:: 6/2007

Lebenssituation von Frauen der älteren Generation in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg leben immer mehr ältere Menschen: Zu Beginn der 60er-Jahre war jeder zehnte Baden-Württemberger 65 Jahre und älter, 1970 betrug der Seniorenanteil 12 %, 1980 15 % und 2005 gehörte bereits knapp jeder fünfte Einwohner Baden-Württembergs zur älteren Generation. Bevölkerungsvorausrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass dieser Alterungsprozess der Gesellschaft, der durch rückläufige Geburtenzahlen einerseits und höhere Lebenserwartung andererseits ausgelöst wurde, sich in den nächsten Jahrzehnten in beschleunigter Form fortsetzen wird. So kommt eine Studie des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg zu dem Ergebnis, dass bereits im Jahr 2010 der Seniorenanteil auf ein Viertel der Bevölkerung angewachsen sein wird und dass im Jahr 2040 mehr als jeder Dritte Baden-Württemberger 60 Jahre und älter sein könnte.1

Die ältere Generation im heutigen Baden-Württemberg wird von Frauen dominiert. Vor allem unter den Hochbetagten sind Frauen stark überrepräsentiert: Bei den 75-Jährigen und Älteren beträgt das Zahlenverhältnis Männer zu Frauen in etwa ein Drittel zu zwei Drittel. Dementsprechend häufig sind ältere Frauen alleinstehend: Fast die Hälfte der Seniorinnen, aber lediglich rund 17 % der Männer im Alter von 65 und mehr Jahren führen ein »Singledasein«. Da die Frauen der älteren Generation oftmals nur kurze Zeit berufstätig waren, sind sie nun weitaus häufiger als die Männer ihrer Generation mit einer knappen persönlichen Einkommenslage konfrontiert: So hatte mehr als jede vierte Frau im Alter von 65 und mehr Jahren ein persönliches Einkommen von unter 500 Euro. Bei den gleichaltrigen Männern war dies nur bei knapp 3 % der Fall. Aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen sind Seniorinnen häufiger als ältere Männer in Heimen untergebracht bzw. pflegebedürftig.

Unter den Hochbetagten in Baden-Württemberg ein Drittel Männer und zwei Drittel Frauen

Nach den Ergebnissen des Mikrozensus (siehe i-Punkt) lebten im Jahr 2005 in Baden-Württemberg rund 0,8 Mill. Männer und 1,1 Mill. Frauen, die 65 Jahre und älter waren. Bei den Senioren handelt es sich somit mehrheitlich um Frauen (knapp 58 %), wobei die zahlenmäßige Dominanz der Frauen mit zunehmendem Alter immer ausgeprägter wird: So sind unter den 65- bis 75-jährigen Baden-Württembergern die Geschlechterproportionen mit 48 % Männern und 52 % Frauen noch nahezu ausgeglichen. Unter den 75-Jährigen und Älteren hingegen sind die Frauen stark überrepräsentiert: In dieser Altersgruppe beträgt das Verhältnis Männer zu Frauen in etwa ein Drittel zu zwei Drittel (Schaubild 1). Die Ursache dieses Ungleichgewichts ist zum einen in der durchschnittlich höheren Lebenserwartung von Frauen zu sehen, aber auch auf die einschneidenden Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs zurückzuführen, als wesentlich mehr Männer als Frauen infolge des Krieges ums Leben kamen.

Da die Lebenserwartung von Frauen nach wie vor höher ist als die der Männer – ein neugeborener Junge kann heute in Baden-Württemberg auf eine durchschnittliche Lebenserwartung von rund 77,6 Jahren hoffen, ein neugeborenes Mädchen sogar auf 82,7 Jahre2 – wird auch die ältere Generation von morgen und übermorgen aller Voraussicht nach aus mehr Frauen als Männern bestehen. Unter der Voraussetzung, dass Deutschland in Zukunft von kriegerischen Auseinandersetzungen und ähnlichen Krisen verschont bleibt, ist jedoch damit zu rechnen, dass dieses Ungleichgewicht nicht mehr so krass ausfallen wird wie bei der heutigen Seniorengeneration.

