:: 2/2007

Aus dem Krankenhaus direkt in Reha

Immer mehr Patienten werden aus den Krankenhäusern direkt in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen des Landes verlegt. Seit 1994 verdreifachte sich deren Zahl auf fast 100 000, und das, obwohl die Zahl der seinerzeit dort behandelten Patienten sich nicht wesentlich von der Zahl der Behandlungsfälle des Jahres 2005 unterscheidet. Ein Grund für diese Entwicklung ist in der Einführung eines neuen Entgeltsystems in den Krankenhäusern angelegt, das dazu beitragen soll, die Dauer der vollstationären Versorgung zu reduzieren.

In Baden-Württemberg meldeten im Jahre 2005 noch insgesamt 221 Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen ihre Daten an die amtliche Krankenhausstatistik. Rund 292 000 Patienten waren vollstationär untergebracht, knapp 10 400 weniger als im vorangegangen Jahr. Um über 1 000 auf 96 700 gestiegen ist dagegen erneut die Zahl der direkt aus Krankenhäusern in diese Einrichtungen aufgenommenen Behandlungsfälle. Der Anteil der Überweisungen erreichte mit 33 % einen bisherigen Höchststand. 1994 wurden bei insgesamt 317 000 vollstationär versorgten Patienten fast 33 000 Verlegungen gezählt, was seinerzeit einem Anteil von etwas mehr als 10 % an allen dort behandelten Patienten entsprach.

In den vergangenen 12 Jahren war eine kontinuierliche Zunahme der aus den Krankenhäusern verlegten Fälle zu beobachten. Diese Entwicklung steht in einem engen Zusammenhang mit dem Bemühen der Krankenhäuser, die Zahl der im Zeichen der Fallpauschalen kostspieligen Pflegetage ihrer eigenen Patienten immer weiter zu verkürzen. So bietet sich neben einer möglichst frühzeitigen Entlassung nach Hause auch die Überweisung in eine Rehabilitationseinrichtung an. Hinter vorgehaltener Hand spricht man inzwischen sogar schon von »blutigen Verlegungen«.

Die seitens der Krankenhäuser eingeleiteten Maßnahmen beginnen zu greifen. So sank die Zahl der Pflege- und Berechnungstage je Behandlungsfall im Zuge dieser Bemühungen um die Verkürzung der Verweildauern im Durchschnitt aller Krankenhäuser zwischen 1994 und 2005 immerhin um 3,7 auf nur noch 8,6 Tage.

Entwicklung in den Fachbereichen unterschiedlich

In die Orthopädie wurden im Jahre 2005 mit Abstand die meisten Patienten direkt aus einem Krankenhaus in eine Reha-Einrichtung verlegt. Fast 40 200 der insgesamt knapp 83 600 Behandlungsfälle kommen aus dem Akutbereich der Krankenhäuser. Seit 1994 verläuft hier die Entwicklung kontinuierlich ansteigend.

An zweiter Stelle folgt die Innere Medizin mit fast 31 900 Verlegungen bei zusammen 79 000 Patienten. Die Sonstigen Fachbereiche wiesen bei knapp 69 000 Patienten gut 13 400 Aufnahmen aus Krankenhäusern auf. Hierunter sind interdisziplinäre Bereiche – deren Betten fachgebietsübergreifend genutzt werden – bzw. solche Bereiche zu verstehen, für die seitens der zur Statistik meldenden Einrichtungen keine fachliche Zuordnung getroffen worden ist. Der zahlenmäßig am kleinsten besetzte Fachbereich Neurologie mit zusammen etwas mehr als 20 600 Behandlungsfällen übernahm rund 10 700 Patienten direkt aus Krankenhäusern. Prozentual gesehen kommen danach mehr als die Hälfte der Patienten mit neurologischen Diagnosen unmittelbar aus Krankenhäusern. Diese vier Fachbereiche zusammen nehmen fast 100 % aller Verlegungen auf.

