

Bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Theater und Musik übertraf Baden-Württemberg den Durchschnitt der Bundesländer um 2,8 Euro und belegte auch hier wie bei den Gesamtausgaben den 7. Platz. Nach den Stadtstaaten mit Ausgaben zwischen 76,4 Euro und 66,0 Euro lagen Thüringen mit 56,3 Euro und Sachsen mit 54,0 Euro auf den vorderen Rängen.

3,15 Mill. Besucher in den geförderten Theatern

Baden-Württemberg ist nicht nur für technologische Spitzenleistungen bekannt. Auch kulturell hat das »Ländle« einiges zu bieten: So wurde 2006 das Staatsschauspiel Stuttgart zum »Theater des Jahres« gekürt und die Staatsoper Stuttgart zum wiederholten Male zum »Opernhaus des Jahres« gewählt. Neben den »großen« Staats- und Stadttheatern existieren viele kleinere Bühnen, die nur zum Teil vom Land gefördert werden. Darüber hinaus veranstalten viele Laiengruppen, Schulen und Vereine Theateraufführungen. In den Sommermonaten werden außerdem an zahlreichen Orten im Land Vorstellungen auf Freilichtbühnen aufgeführt. Nicht zu vergessen sind schließlich kommerzielle Unternehmen wie die Stuttgarter Musical-Theater, die weit über die Landesgrenzen hinaus Besucher anlocken.

Statistische Angaben liegen nur für einen Teil der Theater und Festspiele vor. Eine Quelle sind die Statistiken des Deutschen Bühnenvereins, der Angaben über seine Mitglieder veröffentlicht. In Baden-Württemberg zählten dessen Mitgliedsbühnen in der Spielzeit 2004/05 knapp 4,6 Mill. Besucher3. Eine andere Quelle ist die Statistik des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Allerdings liefern nur diejenigen Bühnen, die staatliche Fördermittel erhalten, Angaben zu den Aufführungen, den Besucherzahlen, dem Personal und den Finanzen. Auf dieser statistischen Erhebung des Ministeriums beruhen die folgenden Angaben.

Außer den beiden Staatstheatern in Stuttgart und Karlsruhe und den Landestheatern in Tübingen, Esslingen und Bruchsal erhielten 36 weitere Kommunal- und Kleintheater in der Spielzeit 2004/05 Fördermittel. Insgesamt besuchten gut 3,15 Mill. Zuschauer die fast 15 000 Vorstellungen dieser Bühnen. Die überwiegende Mehrzahl der Vorstellungen wurde im eigenen Haus durchgeführt. Bei den Landesbühnen ist jedoch deutlich erkennbar, dass sie ihren Auftrag, Theaterkultur auch »in die Fläche« zu bringen ernst nehmen: Fast 40 % ihrer nahezu 2 000 Vorstellungen waren Gastspiele an anderen Orten. Bei der Badischen Landesbühne Bruchsal fanden sogar mehr als zwei Drittel aller Aufführungen auf Bühnen außerhalb des Stammsitzes statt.

In den letzten Jahren stabile Besucherzahlen

Die Gesamtzahl der Besucher staatlich geförderter Theater blieb in den letzten 10 Jahren auf einem stabilen Niveau von rund 3,2 Mill. pro Saison. Bei der Verteilung zwischen den Sparten ist aber eine Verschiebung feststellbar. Das Schauspiel konnte in diesem Zeitraum leicht steigende Zuschauerzahlen verzeichnen: 1,37 Mill. bedeuten gegenüber der Spielzeit 1994/95 ein Plus von beinahe 3 %. Darüber hinaus wurden in der Spielzeit 2004/05 Kinder- und Jugendtheatervorstellungen von 542 000 Zuschauern besucht, knapp 65 000 mehr als 10 Jahre zuvor – ein Anstieg um fast 14 %. Dagegen sank die Zuschauerzahl von Musicals und Operetten auf 222 000 ab – in der Spielzeit 1999/2000 waren es noch 150 000 mehr. Möglicherweise ist dies auf die Konkurrenz durch kommerzielle Musicalbühnen zurückzuführen. Oper, Ballett und Konzerte konnten ihr Stammpublikum im Wesentlichen halten.

Vor allem die Landesbühnen erreichten in den vergangenen Jahren neue Zuschauergruppen: Beinahe 314 000 Zuschauer bedeuten gegenüber der Spielzeit 1994/95 einen Zuwachs um mehr als 50 %. Besonders das Landestheater Tübingen erlebte hier mit einer Steigerung von 64 400 auf 159 700 Zuschauer eine rasante Entwicklung. Die beiden Staatstheater lagen mit 867 000 Besuchern in etwa auf dem Niveau von vor 10 Jahren. Trotz eines leichten Zuschauerrückgangs um knapp 6 % konnten die Kommunal- und Kleintheater 2004/05 zusammen mehr als 1,97 Mill. Zuschauer zu ihren Vorstellungen willkommen heißen.

Theater mit über 257 Mill. Euro gefördert

Im Rechnungsjahr 2004 erhielten die Theater zusammen 257,5 Mill. Euro Zuschüsse vom Land und den Gemeinden. Im Durchschnitt wurde jeder Theaterbesuch mit 81,7 Euro bezuschusst. Je nach Theater ergaben sich natürlich beträchtliche Abweichungen von diesem Durchschnittswert. Die Staatstheater als Dreispartenhäuser mit Schauspiel, Oper und Ballett haben mit 127,0 Euro je Besucher die höchsten Zuschüsse erhalten. Einen wesentlich geringeren Pro-Kopf-Zuschuss von 43,7 Euro konnten die Landesbühnen verbuchen. Die Kommunal- und Kleintheater lagen mit einem Betrag von 67,8 Euro je Zuschauer zwischen den beiden anderen Theaterarten. Dabei liegen die in Tabelle 1 aufgeführten Bühnen mit mehr als 50 000 Besuchern in der Spielzeit 2004/05 mit Ausnahme des Ulmer Theaters und des Stadttheaters Konstanz alle über diesem Durchschnittswert. Vor allem die hier nicht genannten kleineren Bühnen mussten mit weit geringeren Beträgen auskommen.

