:: 12/2007

Neuere Entwicklungen im Bauhauptgewerbe Baden-Württembergs

Nach Jahren der Krise meldete das Bauhauptgewerbe in Baden-Württemberg ab 2006 wieder erfreulichere Wirtschaftsdaten. Zum ersten Mal seit 6 Jahren erwirtschafteten die Betriebe einen höheren baugewerblichen Umsatz als im Vorjahr. Dies wurde über eine Steigerung der auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden bei nahezu gleichem Personalbestand wie im Vorjahr erreicht. Die Zahl der Beschäftigten und der Betriebe hat sich im Jahr 2006 nur noch geringfügig verringert. Insgesamt ist der anhaltende »Schrumpfungsprozess« im Bauhauptgewerbe somit so gut wie zum Stillstand gekommen. Die Branche hat sich stabilisiert. Dieser Trend scheint auch im laufenden Jahr anzuhalten. Darauf deuten zumindest die wichtigen Konjunkturdaten der ersten 9 Monate des Jahres 2007 hin.

Schwieriger Start ins neue Jahrtausend

Die Jahre 2000 bis 2005 waren Krisenjahre für das Bauhauptgewerbe. Meldungen über die schlechte Auftragssituation, sinkende Umsatzzahlen sowie über Insolvenzen und Beschäftigtenabbau waren an der Tagesordnung:

  • Schon ab Mitte 2000 mussten die Betriebe im Bauhauptgewerbe einen Rückgang bei den Auftragseingängen im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Bis Mitte 2005 änderte sich daran nichts. In der Folge leerten sich die Auftragsbücher. Der Auftragsbestand lag zum Ende des 2. Quartals 2005 gut ein Viertel unter dem Bestand 5 Jahre zuvor.
  • Auf den Baustellen in Baden-Württemberg gab es dementsprechend immer weniger zu tun. Als Indikator für die Produktion können die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden herangezogen werden. Diese sanken zwischen den Jahren 2000 und 2005 um etwa ein Drittel. Wurden im Jahr 2000 noch 141 Mill. Arbeitsstunden auf Baustellen geleistet, so waren es 5 Jahre später nur noch 96 Mill. Stunden.
  • Die Umsatzeinbußen der Unternehmen waren ebenfalls erheblich. Um über ein Fünftel sank der baugewerbliche Umsatz während dieses Zeitraums. Im Jahr 2000 betrug er noch knapp 11,4 Mrd. Euro. Im Jahr 2005 waren es nur 9 Mrd. Euro.
  • Die Unternehmen im Bauhauptgewerbe reagierten darauf mit Entlassungen und hielten sich mit Neueinstellungen zurück. Mehr als jeder vierte Arbeitsplatz ging so in diesen Jahren verloren. Im Jahr 2000 waren knapp 116 000 Menschen im Bauhauptgewerbe tätig. 5 Jahre später waren es weniger als 86 000.
  • Viele Betriebe überstanden die Krise nicht oder verloren ihre Eigenständigkeit. So zählte das Statistische Landesamt Ende Juni 2005 rund 7 100 Betriebe im Bauhauptgewerbe. 5 Jahre zuvor waren es noch 8 200 Betriebe gewesen.

Bauhauptgewerbe meldet wieder erfreulichere Zahlen

Nach jahrelangem Abwärtstrend entwickelten sich die Frühindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung – die Auftragseingänge und die Auftragsbestände – ab Mitte 2005 wieder besser. Entsprechend meldeten die Betriebe des Bauhauptgewerbes bereits für das gesamte Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr um fast 6 % höhere Auftragseingänge. Dieser positive Trend setzte sich auch im Jahr 2006 fort. Das Auftragseingangsplus betrug in diesem Jahr knapp 7 %. Die Auftragsbücher füllten sich und die Auftragsbestände wuchsen. Ab Mitte 2005 bewegten sich die zum Quartalsende ermittelten Auftragsbestände in 9 aufeinander folgenden Quartalen über dem entsprechenden Vorjahreswert.

