:: 10/2007

Auf den Tisch, in den Trog oder in den Tank

Nutzung des Ackerlandes in Baden-Württemberg 2007

Die Zusammensetzung der Fruchtarten auf den baden-württembergischen Äckern unterzieht sich momentan einem Wandel. Die Gewinner sind dabei Silomais und Winterraps, die beide auch als nachwachsende Rohstoffe in der Energieerzeugung zunehmend gefragt sind. Bei Winterraps wurde 2007 sogar ein historischer Höchststand erreicht. In der Folge davon werden auch Wintergerste und Winterroggen wieder beliebter, wenn es darum geht die Futtertröge zu füllen. Unangefochten die wichtigste Fruchtart im Land ist und bleibt jedoch der Winterweizen. Die Anbauflächen für Kartoffeln gehen dagegen weiter deutlich zurück.

Vor allem zwei Faktoren sind dafür verantwortlich, dass die Bedeutung der heimischen Agrarwirtschaft auch in der Öffentlichkeit in einem anderen Licht gesehen wird. Einerseits wird die Verknappung der weltweiten Getreidevorräte, andererseits die Konkurrenz um Flächen zwischen Futternutzung und dem Anbau von sogenannten Energiepflanzen verstärkt wahrgenommen. Dem weltweit gestiegenen Verbrauch an Getreide standen in den vergangenen Jahren jedoch eher durchschnittliche Getreideernten entgegen. Der Einfluss dieser Faktoren führte letztendlich dazu, dass seit dem Frühjahr in Deutschland die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse spürbar angestiegen sind. Auch die gerade abgeschlossene Ernte 2007 wird sich vermutlich trockenheitsbedingt in Deutschland und weiteren klassischen Getreide erzeugenden Ländern wie der Ukraine, mengenmäßig unter dem langjährigen Schnitt befinden.

Weizen nach wie vor wichtigste Feldfrucht

Davon profitieren natürlich auch die Getreideanbauer im Land: wie in den Vorjahren wurde im laufenden Jahr 2007 rund ein Viertel des gesamten Ackerlandes (209 000 ha) mit Winterweizen bestellt. Damit bleibt Winterweizen, der überwiegend zur Herstellung von Backwaren verwendet wird, die wichtigste Fruchtart in Baden-Württemberg. Hinzu kommen rund 11 000 ha des im Schwabenland so geschätzten Dinkels, der entweder als Grünkern oder als Mehl verarbeitet wird. Kaum eine Bedeutung haben hingegen Sommerweizen (3 900 ha) und der für die Nudelherstellung begehrte, im Anbau aber anspruchsvolle Durum- oder Hartweizen (800 ha).

Wird Braugerste knapp?

Als weitere traditionelle Getreideart im Südwesten stand die Sommer- und Wintergerste auf insgesamt 190 000 ha (22,8 % des Ackerlandes). Damit wird ungefähr drei viertel der Getreidefläche mit Gerste und Weizen bestellt (Schaubild 1). Wintergerste ist mit 106 000 ha flächenmäßig bedeutender und konnte gegenüber 2006 um über 5,2 % zulegen (Tabelle). Während Wintergerste als Futtermittel verwendet wird, liegt der Hauptnutzen der Sommergerste in ihrer Eignung als Braugerste. Mit 84 000 ha Anbaufläche bewegt sie sich im Jahr 2007 jedoch nur wenig über dem Vorjahresniveau. Bis zum Ende der 90er-Jahre war das Verhältnis in Baden-Württemberg noch umgekehrt und Sommergerste war seinerzeit wesentlich häufiger auf den Feldern anzutreffen als Wintergerste (Schaubild 2).

Abnehmer der Braugerste sind die Mälzereien, die an möglichst einheitlichen Partien mit hohen Qualitätsstandards interessiert sind. Braugerstepartien wurden aufgrund der hohen Anforderungen nicht immer akzeptiert und konnten dann nur noch als Futtergetreide vermarktet werden, weshalb für die Landwirte der Anbau der ertragreicheren Wintergerste lukrativer wurde. Inzwischen sind die Vorräte an Braugerste jedoch geschrumpft und Importware steht ebenfalls nur in begrenztem Umfang zur Verfügung.1 Dies ließ die Preise für Sommergerste bereits im letzten Jahr deutlich ansteigen, was jedoch für die Landwirte Baden-Württembergs offensichtlich kein Anreiz war, die Sommergerstenbestände des aktuellen Jahres wesentlich (+1,7 %) auszuweiten. Welche Auswirkungen die Bemühungen einzelner Brauereien haben, angesichts des knappen Angebots auch proteinarme Wintergerste zu vermälzen, muss abgewartet werden.

