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Sozialhilfestatistik am Wendepunkt

Die Sozialhilfestatistik war seit 1963 einigen Änderungen unterworfen. Die bisher umfassendste Änderung des Sozialhilferechts erfolgte zum 1. Januar 2005 mit der Ablösung des Bundessozialhilfegesetzes und der Regelung aller Sozialhilfezweige, die eng mit der Neuregelung des Arbeitslosengeldes verbunden war. Die erwerbsfähigen Leistungsempfänger erhalten seither Arbeitslosengeld II, ihre nicht erwerbsfähigen Angehörigen Sozialgeld. Die eigentliche Hilfe zum Lebensunterhalt erhält nur noch ein eng begrenzter Personenkreis.

Im Jahr 2006 erhielten 67 200 Personen Grundsicherungsleistungen, 60 100 behinderte Menschen bekamen Eingliederungshilfen und Hilfe zur Pflege ging an 33 700 Personen. Arbeitslosenhilfe nach SGB II erhielten 2005 knapp 270 000 Bedarfsgemeinschaften, in denen etwas über eine halbe Million Menschen lebten.

45 Jahre Sozialhilfestatistik

Seit 1963 berichtet die amtliche Sozialhilfestatistik über die Verhältnisse der Empfänger von Sozialhilfe. In diesem langen Zeitraum waren das System der Sozialhilfe und damit auch die Sozialhilfestatistik einer Reihe von größeren und kleineren Veränderungen unterworfen. So wurde zum Beispiel 1993 mit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes und der damit verbundenen Herausnahme der Asylbewerber aus der Sozialhilfestatistik das seit 1963 nahezu unveränderte Erhebungskonzept der Sozialhilfestatistik erstmals überarbeitet. Eine weitere wesentliche Änderung erfolgte zum 1. Januar 2003 mit der Einführung des Gesetzes über eine Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG)1. Um die Abgrenzung zur Sozialhilfe zu verdeutlichen, hatte der Gesetzgeber 2003 mit dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) zunächst eine eigenständige Sozialleistung geschaffen, die den ab 65-Jährigen sowie den dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen ab 18 Jahren den Bedarf für den Lebensunterhalt sicherte. Im Gegensatz zur Sozialhilfe nach dem damals noch geltenden Bundessozialhilfegesetz sollten Unterhaltsansprüche der Leistungsempfänger gegenüber Kindern und Eltern weitgehend unberücksichtigt bleiben. Hintergrund war die Scheu vor allem älterer Menschen, ihre Sozialhilfeansprüche zu verfolgen, weil sie den Rückgriff auf ihre unterhaltsverpflichteten Kinder fürchteten2. Nach nur 2 Jahren wurde das Grundsicherungsgesetz als eigenständiges Gesetz wieder aufgehoben und inhaltlich nahezu unverändert als 4. Kapitel in das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch übernommen.

Die bisher umfassendste Änderung des Sozialhilferechts erfolgte ebenfalls zum 1. Januar 2005 mit der Ablösung des Bundessozialhilfegesetzes und der Regelung aller Sozialhilfezweige in den Kapiteln 3 bis 9 des Sozialgesetzbuches XII, die eng mit der Neuregelung des Arbeitslosengeldes im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch SGB II zusammenhing. Mit dem »Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt«, (Hartz-IV-Gesetz), sollten Langzeitarbeitslose und vor allem erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger wieder besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Hierfür wurde die bisherige laufende Hilfe für den Lebensunterhalt mit der Arbeitslosenhilfe für Erwerbsfähige in der neuen einheitlichen »Grundsicherung für Arbeitsuchende« zusammengeführt: Alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Alter von 15 bis 65 Jahren, die keinen Anspruch (mehr) auf Arbeitslosengeld I haben, erhalten nun das Arbeitslosengeld II (ALG II). Die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden (nicht erwerbsfähigen) Personen haben Anspruch auf Sozialgeld, sofern sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Für die Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nach § 53 SGB II die Bundesagentur für Arbeit zuständig, die Statistik für die Hilfen nach dem Zwölften Buch des SGB (SGB XII) wird weiter von den Statistischen Landesämtern geführt.