Dank der verbesserten Auftragslage wurde die Arbeit auf den Baustellen mehr. 2006 stieg zum ersten Mal seit dem Jahrtausendwechsel die Zahl der auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden gegenüber dem Vorjahr an. Sie lag um knapp 6 % über dem Vorjahreswert, blieb aber dennoch unterhalb des Werts von 2004. Im 1. Quartal 2007 stieg diese Stundenzahl gegenüber dem Vorjahresquartal noch einmal stark an, entwickelte sich aber in der Folgezeit nicht mehr so dynamisch. So lag sie im Zeitraum Januar bis September 2007 letztlich um rund 3 % oberhalb des Vorjahreszeitraums. Die Hauptursache für den Anstieg im 1. Quartal 2007 liegt in der milden Witterung, durch die die Bautätigkeit nicht so behindert wurde wie im 1. Quartal 2006, in dem Schneefälle und Kälte die Arbeit erschwerten bzw. unmöglich machten.

Bei den baugewerblichen Umsätzen war die Erholung stärker zu spüren. 2006 lagen sie um rund 13 % über denen des Vorjahres und erreichten etwa 90 % des Wertes von 2000. Wie die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden machten auch die baugewerblichen Umsätze im 1. Quartal 2007 einen Sprung nach oben und schwächten sich im weiteren Verlauf des Jahres ab. Hier ist für die Monate Januar bis September 2007 ein Plus von knapp 6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum festzustellen.

Nachhaltiger Aufschwung beim Wirtschaftsbau

Die Betriebe des Bauhauptgewerbes geben in ihren Meldungen an das Statistische Landesamt die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden, den baugewerblichen Umsatz sowie die Auftragseingänge nach den sogenannten Bauarten an. Dies ermöglicht eine Betrachtung der Branchenentwicklung nach Auftraggebern.

Auswertungen der im Jahr 2006 auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden zeigen, dass der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit immer noch im hauptsächlich von den privaten Auftraggebern dominierten Wohnungsbau liegt (Anteil an der Gesamtstundenzahl: 47 %). Gewerblicher und öffentlicher Bau unterscheiden sich mit 26 % bzw. 27 % Anteil an allen auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden in ihrer Bedeutung nicht wesentlich voneinander. Allerdings wurde im Wirtschaftsbau ein Großteil der Stunden (rund zwei Drittel) im Hochbau geleistet, während im öffentlichen Bau vor allem Bauvorhaben im Straßenbau1 bzw. im sonstigen öffentlichen Tiefbau den Schwerpunkt bilden.

Erstmals seit vielen Jahren entwickelte sich der Wohnungsbau im Jahr 2006 positiv. Mit einem Plus von über 6 % bei den auf Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und rund 15 % bei den baugewerblichen Umsätzen gegenüber 2005 trug dieser Bereich ganz erheblich zur Stabilisierung der Branche bei. Diese positive Entwicklung scheint aber hauptsächlich durch »Vorzieheffekte« verursacht. 2006 zog ein nicht unbedeutender Teil der Bauherren und Hausbesitzer wegen der für das Jahr 2007 angekündigten Mehrwertsteuererhöhung und der Abschaffung der Eigenheimzulage die eigentlich für einen späteren Zeitpunkt geplanten Investitionen in den Wohnungsneubau bzw. in die Wohnungsrenovierung/-sanierung vor. Der Aufwärtstrend im Wohnungsbau konnte daher nicht dauerhaft sein. Entsprechend ist die Entwicklung im laufenden Jahr. Die Zahl der im Wohnungsbau geleisteten Arbeitsstunden lag im Zeitraum Januar bis September 2007 um über 3 %, der baugewerbliche Umsatz sogar um 7 % niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Betrachtet man nur die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden, so war der Zuwachs im Jahr 2006 im Wirtschaftsbau am höchsten. Aber auch die Umsatzzahlen entwickelten sich in diesem Bereich überdurchschnittlich gut. Vorzieheffekte aufgrund der drohenden Mehrwertsteuererhöhung dürften auch dieses Ergebnis beeinflusst haben. Das Plus im Wirtschaftsbau scheint aber vor allem durch den Wirtschaftsaufschwung und die damit verbundene erwachte Investitionsbereitschaft der gewerblichen Wirtschaft hervorgerufen worden zu sein und ist somit nachhaltiger als im Wohnungsbau. Auch im laufenden Jahr entwickelt sich der Wirtschaftsbau weiter positiv. In den ersten 9 Monaten des Jahres 2007 meldeten die bauhauptgewerblichen Betriebe sowohl bei den auf Baustellen geleisteten Arbeitsstunden als auch bei den baugewerblichen Umsätzen hohe Zuwachsraten. Dabei stellt sich die Situation im Jahr 2006 und im bisherigen Jahr 2007 im Wirtschaftstiefbau noch günstiger dar als im Wirtschaftshochbau.