»Energiewirt« statt Landwirt

Die Förderung erneuerbarer Energien hinterlässt spürbare Spuren in der landwirtschaftlichen Bodennutzung in Baden-Württemberg. Dies zeigt die deutliche Anbauausdehnung von Fruchtarten wie Silomais und Winterraps, die beide als Energiepflanzen verwendet werden können. Bei Winterraps wurde mit fast 72 000 ha ein historischer Höchststand erreicht. Auf annähernd 9 % des Ackerlandes blühte 2007 Raps und damit auf 4,2 % mehr Fläche als 2006. Aus Winterraps wird zum einen Speiseöl für die menschliche Ernährung gewonnen, zum anderen bildet er die Grundlage des sogenannten Biodiesels. In die Biodieselgewinnung fließt auf jeden Fall jener Winterraps, der explizit als nachwachsender Rohstoff auf stillgelegten Flächen angebaut wird (rund 18 000 ha). Dazu dürften noch weitere Flächen aus dem übrigen Anbau von Winterraps kommen, da die Landwirte und Vermarktungsunternehmen hier frei in der Entscheidung über den Verwendungszweck als Konsumware oder Energiepflanze sind. Eine weitere Ausdehnung der Rapsflächen dürfte jedoch aus Fruchtfolgegründen in vielen Gebieten nicht mehr möglich sein. Dagegen sind Sonnenblumen, die ebenfalls zur Speiseölherstellung verwendet werden, fast völlig aus dem Landschaftsbild verschwunden. Bei einer gesamten Fläche von 500 ha in Baden-Württemberg sind Sonnenblumenfelder inzwischen eine Seltenheit.

Beliebter Silomais

Der absolute Sieger war 2007 Silomais mit einer Zunahme um fast 8 000 ha (+9,5 %) auf ungefähr 88 000 ha. Silomais dient zum einen als Futtergrundlage in der Rindviehhaltung, kann aber ebenso als energiereicher Rohstoff in Biogasanlagen Verwendung finden. Parallel zu den abnehmenden Rinderbeständen im Land hat sich in den vergangenen 20 Jahren die Silomaisfläche überwiegend rückläufig entwickelt. Erst in den letzten Jahren zeichnet sich eine Trendwende ab (Schaubild 2). Der Anbau von Silomais bleibt damit zwar noch hinter seinem Höhepunkt aus dem Jahr 1985 mit 100 000 ha zurück, die Anbaufläche von Mais insgesamt, zu der auch Körnermais und Corn-Cob-Mix zählen, erreicht jedoch mit 151 000 ha ein neues Maximum in Baden-Württemberg. Nachdem die Körnermaisfläche in den 90er-Jahren durch kältetolerantere Sorten und warme Sommer permanent ausgeweitet wurde, ist in den letzten 3 Jahren ein Rückgang festzustellen. Möglicherweise wurde hier Körnermais bereits durch Silomais zur Energienutzung substituiert.

Roggen erlebt Renaissance

Die veränderten Marktverhältnisse bringen allerdings jene Landwirte in Bedrängnis, die Futtergetreide benötigen. Auf der Suche nach preiswerten Alternativen wurden Getreidearten wieder interessant, die in den letzten Jahren an Attraktivität eingebüßt hatten. So erlebt derzeit Winterroggen mit einer deutschlandweiten Ausdehnung der Anbaufläche um 25 % eine beachtliche Renaissance. Obwohl in Baden-Württemberg eher eine Randfruchtart, wurde 2007 mit 9 500 ha auch hier knapp ein Viertel mehr Roggen ausgesät. Widerstandsfähig und auch relativ unempfindlich gegenüber Trockenheit wird er nicht nur als Brotroggen, sondern auch als Futterkomponente eingesetzt. Triticale, eine Züchtung aus Weizen und Roggen, wurde im aktuellen Jahr auf 19 600 ha angebaut. Im Anbau robuster als Winterweizen, führten unter anderem neue krankheitsresistente Sorten dazu, dass Triticale als Energie- und Futterpflanze wieder verstärkt (+7,1 %) gefragt wurde.

Immer weniger Kartoffeln

Nach dem deutlichen Rückgang der Zuckerrübenfläche durch die Zuckermarktreform im Jahr 2006, wurde die Fläche 2007 wieder auf fast 19 000 ha (+6,0 %) aufgestockt. Diese Anbauausweitung ist vermutlich auf eine vermehrte Produktion von Industriezucker zurückzuführen. In diese Sparte fällt auch Zucker, der zur Ethanolgewinnung herangezogen wird und damit dem Ersatz fossiler Energie durch nachwachsende Rohstoffe dient. Kartoffeln werden dagegen im Ländle immer weniger erzeugt. Während Frühkartoffeln nur noch auf 800 ha (−11,1 %) angebaut werden, verringerten sich die Flächen mit mittelfrühen und späten Speisekartoffeln gegenüber dem Vorjahr sogar um 18,1 % auf nunmehr 4 700 ha.

Fazit

Den Landwirten stehen Alternativen offen wie seit Langem nicht mehr. Ackerflächen sind nicht mehr alleine zur Erzeugung von Futter oder Rohstoffen für die menschliche Ernährung gefragt, sondern werden zunehmend auch als »Tankstellen« der Zukunft gehandelt. Steigende Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse lassen die Landwirte auch auf höhere Gewinne hoffen. Die weltweiten knappen Getreidevorräte und ein erhöhter Flächenbedarf für »Energiepflanzen« führen dazu, dass inzwischen die Aufhebung der Flächenstilllegung erneut zur Diskussion steht. Wohin der Trend in den nächsten Jahren gehen wird, hängt jedoch auch von den politischen Rahmenbedingungen und neuen technologischen Entwicklungen im Bereich der Bioenergie ab.

1 Ernährungsdienst Nr. 59/2007.