:: 5/2007

Wasserbedarf in Baden-Württemberg bei 5,3 Milliarden Kubikmeter pro Jahr

Rückläufige Tendenz des Wassereinsatzes setzt sich fort

In Baden-Württemberg benötigten Wirtschaft, Gewerbe und Bevölkerung im Jahr 2004 rund 5,3 Mrd. m³ Wasser, das entspricht etwa einem Zehntel der Bodenseevolumens. Die Wasservorkommen unterliegen aufgrund der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten als Trinkwasser, Rohstoff, Kühlmittel, als Lösungs- und Transportmittel unterschiedlichen, teilweise konkurrierenden Nutzungsansprüchen. Der Wasserbedarf im Land sank 2004 gegenüber 2001 um knapp 500 Mill. m³. Damit setzte sich die seit den 80er-Jahren erkennbare und durch die bewusstere und intensivere Nutzung der entnommenen Wassermengen erreichte rückläufige Tendenz des Wasserbedarfs fort. Die größte Wassermenge konnte aktuell wie in der Vergangenheit im Kraftwerksbereich eingespart werden. Die der Natur entnommenen Mengen an Grund- und Quellwasser, deren Vorkommen besonders schützenswert sind, konnten im Bereich der Industrie und der öffentlichen Trinkwasserversorgung ebenfalls reduziert werden. Industriebetriebe im Land schneiden – was die Effizienz des Wassereinsatzes angeht – im Vergleich zum Bundesdurchschnitt überdurchschnittlich gut ab.

4,2 Mrd. m³ Wasserentnahme durch die Energieversorgungsunternehmen

Die Gewinnung und Nutzung von Wasser1 und besonders die mit den Abwasserableitungen verbundenen Stoff- und Wärmeeinträge stellen einen erheblichen Eingriff in den natürlichen Wasserkreislauf dar. Die im Land gewonnene Wassermenge lag im Jahr 2004 bei 5,3 Mrd. m³ und damit um rund 0,5 Mrd. m³ – das ist immerhin das Volumen von 200 000 Schwimmbecken – unter den Mengen der vorangegangenen Erhebungsjahre 2001 und 1998. Damit hat sich der gravierende Rückgang bei der Wassergewinnung seit den 80er-Jahren weiter fortgesetzt – im Jahr 1991 lag diese noch bei 6,9 Mrd. m³. Das im Land gewonnene Wasser wird zur Nutzung als Trink- und Brauchwasser, für Bewässerungs- und Kühlzwecke oder als Produktionswasser eingesetzt. Die Anteile verschiedener Wassergewinner sind entsprechend dem jeweiligen Verwendungszweck sehr unterschiedlich. Mit fast 4,2 Mrd. m³ Wasser entnehmen die Energieversorgungsunternehmen den weitaus größten Teil der Gesamtmenge (78 %) im Wesentlichen zur Kühlung von Stromerzeugungsanlagen. Von den Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung wurden 2004 knapp 690 Mill. m³ Wasser gewonnen (13 % der Gesamtgewinnung im Land). Das von den öffentlichen Wasserversorgern gewonnene Wasser wird vor allem zur Deckung des Trinkwasserbedarfs der privaten Haushalte sowie an Kleingewerbsbetriebe und private Dienstleistungsunternehmen abgegeben. Außerdem wird damit auch ein Teil des landwirtschaftlichen und industriellen Wasserbedarfs abgedeckt.

Von Industrie- und Gewerbebetrieben wurden 2004 zusätzlich knapp 460 Mill. m³ (9 %) für eigene Zwecke, weitere 9,6 Mill. m³ (0,2 %) von landwirtschaftlichen Betrieben für Bewässerungszwecke gefördert. Der Anteil der Wassergewinnung für die Bewässerung von Anbauflächen im Acker-, Garten- und Dauerkulturbau fällt regional sehr unterschiedlich aus und kann örtlich bis zu einem Fünftel der lokal gewonnenen Wassermenge betragen. Damit kann durchaus ein spürbarer Eingriff in den Wasserhaushalt verbunden sein.

