:: 9/2007

Aufkommen und Entsorgung häuslicher Abfälle 2006

Entwicklung in den Stadt- und Landkreisen seit 1996

10 Jahre nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes hat sich die Entsorgung von Abfällen aus Haushalten grundlegend verändert. Im Jahr 2006 wurden gemäß Abfallablagerungsverordnung keine unbehandelten Abfälle aus Haushalten auf Deponien abgelagert. Über den gesamten Zeitraum seit 1996 erfolgten ein kontinuierlicher Ausbau sowie die Verfeinerung der getrennten Erfassung und Verwertung verschiedener Fraktionen der häuslichen Abfälle.

Wie sich die ergriffenen Maßnahmen auf die erfassten Mengen in Baden-Württemberg insgesamt und in den für die Entsorgung der Abfälle aus Haushalten im Wesentlichen zuständigen Stadt- und Landkreisen ausgewirkt haben, wird im folgenden Beitrag beleuchtet.

Zunahme der häuslichen Abfälle auf 3,77 Mill. Tonnen

Im Jahr 2006 haben die privaten Haushalte in Baden-Württemberg insgesamt 3,77 Mill. Tonnen an Abfällen zur Entsorgung abgegeben. Diese setzen sich zusammen aus den als Restabfall überlassenen Haus- und Sperrmüllmengen (1,58 Mill. Tonnen) und den getrennt davon erfassten Wertstoffen (1,75 Mill. Tonnen) sowie Bioabfällen (0,43 Mill. Tonnen). Die Entsorgung dieser häuslichen Abfälle obliegt weitgehend den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und damit den Stadt- und Landkreisen. Die gleichfalls von den Haushalten im Land den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassenen Problemabfälle sowie Elektro- und Elektronik-Altgeräte sind aus Gründen der zeitlichen Vergleichbarkeit zunächst nicht mit eingerechnet und werden gesondert betrachtet.

10 Jahre nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes stellt sich die Frage, inwieweit der dort festgeschriebene Grundsatz der »Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung« bei häuslichen Abfällen umgesetzt werden konnte. Zudem war 2006 das erste Kalenderjahr, in dem die Abfallablagerungsverordnung mit dem Verbot der Rohmülldeponierung ganzjährig Gültigkeit hatte.

Kaum Abfallvermeidung – Gesamtmenge folgt konjunktureller Entwicklung

Gegenüber 1996, dem Jahr des Inkrafttretens des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, hat das Aufkommen häuslicher Abfälle im Land um gut 233 000 Tonnen oder knapp 7 % zugenommen. Gegenüber dem Vorjahr waren es gut 62 000 Tonnen oder knapp 2 % mehr an häuslichen Abfällen. Die Entwicklung verlief in den 10 Jahren nicht einheitlich. Nach einem deutlichen Anstieg bis zum Jahr 2000 auf die bisherige Maximalmenge war wieder ein Rückgang festzustellen, bevor zuletzt die Menge wieder spürbar zugenommen hat.

Insgesamt spiegelt sich in der Entwicklung offenbar auch die konjunkturelle Situation und die Zunahme der Bevölkerung im Land wider (Schaubild 1). In den Phasen einer beschleunigten Zunahme des Bruttoinlandsprodukts zeigt sich auch die Tendenz hin zu erhöhten Aufkommensmengen und umgekehrt. Dies gilt auch für die Mengen bezogen auf die Bevölkerungszahl. Zusätzlich wird sichtbar, dass, abgesehen von den jährlichen Schwankungen, kein Rückgang beim Pro-Kopf-Aufkommen der häuslichen Abfälle festzustellen ist. Insofern kann im Bereich der häuslichen Abfälle sicher nicht von Vermeidungserfolgen gesprochen werden.

Klare Fortschritte bei der Abfallverwertung

Die insgesamt zu beobachtende Zunahme des Aufkommens häuslicher Abfälle resultiert aus einer deutlichen Abnahme der Haus- und Sperrmüllmengen und einer betragsmäßig noch größeren Zunahme der getrennt erfassten Mengen an Wertstoffen und Bioabfällen. Die Haus- und Sperrmüllmenge hat bis 2006 gegenüber 1996 um über 142 000 Tonnen oder rund 8 % abgenommen, je Einwohner beträgt der Rückgang sogar fast 12 %. Im Gegenzug sind die getrennt erfassten Mengen an Wertstoffen um 291 000 Tonnen oder 20 %, die an Bioabfällen um 85 000 Tonnen oder 24 % angestiegen. Während die Entwicklung bei den Bioabfällen seit 1999 stagniert, ist bei den Wertstoffen ein auch aktuell anhaltender Anstieg zu beobachten. Die erkennbaren jährlichen Schwankungen bei den Wertstoffmengen korrelieren offenbar recht deutlich mit der konjunkturellen Entwicklung im Land. Die jeweilige wirtschaftliche Situation spiegelt sich somit in erster Linie im Aufkommen der getrennt erfassten Wertstoffe wider.

