:: 5/2007

Entwicklung der CO2Emissionen in Baden-Württemberg seit 1990

Angesichts der Diskussion um den Klimawandel spielt die Entwicklung der Emissionen an Treibhausgasen eine bedeutende Rolle. Die Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg betrugen 2004 knapp 85 Mill. tonnen CO2Äquivalente. Das waren 5,5 % weniger als 1990, dem Basisjahr für die Kyoto-Vereinbarungen. Nach dieser Vereinbarung soll in Deutschland im Mittel der Jahre 2008 bis 2012 eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 21 % gegenüber 1990 erreicht werden. Der Anteil des Landes an den bundesweiten Emissionen liegt aktuell bei rund 8,5 %. Zum weitaus überwiegenden Teil bestehen die emittierten Klimagase aus energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen, deren Gesamtmenge 2004 im Land leicht über dem Niveau von 1990 lag. Temperaturbereinigt unterschritten die CO2-Emissionen den Wert von 1990 um 0,3 %. In den einzelnen Emittentensektoren verlief die Entwicklung sehr unterschiedlich. Die im vorliegenden Beitrag analysierte Situation in den einzelnen Sektoren macht deutlich, dass insbesondere bei den privaten Haushalten und im Straßenverkehr zusätzliche emissionsmindernde Maßnahmen erforderlich sind, um trotz der zu erwartenden Zunahme der Zahl der Haushalte und der Fahrleistungen im Straßenverkehr einen spürbaren und anhaltenden Rückgang der CO2-Emissionen im Land zu erreichen.

5,5 % weniger Treibhausgase als 1990

Die in Baden-Württemberg emittierte Menge an Treibhausgasen summierte sich im Jahr 2004 auf 85 Mill. t CO2Äquivalente (i-Punkt). Damit war der Ausstoß 2004 um 5,5 % geringer als im Jahr 1990. Der Anteil des Landes an der bundesweit emittierten Menge lag bei rund 8,5 %. Die drei wichtigsten Treibhausgase, CO2, CH4 und N2O haben für die Entwicklung seit 1990, dem Bezugsjahr für die gemäß Kyoto-Protokoll formulierten Minderungsziele, sehr unterschiedliche Bedeutung. Am stärksten ist der Rückgang bei den Methanemissionen (−4,1 Mill. t CO2-Äquivalente oder 44 %). Bei den Lachgas(N2O)-Emissionen (−0,5 Mill. t CO2-Äquivalente) liegt die Minderungsrate mit −14 % mehr als doppelt so hoch wie bei den Treibhausgasen insgesamt. Nach wie vor bestimmend jedoch sind für die Höhe der jährlichen Treibhausgasemissionen in Deutschland wie auch in Baden-Württemberg die CO2-Emissionen. Ihr Anteil liegt in Baden-Württemberg wie auch im Bundesdurchschnitt aktuell bei rund 88 %. Dabei lagen die gesamten CO2-Emissionen 2004 im Land mit 77 Mill. t um 0,5 % niedriger als im Basisjahr 1990. Zum kleineren Teil (2,1 Mill. t oder 3 %) entstanden die CO2-Emissionen durch Produktionsprozesse, vor allem die Zementherstellung. Diese prozessbedingten CO2-Emissionen sind im Land seit 1990 um fast 1 Mill. t zurückgegangen.

Energiebedingte CO2-Emissionen je Einwohner 2004 erstmals unter 7 t

Der weitaus überwiegende Teil (74,9 Mill. t im Jahr 2004) der CO2-Emissionen geht auf den Verbrauch fossiler Energieträger (Kohle, Heizöl, Erdgas) zurück. Diese energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen lagen 2004 in Baden-Württemberg leicht über dem Niveau des Jahres 1990. Der energiebedingte CO2-Ausstoß je Einwohner lag 2004 im Land erstmals unter 7 t und damit um 9 % unter dem Pro-Kopf-Ausstoß von 1990. Bundesweit liegt der Wert aktuell bei 10 t je Einwohner.