Energieversorger sparen bei der Nutzung von Oberflächenwasser

Von den insgesamt rund 5,3 Mrd. m³ Wasser, die dem Wasserkreislauf in Baden-Württemberg 2004 entnommen wurden, stammten neun Zehntel aus Oberflächengewässern, der Rest aus Grund- und Quellwasser. Der aktuelle Rückgang bei der Wassergewinnung ist dominiert von der zurückgehenden Oberflächenwasserentnahme (–444 Mill. m³ seit 2001). Oberflächenwasser wird zu 88 % von Energieversorgungsunternehmen gewonnen (Schaubild 1), die es fast ausschließlich als Kühlwasser für den Kraftwerksbetrieb einsetzen (immerhin 4,12 Mrd. m³). Gegenüber 1995 beträgt der Rückgang des Wasserbedarfs in diesem Bereich knapp 30 %, was bei verschiedenen Energieerzeugern offenbar auf Maßnahmen zur Wassereinsparung als Reaktion auf die Einführung des Wasserpfennigs2 1998 zurückzuführen war. Von der als Kühlwasser in Kraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzten Frischwassermenge von 4,16 Mrd. m³ werden 4,12 Mrd. m³ in Einfachnutzungssystemen verwendet. Abzüglich der Leitungs- und Verdampfungsverluste wird diese Wassermenge nach Gebrauch wieder in die Natur abgeleitet, vorwiegend direkt in Oberflächengewässer (4,07 Mrd. m³). Die damit verbundene Erwärmung der Gewässer um die Einleitstelle stellt eine erhöhte Belastung für die Gewässerökosysteme dar. Zudem werden Gewässer durch Rückstände von Frostschutzmittel im eingeleiteten Kühlwasser belastet (zum Beispiel Glykol).

Der Wassereinsatz zu Kühlzwecken in den öffentlichen Kraftwerken im Land ging seit 2001 um 9 % zurück. Die Bruttostromerzeugung aus nicht erneuerbaren Energieträgern in Wärmekraftwerken der allgemeinen Versorgung ist währenddessen aufgrund des erhöhten Stromverbrauchs von Industrie und Haushalten auf 61,7 Mrd. kWh sogar leicht gestiegen. Der Frischwassereinsatz je MWh erzeugtem Strom aus nicht erneuerbaren Energieträgern lag 2004 im Land bei 67 m³ und damit deutlich unter dem Wert von 2001 (76 m³). Dies entspricht der bundesweiten Entwicklung des Frischwassereinsatzes je MWh erzeugtem Strom. Die zu Kühlzwecken erzielte Kreislaufnutzung von Wasser im Land ist im gleichen Zeitraum konstant geblieben.

Der verminderte Frischwasserbedarf zur Kühlung bei der Stromerzeugung ist zurückzuführen auf den vermehrten Einsatz Wasser sparender Technologien beim Kühlprozess. Die Bemühungen der Stromversorger, die in der Fischgewässerverordnung aus dem Jahr 2001 vorgegebenen Grenzwerte der maximal zulässigen Wärmeeinleitungen in Gewässer (28 °C in Gewässer, in denen das Leben von Fischen wie Karpfenfischen oder Arten wie Hecht, Flussbarsch und Europäischer Aal erhalten wird oder erhalten werden könnte) werden anhand der erheblich gestiegenen Menge rückgekühlten Abwassers deutlich. Der Anteil des rückgekühlten Abwassers ist seit 2001 von 31 % auf 41 % im Jahr 2004 (2,39 Mill. m³) gestiegen. Dies ist nicht zuletzt durch den vermehrten Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen erreicht worden, die aus Gründen der Energieeffizienz und CO2 -Minderungsmaßnahmen vor allem von vielen kleineren Kraftwerken realisiert werden.

