:: 2/2007

Sonderabfallwirtschaft 2005

Im Europäischen Abfallverzeichnis sind Abfallarten, die für Mensch und Natur als potenziell gefährlich gelten, besonders gekennzeichnet. Die Entsorgung dieser Sonderabfälle unterliegt speziellen Anforderungen und wird im sogenannten Begleitscheinverfahren überwacht und dokumentiert. Das auf diese Weise registrierte Sonderabfallaufkommen hat in Baden-Württemberg mit 1,45 Mill. Tonnen im Jahr 2005 einen neuen Höchststand erreicht, obwohl die darin subsumierte Menge der verunreinigten Böden und Bauabfälle weiter deutlich unter dem Niveau von 2002 blieb. Die aktuelle Zunahme resultiert aus dem erhöhten Aufkommen bei den übrigen durch Produktion und Entsorgungsaktivitäten verursachten zahlreichen verschiedenen Abfallarten. Ihre Menge lag zusammen um 9 % höher als im Vorjahr und sogar 24 % über der Summe von 2002. Damit hat die Sonderabfallintensität der Wirtschaft im Land weiter deutlich zugenommen. Ein wesentlicher Grund für die aktuell stark erhöhte Sonderabfallmenge liegt auch in der Zunahme besonders überwachungsbedürftiger Rückstände aus Abfallentsorgungsanlagen, nicht zuletzt verursacht durch die in Folge des Verbots der Rohmülldeponierung stark ausgeweitete Verbrennung von Siedlungsabfällen.

Neuer Höchststand beim Sonderabfallaufkommen im Land

Die in Baden-Württemberg angefallene Menge an potenziell für Mensch und Natur gefährlichen Abfällen hat weiter zugenommen. Das Aufkommen dieser Sonderabfälle, an deren Entsorgung besondere Anforderungen geknüpft werden, summierte sich im Jahr 2005 auf über 1,6 Mill. Tonnen und lag damit um fast 10 % höher als im Vorjahr. Ihr Anteil am jährlichen Gesamtabfallaufkommen im Land (35,6 Mill. Tonnen) stieg damit auf 4,4 %. Ein längerfristiger Vergleich des jährlichen Sonderabfallaufkommens ist nur eingeschränkt möglich, da die Abgrenzung der als gefährlich eingestuften Abfälle im Zeitablauf mehreren Änderungen unterlag. Zuletzt wurde die Liste der besonders überwachungsbedürftigen Sonderabfälle im Jahr 2002 mit der Einführung des europäischen Abfallverzeichnisses (EAV) neu gefasst und gegenüber den vorherigen Fassungen deutlich ausgeweitet. Die im EAV gekennzeichneten Sonderabfälle unterliegen in Deutschland im Grundsatz1 der besonderen Überwachungspflicht. Ausgenommen davon sind Abfallmengen, die ohne öffentlichen Transport, das heißt ohne Verlassen des Erzeugerbetriebes, in betriebseigenen Anlagen entsorgt werden. Diese Überwachung geschieht über das sogenannte Begleitscheinverfahren. Auf die dort im Einzelnen registrierten Abfallmengen beziehen sich die folgenden Ausführungen.

Dieses registrierte Aufkommen besonders überwachungsbedürftiger Abfälle im Land summierte sich im Jahr 2005 auf 1,45 Mill. Tonnen. Damit lag das Aufkommen insgesamt zwar nur geringfügig höher als die bisherige Höchstmenge im Jahr 2002. Dies ist aber besonders bemerkenswert, da die über Begleitscheine nachgewiesenen verunreinigten Boden- und Bauschuttmengen, die grundsätzlich als eigene Kategorie gesondert betrachtet werden, im Jahr 2005 mit 490 000 Tonnen um immerhin gut 30 % niedriger lagen als 2002. Die übrigen Sonderabfälle, die sich aus einer Vielzahl sehr unterschiedlicher durch Produktion und Entsorgungsaktivitäten verursachter Abfallarten zusammensetzen, haben dagegen sehr deutlich zugenommen. Mit 962 000 Tonnen lag die Menge der übrigen Sonderabfälle um gut 9 % höher als im Vorjahr und fast ein Drittel höher als 2002.

