:: 8/2007

CO2-Emissionen durch die Stromerzeugung in Baden-Württemberg

Die energiebedingten CO2-Emissionen stiegen in Baden-Württemberg 2005 wieder leicht an. Hauptursache dafür waren die erhöhten Emissionen durch die Stromerzeugung, die gut 25 % der gesamten energiebedingten CO2-Emissionen im Land ausmachen. Die Emissionen aus der Stromerzeugung hängen zunächst von dessen Umfang, vor allem aber auch von der Höhe der spezifischen Emissionen der Stromerzeugung ab. Der spezifische CO2-Emissionsfaktor, der die Klimaverträglichkeit der Stromerzeugung charakterisiert, wird in seiner Höhe vom jeweils realisierten sogenannten Strommix bestimmt. Das ist die Aufteilung der für die Stromerzeugung eingesetzten Energieträger auf fossile, erneuerbare oder nukleare Teilmengen. Im folgenden Beitrag werden Höhe und Entwicklung des spezifischen CO2-Emissionsfaktors der Stromerzeugung in Baden-Württemberg auch im Bundesvergleich dargestellt und Einflussfaktoren analysiert.

2005 leichter Anstieg der CO2-Emissionen

Die energiebedingten CO2-Emissionen in Baden-Württemberg, die mit rund 89 % den weitaus überwiegenden Teil der Emissionen an Treibhausgasen im Land ausmachen, stiegen nach vorläufigen Berechnungen im Jahr 2005 auf etwas über 76 Mill. Tonnen. Das waren rund 1,2 Mill. Tonnen oder knapp 2 % mehr als im Vorjahr. Damit war erstmals seit 3 Jahren wieder ein leichter Anstieg der energiebedingten CO2-Emissionen zu verzeichnen. Der Hauptgrund für diese aktuelle Zunahme der CO2-Emissionen liegt im Bereich der Wärmekraftwerke für die allgemeine Versorgung, deren CO2-Ausstoß gegenüber 2004 um mehr als 10 % zunahm. Ausschlaggebend waren dabei in erster Linie die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung.

Insgesamt entfiel 2005 in Baden-Württemberg mit gut 19 Mill. Tonnen über ein Viertel der energiebedingten CO2-Emissionen auf die Stromerzeugung. Dabei sind neben den CO2-Emissionen aus den Wärmekraftwerken für die allgemeine Versorgung auch die aus betriebseigenen Kraftwerken der Industrie berücksichtigt. Letztere, im Bereich der Industrie betriebene Anlagen zur Stromerzeugung, machen in Baden-Württemberg mit knapp 1,1 Mill. Tonnen CO2 jedoch nur einen vergleichsweise geringen Anteil von 6 % der gesamten durch die Stromerzeugung verursachten CO2-Emissionen aus. Der Löwenanteil von 94 % wird durch die Anlagen zur allgemeinen Versorgung, die öffentlichen Wärmekraftwerke, emittiert.

Die durch die Stromerzeugung verursachten CO2-Emissionen sind für die Entwicklung der Emissionen insgesamt von großer Bedeutung, wenngleich ihr Anteil im Land lediglich bei gut 25 % der energiebedingten CO2-Emissionen liegt. Dies gilt auf Bundesebene in noch erheblich stärkerem Ausmaß, da dort die Stromerzeugung sogar 42 % der gesamten energiebedingten CO2-Emissionen ausmacht. Dabei liegt der deutlich geringere Anteil in Baden-Württemberg nicht an einer nur unterdurchschnittlichen Bedeutung der Stromerzeugung im Land. Vielmehr werden in Baden-Württemberg mit 64,8 TWh1 zwar fast 12 % der bundes-weiten Nettostromerzeugung erbracht, mit 19,25 Mill. Tonnen entfallen aber lediglich 5,7 % der bundesweit 336 Mill. Tonnen CO2 aus der Stromerzeugung auf Baden-Württemberg.

Durch die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom für den Endverbrauch und die dazu verfeuerte Menge fossiler Brennstoffe in Baden-Württemberg wurden im Jahr 2005 im Durchschnitt 297 Gramm CO2 emittiert. Der entsprechende Wert lag im Bundesdurchschnitt mehr als doppelt so hoch bei 616 Gramm CO2 je Kilowattstunde für den Endverbrauch erzeugten Strom. Dieser Indikator »Direkte CO2-Emissionen je Kilowattstunde Nettostromerzeugung«, auch bezeichnet als spezifischer CO2-Emissionsfaktor des Strommix, charakterisiert die Klimaverträglichkeit der Stromerzeugung2.