Nur wenige Seniorinnen leben in Heimen

Die vieldiskutierte und auch umstrittene Heimunterbringung älterer, oft pflegebedürftiger Menschen stellt in Baden-Württemberg noch immer eine Ausnahme dar: Von den insgesamt 1,1 Mill. Seniorinnen in Baden-Württemberg lebt der allergrößte Teil, nämlich gut 95 % im eigenen Zuhause. Lediglich knapp 5 % wohnen in einer sogenannten »Gemeinschaftsunterkunft«, wobei es sich hier vorwiegend um Altersheime, Altenpflegeheime und ähnliche spezielle Einrichtungen für die ältere Generation handeln dürfte. Von den Männern im Alter von 65 und mehr Jahren sind im Übrigen lediglich rund 2 % in einem Heim untergebracht. (Übersicht). Die Tatsache, dass Frauen im Alter häufiger als Männer in Heimen leben, dürfte einerseits auf die höhere Lebenserwartung von Frauen und dem mit steigendem Alter einhergehenden zunehmenden Risiko für Pflegebedürftigkeit und altersbedingte Krankheiten wie zum Beispiel Altersdemenz zurückführen sein. Die höhere Lebenserwartung von Frauen führt – in Verbindung damit, dass Ehefrauen oftmals jünger sind als ihre Männer – ferner dazu, dass pflegebedürftige ältere Männer häufig von ihren Ehefrauen gepflegt werden. Pflegebedürftige ältere Frauen hingegen sind dann, wenn bei ihnen eine Pflegebedürftigkeit auftritt oder sie nicht mehr in der Lage sind allein zu leben, oftmals bereits verwitwet bzw. alleinstehend, sodass für sie eine Heimunterbringung unumgänglich ist.

Nahezu jede zweite ältere Baden-Württembergerin führt ein »Singledasein«

Das Alleinleben im Alter erweist sich in der überwiegenden Zahl der Fälle als »Frauensache«: Aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen und der Tatsache, dass bei Ehepaaren die Frauen in der Regel jünger sind als die Männer, haben verheiratete Frauen im Durchschnitt ein weitaus höheres Risiko als Männer, verwitwet zu werden. Aus diesem Grund leben die meisten verheirateten Männer bis ins hohe Alter mit ihrer Ehefrau zusammen, während Frauen sehr häufig allein leben müssen: So wohnen von den männlichen Senioren lediglich rund 17 % in einem Einpersonenhaushalt, von den Frauen dieser Altersgruppe führt nahezu die Hälfte, nämlich fast als 45 % ein »Singledasein« (Übersicht). Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Senioren, die allein leben, naturgemäß deutlich an. So leben in Baden-Württemberg von den 75 Jahre und älteren Männern fast jeder vierte, von den Frauen sogar nahezu zwei Drittel allein in einem Haushalt.

Die hohe Zahl weiblicher Singles unter den Seniorinnen ist auch eine Spätfolge des Zweiten Weltkriegs, der zu einer hohen Zahl verwitweter Frauen geführt hat bzw. dazu, dass viele Frauen aufgrund des damaligen »Männermangels« keinen (Ehe)Partner gefunden haben.

Aufgrund der nach wie vor höheren Lebenserwartung von Frauen ist damit zu rechnen, dass auch zukünftig viele ältere Frauen allein leben werden. Hohe Scheidungszahlen, rückläufige Heiratszahlen und geringe Kinderzahlen der Frauen der jüngeren und mittleren Generation dürften mit dazu beitragen, dass die »Alten von morgen und übermorgen« noch häufiger ein »Singledasein« führen werden als ihre Groß- und Urgroßmütter. Zumindest ist damit zu rechnen, dass die Zahl derer, die mit ihrem Ehepartner zusammen alt werden, für die Seniorinnengeneration von morgen geringer ausfallen wird. Andererseits könnte es aber durchaus sein, dass diese Frauen, für die Wohngemeinschaften und nicht eheliche Lebensgemeinschaften so selbstverständlich sind wie Ehe und Familie, diese neuen Formen des Zusammenlebens im Alter wesentlich häufiger praktizieren als die jetzige Seniorengeneration.