Sonderabfallintensität der Wirtschaft steigt an

Die Menge der übrigen, hauptsächlich direkt durch Produktions- oder Entsorgungsaktivitäten verursachten Sonderabfälle stieg auch 2005 stärker an, als die im Land in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen insgesamt erbrachte Wirtschaftsleistung, ausgedrückt durch die Bruttowertschöpfung (BWS). Die durchschnittliche Sonderabfallintensität der Wirtschaft im Land, errechnet als Quotient des Aufkommens der übrigen Sonderabfälle und der Bruttowertschöpfung des selben Zeitraums, lag im Jahr 2005 bei 3,2 Tonnen je Million Euro BWS. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um 7,3 %, gegenüber 2002 immerhin um 24,6 %. Der Anstieg der Sonderabfallintensität erstreckt sich über fast alle Branchen. Hervorzuheben ist der Bereich des Verarbeitenden Gewerbes, wo die Sonderabfallintensität mit 6,1 Tonnen je Million Euro BWS fast doppelt so hoch liegt wie in der Wirtschaft insgesamt. Gegenüber dem Vorjahr blieb die Sonderabfallintensität im Verarbeitenden Gewerbe nahezu unverändert (+0,1 %), gegenüber 2002 beträgt der Anstieg immerhin 14,2 %.

Stärkster Anstieg bei Sonderabfällen aus Entsorgungsanlagen

Die aktuelle Zunahme der Sonderabfälle ohne verunreinigte Böden und Bauschutt ist hauptsächlich auf die Ausweitung der thermischen Behandlung von Siedlungsabfällen infolge des Verbots der Rohmülldeponierung ab dem 1. Juni 2005 sowie auf die verstärkte Fremdentsorgung von Deponiesickerwässern zurückzuführen. Die vermehrte Behandlung von Siedlungsabfällen in Müllverbrennungsanlagen verursacht ein erhöhtes Aufkommen an besonders überwachungsbedürftigen Filterstäuben. Ihre Menge hat 2005 gegenüber dem Vorjahr um gut 60 % zugenommen. Die Menge der fremdentsorgten Sickerwässer aus Deponien im Land stieg sogar um über 70 % an. Damit liegt die aktuelle Zunahme hier deutlich über den Zuwachsraten der vorausgegangenen Jahre (im durchschnitt 8 %). Zusammen machen die Rückstände aus Entsorgungsanlagen (+66,8 %) allein drei Viertel der Gesamtzunahme der Sonderabfälle aus Produktion und Entsorgung aus.

Die Menge der direkt aus der Produktion angefallenen Sonderabfälle stieg zwar vergleichsweise schwach um 3,7 % auf fast 584 000 Tonnen an, ihr Aufkommen wuchs aber weiterhin stärker an als die Bruttowertschöpfung. Die Zunahme der im engeren Sinn produktionsbedingten Sonderabfälle um gut 20 000 Tonnen beruht hauptsächlich auf einer erhöhten Menge flüssiger organischer Abfälle aus der chemischen Industrie (Herstellung, Zubereitung, Verarbeitung und Anwendung organischer Grundchemikalien sowie von Farben und Pigmenten) sowie der abermaligen deutlichen Zunahme der Emulsionen und Bearbeitungsöle aus der mechanischen Formgebung sowie Oberflächenbearbeitung von Metallen und Kunststoffen. Bei den überwiegend anorganischen Sonderabfällen aus Produktionsprozessen ist per saldo kein Anstieg zu verzeichnen. Allerdings stehen deutlich geringeren Mengen aus der Aluminiummetallurgie sowie aus Gießereien erhöhte Mengen fester Abfälle aus der Abgasbehandlung in der Metallerzeugung sowie an Abfällen aus der chemischen Oberflächenbehandlung von Metallen gegenüber. Bei den festen und pastösen organischen Sonderabfällen ist eine eher rückläufige Tendenz bei Produktionsrückständen aus der chemischen Industrie festzustellen, während die Mengen aus der Herstellung, Zubereitung, Verarbeitung und Anwendung von Beschichtungen (Farben und Lacken) Klebstoffen sowie Dichtungsmassen und Druckfarben zugenommen haben.

Eine dritte Kategorie der Sonderabfälle aus Produktion und Entsorgung stellen die durch ihren Gebrauch mit schädlichen Inhaltsstoffen verunreinigten Materialien und Geräte dar. Bei diesen Sonderabfällen ist gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um 1,9 % auf rund 231 000 Tonnen zu verzeichnen. Die Hauptbestandteile sind verunreinigte Holz-, Kunststoff- und Glasabfälle sowie Elektro-, Elektronikgeräte, Batterien und andere Geräteteile.

