:: 2/2008

Energieverbrauch und CO2-Emissionen der Wirtschaft in Baden-Württemberg im Ländervergleich

Die jährlichen CO2-Emissionen in Baden-Württemberg sind zu mehr als 95 % durch den Verbrauch fossiler Energieträger verursacht. Nach einer rückläufigen Tendenz in den Jahren 2002 bis 2004 war zuletzt wieder ein spürbarer Anstieg auf 77,2 Mill. Tonnen der energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen zu verzeichnen. Neben der deutlich erhöhten Auslastung der Kohlekraftwerke im Land war dafür vor allem auch die konjunkturelle Erholung ausschlaggebend. Gemessen an der Einwohnerzahl liegen die Emissionen in Baden-Württemberg mit 7,2 t je Einwohner aber dennoch verglichen mit den meisten anderen Bundesländern eher niedrig. Das hat vor allem strukturelle Ursachen. Fast zwei Drittel der energiebedingten CO2-Emissionen werden durch die Produktionstätigkeit in der Wirtschaft verursacht. Und bezogen auf die Wirtschaftsleistung errechnet sich für die Wirtschaft im Land ein deutlich niedriger Emissionswert als im Bundesdurchschnitt. Ein wichtiger Grund dafür ist die vergleichsweise geringe Energieintensität der Wirtschaft. Im Folgenden werden Energieverbrauch und CO2-Emissionen der Wirtschaft in Baden-Württemberg im Ländervergleich näher betrachtet.

CO2-Emissionen: Zwei Drittel durch die Wirtschaft, ein Drittel durch private Haushalte

Nach einer rückläufigen Entwicklung der energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen in den Jahren von 2002 bis 2004 folgte 2005 wieder ein merklicher Anstieg auf 77,2 Mill. Tonnen. Die Ursachen liegen in den Veränderungen beim Primärenergieverbrauch und dessen Zusammensetzung.

Niveau und Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Energieverbrauchs sowie der daraus resultierenden energiebedingten CO2-Emissionen sind in hohem Maße von der Wirtschaft des Landes geprägt. In Baden-Württemberg gehen fast 70 % des gesamten Primärenergieverbrauchs direkt auf das Konto der Wirtschaft, das heißt die volkswirtschaftliche Produktion; der Rest von gut 30 % entfallen auf die privaten Haushalte im Land. Bei den energieverbrauchsbedingten CO2-Emissionen ist der Anteil der privaten Haushalte im Land etwas höher: gut ein Drittel entfällt auf die privaten Haushalte und zwei Drittel auf die Wirtschaft1. Flächendeckend in allen Bundesländern macht die Wirtschaft den deutlich überwiegenden Teil des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen aus. Dabei variiert der Anteil der Wirtschaft aber deutlich zwischen knapp 60 % in Berlin und über 80 % in Brandenburg.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung geringe CO2-Emissionen in Baden-Württemberg

Die Höhe von Energieverbrauch und CO2-Emissionen wird zwar deutlich vom Volumen der Wirtschaftsleistung, gemessen an der Bruttowertschöpfung, beeinflusst. Allerdings bestehen deutliche Unterschiede bei der Verteilung von Bruttowertschöpfung, Energieverbrauch und CO2-Emissionen auf die Bundesländer. So entfallen auf Baden-Württemberg fast 15 % der bundesdeutschen Bruttowertschöpfung, aber lediglich 10 % des gesamten Energieverbrauchs, und sogar nur 8 % der bundesdeutschen CO2-Emissionen. Ähnliche Relationen zeigen sich für Bayern. In Nordrhein-Westfalen entfallen bei einem Anteil von 22 % an der Bruttowertschöpfung immerhin 30 % des Energieverbrauchs und sogar 38 % der gesamten durch die Wirtschaft in Deutschland verursachten CO2-Emissionen. Durch den Vergleich von Wirtschaftsleistung und Umweltgrößen wird demnach sehr deutlich, dass zwar die absolute Menge an verbrauchter Energie sowie an CO2-Emissionen der Länder durch das jeweilige Volumen der Bruttowertschöpfung stark beeinflusst wird, dass aber die in den Ländern sehr unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen zusammen mit weiteren Einflussfaktoren gravierende Unterschiede bei der Relation zwischen Bruttowertschöpfung einerseits und Energieverbrauch sowie CO2-Ausstoß andererseits bewirken.

Zweitniedrigster spezifischer Energieverbrauch der Wirtschaft im Land

Für den Vergleich von Niveau und Entwicklung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen der Wirtschaft sind neben deren absoluter Höhe vor allem die auf die Bruttowertschöpfung bezogenen spezifischen Verbrauchs- und Emissionswerte geeignet. Die Wirtschaft in Baden-Württemberg weist mit 4 Megajoule2 (MJ) je Euro Bruttowertschöpfung wie die Wirtschaft in Bayern und in Hessen nach Berlin den niedrigsten spezifischen Energieverbrauch auf. Bundesweit am höchsten und mehr als dreimal so hoch liegt der spezifische Energieverbrauch mit fast 13 Megajoule je Euro in Brandenburg. Auch für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen und im Saarland errechnen sich mit 8 bzw. 10 Megajoule je Euro Bruttowertschöpfung vergleichsweise hohe spezifische Energieverbrauchswerte (Schaubild 2).

