:: 9/2007

Entwicklungen im Außenhandel

Die Exportwirtschaft in Baden-Württemberg boomte 2006 wie selten zuvor. Dabei exportierten Unternehmen erfolgreich in fast alle Weltregionen, wobei Europa als Absatzmarkt nichts an Bedeutung verloren hat. Der Anteil der Exporte Baden-Württembergs am Bundesergebnis geht aber trotz der hohen Wachstumsraten seit vielen Jahren beständig zurück. Im Folgenden soll auch darauf eingegangen werden, ob das Land gegenüber den anderen Bundesländern ins Hintertreffen zu geraten droht.

Exportdynamik 2006 auf Spitzenniveau

Im Jahr 2006 exportierten die Unternehmen in Baden-Württemberg Waren im Wert von über 140 Mrd. Euro. Das waren 15 % mehr als im Vorjahr. Seit 1974 wurde ein solch hohes Wachstum erst zum zweiten Mal erreicht, zuletzt im Jahr 2000, als der Wert der exportierten Waren um 19 % höher lag als im Vorjahr. Wie aus dem Schaubild 1 zu erkennen ist, verlor die Exportwirtschaft im darauffolgenden Jahr 2001 jedoch an Schwung und musste 2002 sogar ein Sinken der Ausfuhren hinnehmen. In den Jahren danach war die Entwicklung wieder robuster und die Wachstumszahlen stiegen 4 Jahre in Folge. Insbesondere 2006 gab es noch einmal einen kräftigen Schub, sodass dieses Jahr als eines der wachstumsstärksten Jahre im baden-württembergischen Außenhandel in die Statistik eingeht. In den ersten Monaten 2007 entwickelten sich die Ausfuhren weiterhin kräftig, jedoch nicht mehr ganz so dynamisch wie im Jahr zuvor.

Asien gewinnt, Afrika verliert an Bedeutung

Der Anteil der Ausfuhren, die an Länder innerhalb Europas gingen, betrug 2006 etwa 69 %. Dieser Anteil hat trotz des Booms des interkontinentalen Handels in den letzten 10 Jahren nicht abgenommen. Dies lag vor allem an der Erschließung der Märkte der neu hinzugekommenen EU-Länder. Die weiterhin wichtigsten Absatzländer in Europa bleiben jedoch die großen EU-Länder Frankreich, Italien und Großbritannien, die knapp ein Drittel der Ausfuhren innerhalb Europas aufnahmen. Nach Amerika wurden 15 % der Ausfuhren geliefert, wobei vier Fünftel davon allein in die USA gingen. Die USA stellen damit noch vor Frankreich das wichtigste Zielland für Waren »Made in Baden-Württemberg« dar. Der Anteil der Ausfuhren nach Amerika war in den vergangenen Jahrzehnten starken Schwankungen ausgesetzt, wobei die Kurs-Entwicklung des US-Dollars zur DM beziehungsweise zum Euro eine wichtige Rolle spielte. Tendenziell ist der Anteil Amerikas aber in etwa gleich geblieben. Die Exporte nach Asien stellten mit 13 % im abgelaufenen Jahr ebenfalls einen bedeutenden Anteil dar. Die wichtigsten Abnehmerländer dort sind China, Japan und Südkorea, in die zusammen etwas mehr als die Hälfte der Exporte innerhalb Asiens gingen. Auch hier gab es deutliche Schwankungen, langfristig haben die asiatischen Länder aber für den baden-württembergischen Außenhandel an Bedeutung gewonnen.

Die Exporte nach Afrika stellen nur 2 % der Ausfuhren Baden-Württembergs dar. Bemerkenswert hierbei ist, dass dieser Anteil schon wesentlich höher lag. Vor 25 Jahren gingen 7 % der exportierten Waren in afrikanische Länder. Seitdem hat der Anteil jedoch kontinuierlich abgenommen. Denn während sich der Wert der gesamten Ausfuhren innerhalb der letzten 25 Jahre mehr als vervierfacht hat, liegt der Wert der nach Afrika gesendeten Waren 2006 kaum höher als 1981. Dieser Effekt ist jedoch nicht nur für Exporte aus Baden-Württemberg zu beobachten. Insgesamt hat sich der Außenhandel Afrikas langsamer als im Rest der Welt entwickelt. Zum Teil lag das am vergleichweise schwachen Wirtschaftswachstum Afrikas, das zwischen 1983 und 1995 permanent unter dem der restlichen Welt lag.1 Ein weiterer Grund dürfte in den Handelsbeschränkungen mit afrikanischen Ländern liegen.