Entwicklung nach Wirtschaftsbereichen

In den einzelnen Wirtschaftsbereichen hat sich das Aufkommen an Sonderabfällen sehr unterschiedlich entwickelt. Die stärkste Steigerung ist aufgrund des Anstiegs der besonders überwachungsbedürftigen Behandlungsrückstände im Bereich der Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung festzustellen. Auch die deutliche Zunahme im Bereich der Energie- und Wasserversorgung geht hauptsächlich auf die verstärkte thermische Behandlung von Abfällen zurück. Im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Sektor Verkehr und Nachrichtenübermittlung, wo die produktionsbedingte Entstehung der Abfälle dominiert, ist ebenfalls eine weitere deutliche Steigerung des Aufkommens zu konstatieren. Dabei sind die einzelnen Wirtschaftszweige im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes in sehr verschiedenem Umfang an der Entstehung der produktionsbedingten Sonderabfälle beteiligt. Zu vorderst stehen die chemische Industrie und die Herstellung vom Kraftwagen und Kraftwagenteilen, wobei ein eher stagnierendes Aufkommen in der chemischen Industrie einem anhaltenden Anstieg des Aufkommens im Fahrzeugbau gegenübersteht. Auch in der Metallerzeugung, der Herstellung von Metallwaren sowie im Maschinenbau haben die bereits in den Vorjahren beträchtlichen Aufkommensmengen gefährlicher Abfälle weiter deutlich zugenommen. In einer Reihe weiterer Wirtschaftszweige hat sich das Aufkommen, auf allerdings vergleichsweise geringem Niveau, ebenfalls erhöht. Ein Rückgang ist in der Differenzierung nach Wirtschaftszweigen nur ganz vereinzelt erreicht worden.

Regionale Verteilung des Sonderabfallaufkommens

Regional ist die Entstehung der Sonderabfälle sehr ungleich verteilt Bestimmend sind dabei neben dem wirtschaftlichen Strukturanteil der Kreise auch einzelne regional konzentrierte Produktionszweige oder Entsorgungseinrichtungen, an die große Mengen bestimmter besonders überwachungsbedürftiger Abfälle geknüpft sind. Das regionale Aufkommen verunreinigter Böden und Bauabfälle ist stark an große Sanierungs- und Baumaßnahmen – beispielsweise zur Beseitigung von Altlasten – geknüpft.

Deutliche Schwerpunkte des Aufkommens sowohl an verunreinigten Böden und Bauabfällen als auch an übrigen Sonderabfällen liegen in den Verdichtungsgebieten Stuttgart und benachbarten Kreisen, in Mannheim mit Rhein-Neckar-Kreis, Karlsruhe sowie in der Region Hochrhein-Bodensee. Ein geeigneter Maßstab zur Verdeutlichung regionaler Besonderheiten beim Sonderabfallaufkommen besteht in der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten oder der wirtschaftlichen Leistung gemessen durch die Bruttowertschöpfung. Bezogen auf beide Größen zeigt sich einerseits die Abhängigkeit des Sonderabfallaufkommens von der regionalen Produktions- und Wirtschaftskraft, andererseits aber auch der Einfluss besonders aufkommensintensiver einzelner Produktionszweige und Einrichtungen sehr deutlich.

Gut ein Drittel der Sonderabfälle außerhalb des Landes entsorgt

Die Entsorgungsstrukturen für Sonderabfälle, die stark überregional geprägt sind, blieben gegenüber den Vorjahren relativ stabil. Von den im Jahr 2005 insgesamt 1,6 Mill. Tonnen primär, das heißt auf der ersten Entsorgungsstufe im Land angefallenen und zu entsorgenden Sonderabfällen, gelangten rund zwei Drittel in Anlagen mit Standort in Baden-Württemberg. Das übrige Drittel wurde direkt an Entsorgungsanlagen außerhalb des Landes, in anderen Bundesländern oder im Ausland, abgegeben.

Gegliedert nach Sonderabfallkategorien bestehen teils stärkere Abweichungen von dieser durchschnittlichen Aufteilung nach Entsorgungswegen. Die festen anorganischen Abfälle sowie Elektrogeräte, Altfahrzeuge und Teile davon (Batterien) wurden zu einem überdurchschnittlich großen Teil direkt außerhalb des Landes entsorgt. Dagegen liegt der Entsorgungsanteil von Anlagen im Land bei den organischen Sonderabfällen deutlich höher (70 bis 75 %).

Auf nachgeordneten Entsorgungsstufen, das heißt als Output der Entsorgungsanlagen im Land, entstanden 2005 rund 494 000 Tonnen sogenannte sekundäre Abfälle, immerhin 15,5 % mehr als im Vorjahr. Von diesen sekundären Sonderabfällen, die zu mehr 80 % aus organischen Abfällen bestanden, wurde gut die Hälfte (55 %) im Land, die übrige knappe Hälfte (45 %) außerhalb des Landes entsorgt.

1 Ausgenommen von der Nachweispflicht sind generell Betriebe mit Mengen von jährlich unter 2 Tonnen.