Seit Inkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes waren die gesetzlichen Grundlagen der Sozialhilfeleistungen und damit auch der Statistik einer Reihe von Änderungen und Anpassungen unterworfen. Unverändert geblieben ist aber die Aufgabe der Sozialhilfe, vorübergehend oder dauerhaft in Not geratenen Menschen eine menschenwürdige Lebensführung zu ermöglichen. Demzufolge wird Sozialhilfe Personen gewährt, die nicht in der Lage sind, sich aus eigener Kraft zu helfen, oder wenn die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erbracht werden kann. Je nach Art der vorliegenden Notlage werden in der Sozialhilfe zwei Haupthilfearten unterschieden. Personen, die den allgemeinen Lebensunterhalt, also ihren Bedarf an Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Hausrat usw. nicht ausreichend decken können, haben Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach Kapitel 3 bzw. auf Grundsicherung nach Kapitel 4 SGB XII. In speziellen Notsituationen dagegen, zum Beispiel bei gesundheitlichen oder sozialen Beeinträchtigungen und Behinderungen, werden spezielle Hilfen entsprechend den Kapiteln 5 bis 9 des SGB XII (früher Hilfe in besonderen Lebenslagen) gewährt. Als spezielle Hilfe kommen dabei die Hilfe zur Pflege, die Hilfen zur Gesundheit und vor allem die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Betracht.

Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt

Zum Jahresende 2004, dem letzten Erhebungsjahr vor der grundlegenden Reform des Sozialhilferechts, erhielten in rund 115 000 Bedarfsgemeinschaften3 ca. 232 000 Personen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Anteil der Frauen unter den Sozialhilfebeziehern lag bei 56 %. Die vergleichsweise hohe Sozialhilfe-Inanspruchnahme der Frauen zeigte sich auch in der »Sozialhilfequote«, dem Anteil der Sozialhilfebezieher an der entsprechenden Bevölkerungsgruppe. Frauen erhielten mit einer Quote von 2,4 % häufiger Sozialhilfe als Männer (2,0 %). Dabei galt für beide Geschlechter: Je jünger die betrachtete Altersgruppe, desto höher die Sozialhilfequote (Schaubild 1). Insbesondere in den mittleren Altersgruppen lagen die Sozialhilfequoten der Frauen deutlich über denen der Männer. Ausschlaggebend dafür sind die Bedarfsgemeinschaften der Alleinerziehenden, die aufgrund ihrer häuslichen Bindungen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können. Immerhin 29 % der Sozialhilfeempfängerinnen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren konnten wegen häuslicher Bindung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen; bei den Männern traf dies lediglich auf 0,6 % zu. Von den insgesamt 115 000 Bedarfsgemeinschaften waren fast 33 000 bzw. rund 29 % Bedarfsgemeinschaften von Alleinerziehenden. Am Jahresende 2004 befanden sich unter den 130 000 Sozialhilfebezieherinnen rund 34 000 Ausländerinnen, was einem Anteil von 26 % entsprach. Bei den Männern betrug der Ausländeranteil knapp 28 %.

Nach den gesetzlichen Änderungen zum 1. Januar 2005 (Hartz-IV-Gesetze) erhielten die meisten der vorherigen Sozialhilfeempfänger Leistungen nach dem SGB II, die erwerbsfähigen Leistungsempfänger Arbeitslosengeld II, ihre nicht erwerbsfähigen Angehörigen Sozialgeld. Die eigentliche Hilfe zum Lebensunterhalt nach Kapitel 3 SGB XII erhielt nur noch ein eng begrenzter Personenkreis. Es handelte sich hier beispielsweise um Erwerbsunfähige auf Zeit, Vorruheständler mit niedriger Rente und längerfristig Erkrankte. Am Jahresende 2005 waren dies außerhalb von Einrichtungen gerade noch 5 397 Personen, die mit Sozialhilfeleistungen in Form von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach Kapitel 3 SGB XII unterstützt wurden; dies waren 2,3 % der Empfänger am Jahresende 2004.