Steigende CO2-Emissionen durch erhöhten Stromverbrauch

Die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung in Baden-Württemberg haben seit 1975 um knapp 43 % stark zugenommen, obwohl der spezifische CO2-Emissionsfaktor des Strommix im selben Zeitraum von 565 Gramm pro Kilowattstunde um immerhin 268 Gramm oder 47 % abgenommen hat. Allerdings wurde die Stromerzeugung im Land seit 1975 von 23,9 TWh auf 64,8 TWh um mehr als 170 %, also fast viermal so stark erhöht wie die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung. Bei unverändertem Emissionsfaktor lägen die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung im Land heute bei 36,6 Mill. Tonnen um gut 90 % höher.

Der Hauptgrund für die starke Abnahme der spezifischen CO2-Emissionen der Stromerzeugung in Baden-Württemberg liegt in der Veränderung des sogenannten Strommix, also der Zusammensetzung der für die Stromerzeugung eingesetzten Energieträger. Ausschlaggebend für die starke Abnahme der spezifischen CO2-Emissionen in Baden-Württemberg bei gleichzeitiger Ausweitung der Stromerzeugung war die Entwicklung der Stromerzeugung in Kernkraftwerken. Ein höherer Anteil der Kernkraft bewirkt geringere spezifische CO2-Emissionen. So war der Emissionsfaktor des Strommix Ende der 80er-Jahre nach Inbetriebnahme des Gemeinschaftskraftwerks Neckarwestheim II erstmals auf unter 300 Gramm je Kilowattstunde Stromerzeugung gesunken. Seit 1992 liegt der spezifische CO2-Emissionsfaktor des jeweils realisierten Strommix mehr oder weniger deutlich unter 300 Gramm. Nur 2001 wurde infolge längerer Ausfallzeiten einzelner Kernkraftwerke bei gleichzeitig erhöhter Auslastung der Kohlekraftwerke ein Wert von über 300 Gramm erreicht. Nach deutlich niedrigeren spezifischen Emissionen von 2002 bis 2004 wurde 2005 mit der Stilllegung des Kernkraftwerks Obrigheim und einer verstärkten Nutzung der Kohlekraftwerke im Land wieder ein Wert von nahezu 300 Gramm CO2-Emissionen je Kilowattstunde Nettostromerzeugung erreicht.

Auch die Stromerzeugung aus regenerativen Quellen verursacht keine direkten, für die Bilanzierung relevanten, CO2-Emissionen. Daher sinkt mit der Zunahme ihres Einsatzes ebenfalls der CO2-Emissionsfaktor des Strommix insgesamt. Der Anteil erneuerbarer Energieträger an der Bruttostomerzeugung hat in Baden-Württemberg seit 1998 zugenommen und liegt aktuell bei 10 %. Der Anteil der Kernenergie lag 2005 bei knapp 51 %.

Hohe spezifische Emissionen der Stromerzeugung aus Kohle

Allgemein wird die Höhe des Emissionsfaktors der Nettostromerzeugung stark vom Anteil der einzelnen verschiedenen Brennstoffe an der Stromerzeugung, dem Strommix, bestimmt. Außer dem Anteil der Kernenergie und der erneuerbaren Energieträger ist von Bedeutung, wie groß die Anteile einzelner fossiler Brennstoffe (Kohle, Öl und Erdgas) ausfallen. Die Emissionsfaktoren bezogen auf den Brennstoffeinsatz3 von Steinkohle und Erdgas, die beiden wichtigsten fossilen Brennstoffe in Baden-Württemberg, sind sehr verschieden hoch. Mit 202 Gramm pro Kilowattstunde ist der Emissionsfaktor bei Erdgas um 40 % niedriger als bei Steinkohle (338 Gramm). Der CO2-Emissionsfaktor von Braunkohle, der im bundesdeutschen Strommix einen hohen Anteil ausmacht, liegt sogar bei 404 Gramm pro Kilowattstunde und damit doppelt so hoch wie der von Erdgas.

Die zweite wichtige Einflussgröße auf die Höhe der spezifischen Emissionen der Stromerzeugung ist der durchschnittliche Wirkungsgrad der mit fossilen Brennstoffen befeuerten konventionellen Kraftwerke. Erhöht sich der durchschnittliche Wirkungsgrad, so wird für die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom eine geringere Menge an Brennstoff benötigt und damit sinken die spezifischen CO2-Emissionen.