Elektro- und Elektronik-Altgeräte – fast 7 kg je Einwohner getrennt erfasst

Die verstärkte Abfallverwertung bei insgesamt steigendem Aufkommen der häuslichen Abfälle wird untermauert durch die Entwicklung der Mengen an Elektro- und Elektronik-Altgeräten, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern durch private Haushalte jährlich getrennt überlassen werden. Sie war bereits bis 2005 kontinuierlich angestiegen (Schaubild 2). Mit Inkrafttreten der einschlägigen Verordnung, die seit März 2006 den Haushalten die kostenlose Abgabe solcher Geräte bei den Annahmestellen in den Kreisen ermöglichen, ist die getrennt erfasste Menge 2006 nach vorsichtigen Abschätzungen nochmals deutlich um mehr als ein Viertel auf rund 70 000 Tonnen angestiegen. Mit fast 7 kg je Einwohner ist auch die in der entsprechenden EU-Verordnung vorgegebene Mindestmenge der getrennten Erfassung in Höhe von 4 kg je Einwohner deutlich übertroffen worden.

Große regionale Unterschiede beim Aufkommen häuslicher Abfälle

Die Menge der 2006 den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassenen häuslichen Abfälle streut zwischen den Stadt- und Landkreisen weiterhin sehr stark. Bei einem Landesdurchschnitt von 351 kg je Einwohner reicht die Bandbreite der Pro-Kopf-Werte in den Kreisen von 241 kg je Einwohner im Landkreis Ravensburg bis 506 kg je Einwohner in Baden-Baden (Tabelle 1). Eine vollständige Erklärung dieser enormen Streuung ist wegen der Vielzahl – zudem regional sehr verschieden gewichtiger – Einflussfaktoren nicht möglich. Die stark differierenden Siedlungs- und Bevölkerungsstrukturen und damit auch abweichenden Verbrauchsgewohnheiten in den Kreisen bieten nur einen Erklärungsansatz. Auch die in den Kreisen über Jahre hinweg gewachsenen, sehr unterschiedlichen Entsorgungsstrukturen haben nicht allein auf die Art der Entsorgung, sondern sehr stark auch auf die Gesamtmenge der überlassenen häuslichen Abfälle Einfluss. Eingeschränkt ist zudem die Vergleichbarkeit zwischen den Kreisen vor allem auch durch den unterschiedlichen Grad der Einbeziehung haushaltsähnlicher Abfälle aus Kleingewerbe und Dienstleistungsbetrieben.

Da sich die Wirkungen der verschiedenen Einflussfaktoren teilweise kompensieren, teilweise aber auch in aufkommenerhöhender oder umgekehrt in aufkommensenkender Richtung summieren, resultieren die zwischen den Kreisen festgestellten großen Abweichungen beim Pro-Kopf-Aufkommen.

In jedem dritten Kreis Rückgang der Gesamtmenge häuslicher Abfälle

Erstes Ziel im Hinblick auf eine nachhaltige und ressourcenschonende Entwicklung des Abfallaufkommens und seiner Entsorgung ist die Verringerung der zu entsorgenden Gesamtmenge an häuslichen Abfällen. Eine solche Reduzierung gelang, gemessen an 1996, in 15 Stadt- und Landkreisen in teils beträchtlichem Umfang. In der Mehrzahl der Kreise jedoch ist, wie auf Landesebene, die Menge der erfassten häuslichen Abfälle mehr oder weniger stark angestiegen, in einigen Kreisen um bis zu 20 % und darüber. In 4 Kreisen Baden-Württembergs blieb das Aufkommen häuslicher Abfälle nahezu konstant.

Regional stark abweichend ist auch die Aufteilung der häuslichen Abfälle auf die als Restabfall zu entsorgenden Haus- und Sperrmüllmengen sowie die getrennt erfassten Wertstoff- und Bioabfallmengen. In der Mehrzahl der Kreise übersteigt – wie im Landesmittel – die Menge der getrennt erfassten Wertstoffe und Bioabfälle die Haus- und Sperrmüllmenge deutlich. In 8 Stadt- und Landkreisen, Stuttgart, Göppingen, Hohenlohe, Mannheim, Pforzheim, Emmendingen, Ortenau und Lörrach, ist jedoch umgekehrt die zu beseitigende Restmüllmenge nach wie vor deutlich höher als die Menge der getrennt erfassten Wertstoffe und Bioabfälle.