Bis zum Jahresende 2006 erhöhte sich die Anzahl der Empfänger leicht auf 5 409 Personen. Die meisten von ihnen (75 %) waren im Alter von 18 bis unter 65 Jahren; knapp 18 % waren minderjährig und 8 % waren Seniorinnen und Senioren, also Grundsicherungsempfänger, die ergänzend zur Grundsicherungsleistung Hilfe für den Lebensunterhalt erhielten. Etwa die Hälfte (51 %) der Unterstützten waren Frauen, 62 % lebten allein in einem Haushalt. Der Anteil der ausländischen Leistungsempfängerinnen und -empfänger lag bei 17 %.

24 800 Menschen mit Behinderungen arbeiteten in Werkstätten für behinderte Menschen

In Baden-Württemberg wurden im Laufe des Jahres 2006 ca. 103 900 Personen gezählt, die besondere Sozialhilfeleistungen nach den Kapiteln 5 bis 9 SGB XII bezogen. Dies waren 1,0 % mehr als 2005. Fast drei Viertel dieser Menschen lebten in Einrichtungen, etwas mehr als die Hälfte waren Männer. Am häufigsten, und zwar für rund 60 100 Empfänger, wurde Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gewährt. Danach folgte mit ca. 33 700 Empfängern die Hilfe zur Pflege.

Hilfen zur Gesundheit nach Kapitel 5 SGB XII erhielten über 3 900 Personen. Im Wesentlichen handelte es sich dabei um die Übernahme von Krankheitskosten (Arzt, Krankenhaus, Medikamente), die unmittelbar vom Sozialamt übernommen wurden.

Die im 6. Kapitel des SGB XII geregelte Eingliederungshilfe für behinderte Menschen hat die Aufgabe, eine drohende Behinderung zu verhüten, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Menschen mit Behinderungen die Eingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern. Leistungsberechtigt sind alle Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Allerdings wird die Hilfe nur gewährt, wenn kein spezieller Leistungsträger – wie zum Beispiel die Krankenversicherung, die Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit – zur Leistung verpflichtet ist.

Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach Kapitel 6 SGB XII bezogen 2006 etwas über 60 100 Personen (+3,2 %), rund 46 200 dieser Personen lebten in Einrichtungen wie zum Beispiel Behindertenheimen. Fast 60 % waren Männer, sie waren im Durchschnitt 31 Jahre alt; die betroffenen Frauen waren mit durchschnittlich 34 Jahren etwas älter. Bei den Hilfen für die Menschen in Einrichtungen handelte es sich in der Hauptsache um die Leistungen der anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen (24 800 Personen) sowie um Hilfen zum selbstbestimmten Leben in einer Wohneinrichtung (18 100 Fälle). Das selbstbestimmte Wohnen stand auch bei den Hilfeleistungen für behinderte Menschen außerhalb von Einrichtungen im Vordergrund. 7 200 Menschen erhielten Hilfen zum selbstbestimmten Leben in (ambulant) betreuten Wohnmöglichkeiten. Bei 6 200 Leistungsfällen handelte es sich um heilpädagogische Leistungen für Kinder.

Vor allem Frauen sind auf die Hilfe zur Pflege angewiesen

Hilfe zur Pflege nach Kapitel 7 SGB XII erhalten bedürftige Personen, die altersbedingt oder infolge einer Erkrankung bzw. einer Behinderung bei bestimmten Verrichtungen des täglichen Lebens Hilfe benötigen. Pflegebedürftige Personen, die keine ausreichenden Leistungen der Pflegeversicherung erhalten und die Pflegeleistungen auch nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bezahlen können, sind auf diese Leistung angewiesen. Hilfe zur Pflege nahmen knapp 33 700 Personen und damit 1,3 % weniger als 2005 in Anspruch, die meisten davon (28 500) in Einrichtungen wie Pflegeheimen. Die Leistungsempfänger/-innen, die in eigenen Haushalten bzw. Haushalten von Angehörigen lebten, waren im Durchschnitt 64 Jahre alt. Mit 77 Jahren waren die Empfänger/-innen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen, wie zum Beispiel Pflegeheimen, deutlich älter; über zwei Drittel waren Frauen.