Wie erfolgreich ist Baden-Württemberg im Bundesvergleich?

Der Südwesten ist traditionell ein Land mit hoher Exportorientierung. Zum einen stellt der industrielle Sektor im Vergleich zu anderen Bundesländern einen hohen Anteil der Wirtschaftsleistung. Dieser Faktor allein begünstigt schon einen hohen Exportanteil, da nur Güter, nicht aber Dienstleistungen in die Exportstatistik eingehen. Außerdem sind mit den Branchen Fahrzeugbau und Maschinenbau jene zwei Wirtschaftszweige im Land besonders stark vertreten, deren Umsätze zu einem großen Teil im Ausland erwirtschaftet werden.

Aber nicht nur das Niveau ist hoch, auch die Wachstumsraten weisen auf eine starke Entwicklung der Exporte aus dem Südwesten hin. Nicht in dieses Bild passt der kontinuierlich abnehmende Anteil Baden-Württembergs am Bundesergebnis. Vor 20 Jahren lag er bei über 18 %, pendelte während der 90er-Jahre um die 17 % und liegt nun bei unter 16 %. Daraus den Schluss zu ziehen, dass Baden-Württemberg hinter die anderen Bundesländer zurückfällt, wäre aber voreilig. Es gibt zwei wesentliche, spezielle Gründe für den sinkenden Anteil am Bundesergebnis.

Das »17. Bundesland«

Der Hauptgrund für den sinkenden Anteil Baden-Württembergs ergibt sich aus einer Besonderheit der Außenhandelsstatistik: Die Summe der Exporte der 16 Bundesländer ist geringer als das Exportergebnis des Bundes. Die Differenz besteht aus Ausfuhren, die nicht auf Bundesländer aufgegliedert werden. Diese Position wird deshalb auch »17. Bundesland« genannt.2 Die Bedeutung dieses »17. Bundeslandes« für das Deutschland-Ergebnis ist dabei beträchtlich. Sein Anteil betrug 2006 etwa ein Fünftel des Bundesergebnisses und war damit größer als der Anteil, den Baden-Württemberg zu den Exporten Deutschlands beitrug.

Das »17. Bundesland« wiederum setzt sich aus mehreren Unterpositionen zusammen, von denen die »Waren ausländischen Ursprungs« den mit Abstand größten Unterposten bilden.3 Es handelt sich dabei um zuvor importierte Güter, nicht jedoch um eine reine Durchfuhr, die nicht in die Außenhandelsstatistik eingeht. Bei den »Waren ausländischen Ursprungs« wurde die Ware von einem deutschen Unternehmen erworben und in Deutschland zwischengelagert. Eine Supermarktkette, die ihre Lebensmittel im Ausland einkauft und dann ihre Filialen im benachbarten Ausland aus einem deutschen Zentrallager versorgt, wäre ein Beispiel. Die Versendung der Lebensmittel geht in diesem Fall als Export in die Außenhandelsstatistik ein, kann aber keinem Bundesland zugeordnet werden, in dem es hergestellt oder zumindest weiterverarbeitet worden wäre.

Das »17. Bundesland« ist jedoch nicht nur ein bedeutender Posten, sondern nimmt an Bedeutung auch weiterhin zu, wobei sich das Tempo in den letzten Jahren allerdings verlangsamt hat. Zwischen 1986 und 1996 vergrößerte sich sein Anteil von 9 % auf 16 % des Bundesergebnisses. Zwischen 1996 und 2006 stieg der Anteil noch einmal um 3 Prozentpunkte auf 19 %.