Zwar war die Entwicklung im Öffentlichen Bau (einschließlich Straßenbau) gemessen am gesamten Bauhauptgewerbe im Jahr 2006 unterdurchschnittlich. Mit einem Plus von über 3 % bei den auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und nahezu 10 % beim baugewerblichen Umsatz verzeichnete das Statistische Landesamt aber auch hier ein positives Ergebnis. Die Zunahme der geleisteten Arbeitsstunden bei öffentlichen Bauvorhaben wurde hauptsächlich durch den wichtigen Straßenbau und den öffentlichen Hochbau verursacht. Im sonstigen öffentlichen Tiefbau kam es 2006 gegenüber 2005 nur zu einer leichten Zunahme von 0,4 %. Bei den baugewerblichen Umsätzen war der Zuwachs im Hochbau mit knapp 18 % am höchsten. Im Straßenbau betrug das Umsatzplus im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr fast 8 % und im sonstigen öffentlichen Tiefbau nahezu 7 %.

Auch im aktuellen Jahr hat sich die positive Entwicklung im öffentlichen Bau fortgesetzt. Die Arbeitsstunden waren im Zeitraum Januar bis September 2007 um fast 10 %, der baugewerbliche Umsatz um über 9 % höher als in den ersten 3 Quartalen des Jahres 2006. Bund, Länder und Kommunen und die übrigen öffentlichen Auftraggeber (zum Beispiel Universitäten, Kirchen, Verbände) traten bei den Bauinvestitionen in den vergangenen Monaten vor dem Hintergrund einer verbesserten Einnahmesituation sowie des in den letzten Jahren aufgelaufenen Investitionsstaus weniger zurückhaltend auf als in den vergangenen Jahren.

Beschäftigtenabbau kommt fast zum Stillstand

Das größere Arbeitsvolumen und die damit verbundene Ausweitung der Bauproduktion konnte 2006 noch mit der vorhandenen Belegschaft abgeleistet werden. Im Jahresdurchschnitt 2006 meldeten die bauhauptgewerblichen Betriebe rund 85 000 tätige Personen. Somit waren im Jahr 2006 0,5 % weniger Personen bei den bauhauptgewerblichen Betrieben tätig als 2005. Im Vergleich zu den Vorjahren, in denen die Branche massiv Stellen abbaute, stellte dies aber einen Fortschritt dar, da der Beschäftigungsabbau beinahe zum Stillstand kam.

Zwar stieg die Zahl der tätigen Personen im 1. Quartal 2007 gegenüber dem Vorjahresquartal sogar leicht an, da sich das Arbeitsvolumen in den Folgemonaten aber wieder schwächer entwickelte, konnte sich die Beschäftigungssituation im aktuellen Jahr nicht verbessern. Die Zahl der im Bauhauptgewerbe Baden-Württembergs durchschnittlich beschäftigten Personen in den Monaten Januar bis September 2007 lag mit – 0,2 % knapp unterhalb des Vorjahreswertes. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beschäftigtenzahl – trotz des guten Starts – auch im gesamten Jahr 2007 nicht ansteigen wird.