Industriebetriebe reduzieren Grundwasserentnahme

Die Menge an gewonnenem Grundwasser im Land betrug 2004 rund 480 Mill. m³. Grundwasser wurde zu 75 % von öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen zur Trinkwasserversorgung und zu 22 % von Industriebetrieben hauptsächlich zur Verwendung in Produktionsprozessen gewonnen. Der Rückgang bei der Grundwassergewinnung seit 2001 (–16 Mill. m³) fand überwiegend bei Industriebetrieben statt (–15 Mill. m³. Der gesamte Wasserbedarf der Industrie einschließlich Oberflächenwasser ging um 51 Mill. m³ auf 486 Mill. m³ zurück. Diese Entwicklung wird bestimmt durch die intensiv Wasser nutzenden Wirtschaftszweige, allen voran die Chemische Industrie. Außerdem für den Rückgang seit 2001 verantwortlich waren Betriebe des Papiergewerbes, der Verarbeitung von Steinen und Erden, der Mineralölverarbeitung, des Ernährungs- und Textilgewerbes aber auch des Holzgewerbes. Lediglich im Fahrzeug- und im Maschinenbau stieg der Wasserbedarf im betrachteten Zeitraum leicht an. Seit Anfang der 90er-Jahre ist die Entwicklung des Wasserbedarfs einzelner Wirtschaftszweige in verschiedenen Teilzeiträumen sehr unterschiedlich, teilweise sogar gegenläufig, verlaufen. So ist beispielsweise im Maschinenbau der Wasserbedarf über den Zeitraum 1991 bis 2004 betrachtet insgesamt deutlich zurückgegangen. Der gravierendste Rückgang bei den Industriebetrieben ist zwischen 1991 und 1995 erfolgt, was auch aus der Wassergewinnung der Industrie ersichtlich ist. Schaubild 3 zeigt die Höhe des Wasserbedarfs der relevanten Wirtschaftszweige sowie die Entwicklung in den Zeiträumen 2001 bis 2004 und 1991 bis 2004. Der aktuell beobachtete Rückgang bei der Grundwassergewinnung wurde vor allem in den Wirtschaftszweigen Verarbeitung von Steinen und Erden, Papiergewerbe, Chemische Industrie und Textilgewerbe erreicht, wo produktionsbedingt der Bedarf an Grundwasser überdurchschnittlich hoch ist.

Hohe Effizienz beim Wassereinsatz der baden-württembergischen Industrie

Der spezifische Wassereinsatz der Industriebetriebe in Baden-Württemberg liegt aktuell bei 6,1 m³ je 1 000 Euro erzielter Bruttowertschöpfung3 und erreicht damit unter den Flächenländern den günstigsten Wert (Bundesdurchschnitt: 18,6 m³ je 1 000 Euro). Der Wasserbedarf der Industrie im Land ging zwischen 2001 und 2004 insgesamt um ein Zehntel zurück bei nahezu gleichbleibender Wirtschaftsleistung. Im Bundesdurchschnitt ging der Wasserbedarf im gleichen Zeitraum um nur 4 % zurück, wobei allerdings die Wirtschaftsleistung der Industrie deutlicher angestiegen ist als im Land. Der um die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistung bereinigte Rückgang des Wassereinsatzes im Land ist größtenteils bedingt durch die Chemische Industrie und die Mineralölverarbeitung; in einer Vielzahl von Wirtschaftszweigen ging der Rückgang des Wasserbedarfs mit ebenfalls sinkender Wirtschaftsleistung einher. In der Chemischen Industrie konnte der Wasserbedarf trotz deutlich steigender Wirtschaftsleistung um mehr als 10 % reduziert werden, Mineralöl verarbeitende Betriebe haben ihren Wasserbedarf bei gleichbleibender Wirtschaftsleistung um immerhin 20 % gesenkt. Im Wirtschaftzweig Mineralölverarbeitung wurden die Wassereinsparungen nicht zuletzt durch die Auslagerung von kühlwasserintensiven betriebseigenen Stromerzeugungsanlagen erreicht, in der Chemischen Industrie schlägt neben dem Einsatz Wasser sparender Technologien in Produktionsprozessen auch die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland zu Buche.