Durch Gegenüberstellung der Menge an CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung in kohle- bzw. erdgasbefeuerten Kraftwerken und der dort erzielten Nettostromerzeugung errechnet sich der CO2-Emissionsfaktor bezogen auf die Nettostromerzeugung mit den jeweiligen Brennstoffarten. Für die Steinkohlekraftwerke in Baden-Württemberg ergibt sich ein durchschnittlicher spezifischer CO2-Faktor je Kilowattstunde Nettostromerzeugung von rund 870 g (Bundesdurchschnitt 938 g) und für Erdgas 516 g (Bundesdurchschnitt 560). Der im Vergleich zum Emissionsfaktor je Brennstoffeinsatz deutlich höhere Emissionsfaktor der Nettostromerzeugung erklärt sich aus dem relativ niedrigen Wirkungsgrad der Kraftwerke. Der Emissionsfaktor je Nettostromerzeugung ist umso größer, je geringer der Wirkungsgrad der Kraftwerke liegt. Als Indikator für den durchschnittlichen Wirkungsgrad der Kraftwerke, der so nicht quantifiziert werden kann, dient der sogenannte durchschnittliche Brennstoffnutzungsgrad, der angibt, welcher Anteil der eingesetzten Energiemenge als Nettostrommenge gewonnen wird.

Steigender Brennstoffnutzungsgrad reduziert Emissionen

Durch die Division von brennstoffbezogenem CO2-Emissionsfaktor und nettostrombezogenem Emissionsfaktor kann der durchschnittliche Brennstoffnutzungsgrad in der Stromerzeugung errechnet werden. Danach lag in Baden-Württemberg der durchschnittliche Brennstoffnutzungsgrad für Erdgas- und Steinkohlekraftwerke bei 39 bzw. 38 %. Im Bundesdurchschnitt hat das Umweltbundesamt jeweils einen Wert von 36 % errechnet. Demnach lagen die durchschnittlichen Brennstoffnutzungsgrade in der Stromerzeugung in Baden-Württemberg etwas höher als im Bundesdurchschnitt. Der Brennstoffnutzungsgrad in Braunkohlekraftwerken liegt erkennbar niedriger als bei Steinkohle und Erdgas, sodass vom hohen Braunkohleanteil auf Bundesebene ebenfalls eine erhöhende Wirkung auf die spezifischen CO2-Emissionen des bundesdurchschnittlichen Strommix ausgeht. Gemäß den Untersuchungen des Umweltbundesamtes hat der Brennstoffnutzungsgrad im Bundesdurchschnitt seit 1990 vor allem bei Erdgas, aber auch bei Braunkohle, spürbar zugenommen, bei Steinkohle ist nur ein geringer Anstieg zu verzeichnen.

Zusammenfassung

Trotz eines deutlichen Rückgangs der spezifischen CO2-Emissionen durch die Stromerzeugung sind die absoluten CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung im Land deutlich angestiegen. Gegenüber 1975 beträgt der Anstieg fast 43 % und auch im Vergleich zu 1990, dem Basisjahr für die Kyoto-Vereinbarungen, beträgt die Zunahme immerhin gut 13 %. Der Grund dafür liegt in der überaus starken Steigerung der Stromerzeugung im Land als Folge des ebenfalls stark erhöhten Stromverbrauchs durch Industrie, Dienstleistungsbereiche und private Haushalte. Allein im Zeitraum von 1990 bis 2005 stieg der Stromverbrauch im Land um mehr als 30 %.

Um die formulierten Klimaschutzziele zu erreichen, ist es notwendig, die absoluten CO2-Emissionen der Stromerzeugung deutlich zu verringern – im Bundesdurchschnitt werden minus 50 % angestrebt. Dazu müssen vor allem der Stromverbrauch aber auch die CO2-Emissionen pro Kilowattstunde Strom möglichst niedrig gehalten oder sogar weiter gesenkt werden. Geeignete Maßnahmen dafür sind die fortschreitende Modernisierung der vorhandenen konventionellen Kraftwerke, der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und ein forcierter Umstieg auf eine Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern oder das emissionsärmere Erdgas. Vor allem auch der sparsame Umgang mit dem vermeintlich sauberen Energieträger Strom ist erforderlich. Zu vermeiden ist daneben auch, dass der derzeit noch vergleichsweise hohe Anteil der Kernkraft an der Stromerzeugung durch zusätzliche Kohlekraftwerke ersetzt wird, da die spezifischen CO2- Emissionen der Kohlekraftwerke eine stark erhöhende Wirkung auf die spezifischen CO2-Emissionen der Nettostromerzeugung ausüben.

1 64,8 Terawattstunden (TWh) sind 7,4 Gigawattjahre, wobei 1 Gigawattjahr (GWa) jene Energie ist, die ein Kraftwerk mit der Leistung von 1 Gigawatt in einem Jahr produzieren kann, wenn es ununterbrochen am Netz ist. Dies leisten in etwa zwei Kohlekraftwerke oder ein Kernkraftwerk pro Jahr.

2 Machat, Marcus/Werner, Kathrin: Entwicklung der spezifischen CO2-Emissionen des deutschen Strommix, Umweltbundesamt 01/07.

3 Der Emissionsfaktor bezogen auf den Brennstoffeinsatz gibt an, wie viel CO2 bei der vollständigen Verbrennung einer bestimmten Menge eines Brennstoffes erzeugt wird.