Die Entwicklung in den vier untersuchten Fachbereichen der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen verläuft hinsichtlich der Verlegungen aus Krankenhäusern nicht einheitlich. Am dynamischsten ist die Entwicklung in der Orthopädie. Während in diesen Fachbereich 1994 knapp 13 400 Patienten aus Krankenhäusern verlegt wurden, erreichte ihre Zahl im Jahre 2004 mit knapp 41 200 ihren bisherigen Höhepunkt. Dagegen war 2005 ein Rückgang um 1 000 Fälle zu beobachten. Deutliche Schwankungen zeigen sich im zeitlichen Verlauf bei der Inneren Medizin. Hier stieg die Zahl der Überweisungen im Beobachtungszeitraum von jeweils knapp 14 200 auf 31 900. Die Sonstigen Fachbereiche verzeichneten insgesamt einen Anstieg um rund 10 800 auf gut 13 400 Überweisungsfälle. Allerdings wurde hier mit knapp 17 100 bereits im Jahr 2001 die bisher höchste Anzahl von Direktaufnahmen erreicht. In den Folgejahren lag die Zahl der Verlegungen deutlich niedriger. Erst 2005 war wieder ein Anstieg zu registrieren.

Weniger dynamisch zeigte sich die Entwicklung im Fachbereich Neurologie. Doch sollten die vergleichsweise kleinen Fallzahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Anzahl der Direktverlegungen hier verfünffacht hat. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Sonstigen Fachbereiche.

Anteile der Verlegungen steigen

In den untersuchten Fachbereichen nahm der Prozentsatz der Direktverlegungen aus Krankenhäusern an allen in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen behandelten Patientinnen und Patienten zu. Bis Ende der 90er-Jahre ist eine allgemeine Aufwärtsbewegung zu beobachten, unterbrochen von mehr oder weniger stark ausgefallenen Schwankungen. Danach steigt der prozentuale Anteil der Verlegungen in drei der vier Fachbereiche stark an. Im Zuge dieser Aufwärtsentwicklung hatten im Jahre 2005 die Direktverlegungen in neurologischen und orthopädischen Abteilungen dieser Einrichtungen an allen dort Behandelten einen Anteil von rund 50 %. Im Fachbereich Innere Medizin lag der Anteil bei etwa 40 %. Lediglich bei den Sonstigen Fachbereichen weist die Kurve ab dem Jahr 2001 zunächst eine Delle auf. Insgesamt blieb ihr Anteil knapp unter 20 %.

Bei der Bewertung dieser Entwicklungen spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen nahm die Fallzahl aller in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen behandelten Patienten nach 2000 nur noch in der Neurologie kontinuierlich zu. In den drei übrigen Bereichen entwickelte sich die Patientenzahl rückläufig. Vor allem die Innere Medizin hatte 2005 gut 25 000 Patienten weniger als im Jahre 2000. Gleichzeitig wurden bis auf die Sonstigen Fachbereiche mehr Patienten direkt aus Krankenhäusern übernommen. Dadurch erhöhten sich die prozentualen Anteile der Direktüberweisungen automatisch. Augenfällig ist aber vor allem das zeitliche Zusammentreffen dieser Entwicklung mit der Einführung eines neuen Abrechnungsverfahrens in den Krankenhäusern, dem Fallpauschalensystem. Im Jahre 2001 wurde die Einführung für 2003 bzw. 2004 rechtlich verbindlich festgelegt und die Krankenhäuser begannen sich frühzeitig auf die bevorstehenden Änderungen einzustellen. Nach der Vorbereitungs- bzw. Einführungsphase zeigte sich in den drei Fachbereichen mit den höchsten Anteilen eine deutliche Abflachung des Anstiegs bis zum Stillstand auf hohem Niveau. Wiederum waren es die Sonstigen Fachbereiche, die atypisch reagierten. Im Jahre 2005 übernahmen sie deutlich mehr Patienten aus Krankenhäusern als die Jahre zuvor und vergrößerten damit – gemessen an der weiter rückläufigen Zahl der dort insgesamt Behandelten – deren Anteil erkennbar.

Fazit

Sowohl bei der Anzahl der Verlegungen nach den vier ausgewählten Fachbereichen, als auch bei dem prozentualen Anteil der aus den Krankenhäusern direkt in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen verlegten an den behandelten Patienten insgesamt zeigt sich nach der Jahrtausendwende ein erkennbarer Anstieg. Abgesehen von den Sonstigen Fachbereichen flacht die Zunahme nach 2004 ab. Es ist nicht auszuschließen, dass die Krankenhäuser, die Patienten an Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen abgeben, inzwischen eine Zielgröße erreicht haben, die sie bei ihren Bestrebungen nach höherer Effizienz unter den durch die Einführung der Fallpauschalen geänderten wirtschaftlichen Bedingungen unterstützt.

Aus den vorliegenden Daten der amtlichen Krankenhausstatistik lässt sich nicht ermitteln, in welchem Umfang Verlegungen aus Krankenhäusern in den stationären Nachsorgebereich wieder rückgängig gemacht werden müssen.