Die eigenen Einnahmen – also vor allem die Eintrittsgelder – konnten den Etat der Bühnen nur zu rund einem Sechstel decken. Unter den großen, in Tabelle 1 genannten Bühnen, konnten nur das Landestheater Tübingen und die Württembergische Landesbühne Esslingen ihren Etat zu mehr als einem Fünftel aus eigenen Einnahmen erwirtschaften. Die durchschnittlichen Einnahmen je Besucher lagen hier zwischen 8,0 Euro beim Landestheater Tübingen und 27,2 Euro beim Württembergischen Staatstheater Stuttgart.

Für ihre Aufführungen benötigen die Bühnen qualifiziertes Personal: nicht nur im künstlerischen Bereich, sondern auch Beschäftigte in der Bühnentechnik, in der Requisite und in der Verwaltung. Insgesamt gab es an den geförderten Bühnen im Land 4 423 Personalstellen. Allein mehr als ein Viertel davon – nämlich 1 210 – waren am Württembergischen Staatstheater Stuttgart vorhanden.

Fast 477 000 Konzertbesucher in der Saison 2005/06

In Baden-Württemberg erhalten acht Orchester Zuschüsse aus dem Landesetat. In der Saison 2005/06 strömten 476 600 Besucher in die 678 Konzerte dieser Orchester, rund 8 % mehr als in der Saison zuvor. Das Renommee dieser Orchester erkennt man unter anderem an der großen Zahl der Gastspiele im Ausland: 146-mal traten sie auf Bühnen außerhalb Deutschlands auf. Allein das Freiburger Barockorchester absolvierte 53 Konzerte im Ausland. Mit 103 000 Konzertbesuchern erreichte es auch die größte Publikumsresonanz.

Zusammen erhielten die Orchester 19,3 Mill. Euro an Zuschüssen. Davon stammten 9,2 Mill. Euro aus dem Haushalt des Landes, knapp 9,7 Mill. Euro waren kommunale Zuschüsse. Die restlichen rund 400 000 Euro stammten aus weiteren Quellen. Damit ergab sich ein Förderbetrag von rund 40 Euro pro Konzertbesucher. Die Spanne reicht hier von einem Pro-Kopf-Zuschuss von 3 Euro für das Freiburger Barockorchester bis 98 Euro für die Stuttgarter Philharmoniker. Die Freiburger schafften es, ihren Etat zu fünf Sechsteln aus eigenen Einnahmen zu decken.

Gut besuchte Festspiele

Neben den genannten acht Orchestern und den ganzjährig spielenden Theatern erhalten auch 15 Festspiele öffentliche Fördermittel. Dazu gehören unter anderem die Schlossfestspiele in Ettlingen und Ludwigsburg, die Volksschauspiele in Ötigheim, die Freilichtspiele in Schwäbisch Hall oder die Burgfestspiele in Jagsthausen. Aber auch kleinere Veranstaltungen wie das Isny-Oper Festival oder das Theater in der Orgelfabrik in Karlsruhe-Durlach werden gefördert. Auch das Zelt-Musik-Festival in Freiburg gehört zu den geförderten Veranstaltungen. Leider gingen von diesem Festival für das Jahr 2005 keine Meldungen ein. Im Jahr 2004 wurden dort 135 000 Besucher gezählt, was das Zelt-Musik-Festival zur, an der Besucherzahl gemessen, größten derartigen Veranstaltung im Land machte.

Von den übrigen Festspielen in Baden-Württemberg liegen Zahlen für 2005 vor. Demnach besuchten über 377 000 Zuschauer die Veranstaltungen. Dies waren knapp 6 % weniger als ein Jahr zuvor. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass eine Reihe von Veranstaltungen Freilichtaufführungen waren, die möglicherweise unter dem unbeständigen Sommerwetter des Jahres 2005 gelitten haben.

Die Summe der Zuschüsse fiel mit 6,25 Mill. Euro vergleichsweise bescheiden aus. Da die Festspiele eigene Einnahmen von 11,4 Mill. Euro verbuchen konnten, wurden fast zwei Drittel der Kosten durch Eigenmittel gedeckt. Je Besucher ergab sich ein Zuschussbetrag von 16,6 Euro, wobei die Spanne von 2,3 Euro bei den Volksschauspielen Ötigheim bis 68,9 Euro bei den Schwetzinger Festspielen reichte.

1 Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11. November 1953 (GBl. S. 173), zuletzt geändert am 23.Mai 2000 (GBl. S. 449).

2 Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Kulturfinanzbericht 2006, S. 26 ff. Der Bericht kann in elektronischer Version als PDF-Datei im Statistik-Shop zum Preis von 12,00 Euro bezogen werden. In gedruckter Form ist der Kulturfinanzbericht 2006 unter vertrieb@stala.bwl.de zum Preis von 16,00 Euro (zuzüglich Versandkosten) erhältlich oder über den Buchhandel zu beziehen.

3 gl. Deutscher Bühnenverein (Hrsg.): Theaterstatistik 2004/05, Kapitel 12.