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Zur Entwicklung der Privathaushalte bis 2025

Eine Modellrechnung für die Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs

Zahlreiche Entscheidungen von sozialer, wirtschaftlicher und politischer Bedeutung werden nicht von einzelnen Personen, sondern von Personengemeinschaften oder von privaten Haushalten getroffen.

Private Haushalte treten als Käufer von langlebigen Konsumgütern auf (beispielsweise Kraftfahrzeugen); sie leisten Transferzahlungen an öffentliche Haushalte und empfangen Transfers von diesen, so zum Beispiel Wohngeld. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades der Bevölkerung mit Wohnungen sind die Haushalte die Bedarfsträger und damit die geeignete Bezugsgröße für entsprechende Berechnungen. Informationen über die künftige Entwicklung der Privathaushalte sind deshalb insbesondere für Planungszwecke von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Zahl der Privathaushalte wird in Baden-Württemberg auch bei einer stagnierenden oder sinkenden Bevölkerungszahl aller Voraussicht nach weiter steigen: Bis zum Jahr 2025 könnte deren Anzahl landesweit um knapp 190 000 (+3,8 %) zunehmen. Für den Landkreis Heilbronn wird mit 11 % das höchste Plus erwartet; in den Stadtkreisen Mannheim, Stuttgart und Heidelberg sowie im Landkreis Heidenheim dürfte die Haushaltszahl – wenn auch nur geringfügig – zurückgehen. Diese Entwicklung wird mit einer weiteren Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße einhergehen.

Im März 2006 gab es landesweit 4,96 Mill. Privathaushalte1, das sind 27 % mehr als noch im Volkszählungsjahr 1987. Die Zunahme der Zahl der Haushalte war damit aufgrund des Trends hin zu kleineren Haushalten deutlich stärker als diejenige der Bevölkerung (+16 %). Regional verlief die Entwicklung in diesem Zeitraum sehr unterschiedlich: Am stärksten stieg die Haushaltszahl im Landkreis Heilbronn (+46 %), im Hohenlohekreis (+42 %) und im Landkreis Breisgau Hochschwarzwald (+41 %) an; am geringsten war das Plus in den Stadtkreisen Stuttgart, Heidelberg und Mannheim mit jeweils weniger als 15 %2.

Was ist überhaupt ein Haushalt?

Die künftige Entwicklung der Haushaltszahlen wird von der Veränderung der Bevölkerungszahl und deren Struktur sowie vom Haushaltsbildungsverhalten (vgl. i-Punkt) bestimmt. Vorausrechnungen zur Haushaltsentwicklung sind dabei mit erheblichen definitorischen Schwierigkeiten verbunden: »Als Haushalt (Privathaushalt) zählt jede zusammen wohnende und eine wirtschaftliche Einheit bildende Personengemeinschaft (Mehrpersonenhaushalt) sowie jede für sich allein wohnende und wirtschaftende Einzelperson (Einpersonenhaushalt). Zu einem Haushalt können verwandte und familienfremde Personen gehören (…).« Bereits diese Definition aus dem Mikrozensus lässt erahnen, welch vielfältige Lebensformen sich hinter einem Haushalt verbergen können3. Und diese Vielfalt hat in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen, nicht zuletzt aufgrund des Trends hin zu nicht ehelichen Lebensgemeinschaften. Waren vor etwa 30 Jahren noch über 99 % der Paare verheiratet4, so beträgt heute der Anteil der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften an allen Paaren bereits gut 9 %5. In den Groß- und vor allem Universitätsstädten dürfte dieser Anteil noch deutlich höher liegen.

Dieser Trend, wonach sich die traditionellen Haushalts- und Familienstrukturen immer mehr aufweichen, macht die Ermittlung der Privathaushalte und eine Vorausrechnung dieser Ergebnisse zunehmend schwieriger. Insbesondere bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften ist nicht immer eindeutig, ob diese einen Mehrpersonenhaushalt oder aber mehrere Einpersonenhaushalte bilden – je nachdem, ob diese Personen gemeinsam wirtschaften oder nicht6. Dies ist bei den folgenden Ergebnissen zu berücksichtigen.

Haushaltszahlen steigen stärker als Bevölkerungszahlen

Die Einwohnerzahl Baden-Württembergs wird sich nach der aktuellen Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Landesamtes bis 2011 noch um 30 000 Personen erhöhen. Danach schließt sich bis 2025 ein Rückgang um etwa 135 000 Personen an7. Gegenüber 2006 bedeutet dies eine Abnahme der Bevölkerungszahl um 1 %. Basierend auf den Ergebnissen dieser Bevölkerungsvorausrechnung wird sich die Zahl der Haushalte landesweit bis 2025 sogar noch erhöhen: bis zum Jahr 2015 um 2,8 % und von 2015 bis 2025 nochmals um 0,9 %.