Ein Maß für die erzielte Mehrfach- und Kreislaufnutzung von Wasser ist der Gesamtnutzungsfaktor. Er gibt an, wie oft das eingesetzte Frischwasser im Betrieb für Produktions- und Kühlprozesse genutzt worden ist. Im Durchschnitt lag der Gesamtnutzungsfaktor der Industriebetriebe in Baden-Württemberg 2004 bei 6,5. Die Kreislauf- und Mehrfachnutzung im Land konnte damit seit 2001 um knapp 17 % gesteigert werden (Gesamtnutzungsfaktor 2001: 5,6). Die baden-württembergische Wirtschaft liegt damit, was die Kreislauf- und Mehrfachnutzung von Wasser angeht, weiterhin über dem Bundesdurchschnitt (industrieller Gesamtnutzungsfaktor 2004: 5,8). Dazu trägt mit einem Gesamtnutzungsfaktor von über 50 ganz wesentlich der Fahrzeugbau bei, wenngleich die sehr hohe Kreislauf- und Mehrfachnutzung von 2001 nicht ganz gehalten werden konnte. Außerdem hervorzuheben sind das Verlags- und Druckgewerbe, der Maschinenbau sowie die Herstellung von Geräten zur Energieerzeugung mit Gesamtnutzungsfaktoren zwischen 23 und 44. Das sind Werte, die im Bundesdurchschnitt bei Weitem nicht erreicht werden. Im Maschinenbau des Landes wurde die Kreislauf- und Mehrfachnutzung von Wasser im betrachteten Zeitraum um mehr als 70 % gesteigert, ebenso bei der Herstellung von Metallerzeugnissen. Aus der sehr intensiven Wassernutzung im Papiergewerbe resultiert mit einem Gesamtnutzungsfaktor von 6,2 ein ebenfalls großer Einspareffekt.

Öffentliche Wasserversorger fördern weniger Quellwasser

Quellwasser wird fast ausschließlich (zu 96 %) von Unternehmen der öffentlichen Trinkwasserversorgung gewonnen. Die Wassergewinnung für die öffentliche Trinkwasserversorgung lag 2004 insgesamt nur geringfügig (um 0,6 %) unter dem Niveau von 2001. Im Bereich der privaten Nutzer scheint das Wassersparpotenzial nach dem Rückgang des Wasserbedarfs um 12 % seit Anfang der 90er-Jahre allmählich ausgereizt4. Der Rückgang bei der Gewinnung von Quellwasser betrug seit 2001 rund 13 Mill. m³. Die Verschiebung im Bereich der öffentlichen Wasserversorgung weg von der Entnahme von Grund- und Quellwasser, hin zur Entnahme von Oberflächenwasser ist bedingt durch die Stilllegung örtlicher Wasserversorger und der damit verbundenen Zunahme des Anteils der Fernwasserversorger im Land.

1 Zur Ermittlung des gesamten Wasseraufkommens im Land werden zusätzlich zur Eigengewinnung die Wassermengen berücksichtigt, die von Wasserversorgungsunternehmen oder Industriebetrieben aus anderen Bundesländern bezogen werden.

2 Für die Entnahme von Wasser muss in Baden-Württemberg seit 1998 ein Entgelt bezahlt werden, der sogenannte »Wasserpfennig«. Dessen Höhe betrug 1998 zwei Pfennige/m³ für die Gewinnung von Oberflächenwasser zu Kühlzwecken und 10 Pfennige/m³ für die Entnahme von Grund- und Quellwasser.

3 Die Bruttowertschöpfung eines Wirtschaftsbereichs umfasst den Wert aller im Berichtszeitraum produzierten Waren und Dienstleistungen.

4 Zur Entwicklung im Bereich der öffentlichen Trinkwasserversorgung vgl. Büringer, Helmut: »Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2006«