Der stark gebremste Stellenabbau zeigt aber, dass die bestehenden Arbeitsplätze im Bauhauptgewerbe sicherer geworden sind. Darauf weisen auch die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hin. Sie meldet für 2006 und 2007 erstmals über einen längeren Zeitraum bessere Zahlen für die Baubranche. Es wurden weniger Menschen mit Bauberufen als arbeitslos geführt. Gleichzeitig stieg 2006 die Zahl der im Bauhauptgewerbe als offen gemeldeten Stellen an. Im bisherigen Jahr nahm diese Zahl wieder etwas ab, lag aber weiterhin über dem Wert von 2005.

Wirtschaftsbau wird die Entwicklung der kommenden Monate tragen

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es im Jahr 2006 zu einem auf breiter Basis – nämlich allen drei Auftraggebergruppen – beruhenden Zuwachs bei den baugewerblichen Umsätzen und den geleisteten Arbeitsstunden im Bauhauptgewerbe kam, der sich auch in einer Festigung der Beschäftigtenzahlen niedergeschlagen hat. Zum guten Ergebnis des Jahres 2006 haben aber auch Vorzieheffekte aufgrund der für 2007 geplanten Mehrwertsteuererhöhung und der Abschaffung der Eigenheimzulage beim Wohnungsbau beigetragen. Dies führt dazu, dass sich die positive Entwicklung im wichtigen Wohnungsbau im laufenden Jahr nicht fortgesetzt hat. Dieser Bereich fällt somit als Wachstumsfaktor im Jahr 2007 aus. Die weitere Stabilisierung des Bauhauptgewerbes im bisherigen Jahr 2007 ist somit momentan auf die beiden übrigen Auftraggebergruppen – insbesondere den Wirtschaftsbau – zurückzuführen, bei denen die Rahmenbedingungen für baugewerbliche Investitionen über das Jahr 2006 hinweg günstig waren.

Die Situation im Bauhauptgewerbe Baden-Württembergs stellte sich Ende September 2007 – insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den Jahren 2000 bis 2005 – somit »verhalten positiv« dar. Nach den bislang vorliegenden Daten bewegte sich die Zahl der im Bauhauptgewerbe tätigen Personen in den ersten 9 Monaten 2007 in etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und der baugewerbliche Umsatz lagen sogar über den Vorjahreswerten.

Die Auftragseingänge lassen darauf schließen, dass sich dieser Trend in den nächsten Monaten fortsetzen wird. Nach einem deutlichen Auftragseingangsplus im 1. Quartal 2007 (18 % gegenüber Januar bis März 2006) wurde in den Monaten April bis Juni 2007 das Vorjahresergebnis nur knapp erreicht. Im 3. Quartal 2007 meldeten die Betriebe aber wieder höhere Auftragseingänge als im entsprechenden Vorjahresquartal (rund + 8 %), sodass sich für den gesamten Zeitraum Januar bis September 2007 ein um annähernd 8 % höherer Wert ergibt.

Die nähere Betrachtung der Auftragseingänge nach Auftraggebern zeigt allerdings, dass in der nächsten Zeit voraussichtlich nur von den gewerblichen Auftraggebern Impulse auf das Bauhauptgewerbe ausgehen werden. Das Auftragsplus im Wirtschaftsbau belief sich in den ersten 9 Monaten 2007 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum auf rund 27 %, während im öffentlichen Bau die Ordereingänge knapp um gut 1 % und im Wohnungsbau sogar um 8 % unter dem entsprechenden Vorjahreswert lagen.

1 Bei Straßenbauvorhaben handelt es sich nicht zwingend um öffentliche Auftraggeber. Da aber der größte Teil davon auf Investitionen von Bund, Ländern und Kommunen zurückzuführen ist, wird der Straßenbau in dieser Betrachtung dem öffentlichen Bau zugeordnet.