Dies führt zur Frage, wodurch die überaus großen Unterschiede beim spezifischen Energieverbrauch und bei den spezifischen CO2-Emissionen der Wirtschaft in den Bundesländern begründet sind. Haupterklärungsfaktor sind offenbar die deutlich abweichenden Wirtschaftsstrukturen: So weichen der spezifische Energieverbrauch und auch die spezifischen CO2-Emissionen zwischen den Wirtschaftsbereichen und den Wirtschaftszweigen stark voneinander ab. Und auch innerhalb der Wirtschaftszweige bestehen je nach spezifischen Produktionsstrukturen noch erhebliche Unterschiede bei den spezifischen Werten für den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen. In Abhängigkeit von der Art der eingesetzten Energieträger und der dadurch resultierenden CO2-Intensität des Energieverbrauchs sind die Unterschiede bei den spezifischen Emissionen noch deutlich stärker ausgeprägt als beim Energieverbrauch.

Große Unterschiede bei Stromerzeugung in den Ländern

Besonderes Gewicht für die Höhe von spezifischem Energieverbrauch und spezifischen CO2-Emissionen der Wirtschaft eines Landes hat der Wirtschaftsbereich der Energie- und Wasserversorgung. Vor allem der Umfang der Stromerzeugung und die dabei eingesetzten Energieträger beeinflussen stark die Höhe der spezifischen Größen in diesem Bereich. Die zur Stromerzeugung eingesetzten Energieträger (fossile und andere Brennstoffe) werden in Abhängigkeit von den anlagenbezogenen Wirkungsgraden nur teilweise genutzt. Große Teile der eingesetzten Energiemenge werden in Form von Abwärme ungenutzt an die Umwelt abgegeben. Diese sogenannten Umwandlungsverluste bei der Stromerzeugung liegen vergleichsweise hoch und betragen je nach Kraftwerkstyp und -alter im Allgemeinen zwischen 55 und 70 %. Sie machen den Hauptteil des Energieverbrauchs im Bereich Energieversorgung aus. Daher wirkt sich ein hohes Gewicht der Stromerzeugung an der Bruttowertschöpfung des Wirtschaftsbereichs auch stark erhöhend auf dessen spezifischen Energieverbrauch aus.

Die spezifischen CO2-Emissionen der Energie- und Wasserversorgung streuen zwischen den Ländern noch erheblich stärker als der spezifische Energieverbrauch. Dies erklärt sich aus der jeweiligen CO2-Intensität der für die Stromerzeugung eingesetzten Brennstoffe. Die spezifischen CO2-Emissionen der Energie- und Wasserversorgung sind besonders hoch bei einem großen Anteil der Kohlekraftwerke an der Stromerzeugung, wie zum Beispiel in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, während in Baden-Württemberg – wie auch in Bayern und Schleswig-Holstein – trotz großer Bedeutung der Stromerzeugung ein hoher Kernkraftanteil zu vergleichsweise niedrigen spezifischen CO2-Emissionen führt.

Geringe Energie- und CO2-Intensität der Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Land

Auch Gewicht und Struktur des Verarbeitenden Gewerbes weichen in den Bundesländern stark voneinander ab und tragen in großem Ausmaß zu den Unterschieden bei spezifischem Energieverbrauch und spezifischen CO2-Emissionen der Wirtschaft in den Ländern bei. Wie im Bereich der Energieversorgung bestehen in Abhängigkeit von der CO2-Intensität des Energieverbrauchs zudem auch erhebliche Unterschiede in der Relation zwischen spezifischem Energieverbrauch und spezifischen CO2-Emissionen. Deshalb weicht auch die Reihenfolge der Länder beim spezifischen Energieverbrauch stark von der auf die spezifischen CO2-Emissionen bezogenen Rangfolge ab (Schaubild 3). Auffällige Beispiele für solche stark gegensätzlichen Verhältnisse sind Bremen und Rheinland-Pfalz. Während in Bremen die CO2-intensive Stahlindustrie mit hohem Anteil des Einsatzes von Steinkohle dominiert, steht in Rheinland-Pfalz einem vergleichsweise hohen spezifischen Energieverbrauch – immerhin entsprechend dem Niveau von Nordrhein-Westfalen und Saarland – ein vergleichsweise geringer spezifischer CO2-Ausstoß gegenüber. Grund ist der hohe Anteil des vergleichsweise wenig CO2-intensiven Energieträgers Erdgas am gesamten Energieeinsatz.

In Baden-Württemberg weist das Verarbeitende Gewerbe nach Berlin den jeweils zweitniedrigsten Wert für den spezifischen Energieverbrauch und die spezifischen CO2-Emissionen auf. Ausschlaggebend dafür ist die Dominanz vergleichsweise wenig energie- und CO2-intensiver Wirtschaftszweige, insbesondere des Fahrzeug- und Maschinenbaus sowie der Elektro- und Elektronikindustrie. Umgekehrt haben energieintensivere Grundstoffindustrien im Land nur relativ geringe Strukturanteile. Aber auch bezogen auf die einzelnen Wirtschaftszweige sind die Produktionsstrukturen im Land offenbar deutlich weniger energie- und CO2-intensiv als im Bundesdurchschnitt.