Regional könnte diese Entwicklung aber recht unterschiedlich verlaufen: Die stärksten Zuwächse werden für Landkreise mit Verdichtungstendenzen – Heilbronn (+11 %), Breisgau-Hochschwarzwald (+8 %) und Emmendingen (+7 %) – sowie für den eher ländlich strukturierten Landkreis Biberach (+8 %) erwartet. Dagegen wird aller Voraussicht nach die Zahl der Privathaushalte in den Stadtkreisen Mannheim, Stuttgart und Heidelberg sowie im Landkreis Heidenheim – wenn auch nur geringfügig – zurückgehen. Dennoch wird damit auch in den zuletzt genannten Stadtkreisen die Entwicklung der Privathaushalte günstiger verlaufen als die der Bevölkerung.

Mit anderen Worten: Die Veränderung der Haushaltszahl bis 2025 wird in allen 44 Stadt- und Landkreisen über der für die Bevölkerungszahl liegen. Ursache dieser Diskrepanz zwischen Haushalts- und Bevölkerungsentwicklung ist das »Hineinwachsen« stark besetzter Altersgruppen in solche Altersgruppen, die – wie insbesondere die Älteren – überwiegend in kleinen Haushalten leben.

Durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt weiter

1961 bildeten in Baden-Württemberg noch durchschnittlich 2,9 Personen einen Haushalt. Diese Haushaltsgröße hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig verringert. 1987 gehörten im Schnitt noch 2,4 Personen einem Privathaushalt an, im Jahr 2006 lag diese Kennziffer nur noch bei knapp 2,2.

Die durchschnittliche Personenzahl je Haushalt wird aller Voraussicht nach auch in Zukunft zurückgehen: Im Jahr 2025 werden in Baden-Württemberg nur noch durchschnittlich 2,1 Personen einen Privathaushalt bilden. Die größten Haushalte wird es wie bisher auch in den eher ländlich geprägten Landkreisen geben: Spitzenreiter wird der Alb-Donau-Kreis bleiben, in dem im Jahr 2025 im Schnitt 2,3 Personen einen Haushalt bilden werden. Wie das Schaubild zeigt, konzentrieren sich dann die Landkreise mit dann noch relativ großen Haushalten flächendeckend im Nordosten des Landes und werden sich halbkreisförmig von Biberach, Sigmaringen und Tuttlingen über den Schwarzwald bis zum Enzkreis erstrecken.

Dagegen werden – wie bereits heute schon – in den meisten Stadtkreisen des Landes im Schnitt nur 1,8 oder 1,9 Personen in einem Haushalt leben. In diesen Stadtkreisen wird sich künftig die durchschnittliche Haushaltsgröße altersstrukturbedingt praktisch nicht mehr verringern – im Gegensatz zu den meisten Landkreisen mit heute noch relativ großen Haushalten. Damit werden sich die regionalen Unterschiede bezüglich der durchschnittlichen Haushaltsgröße in den nächsten Jahren tendenziell weiter verringern. Noch vor 20 Jahren betrug die Spannweite bei den 44 Stadt- und Landkreisen exakt eine Person je Haushalt, im Jahr 2025 könnte sich dieser Unterschied halbiert haben8.

Ergebnisse haben Modellcharakter

Die Ergebnisse dieser Vorausrechnung dürfen nicht als »Vorhersagen« interpretiert werden. Mithilfe von Vorausrechnungen kann beispielsweise »nur« gezeigt werden, wie sich die Zahl der Privathaushalte unter der Berücksichtigung bestimmter Annahmen entwickeln könnte. Es handelt sich damit um reine »Wenn-dann-Aussagen«. Da es sich bei den vorgelegten Ergebnissen um errechnete Werte handelt, für die naturgemäß pauschale Annahmen getroffen werden mussten, sind diese Ergebnisse mit zusätzlichen Unschärfen behaftet. Vor allem in den Groß- und Universitätsstädten dürften diese Unschärfen aufgrund des hohen Anteils an nicht ehelichen Lebensgemeinschaften besonders bedeutsam sein. Die vorgelegten Ergebnisse sind damit als Ergebnisse einer Modellrechnung zu charakterisieren.

1 Ergebnis des Mikrozensus.

2 Der Ansatz zur Berechnung der Haushaltszahlen für das Jahr 2006 ist im i-Punkt beschrieben.

3 Vgl. hierzu Hin, Monika: Lebensformen der Bevölkerung in Baden-Württemberg gestern und heute, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 2/1997, S. 56 ff.

4 Vgl. Eggen, Bernd: Ehe und Familie – ein Auslaufmodell?, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11/2003, S. 22 ff.

5 Ergebnis des Mikrozensus 2006.

6 Ein Grenzfall stellt sicherlich auch die in der Stuttgarter Zeitung beschriebene »Luxus-Rentner-WG« dar, der drei Ehepaare angehören, die sich Küche und Wohnzimmer teilen und gemeinsam einkaufen; vgl. Luxus-WG mit Pool, Beletage und Wintergarten, in: Stuttgarter Zeitung vom 15. Juni 2005, S. 19.

7 Cornelius, Ivar: »Die Bevölkerungsentwicklung in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2050«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2007«

8 Kreise mit der geringsten bzw. mit der höchsten Personenzahl je Haushalt: (a) 1987: Heidelberg: 1,8; Alb-Donau-Kreis: 2,8; (b) 2025: Heidelberg 1,8; Alb-Donau-Kreis: 2,3.