Fast 7 200 Personen und damit deutlich mehr Menschen als 2005 (+16 %) erhielten Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen nach Kapitel 8 und 9 SGB XII, 4 800 Männer und 2 400 Frauen. In über 4 200 Fällen handelte es sich hierbei um Beratung und persönliche Betreuung, um Hilfen zur Ausbildung, zur Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie um Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung. Rund 1 500 Fälle bezogen sich auf die Blindenhilfe. Nach Kapitel 9 SGB XII übernimmt das Sozialamt auch Bestattungskosten von mittellos Verstorbenen, wenn die Angehörigen dazu nicht in der Lage oder nicht auffindbar sind. 2006 übernahmen die Sozialämter in 1 200 Fällen die Bestattungskosten.

Überdurchschnittlich viele Ausländer im Rentenalter beziehen Grundsicherungs-leistungen

Ende 2006 bezogen über 67 200 Personen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Kapitel 4 SGB XII; 9 % mehr als Ende 2005. Bezogen auf die Bevölkerung ab 18 Jahren waren 0,8 % auf diese Hilfeart angewiesen. Wie schon die Leistungen zur laufenden Hilfe für den Lebensunterhalt wurden auch die Leistungen der Grundsicherung öfter von Frauen als von Männern in Anspruch genommen. Rund 38 000 bzw. 57 % der Hilfeempfänger waren Frauen.

Mit 54 % waren die meisten Empfänger bereits im Rentenalter und über 64 Jahre, zwei Drittel davon waren Frauen. Etwas weniger als die Hälfte (46 %) der Empfänger waren in der Altersgruppe zwischen 18 und 64 Jahren und erhielten Leistungen der Grundsicherung wegen einer dauerhaft vollen Erwerbsminderung. Etwa 16 000 und damit fast ein Viertel der Leistungsempfänger lebten in stationären Einrichtungen, zum Beispiel in einem Behinderten- oder Pflegeheim. Von den voll erwerbsgeminderten Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren lebten 35 % in Einrichtungen, bei den älteren Personen ab 65 Jahren waren es dagegen nur 14 %.

Der Anteil der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger an allen Grundsicherungsempfängern lag mit 16 % über dem Ausländeranteil in der Bevölkerung ab 18 Jahren (12 %). Während die Bezugsquote bei den 18- bis unter 65-jährigen Ausländern mit 0,3 % sogar niedriger war als die der gleichaltrigen Deutschen (0,5 %), zeigte sich bei den älteren Ausländerinnen und Ausländern eine vergleichsweise hohe Inanspruchnahme dieser Sozialleistung. Rund 7,3 % der ausländischen Mitbürger/-innen ab 65 Jahren erhielten Grundsicherungsleistungen; die Bezugsquote lag bei ihnen fast 5-mal höher als bei den Deutschen ab 65 Jahren (1,5%). Die nicht deutschen Rentnerinnen und Rentner sind eher auf die Grundsicherung im Alter angewiesen als ihre deutschen Altersgenossen, sie beziehen eine im Vergleich zu den deutschen Rentnerinnen und Rentnern im Durchschnitt geringere Rente. Dafür sind sowohl die im Durchschnitt kürzeren Beitragszeiten zur Rentenversicherung dieser Personengruppen, wie auch die erzielten geringeren rentenversicherungspflichtigen Einkünfte während der Erwerbsphase verantwortlich.

Fast 60 % der Nettoausgaben für Sozialhilfeleistungen entfielen auf die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen

Im Jahr 2006 wurden für die Sozialhilfeleistungen nach Kapitel 3 bis 9 SGB XII im Land brutto insgesamt 2,1 Mrd. Euro ausgegeben. Nach Abzug der Einnahmen, die den Sozialhilfeträgern zum Beispiel aus Erstattungen anderer Sozialleistungsträger zuflossen, betrugen die Sozialhilfeausgaben netto 1,7 Mrd. Euro. Das waren 8,4 % oder 159 Mill. Euro weniger als 2005. Die 1,7 Mrd. Euro verteilten sich wie in der Tabelle unten dargestellt auf die einzelnen Hilfeleistungen.

Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist die finanziell bedeutendste Hilfeart der Sozialhilfe. 58 % der gesamten Nettoausgaben der Sozialhilfe wurden hierfür aufgewendet. Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen umfasst medizinische, pädagogisch-schulische, berufliche und soziale Rehabilitationsmaßnahmen für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen. Hierzu zählen beispielsweise Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, für die 551 Mill. Euro aufgewendet wurden, Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen (388 Mill. Euro) oder Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (119 Mill. Euro). Bei den vorgenannten Einzelbeträgen handelt es sich um Bruttoausgaben; eine Verteilung der Einnahmen auf die Einzelpositionen ist nicht möglich.

Übergang von der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II

Zum Zeitpunkt des Übergangs auf die veränderte Rechtslage der Sozialhilfe- bzw- Arbeitslosenhilfebezieher zum Jahresende 2004 erhielten in Baden-Württemberg rund 233 000 Bedarfsgemeinschaften Sozial- oder Arbeitslosenhilfe (bereinigt um geschätzte Doppelzählungen von Arbeitslosenhilfebeziehern mit aufstockender Sozialhilfe). Darunter waren 130 000 Bedarfsgemeinschaften von Arbeitslosenhilfe- und 103 000 Bedarfsgemeinschaften von Sozialhilfeempfängern.

Im März 2005 wurde an 224 000 Bedarfsgemeinschaften das neue Arbeitslosengeld II ausgezahlt. Im Vergleich zu den Empfängerzahlen in den beiden vorhergehenden sozialen Sicherungssystemen Arbeitslosen- und Sozialhilfe vom Dezember 2004 und unter Berücksichtigung der 5 140 Bedarfsgemeinschaften, die auch im März 2005 noch Sozialhilfe bezogen, war dies ein Rückgang um rund 4 000 Bedarfsgemeinschaften. Bis Dezember 2005 stieg die Zahl der Bedarfsgemeinschaften der ALG-II-Empfänger in Baden-Württemberg um ca. 20 % auf rund 270 000.

Zum Zeitpunkt des Übergangs im 1. Quartal 2005 hatten vor allem zwei Faktoren Einfluss auf die Empfängerzahlen, die gegenläufig gewirkt haben und deren Ausmaß kaum bestimmt werden kann:

  • Zum einen sind die Anspruchsvoraussetzungen für das Arbeitslosengeld II enger gefasst als die von Arbeitslosenhilfe, insbesondere wird das Einkommen von Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft stärker angerechnet. Deshalb hatten nicht alle Arbeitslosenhilfeempfänger im Januar 2005 Anspruch auf Arbeitslosengeld II.
  • Zum anderen wurden in der Sozialhilfestatistik alle Personen einer Bedarfsgemeinschaft erfasst, während die Arbeitslosenhilfestatistik nur die Bezieher von Arbeitslosenhilfe, nicht dagegen ihre Angehörigen wie Ehepartner und Kinder, soweit sie keinen eigenen Anspruch hatten, auswies. In der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende haben dagegen alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, wenn sie erwerbsfähig sind, oder auf Sozialgeld, wenn sie nicht erwerbsfähig sind. Die durchschnittliche Bedarfsgemeinschaft mit ALG-II-Bezug in Baden-Württemberg bestand Ende des Jahres 2005 aus 1,9 Personen. 53,4 % der Bedarfsgemeinschaften waren Single-Bedarfsgemeinschaften; 11,4 % der Bedarfsgemeinschaften waren Partnerschaften ohne Kinder (einschließlich sonstiger Bedarfsgemeinschaften), 16,8 % der Bedarfsgemeinschaften waren Partnerschaften mit Kindern und 18,4 % der Bedarfsgemeinschaften waren Alleinerziehende. Damit waren in gut jeder dritten Bedarfsgemeinschaft Kinder zu versorgen.