Die Entwicklung der CO2-Emissionen in den 14 Jahren seit 1990 ist von deutlichen Schwankungen gekennzeichnet, die zu einem erheblichen Teil auf die jährlichen Witterungsunterschiede zurückzuführen sind. Eine davon unverfälschte Aussage zum Trend der energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen ist auf Grundlage temperaturbereinigter Emissionsfrachten möglich. Eine entsprechende Reihe von 1990 bis 2005 ist in Schaubild 1 den tatsächlich emittierten Mengen gegenübergestellt. Danach liegen die temperaturbereinigten CO2Emissionen im Jahr 2004 um 0,3 % niedriger als im Basisjahr 1990.

Zunehmender Energieverbrauch – geringere CO2-Intensität

Ausschlaggebend für die Entwicklung der CO2-Emissionen sind vor allem Höhe und Zusammensetzung des Primärenergieverbrauchs, der seinerseits stark vom Endenergieverbrauch durch Wirtschaft, Haushalte und Verkehr bestimmt wird. Aufgrund seines deutlichen Anstiegs ging vom Umfang des Energieverbrauchs seit 1990 eine emissionssteigernde Wirkung aus, die aber durch die Veränderung in seiner Zusammensetzung nach Energieträgern und deren unterschiedliche CO2-Relevanz kompensiert werden konnte. Der Primärenergieverbrauch hat im Land von 1990 bis 2004 um rund 11,5 % auf knapp 1 600 Petajoule (PJ) zugenommen. Im Gegenzug hat die CO2-Intensität des Energieverbrauchs in Baden-Württemberg seit 1990 um 10 % abgenommen. Ein wesentlicher Faktor war dabei die Steigerung beim Einsatz der CO2-neutralen Kernenergie für die Stromerzeugung, der um knapp 18 % auf 413 PJ angestiegen ist. Zugleich blieb der gesamte Kohleeinsatz abgesehen von gewissen jährlichen Schwankungen insgesamt nahezu konstant. Die Umschichtung von leichtem Heizöl zu Erdgas ist ein weiterer wichtiger Grund für die Verringerung der CO2-Intensität, da die spezifischen CO2-Emissionen von Erdgas deutlich geringer liegen als die von Heizöl. Der gesamte Einsatz von Mineralölprodukten ging seit 1990 um 11 % zurück, der von Erdgas stieg dagegen um 55 % an. Auch die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger (von 2 auf knapp 4 %) hat zur Verringerung der CO2-Intensität des Energieverbrauchs beigetragen. Weiter zu berücksichtigen ist der im Vergleich zu 1990 erhöhte Importsaldo von Strom, da die durch den Importstrom außerhalb des Landes verursachten CO2-Emissionen nicht in die quellenbezogene CO2-Bilanz Baden-Württembergs eingehen.

18 % mehr CO2 im Energiesektor

Höhe und Entwicklung der energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen werden von den verschiedenen Verursachersektoren (Energieversorgung, Industrie, Handel und Dienstleistungen, Haushalte sowie Straßenverkehr) in sehr unterschiedlichem Ausmaß bestimmt. Mit 20 Mill. t CO2 machten Wärmekraft- und Heizwerke für die allgemeine Versorgung 2004 im Land 27 % der energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen aus. Zum Vergleich: Auf Bundesebene liegt der Anteil dieses Sektors bei über 40 %. Dieser gravierende Strukturunterschied erklärt sich hauptsächlich durch den vergleichsweise hohen Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung in Baden-Württemberg (57 %). Im Bundesdurchschnitt liegt er bei lediglich rund 25 %. Trotz des im Betrachtungszeitraum anhaltend hohen Anteils der Kernenergie in Baden-Württemberg sind die CO2-Emissionen des Energiesektors seit 1990 um knapp 18 % angestiegen. Die Bruttostromerzeugung in Kraftwerken für die allgemeine Versorgung in Baden-Württemberg ist im selben Zeitraum um 22 % auf 66 Mrd. Kilowattstunden (kWh) angestiegen. Dazu war neben der Steigerung des Kernenergieanteils auch ein verstärkter Einsatz von Kohle erforderlich. Die in Kraftwerken für die allgemeine Versorgung eingesetzte Menge an Kohle stieg gegenüber 1990 um 17 %, sodass die aus der Kohleverbrennung im Energiesektor resultierenden CO2-Emissionen auf 17 Mill. t angestiegen sind. Außerdem sind die CO2-Emissionen aus erdgasbefeuerten Kraft- und Heizwerken im Land auf 2,3 Mill. t um mehr als 70 % angestiegen.