Ältere Frauen finanziell schlechter gestellt

Unter den Männern und Frauen der älteren Generation, das heißt bei den 65-Jährigen und Älteren, sind – im Hinblick auf die persönliche Einkommenssituation – deutliche Einkommensunterschiede zu beobachten: Die Frauen dieser Altersgruppe sind wesentlich häufiger mit einer knappen persönlichen Einkommenssituation konfrontiert als die Männer. So hatte mehr als jede vierte Frau im Alter von 65 und mehr Jahren ein persönliches Einkommen von unter 500 Euro. Bei den gleichaltrigen Männern war dies nur bei knapp 3 % der Fall. Demgegenüber verfügten nahezu 40 % der Männer dieser Altersgruppe jedoch nur gut 13 % der Frauen über ein persönliches Einkommen von 1 500 Euro und mehr. In diesen Zahlen spiegeln sich ganz deutlich die Folgen der niedrigen Erwerbsbeteiligung dieser Frauengeneration wieder: Für die heutigen Seniorinnen war es noch weitgehend üblich, bei der Heirat oder spätestens bei der Geburt des ersten Kindes – für längere Zeit oder auch endgültig – aus dem Berufsleben auszuscheiden.

Die Folge ist, dass diese Frauen – im Vergleich zu den Männern, die jahrzehntelang im Erwerbsleben standen – nur geringe eigene Rentenansprüche haben bzw. von einer Witwenrente leben müssen. Aber auch viele Seniorinnen, die lange Zeit berufstätig waren, müssen aufgrund ihrer im Durchschnitt schlechteren bzw. fehlenden beruflichen Qualifikation mit einer geringeren Rente auskommen als ihre männlichen Altersgenossen.

Jede achte Seniorin pflegebedürftig

Ein wesentlicher Faktor für Lebensqualität im Alter ist die gesundheitliche Situation bzw. die Möglichkeit, den Alltag selbstständig meistern zu können. Wichtige Informationen hierzu liefert die Pflegestatistik. Aus den Daten der Pflegestatistik geht hervor, dass im Dezember 2005 in Baden-Württemberg knapp 12 % der Frauen und gut 6 % der Männer im Alter von 65 und mehr Jahren Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen.

Mit zunehmendem Alter steigt sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen der Anteil derjenigen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten, sprunghaft an: Leistungen aus einer Pflegeversicherung erhalten knapp 3 % der Baden-Württembergerinnen im Alter von 65 bis unter 75 Jahren, jedoch bereits jede fünfte Frau im Alter von über 75 Jahren. Von den 65- bis 75-jährigen Männern sind 3 % pflegebedürftig, von den 75-Jährigen und älteren Männern lediglich 12,5 %.

Die Zahlen belegen, dass in Baden-Württemberg der größte Teil der Seniorinnen und Senioren unabhängig von Hilfe und Pflege lebt. Altsein ist damit nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit Gebrechlichkeit und Hilfebedürftigkeit, denn die große Mehrheit – auch der Hochbetagten – ist offensichtlich zu einer weitgehend selbstständigen Lebensführung in der Lage. Es zeigt sich jedoch auch, dass Frauen ein deutlich höheres Risiko haben pflegebedürftig zu werden als Männer. Die Ursachen dürften die gleichen sein wie die, die dazu führen, dass mehr Frauen als Männer im Alter in einem Heim leben: Nach dem Tod des im Durchschnitt älteren Partners leben Frauen häufig allein und sind im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit auf professionelle Hilfe angewiesen. Männer werden in dieser Situation sehr häufig von ihren Ehefrauen versorgt, sodass ein Antrag auf Leistungen aus einer Pflegeversicherung oftmals nicht gestellt wird. Frauen hingegen sind jedoch, wenn bei ihnen eine Pflegebedürftigkeit auftritt häufig bereits verwitwet, sodass sie auf Hilfe von außen angewiesen sind und deshalb einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung stellen müssen.