Ausländer sind überdurchschnittlich oft Bezieher von ALG II

Insgesamt lebten zum Jahresende 2005 in den knapp 270 000 Bedarfsgemeinschaften des ALG II etwas über eine halbe Million Menschen. Dies waren ca. 4,7 % der Bevölkerung.

Von diesen Leistungsbeziehern waren

Männer49,6 %
Frauen50,4 %
Erwerbsfähige70,9 %
Nichterwerbsfähige29,1 %
Deutsche69,6 %

Unter den deutschen Empfängern war der Anteil der Erwerbsfähigen mit 69,5 % etwas geringer als bei den nicht deutschen Empfängern, die zu 74,6 % den Erwerbsfähigen zugerechnet wurden. Das Risiko auf Arbeitslosenhilfe II angewiesen zu sein, lag für die ausländischen Mitbürger zwischen 15 und 65 Jahren bei 10,8 % und war damit rund 3-mal so hoch wie für die Deutschen (3,5 %).

Jüngere Menschen zwischen 21 und 30 Jahren haben ebenfalls ein überdurchschnittliches Risiko, auf Arbeitslosengeld II angewiesen zu sein; 6,4 % von ihnen erhielten entsprechende Leistungen. In der mittleren und den älteren Altersgruppen ist das Risiko auf Hilfe nach ALG II angewiesen zu sein deutlich niedriger. So lag zum Beispiel das Risiko der 50- bis unter 60-jährigen bei 4,5 %. In der Differenzierung der Betroffenheit nach dem Alter zeigen sich auch geschlechtsspezifische Unterschiede.

Unterdurchschnittliches schulisches und berufliches Bildungsniveau der ALG-II-Empfänger

Das Bildungsniveau der ALG-II-Empfänger bleibt weit hinter dem der Erwerbstätigen oder auch der gesamten Bevölkerung zurück. So hatten in Baden-Württemberg im Jahr 2005 knapp 24 % der Personen zwischen 15 und 65 Jahren ein Abitur bzw. einen Fachhochschulabschluss. In der Gruppe der Erwerbstätigen war der entsprechende Prozentsatz mit über 26 % sogar noch höher; weit abgeschlagen sind dagegen die Empfänger von ALG II. Lediglich knapp 7 % von ihnen können eine entsprechende Bildung vorweisen, während immerhin fast 16 % angaben, über gar keinen Schulabschluss zu verfügen. In der Gruppe der Erwerbstätigen bzw. in der Gesamtbevölkerung ist diese Angabe dagegen recht selten. Nicht nur bezüglich den formalen allgemeinen Schulabschlüssen bleiben die ALG-II-Empfänger hinter den Erwerbstätigen oder auch der Gesamtbevölkerung zurück. Direkt damit zusammen hängt das Niveau der erreichten beruflichen Bildung. Mehr als jeder Dritte ALG-II-Empfänger (37 %) hat keinerlei berufliche Ausbildung. Dieser Prozentsatz dürfte allerdings deutlich höher liegen wenn man bedenkt, dass von den ALG-II-Empfängern 39 % keine Angaben gemacht haben. In der Gruppe der Erwerbstätigen zwischen 15 und 65 Jahren oder auch in der Gesamtbevölkerung liegen diese Prozentsätze mit knapp 18 % bzw. gut 27 % doch deutlich darunter.

1 Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Artikel 1a des Gesetzes zur Verlängerung von Übergangsregelungen im Bundessozialhilfegesetz vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1462).

2 Vgl. dazu Bundestagsdrucksache 14/5150 vom 25. Januar 2001, S. 48.

3 Eine Bedarfsgemeinschaft kann erwerbsfähige sowie nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige wie zum Beispiel Ehe- bzw. Lebenspartner und minderjährige Kinder umfassen. Sie ist enger gefasst als der Haushalt, zu dem alle Personen gehören, die zusammen leben und wirtschaften. So zählen zum Beispiel volljährige Kinder, Großeltern und Enkelkinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft. Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft müssen ihr Einkommen und Vermögen zur Deckung des Gesamtbedarfs aller Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft einsetzen.