Die durchschnittliche CO2-Intensität der Stromerzeugung im Land errechnet sich für 2004 auf 302 kg CO2 je 1 000 kWh und ging damit gegenüber 1990 leicht zurück. Im Bundesdurchschnitt liegt die CO2-Intensität mehr als doppelt so hoch. Dieser Unterschied resultiert hauptsächlich aus dem im Land höheren und gegenüber 1990 sogar leicht gesteigerten Anteil der Stromerzeugung in Kernkraftwerken. Der Beitrag der erneuerbaren Energie zur Stromerzeugung im Land stieg im selben Zeitraum von 6 auf 7 %.

Weniger CO2 aus industriellen Feuerungen

Im Gegensatz zu den Kraft- und Heizwerken für die allgemeine Versorgung haben die CO2-Emissionen aus industriellen Feuerungen, einschließlich industrieller Anlagen zur Stromerzeugung, um mehr als 35 % auf knapp 10 Mill. t abgenommen. Dies erklärt sich in erster Linie aus dem stark verringerten Einsatz von Kohle und Heizöl für die industrieeigene Strom- und Wärmeerzeugung. Außerdem fand eine deutliche Umschichtung vom Heizöl hin zum Erdgas statt. Im Zuge dieser Entwicklung sind zwar die durch Erdgasfeuerungen dieses Sektors verursachten CO2-Emissionen um 20 % auf 4,5 Mill. t angestiegen. Im Gegenzug aber sind die durch andere Energieträger – bei jeweils erheblich verringerter Einsatzmenge – verursachten Emissionen in der Summe um 54 % auf 5,3 Mill. t zurückgegangen. Gegenläufig zum insgesamt deutlich verringerten Einsatz fossiler Energieträger in industriellen Feuerungen hat allerdings der Stromverbrauch der Industrie seit 1990 um fast 20 % zugenommen. Damit ist die Industrie indirekt ein Verursacher der deutlich erhöhten CO2-Emissionen im Sektor Stromerzeugung.

Auch in den anderen Bereichen der Wirtschaft (Handel, Dienstleistungen und Kleingewerbe) sind die CO2-Emissionen seit 1990 zurückgegangen, wenngleich die Abnahme mit rund 24 % geringer ausfiel als im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes. Neben der Substitution von Heizöl durch Gas konnte hier auch eine Verringerung des emissionsrelevanten Energieverbrauchs insgesamt erreicht werden. Allerdings ist – noch erheblich stärker als in der Industrie – der Stromverbrauch dieses Bereichs um immerhin 63 % gegenüber 1990 angestiegen.

CO2-Emissionen der Haushalte deutlich höher als 1990

Die direkt aus dem Verbrauch fossiler Energieträger resultierenden CO2-Emissionen der Haushalte (ohne straßenverkehrsbedingte Emissionen) beliefen sich 2004 auf 16 Mill. t. Damit betrug der Anteil der Haushalte an den gesamten energiebedingten CO2-Emissionen im Land knapp 22 %. Die CO2-Emissionen der Haushalte überstiegen 2004 die des Jahres 1990 um immerhin 18 %. Zwar ist der Pro-Kopf-Verbrauch fossiler Energie in Haushalten aktuell etwas geringer als noch im Jahr 2000, durch den Bevölkerungszuwachs aber wurde dies nahezu vollständig kompensiert. Außerdem ist für den Sektor Haushalte unter dem Gesichtspunkt des Verursacherprinzips hervorzuheben, dass der Stromverbrauch seit 1990 um 32 % zugenommen hat. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Strom in baden-württembergischen Haushalten ist in diesem Zeitraum um 20 % angestiegen. In Anbetracht der zu erwartenden demografischen Entwicklung mit einer voraussichtlich zunehmenden Zahl der Haushalte erscheint vorrangig eine Absenkung des haushaltsspezifischen Energiebedarfs erforderlich, um eine durchgreifende Verringerung der CO2-Emissionen zu erreichen.