Ansatzweise Entkoppelung von Wachstum und CO2 -Emissionen der Wirtschaft in Baden-Württemberg

Im Hinblick auf die angestrebte nachhaltige Entwicklung ist die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum einerseits und Energieverbrauch sowie CO2-Emissionen andererseits erklärtes Ziel sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Der komplexe Prozess der Entkoppelung kann durch die konsistente Verknüpfung von Energieflussrechnungen und volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und mithilfe der Dekompositionsanalyse differenziert betrachtet werden (i-Punkt). Dabei wird die Veränderung der Umweltgrößen Energieverbrauch und CO2-Emissionen im Zeitablauf und in Abhängigkeit von verschiedenen quantifizierbaren Einflussfaktoren betrachtet.

Neben der Wirkung des Faktors Wirtschaftswachstum werden vor allem der Einfluss einer veränderten Umwelteffizienz – hier gemessen am Energieverbrauch pro wirtschaftlicher Leistung und den spezifischen CO2-Emissionen pro Energieeinsatz – in den einzelnen Branchen und die zeitliche Veränderung der Wirtschaftsstruktur berücksichtigt. Letzteres, die Strukturveränderung, kann zu einer Zu- oder Abnahme der Umweltbelastung führen, indem etwa umweltintensivere – hier energie- bzw. CO2-intensive – Branchen (zum Beispiel Grundstoffindustrien oder Stromerzeugung) expandieren und unter Umweltgesichtspunkten weniger problematische Branchen (Dienstleistungsbereiche) schrumpfen bzw. umgekehrt.

Mithilfe dieser Dekompositionsanalyse kann quantifiziert werden, welchen Effekt das Wirtschaftswachstum auf die zeitliche Entwicklung von Energieverbrauch und CO2-Emissionen hat, bei sonst unveränderten Verhältnissen, also bei konstantem spezifischem Energieverbrauch, konstanter CO2-Intensität und Wirtschaftsstruktur. Entsprechend lässt sich die Auswirkung der Veränderung von spezifischem Energieverbrauch oder der CO2-Intensität des Energieverbrauchs in den Wirtschaftszweigen sowie die Wirkung der Strukturveränderung bei Konstanz der jeweils übrigen Faktoren isoliert quantifizieren.

Nach den Ergebnissen der Dekompositionsanalyse zeigt sich für die Wirtschaft in Baden-Württemberg für den Zeitraum von 1995 bis 2003, dass trotz spürbarem Wirtschaftswachstum die CO2-Emissionen der Wirtschaft um knapp 1,6 Mill. Tonnen zurückgegangen sind. Bei unveränderter Wirtschaftsstruktur, spezifischem Energieverbrauch und CO2-Intensität des Energieverbrauchs wären die CO2-Emissionen der Wirtschaft in diesem Zeitraum aufgrund des Wirtschaftswachstums um 7,6 Mill. Tonnen angestiegen. Die Abnahme der Emissionen aufgrund der unter Emissions-Gesichtspunkten günstigen Entwicklung der Wirtschaftsstruktur (–3,4 Mill. Tonnen), das heißt das gegenüber 1995 stärkere Gewicht von Branchen mit geringerem Energieverbrauch und niedrigeren CO2-Emissionen sowie durch die Verringerung des spezifischen Energieverbrauchs in verschiedenen Branchen (–1,5 Mill. Tonnen) plus der Abnahme durch geringere CO2-Intensitäten der eingesetzten Energie (– 4,3 Mill. Tonnen), wurde die wachstumsbedingte Erhöhung der Emissionen mehr als ausgeglichen.

Ähnliche Wirkungszusammenhänge der hier betrachteten Faktoren zeigen sich auch in den Ländern Bayern und Nordrhein-Westfalen. In anderen Bundesländern, wie zum Beispiel in Brandenburg oder in Sachsen-Anhalt, war auch per saldo eine Zunahme der CO2-Emissionen der Wirtschaft zu verzeichnen, da die wachstumsbedingte Steigerung der CO2-Emissionen nicht durch ausreichende gegengerichtete Faktorwirkungen ausgeglichen wurde, sondern wie im Falle Brandenburgs durch eine erhöhte CO2-Intensität des Energieverbrauchs oder wie in Sachsen-Anhalt durch eine unter Emissionsgesichtspunkten ungünstige Strukturänderungen sogar noch erheblich verstärkt wurde.

1 Dabei sind die durch private Haushalte im Straßenverkehr verbrauchten Kraftstoffmengen und deren CO2-Emissionen den Haushalten zugerechnet. Die im Güter- sowie Personenverkehr durch Unternehmen eingesetzten Verbrauchsmengen sowie deren Emissionen werden der Wirtschaft zugeschlagen.

2 1 Megajoule sind 0,278 Kilowatt-Stunden.