Mehr Verwertung in fast allen Stadt- und Landkreisen

Die Struktur der Erfassung der Abfälle aus Haushalten hat sich durchgängig in fast allen Kreisen weiter in Richtung getrennter Erfassung und nachfolgender stofflicher bzw. biologischer Verwertung verschoben. Dies ist an den absoluten Veränderungen der Pro-Kopf-Mengen bei den einzelnen Komponenten der häuslichen Abfälle deutlich ablesbar. Gegenüber 1996 hat im Landesmittel die getrennt erfasste Menge an Wertstoffen bis 2006 um 22 kg, die an Bioabfällen um knapp 7 kg je Einwohner zugenommen. Hingegen ging die Haus- und Sperrmüllmenge in den 10 Jahren um fast 20 kg je Einwohner zurück.

In den Kreisen ist die Konstellation bezogen auf die drei Veränderungskomponenten sehr unterschiedlich. In 30 Kreisen ging die Haus- und Sperrmüllmenge zurück, in einigen Kreisen aber hat sie teils beträchtlich zugenommen. Die getrennte Erfassung von Bioabfällen befand sich 1996 noch in der Aufbauphase. Deshalb sind hier die Veränderungen sehr heterogen. In der Regel wurde die Bioabfallerfassung weiter ausgebaut, in einigen Kreisen aber auch zurückgeschraubt oder sogar wieder gänzlich aufgegeben. Fast durchgängig zugenommen hat in den Stadt- und Landkreisen die getrennt erfasste Menge an Wertstoffen, teilweise um über 60 kg je Einwohner. Nur in 6 Stadt- und Landkreisen ging die getrennt erfasste Wertstoffmenge meist leicht zurück (Schaubild 3).

Weitgehende Umstellung auf thermische Behandlung der Restabfälle

Die Entsorgung der häuslichen Abfälle hat sich mit der seit 1996 verstärkten getrennten Erfassung von Wertstoffen weiter kontinuierlich hin zur stofflichen Verwertung verschoben. Eine grundlegend veränderte Struktur der Entsorgung der als Restabfall erfassten Haus- und Sperrmüllmengen bewirkte das Verbot der Rohmülldeponierung seit Juni 2005. Im Jahr 2006, dem ersten Kalenderjahr, für das durchgehend das Verbot der direkten Ablagerung unbehandelter Siedlungsabfälle galt, wurden in Baden-Württemberg keine häuslichen Abfälle direkt auf Deponien abgelagert.

Von den 3,77 Mill. Tonnen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassenen häuslichen Abfällen gelangten gut 1,76 Mill. Tonnen (knapp 47 %) auf der ersten Entsorgungsstufe in Anlagen zur stofflichen Verwertung (Tabelle 2). Die Behandlung der Mengen erfolgte überwiegend in Sortieranlagen oder, bei hinreichender stofflicher Homogenität, direkt in Verwerterbetrieben. Thermisch behandelt, das heißt überwiegend in Müllverbrennungsanlagen verbrannt, wurden 2006 rund 1,29 Mill. Tonnen der insgesamt den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Land überlassenen häuslichen Abfälle, darunter rund 100 000 Tonnen getrennt erfasster Holz- und Bioabfälle. 284 000 Tonnen Haus- und Sperrmüll wurden in mechanisch-biologischen Anlagen im Land behandelt, das heißt auf diesem Weg verwertet bzw. an weitere Behandlungsanlagen abgegeben, oder wegen Kapazitätsengpässen direkt umgeschlagen. Direkt in die biologische Behandlung gelangten 2006 rund 430 000 Tonnen, wobei es sich ausschließlich um getrennt erfasste Bioabfälle handelte.

Die thermische Behandlung der Abfälle aus Haushalten in Baden-Württemberg erfolgte überwiegend in den 6 Hausmüllverbrennungsanlagen im Land. An Anlagen außerhalb des Landes wurden nach Angaben der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Baden-Württembergs insgesamt knapp 258 000 Tonnen an Siedlungsabfällen zur thermischen Behandlung abgegeben.

Insgesamt belief sich die in den Hausmüllverbrennungsanlagen in Baden-Württemberg im Jahr 2006 verbrannte Menge an Abfällen auf rund 1,50 Mill. Tonnen, darunter rund 977 000 Tonnen Haus- und Sperrmüll aus Baden-Württemberg. Bei den übrigen Mengen handelte es sich um Gewerbeabfälle, die teilweise direkt oder über die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger den Anlagen zugeführt wurden. In geringem Umfang gelangten auch Siedlungsabfälle von außerhalb des Landes in Anlagen mit Standort in Baden-Württemberg. Durch die zwischenzeitlich beschlossene Schließung zweier mechanisch-biologischer Behandlungsanlagen resultiert aktuell eine Lücke bei den im Land verfügbaren Behandlungskapazitäten, die vorübergehend den verstärkten Export zu beseitigender Restabfälle aus Haushalten im Land erforderlich macht.