CO2-Anteil des Straßenverkehrs auf nahezu 30 % angestiegen

Die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs im Land lagen 2004 bei knapp 22 Mill. t. Das waren 29 % der gesamten energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen. Im Vergleich zu 1990 hat sich der Anteil des Straßenverkehrs um rund 4 Prozentpunkte erhöht. Hauptgrund dafür ist die bis zum Jahr 2000 kontinuierlich starke Zunahme der Fahrleistungen auf den Straßen im Land, mit der Folge eines deutlich erhöhten Kraftstoffverbrauchs. Seit dem Jahr 2000 scheint eine Tendenzumkehr erreicht: die Fahrleistungen sowohl im Pkw- als auch im Lkw-Verkehr sind zwar weiter, aber deutlich abgeschwächt angestiegen. Durch den erreichten Rückgang der spezifischen Verbrauchswerte ist deshalb auch der Kraftstoffverbrauch insgesamt seither rückläufig. Dadurch lagen die gesamten CO2-Emissionen des Straßenverkehrs 2004 um knapp 8 % niedriger als noch im Jahr 1999. Allerdings war zuletzt eine Stagnation beim spezifischen Verbrauch von Benzin und Diesel zu konstatieren.

Auf den Pkw-Verkehr entfielen 2004 rund zwei Drittel der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen; der Anteil ist allerdings zurückgegangen. Mit 14,3 Mill. t lagen die Pkw-Emissionen noch um rund 5 % höher als 1990, aber seit 1999 sind sie rückläufig (Schaubild 5). Dieser Rückgang erklärt sich in erster Linie durch verringerte spezifische Verbräuche sowohl bei Ottomotor- als auch Dieselmotor-Pkw und zugleich deutlich abgeschwächter Zunahme der Fahrleistungen. Rechnerisch wurden 2004 im Durchschnitt je gefahrenem Pkw-Kilometer auf den Straßen des Landes 182 g CO2 bei Ottomotor- und 176 g bei Dieselantrieb emittiert. 1990 lagen diese Werte noch bei 208 bzw. 196 g je Kilometer.

Sehr viel stärker als im Personenverkehr haben die CO2-Emissionen beim Lkw-Verkehr zugenommen. Mit 6,7 Mill. t lagen die Emissionen der Lkw größer 3,5 t (einschließlich Busse) um 37 % höher als im Jahr 1990. Allerdings ist auch hier seit dem Jahr 2000 ein Rückgang um 14 % erreicht worden. Bei den leichten Nutzfahrzeugen (Lkw kleiner 3,5 t) ist erst seit 2001 eine geringfügige Abnahme der CO2-Emissionen festzustellen. Bis dahin war bei dieser Fahrzeugkategorie ebenfalls ein starker Anstieg (+38 % gegenüber 1990) zu verzeichnen.

Der Pkw- und noch viel stärker der Lkw-Verkehr werden in den nächsten 15 Jahren weiter zunehmen. Eine durchgreifende Verringerung der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen wird deshalb nur gelingen, wenn durch die breite Einführung CO2-neutraler(/-armer) Kraftstoffe sowie durch die beschleunigte Verringerung der spezifischen Benzin- und Dieselverbrauchswerte, auch die spezifischen CO2-Emissionen je gefahrenem Pkw- und Lkw-Kilometer spürbar gesenkt werden. Entsprechende verbindliche Vorgaben werden derzeit auf europäischer Ebene diskutiert und vorbereitet.