Ein aussagekräftigerer Maßstab zur Entwicklung der Exportposition eines Bundeslandes stellt damit nicht der Vergleich zum Bundesergebnis, sondern der Vergleich zur Ländersumme dar, bei der das »17. Bundesland« unberücksichtigt bleibt. Während der Anteil Baden-Württembergs am Bund während der 90er-Jahre mehr oder weniger stagnierte, stieg er beim Vergleich zu den Ländern um knapp 2 Prozentpunkte von 18,6 % auf 20,5 % an. Seit 2000 ist jedoch auch dieser Anteil um einen Prozentpunkt zurückgegangen und lag 2006 bei 19,6 %.

Die neuen Bundesländer holen auf

Tatsächlich haben sich die Exporte anderer Bundesländer in den letzten Jahren zum Teil deutlich dynamischer entwickelt (siehe Tabelle). Während die Exporte Baden-Württembergs seit 1996 jährlich um durchschnittlich 7,6 % gewachsen sind, stiegen die Exporte aller Bundesländer um 7,9 %, in Sachsen sogar um knapp 18 % pro Jahr.

Die Länder mit dem höchsten Exportwachstum sind die fünf neuen Bundesländer, die ihre Ausfuhren im Schnitt um 16 % pro Jahr steigern konnten. Basierend auf einem niedrigeren Ausgangsniveau ist das hohe Wachstum ein eindeutiger Hinweis auf den Aufholprozess, den die Exportwirtschaft dort vollzieht. Dennoch ist die Exportorientierung in den alten Bundesländern immer noch deutlich stärker.

Während 2006 in den alten Bundesländern Waren im Wert von einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) exportiert wurden, hatten die Ausfuhren in den neuen Bundesländern nur einen Wert von einem Fünftel des BIPs. In Baden-Württemberg waren es 42 %, der dritthöchste Wert nach Bremen und dem Saarland. Bei den Exporten pro Einwohner ergibt sich ein ähnliches Bild. In den alten Bundesländern wurden Güter im Wert von etwa 9 800 Euro pro Kopf exportiert, in den neuen Bundesländern betrug der Export pro Kopf nur etwa 3 900 Euro. Baden-Württemberg liegt mit 13 200 Euro pro Kopf nach Bremen und Hamburg wiederum auf dem 3. Rang.

Bei einer zunehmenden Angleichung der Wirtschaftsverhältnisse in Ost und West werden die neuen Bundesländer auch in den nächsten Jahren deutlich höhere Wachstumsraten beim Export aufweisen als die alten Bundesländer.

Der Südwesten fällt nicht zurück

Die Exportentwicklung in Baden-Württemberg fällt gegenüber den neuen Bundesländern also geringer aus. Im Vergleich zu den alten Bundesländern jedoch entwickelten sich die Exporte seit 1996 mit etwa der gleichen Geschwindigkeit. Die Exporte Baden-Württembergs stiegen pro Jahr um durchschnittlich 7,6 %, die Exporte der alten Bundesländer im Schnitt um 7,5 %. Der Anteil Baden-Württembergs an den alten Bundesländern stieg in diesem Zeitraum leicht von 20,9 % auf 21,5 % ).

Obwohl der Anteil am Exportergebnis des Bundes beständig abnimmt, wäre es falsch, sich aufgrund dieser Tatsache Sorgen um die baden-württembergische Exportwirtschaft zu machen. Der Südwesten bleibt eines der exportstärksten Länder in Deutschland, auch wenn Waren ausländischen Ursprungs und die neuen Bundesländer weiter an Bedeutung für das Bundesergebnis gewinnen.

1 Datenquelle: Internationaler Währungsfonds.

2 Vgl.: Kössler, Richard: Entwicklungen im Außenhandel, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 10/1998, S. 506-512.

3 Weitere, weniger bedeutsame Unterpositionen des »17. Bundeslandes« sind Rückwaren (Zurücksendungen schadhafter Importe), Ersatzlieferungen (Ersetzung schadhafter Exporte) und fehlende Bundeslandangaben.